ALG I und II beantragen? Zahlt das Amt die Miete wenn vorher kein Vertrag bestand?

Hallo liebe User,

folgender Fall: Der Sohn eines Unternehmers arbeitet im Unternehmen des Vaters. Er bekommt einen geringen Lohn weil er in einer Wohnung wohnt, die ebenfalls der Eltern gehört. Dafür zahlt der Sohn allerdings weder Miete noch Nebenkosten. Nun wird dem Sohn gekündigt und muss die Miete und Nebenkosten nun aus eigenen Miteln bezahlen. Der Sohn hat aber keine neue Arbeit gefunden und muss sich arbeitslos melden. Da das gehalt im Vorfeld niedrig war reicht nach eigenen Berechnungen das ALG I noch nicht einmal für die Miete. Es wird für die Zukunft ein schriftlicher Mietvertrag unterschrieben. 

Meine Fragen:

  • da das ALG I nicht zum Lebensunterhalt ausreicht, kann/muss man auch ALG II beantragen oder was ist da zu tun?
  • Übernimmt unter den o.g. Gegebenheiten das Jobcenter/Arbeitsamt die Miete/Nebenkosten ?

Vielen Dank im Voraus für die Hilfe,

Der Betreffende hat noch nie ALG I oder II beantragen müssen und kennst sich damit überhaupt nicht aus.

Liebe Grüße

Hallo!

Ja, wenn ALG I nicht ausreicht, dann wird es bis auf die ALG II Höhe aufgestockt.
Das heißt, es wird die Miete und Teile der Nebenkosten übernommen, die eben 1 Person zusteht.
Das man bisher keine Miete zahlte, nun aber schon, macht es nicht unbedingt leicht. Ein grundlegendes Problem ist es m.E. nach nicht. Denn auch jemand der von zu hause auszieht und nun erstmals Whg. anmietet steht genauso da.
Es ist die Miethöhe wichtig, ist sie zu hoch, dann wird sie auch nicht voll übernommen. Man ist dann angehalten,sich eine preiswertere zu suchen.

MfG
duck313

Hallo,

das ist nicht so leicht durchzuführen, wie hier geantwortet wird.

Generell ist es so, dass bei zu geringem ALG 1 die Möglichkeit der Aufstockung durch ALG2/Hartz IV besteht oder zum ALG 1 das Wohngeld zusätzlich beantragt werden kann (bei ALG 2/HartzIV ist das inclusive).

Ein Single hat Anspruch auf mindestens 45qm Wohnfläche zur ortsüblichen Miete
Ist die Wohnung größer oder liegt die Miete über der ortsüblichen Miete, muss der ALG die Differenz selber tragen; bei übermäßiger Abweichung kann das Amt verlangen, dass eine kleinere oder günstigere Wohnung gesucht werden muss; in diesem Fall werden die Kosten nur für die Dauer von 6 Monaten übernommen.

Das Procedere ALG1 plus Aufstockung ALG 2 ist schwieriger als die Möglichkeit von ALG1 plus Wohngeldantrag.

Im Internet gibt es zwei oder drei kostenlose Wohngeldrechner, die relativ gute Werte ausweisen; man kann das sofort prüfen, in welcher Höhe ein Wohngeldanspruch besteht.

lG

Angenommen die Wohnungsgröße liegt unter dem Mindestanspruch. zb. bei 42 m² und auch die Miethöhe ist Ortsüblich und passt in den Anforderungen des Jobcenters. Die Sorge , dass das Amt Schwierigkeite bei der Übernahme der Kosten machen würde, weil während des Arbeitsverhältnisses keine Miete bezahlt wurde und nun diese bezahlt werden muss (s.o.), besteht theoretisch immer noch.

Ist diese doch eher unbegründet wie duck313 meint?

Unterhaltsrechtliche Spezialfälle mal außen vor: die Eltern sind nicht verpflichtet, dem (volljährigen) Sohn kostenlosen Wohnraum zu stellen; die Vergangenheit interessierte an dieser Stelle höchstens dann, wenn es eine (belegbare) Absparche mit den Eltern gibt, dass sie den Sohn auch in Zukunft umsonst wohnen lassen.

