Fahrerflucht ?

Ich war vor kurzem unterwegs und mußte in einer Reihe stehender Autos warten. Im Rückspiegel sehe ich ein Fahrzeug heranfahren und denke mir noch, das könnte äußerst knapp … Krach Der Typ reißt mir den linken Aussen- Spiegel ab und fährt einfach weiter.
Es stellte sich sofort ein Zeuge ungefragt zur Verfügung, was ich sehr positiv fand.
…aber wie verfahre ich jetzt weiter.
Kann ich nur die Kosten für den Spiegel geltend machen, oder ist hier ein Mietfahrzeug ansetzbar ? Das dauert sicher nicht länger als einen Tag, aber ich kann nicht daneben stehen bleiben.
Wer kann mir hier einen Rat geben.

Rainer

Hallo Rainer,

Grundsätzlich gilt: Du bekommst sämtliche Kosten, die Dir wegen dieser Sache entstehen, erstattet. Also auch einen angemessenen Mietwagen, wenn Du ihn brauchst. Unnötige Kosten darfst Du nicht verursachen (Schadensminderungspflicht) und verdienen darfst Du daran auch nicht.

Solltest Du juristisch überfordert sein (meistens der Fall) oder sollte die Schadensregulierung Schwierigkeiten machen, dann gehören auch die Kosten des Rechtsanwalts zum Schaden.

Also auf zum Rechtsanwalt! Es ist egal welcher, Autounfälle gehört zum täglich Brot eines Anwalts.

mfg
ralph

Normalerweise bekommst du den entstandenen Schaden (Mietwagen …) ersetzt. Allerdings sollte sich ein Spiegel in 5-10 Minuten wechseln lassen. Ein Mitewagen ist deshalb sicher nicht angemessen. Wie wärs mit Verdienstausfall ? Oder bezahl jemanden der mit dem Wagen in die Werkstatt fährt und wartet (=Schaden). Der Pahntasie sind da keine Grenzen gesetzt.

…aber wie verfahre ich jetzt weiter.
Kann ich nur die Kosten für den Spiegel
geltend machen, oder ist hier ein
Mietfahrzeug ansetzbar ? Das dauert
sicher nicht länger als einen Tag, aber
ich kann nicht daneben stehen bleiben.
Wer kann mir hier einen Rat geben.

Rainer

Hallo Rainer, hallo Ralph,

ich widerspreche ungern, aber hier scheint es doch notwendig zu sein.

Wenn der Schuldige ermittelt werden konnte, die Sachlage klar, also die Schuldfrage einwandfrei geklärt ist, dann empfehle ich Dir, bei einem solch klaren und ‚kleinen Fall‘ (so ärgerlich er für Dich auch sein mag) von der Einschaltung eines Anwalts abzusehen.
Auch als Geschädigter bist Du zur Schadenminderung verpflichtet. Dazu gehört auch die Vermeidung von Anwaltskosten, wenn es sich um eine klare Rechtslage handelt.

Sollte es Probleme mit der gegnerischen Versicherung geben, was in solch einem Fall kaum eintreten dürfte, dann kannst Du immer noch einen Anwalt einschalten. Und dann hast Du ja auch einen Grund dafür.

Was den Mietwagen betrifft, so fällt auch dies unter die Schadenminderungspflicht.
Wenn ich unterstelle, dass die Reparatur max. einen Tag dauert, dann gilt es abzuwägen, in welchem Fall die geringeren Kosten entstehen:

  • für öffentliche Verkehrsmittel
  • für ein Taxi
  • für einen Mietwagen

Wenn Du z.B. das Kfz. als Aussendienstler den ganzen Tag benötigst, viele Kilometer zu schlecht errecihabren Orten fährst, so wird sich die Versicherung nicht sträuben, einen mietwagen zu bezahlen. Wenn Du aber nur zur Arbeitsstätte und zurück fährst und die Taxikosten hierfür erheblich niedriger ausfallen würden, so bekommst Du ggf. nur diese erstattet anstelle der Mietwagenkosten.

Selbst wenn Dir ein Mietwagen zustehen würde, solltest Du bedenken, dass Du im Falle eines Verzichts eine Nutzungsausfallentschädigung beanspruchen kannst.

