Hornstimmungen

Liebe/-r Experte/-in,
Ich interessiere mich sehr für klassische Musik, aber auch für Instrumentenkunde, ich will soviel wie möglich über verschiedene Instrumente lernen, ihren Aufbau, ihre Geschichte, auch über verschiedene Spielweisen, bei der Geige genauso wie bei der Klarinette oder einer Pauke.

Und momentan bin ich beim Horn, das mich sehr interessiert. Leider habe ich festgestellt, daß es da offenbar eine Unzahl an verschiedenen Hörnern gibt. Eigentlich hätte ich hunderte Fragen, aber viele davon könnte man wahrscheinlich nur beantworten indem man die einzelnen Teile eines Hornes sieht und erklärt bekommt, und man es auch vorgespielt bekommt, wie verschiedene Spieltechniken klingen, wie ein gestopftes Horn klingt, usw. usw.
Ich will deswegen nur die für mich allerwichtigsten Fragen stellen, auch, damit es nicht zu unübersichtlich wird :smile:

  1. Wieviele Hörner mit verschiedenen Stimmungen gibt es? Ich bin ein großer Fan der Oper „Der Freischütz“ von 1821, und da sehe ich in der Partitur Hörner in F, in C, in Es, in E, in D, in A etc.

  2. Ich weiß schon von den Klarinetten her, daß auch Hörner meistens anders notiert werden als sie klingen, nur beim F-Horn weiß ich daß sie eine Quinte höher notiert werden als notiert. Wie verhält es sich bei den anderen Hörnern?

  3. Zum Schluss hätte ich noch eine Frage: Kann man, wenn man in eine Partitur schaut anhand der Vorzeichen feststellen, welches Horn da gerade spielt? Denn das mit den Vorzeichen verstehe ich auch nicht, warum die immer unterschiedlich sind.

Ein Beispiel: Ich habe hier ein Stück in Es-Dur, drei b-Vorzeichen. Darin spielt ein Horn in C, das aber KEINE Vorzeichen hat! Ich seh mich da nicht mehr heraus, ich würde mich sehr freuen wenn Sie mir weiterhelfen könnten :smile:

MFG, Stefan Mossner

Sehr geehrter Herr Mossner,

zuerst einmal vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich bin sehr überrascht, dass sich jemand für dieses Thema interessiert!
Gerade auf diesem für Dirigenten, Streicher, Komponisten und Notensetzer schwierigem Gebiet begegnet man allerlei Lustigem.

Alles zu erklären wäre sehr umständlich und wenig verständlich.
Trotzdem habe ich es versucht und einen viel zu langen Text geschrieben. Es wird auch umständlich zu lesen sein. Ich würde gerne den Text als Email an Sie senden, und das Unverständliche per Telefon klären.
Meine Adresse: [email protected]
Telefon: 0621 545 565 8

Mit den besten Grüßen
Thomas Berrang

Hallo,
dann versuche ich mal, so gut es geht, weiterzuhelfen!
zu 1.:
Da das Horn lange keine Ventile hatte, konnte man nur Naturtöne, also eine begrenzte Anzahl an Tönen spielen, nicht wie heute eine chromatische Linie. je nachdem, in welcher Tonart ein Stück geschrieben ist, brauche ich dann ein Horn, auf dem genau die Töne „drauf“ sind, die in dem Stück zu spielen sind.Und weil es nicht möglich war, alle Töne mit einem Horn abzudecken, gab es, je nachdem für welche Tonart, in den Unterschiedlichsten Stimmungen Hörner. Oft wechselt ja auch nach einem Satz die Stimmung, schließlich wechselt ja bei vielen Opern, Sinfonien etc. irgendwann einmal die Tonart. Wieviele Varianten von Hörnern es da genau gibt, weiß ich auch nicht. Mir sind Hornstimmen in C, D, Es, E, F, G, A und B bekannt. Es gab auch die Möglichkeit bei manchen Hörnern, die durch zusätzliche Bögen zu erweitern, so dass man mit einem Instrument in 2 oder 3 Stimmungen spielen konnte, natürlich nur nacheinander, nicht gleichzeitig. Aber wieviele Hornarten es genau gibt, dürfte gerade wegen diesen Kombinationsmöglichkeiten schwer zu ermitteln sein.

  1. Das Prinzip der Notation ist gar nicht so schwierig: F ist eine Quinte tiefer als C (was als Grundstimmung angesehen wird, an der sich alles andere orientiert), deshalb wird eine Quinte höher notiert.
    Bei den anderen Stimmungen ist es genauso- B ist eine große Sekunde unter C, also muss man es eine große Sekunde darüber notieren. Also muss man immer schauen, wie der Abstand des Grundtons des Horns zum C ist, und dementsprechend höher notieren.

  2. Um herauszufinden, was für ein Horn spielt, gibt es Möglichkeiten, das zu errechnen, in dem man die Tonart der Hornstimme mit der klingenden Tonart vergleicht. Wenn ich zum Beispiel eine Sinfonie in B-Dur habe, mit zwei b´s und die Hornstimme hat aber nur ein b, steht also in F-Dur, dann heißt das, dass das Horn eine Quinte höher notiert ist als alle nichttransponierenden Instrumente. Und eine Quinte unter C ( weil man immer von C aus rechnet) ist F- also spielt ein Horn in F.

Nur das Beispiel fällt, wenn man nachrechnet, aus dem Rahmen:
Das Stück steht in Es, die Hornstimme, da ohne Vorzeichen, in C, also eine große Sexte höher.
Eine Große Sexte unter C befindet sich Es.
Das heißt, es muss ein Es-Horn spielen.
Ein Horn in C hätte drei B!

jetzt ist die Frage, was für Instrumente noch in dem Stück spielen. Nur wenn alles transponierende Instrumente wären, würde die Hornstimme Sinn machen. Normalerweiße müsste sie aber entweder eine Hornstimme in C sein mit drei B, oder eine Stimme in Es ohne Vorzeichen, aber die Mischung geht fast nicht.
Weitere Möglichkeit wäre, dass die drei fehlenden B nicht am Anfang des Stückes stehen, sondern immer direkt vor den betroffenen Noten!? Manchmal wird so was ziemlich blöd und kompliziert notiert, dass kann man so per „Ferndiagnose“ nicht erkennen…

so, ich hoffe, dass war wenigstens halbwegs verständlich und einleuchtend erklärt und ich habe trotz später Stunde nicht allzuviele Fehler getippt! Wenn weitere Fragen sind, fragen Sie gerne!

lg Britta Niklaus