Innerhalb der ortsüblichen Angemessenheitsgrenzen wird das Jobcenter also mit Alg2 aufstocken müssen, sofern Alg1 oder Alg1 und Wohngeld nicht reicht, um den sozialrechtlichen Bedarf des Sohnes zu decken.

Der Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages ist ratsam, allerdings nicht zwingende Voraussetzung für einen Leistungsanspruch, wenn der Sohn anderweitig „belegen“ kann, dass er TATSÄCHLICH Miete zahlt.

45 qm
Hallo

Ein Single hat Anspruch auf mindestens 45qm Wohnfläche zur ortsüblichen Miete

Mindestens heißt nicht höchstens.

Ist die Wohnung größer …

Der Tipp mit dem Wohngeldrechner ist gut.

Viele Grüße

Ist diese doch eher unbegründet wie duck313 meint?

Für mein Rechtsempfinden gibt es hier zwei Möglichkeiten:

  • Entweder hatte der Sohn die ganze Zeit einen Mietvertrag mit Miete in Höhe von 0,00 €, abgeschlossen durch konkludentes Handeln, und da gibt es eine Kündigungsfrist von m.W. mindestens 3 Monaten. Diese Kündigung müsste natürlich auch irgendwie begründet werden. Eine Mieterhöhung wäre bestimmt möglich, allerdings in welchem Rahmen, dazu hätte ich keine Idee.
  • Oder er hat die ganze Zeit geldwerten Vorteil gehabt, das aber nicht dem FA und den Sozialversicherungsbehörden angegeben. Das könnte durchaus ein Problem darstellen, wahrscheinlich eher für den Vermieter und AG als für den Mieter und AN.

Aber duck313 ist meines Wissens vom Fach, und wenn der kein Problem sieht …
Es kann aber natürlich auch sein, dass die Leute vom Jobcenter normalerweise solche Probleme nicht wahrnehmen, und dies von daher schon rein praktisch gesehen nicht zum Problem werden würde.

Es kann aber natürlich auch sein, dass die Leute vom Jobcenter
normalerweise solche Probleme nicht wahrnehmen, und dies von
daher schon rein praktisch gesehen nicht zum Problem werden
würde.

Die meisten Leistungssachbearbeiter nehmen die Fragestellungen schon wahr, machen sie allerdings nicht zu ihrem Problem.

Die steuerrechtlichen Implikationen auf Seiten des Antragsstellers und ggf. auch der Eltern sind vollkommen leistungsirrelevant, die Frage, ob ein Mietvertrag mit Null Miete und Kündigungsfrist unterstellt werden darf, viel zu heikel und mit viel zu vielen Fragezeichen versehen, als dass es sich lohnte, an der Stelle ein Fass aufzumachen.

Btw: an welcher Stelle hätte denn obiger „geldwerter Vorteil“ deiner Ansich nach sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen?

Hallo

Btw: an welcher Stelle hätte denn obiger „geldwerter Vorteil“ deiner Ansich nach sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen?

Ich weiß nicht, ob ich die Frage richtig verstehe.
Geldwerter Vorteil ist ja wie normales Arbeitseinkommen zu behandeln, und man hätte darauf Sozialversicherung zahlen müssen.
http://www.geldwertervorteil.net/sozialversicherung.php

Für den hier in Frage stehenden Sohn wäre es ja auch von Vorteil gewesen bzw. es wäre jetzt von Vorteil, wenn man es vorher so gemacht hätte. Und wohl auch später bei der Rente.

Viele Grüße

Allerdings: auf Grund der familiären Verbindung wird, wenn da nichts explizit nachweislich vertraglich geregelt ist, …

Aus der Tatsache, dass jetzt plötzlich Miete gezahlt werden soll, kann man aber doch eindeutig schließen, dass es sich bei der kostenfreien Wohnung um geldwerten Vorteil und nicht väterliche Fürsorge handelte.

Man könnte auf den Gedanken kommen, der Herr Unternehmer hat die verwandtschaftlichen Verhältnisse ausgenutzt, um seinen Anteil an der Sozialversicherung zu sparen. - Andererseits hätte er den AN ja vielleicht gar nicht erst eingestellt, wenn er nicht verwandt wäre.

zumindest aus JC-Sicht nichts Lohnendes (= Leistunfgsminderndes) bei rüberkommen,

Nein, aus JC-Sicht natürlich nicht.