Mach Deine Ansprüche zunächst dem Grunde nach schriftlich geltend. Die Höhe der Ansprüche kannst Du nachträglich nachweisen für z.B.:

  • Reparaturkosten
  • öffentliche Verkehrsmittel oder Taxi oder Mietwagen, alternativ für Mietwagenkosten eine Nutzungsentschädigung
  • evtl., aber wirklich nur evtl. für Verdienstausfall (entsteht meines Erachtens nach nicht in nenneswertem Umfang, da Du das Fahrzeug vor Arbeitsbeginn in die Werkstatt bringst und nach Arbeitsbeginn wieder abholst)
  • Pauschale Kosten wie z.B. Schreibmaterial, Porto, Fahrt zur Werkstatt hin und zurück etc., solltest Du mit DM 80,-- ansetzen, es werden dann in aller Regel DM 50,-- ersetzt

Also: Was den RA betrifft - nicht mit Kanonen auf Spatzen schiessen!

Alles klar!?

Gruss
WALTER HUETTENHAIN
‚derinwenigenStundenfreudiginUrlaubfährt‘

Hallo Walter,

dann wünsche ich Dir viel Erholung und bestes Wetter. Es handelt sich doch nicht um einen Betriebsausflug?

Du hast ja recht, meine Ausführungen waren sträflich knapp. Da ich aber geraten habe, zum Anwalt zu gehen, habe ich all das, was Du erzählt hast, dem Anwalt überlassen. Du hast sicherlich schon bei der Niederschrift Deines Artikels gemerkt, daß die Ausführungen von Rainer nicht reichen, um eine sachgerechte Auskunft zu geben. Man landet unwillkürlich in der Abfassung eines Lehrbuchs (wenn …, dann …, aber nur …).

Ich ging von folgenden Prämissen aus: Der Unfall hat sich gerade ereignet. Rainer hat lediglich das Kennzeichen, hoffentlich den Autotyp, vielleicht die Polizei geholt. Rainer hat noch nie einen Unfall gehabt und steht jetzt etwas wie der Ochs vor dem Berge. In diesem Fall ist es nämlich gar nicht so einfach, zu seinem Recht zu kommen:

  1. Rainer ruft bei der Polizei an und muß erfahren, daß er Auskunft nur nach Abschluß der Ermittlungen und nur über einen Rechtsanwalt bekommt. Was nun?

  2. Rainer fragt beim Einwohnermeldeamt nach, und bekommt die Adresse des Halters. Er braucht aber Versicherung und Versicherungsnummer!

  3. Rainer ruft den Halter an, der angesichts des ihm dräuenden Strafverfahrens zunächst jegliche Schuld von sich weist, und Versicherung und Versicherungsnummer nicht herausrückt.

  4. Da war doch was? Ach ja. Der Zentralruf der Autoversicherer in Hamburg. Anrufen, besetzt, anrufen, besetzt, anrufen, besetzt … Wie kommen eigentlich Anwälte immer so schnell an die Versicherung?

  5. Versicherung ist herausgefunden (man hat in die Polizeiakte schielen können, während der Polizist bei der Zeugenvernehmung wie zufällig aus dem Raum gerufen wurde). Man schreibt die Versicherung an.

  6. Die Versicherung schickt ein völlig unverständliches Formblatt - Skizze? Warum Skizze?

  7. Nachdem Rainer alles ausgefüllt hat, und auch das mit dem Mietwagen, weigert sich die Versicherung den Mietwagen zu bezahlen. Auch die Auslagenpauschale von 50,- DM hält sie für weit übertrieben. Außerdem habe ihr Versicherungsnehmer (angesichts des dräuenden Strafverfahrens) angegeben, daß der Spiegel schon vorher abgerissen gewesen sei und er das Auto überhaupt nicht berührt habe. Man werde die Sache prüfen …

  8. Jetzt also zum Anwalt (wirst Du mir doch zustimmen, oder?). Der Anwalt schickt einen verwunderten Brief an die Versicherung. Die Versicherung schickt einen Scheck. Na also, warum nicht gleich so. Aber die ganzen Mietwagenkosten sind nicht drin, weil nach derundder Tabelle nur ein Mietwagen des Typs soundso genommen werden dürfe.

Bei einer Angelegenheit, bei der noch Halter und Versicherer herausgefunden werden müssen, ist die Einschaltung eines Anwalts sicherlich angebracht. Dann übernimmt der den ganzen Kram. Es geht ja nicht darum, mit Kanonen zu schießen, sondern keine Nerverei zu haben. Auch der Anwalt wird keinen Streit suchen, sondern nur das Verfahren durchziehen.

