Hi Free,
ich sehe, du hast dich eigentlich schon gut informiert!
Aber um das ein bißchen klarer zu bekommen geht es vor allem um ein paar Begrifflichkeiten.
Nebentätigkeit ist juristisch so ungenau, dass man eigentlich gar nicht weiter darüber reden sollte, obwohl verschiedenste Ämter die Vokabel benutzen. (Und verschiedene Ämter füllen die Vokabel leider unterschiedlich.)
Für das Finanzamt geht es dabei nicht um eine Tätigkeit im Sinne des Arbeitsrechts (oder beruflicher Selbstständigkeit) - für die Agentur der Arbeit allerdings schon! Aber nicht jede Tätigkeit die man neben einem Hauptberuf macht, ist damit gemeint - relevant sind nur die Tätigkeiten für die du Geld „verdienst“.
Und hier muss man eben Unterscheiden.
Wenn du eine pauschale Aufwandsentschädigung (AWE) bekommst, dann ist die Idee dahinter, dass dir Kosten ersetzt werden, die du hast, weil du eine bestimmte Aufgabe warnimmst. Du bist nicht angestellt und erhälst keinen Lohn, es wird nichts vergütet. Du hast aber z.B. Telefonkosten, Fahrtkosten, musst dir unterwegs Getränke kaufen, die teurer sind als dein selbstgemachter Apfelsaft zu Hause, benutzt nen Drucker mit Tinte, Papier, Internet, zerrissene Hose,…Mit der pauschalen Aufwandsentschädigung wird Dir das alles ersetzt.
Und noch wichtig ist das Wort pauschal. D.h., du musst die Kosten nicht einzeln nachweisen, z.B. wieviel Kugelschreibertinte du für diese Tätigkeit benutzt hast).
Das ESTG stellt damit also sicher, dass du diese Tätigkeit machen kannst ohne auch die „kleinen Kosten“ tragen zu müssen, bzw. die „Einnahmen“, die auf deinem Konto erscheinen, keine Einnahmen im Sinner des Steuerrechts sind, sondern Entschädigungen (wobei die Ausgaben dazu nicht so schnell auf dem Konto zu sehen sind, sondern in ganz vielen Einzelbeträgen, die man so bezahlt). Damit man das aber nicht ausnutzt (denn die Tätigkeiten, die man macht, liege nahe an steuerpflichtigen Tätigkeiten), ist der Betrag begrenzt auf 2100,-€ im Jahr.
Du kannst aber auch mehr ersetzt bekommen als die 2100,-€ im Jahr, aber dann eben nicht pauschal. Dann musst du das nachweisen! Wenn du also Bsp. für einen Jugendfußballclub scoutest und dafür für deine Auslagen pauschal 100,-€ bekommst, dann sind damit die Fahrtkosten in die Nachbarstadt gedeckt, deine Telefonkosten und das Getränk, dass du beim Gespräch mit dem Spieler für euch beide bezahlst. Sollte das Gespräch in Brasilien stattgefunden haben, dann sind deine Kosten natürlich höher und der Verein kann dir mehr bezahlen, weil du ja auch die Ausgaben hattest. Aber die Kosten musst du mit Belegen anchweisen wenn du sie ersetzt bekommen möchtest.
Ich verwende dann mal also anstatt Werbungskosten, den Begriff Ausgaben. Also, die höheren Ausgaben, kannst du bei dem Auftraggeber geltend machen - z.T aber nur, wenn das im Sinne deines Auftrages und abgesprochen war.
Beim Staat (Finanzamt) geht das leider nicht (bzw. nur indirekt). Da dies keine Tätigkeit ist, wo du Lohn bekommst und keine Steuern zahlst, kannst du auch keine Ausgaben für diese Tätigkeit absetzen. Auch kannst du normalerweise die Kosten auch nicht zu den Werbungskosten für die Haupttätigkeit rechnen.
Aber es gibt ein paar legale Ausnahmen:
- Wenn diese Tätigkeit irgendwie in Zusammenhang mit deinem Beruf oder späteren Beruf steht, kannst du die Kosten u.U. darufhin anrechnen - allerdings nur die Kosten, die dir nicht ersetzt wurden.
- Oder du hättest die Möglichkeit, wenn der Verein die Brasilienreise nicht bezahlen kann, dass du die Reisekosten an den Verein spendest - dann kannst du dafür eine Spendenbescheinigung bekommen, die du wiederum von der Steuer absetzen kannst.
Ich habe beruflich öfter mit dem Jobcenter wegen ALGII zu tun. Hier sehen die Sachbearbeiter leider das Wort Nebentätigkeit und Einnahmen anders. Sie verkennen aber oft total, dass es dabei auch um Ausgaben geht. Eigentlich müsste man das vergleichen mit folgendem Beispiel:
Eine Oma überweist dir 50€ Euro zum Einkaufen. Du bezahlst eine Fahrkarte und die Lebensmittel von den 50€ und gibts der Oma das Restgeld. Buchhalterisch hast du eine Einnahme von 50,-€ bekommen. Aber Du hast auch Ausgaben von 50,-€. - In dem Fall lassen die sich allerdings gut nachweisen. Schwieriger wird es, wenn du mit dem eigenen Auto fährst - aber es bleibt noch einfach, wenn du die Kilometerpauschale von 30ct berechnest. Das ist ja schon eine Pauschale vom Finanzamt. (Wenn dein Auto billiger fährt, dann hast du nen bißchen über!) Aber du könntest auch mehr von der Oma verlangen, wenn du nachweist, dass dein Kilometer mehr kosten - manche Autos sind teurer. Das sind alles Ausgaben, die dir die Oma ersetzt - kein Verdienst für dich.
Bei einigen Sachbearbeitern des Jobcenters hört allerdings das Denken nach dem Wort „Einnahme“ auf und sie rechnen das auf das ALGII an, was nicht gerechtfertigt ist - weil es nur buchhalterisch eine Einnahme ist, aber eigentlich ein Ersatz für Ausgaben, die pauschal ersetzt werden dürfen…
Zum Glück hilft da oft ein klärendes Gespräch, oft ist dann sogar ein Vorgesetzter dabei!
oh, das war jetzt viel Text um diese Uhrzeit - und das Fenster zum reinschreiben ist so klein in diesem Forum…
Ich hoffe, das ist ein wenig klarer - wenn nicht, frag nochmal nach!
LG
Streettaucher