Der Anwalt stellt der Versicherung hierfür eine Rechnung in Höhe von etwa 100,- DM aus, wenn der Gesamtschaden unter 600,- DM ist. Er ist also billiger als ein Klempner, den man für einen tropfenden Wasserhahn holt. Selbst wenn Rainer den Anwalt selbst bezahlen muß, lohnt sich das, um von der obigen Nerverei verschont zu bleiben.

mfg
ralph

Hallo Ralf,

ich möchte mich für diese umfangreichen Ausführungen bei dir bedanken.

Rainer

Hallo Walter,
ich gebe Dir vollkommen recht. Nur ein Anwalt schickt einen wegen „nichts“ zum Anwalt.
Ich wünsche Dir einen schönen Urlaub.
Gruß
roma

Hallo Ralph,

Deine Horrorschilderungen, wie mühsam man an Adresse und Versicherung kommt, sind nicht ganz richtig. Ich habe in so einem Fall (Zeuge hatte sich die Autonummer aufgeschrieben) Anzeige bei der Polizei erstattet. Der Polizist rief bei der Zentralstelle für Autoversicherer an, es war nicht besetzt, und er hat mir Name, Anschrift, Versicherung des Halters genannt. Ich hatte nicht den Eindruck, als ob er das illegalerweise tat. Ich konnte mit der Versicherung des Unfallverursachers problemlos alles klären. An Mietwagen habe ich allerdings gar nicht gedacht :frowning: (zu dumm)

Tschüssi
Cora

Hallo Cora,

ich kann noch ganz andere Horror-Geschichten erzählen. Was die Gemeinde hier aufregt, ist, daß ich den Gang zum Anwalt empfohlen habe.

Um den Amerika herüberschwappenden Anwaltshaß zu umgehen, möchte ich zur Erläuterung auf den schon angeführten tropfenden Wasserhahn umschwenken. Ich selbst habe noch nie einen Klempner geholt, weil mir Basteln Spaß macht. Ich wäre aber keinem Menschen sauer, wenn er bei tropfendem Wasserhahn die Einschaltung eines Klempners empfiehlt. Wer - wie ich - ein begeisterter Haushandwerker ist, weiß, was für Sachen passieren können. Ich habe auch schon mehrmals das Bad unter Wasser und Abwasser gesetzt.

Warum holt man eigentlich einen Fachmann? Weil man:

  1. es nicht machen kann oder
  2. es nicht machen will.

Wenn ich nun ins Brett die Frage stelle: „Mein Wasserhahn tropft. Was soll ich tun?“ so ist die Antwort „Klempner holen“ nicht falsch. Wenn jemand anderes der Meinung ist: „selber machen“, dann wäre es fair, die Vorgehensweise im einzelnen zu erklären, und noch fairer, auf Gefahren hinzuweisen. Bei der Antwort „selber machen“ müßte der Antwortende sicher sein, daß es der Frager auch selber machen kann. Dazu braucht der Frager das richtige Werkzeug, und muß damit umgehen können.

Ich will dem Rainer das nun nicht unterstellen, aber ausschließen möchte ich es auch nicht. Die Frage war einfach zu ungenau.

Nun zu Deinen erfreulichen Erfahrungen mit der Polizei. Diese Erfahrungen darf man nicht verallgemeinern. Die Polizei hat strikte Anweisung, keine Auskünfte an Außenstehende zu erteilen. Auskünfte erteilt die Staatsanwaltschaft und nur an Rechtsanwälte. Wenn der Polizist Dir geholfen hat, dann hat er es wegen Dir getan und weil er nett und erfahren ist. Andere Polizisten raunzen, daß sie nicht für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche da sind. Im Expertenbrett unter „Verkehrsrecht“ habe ich einige Polizisten gesehen. Wenn Du die fragst, bekommst Du sicher eine Bestätigung.

Und nun noch ein kleiner Seitenhieb :smile:
Auf die Idee mit dem Mietwagen (und auch Aufwandsentschädigung und Verdienstausfall, vielleicht Schmerzensgeld und Kuraufenthalt) wäre der Anwalt gekommen.

viele grüße
ralph