ALG2:Mietzahlung an den Vermieter nur eine Option?

Hallo!
Üblicherweise zahlt das Jobcenter die Miete/Nebenkosten ja erstmal an den ALG2-Empfänger,der das Geld dann an den Vermieter weiterleitet. Das Amt will dafür Nachweise in Form von Quittungen oder Kontoauszügen sehen.
Soweit,sogut. Nun gibt es immer wieder Fälle,in denen die Miete nicht zweckgemäß verwendet wird. In solchen Fällen sieht der §22 Abs.7 SGBII vor,daß die Miete direkt an den Vermieter gezahlt wird. Der entsprechende Satz dazu heißt:
„Es SOLL an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist.“

Für mich liest sich das wie eine Festlegung,wie in solchen Fällen vorzugehen ist. Oder handelt es sich hier um eine Kann-Bestimmung,die das JC auch ablehnen darf ?

Hallo, jedenfalls muß m.E. berücksichtigt werden, dass der Mieter,
wenn er die erhaltene Miete nicht an den Verm. weitergeleitet hat
und die Agentur nicht von der Soll-Vorschrift Gebrauch macht,
bald aus der Wohnung fliegt. Gruß

Hallo

„Es SOLL an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist.“

Für mich liest sich das wie eine Festlegung,wie in solchen Fällen vorzugehen ist. Oder handelt es sich hier um eine Kann-Bestimmung,die das JC auch ablehnen darf ?

Wenn da ‚soll‘ steht, dann heißt das nicht ‚muss‘.
Wenn es ‚müsste‘, dann stände es auch da.

Viele Grüße

Hallo!

Üblicherweise zahlt das Jobcenter die Miete/Nebenkosten ja
erstmal an den ALG2-Empfänger,der das Geld dann an den
Vermieter weiterleitet.

Nun, genau genommen nicht „erstmal“ und auch nicht „weiterleitet“ :wink: Der Anspruch auf ALG2 beinhaltet in dem Fall auch den Anspruch auf die angemessenen Unterkunftskosten, die dem Betroffenen dadurch entstehen, dass er eine (mietvertragliche) Verpflichtung zur Mietzahlung an seinen Vermieter hat. Das „Rechtsverhältnis“ zwischen Antragsteller/Jobcenter auf der einen Seite und Mieter/Vermieter auf der anderen Seite sind aber zwei paar Schuhe. Der ALG2-Betroffene hat den Anspruch auf Unterkunftskosten, das Jobcenterer zahlt sie ihm aus, und damit ist das JC seiner Leistungspflicht nachgekommen. Wenn der Betroffene diese für die Miete gewährte Leistung nun nicht wie vorgesehen dazu verwendet, seiner vertraglichen Pflicht gegenüber dem Vermieter nachzukommen, diesem die Miete zu zahlen, dann hat der Vermieter gegenüber dem Jobcenter nichts zu melden… da der Vermieter ja keinen Anspruch gegenüber dem Jobcenter hat, sondern „nur“ gegenüber seinem Mieter. Und es wäre entsprechend der Mieter (nicht das Jobcenter), den er heranziehen bzw. rechtlich belangen könnte, wenn es mit den pünktlichen Mietzahlungen nicht klappt.

Das Amt will dafür Nachweise in Form von Quittungen oder Kontoauszügen sehen.

Das ist so pauschal nicht vorgesehen. Dass die Unterkunftskosten in der bewilligten Höhe von ihm zu zahlen sind, hat er bereits bei ihrer Beantragung nachgewiesen (durch den Mietvertrag bzw.die Bescheinigung vom Vermieter). Insofern müssten ihm schon konkrete Gründe genannt werden (bzw. konkrete Verdachtsmomente vorliegen), warum das Jobcenter Nachweise über die Verwendung dieser bewilligten Leistung sehen will.

In solchen Fällen sieht der §22 Abs.7 SGBII vor,daß die Miete direkt :an den Vermieter gezahlt wird. Der entsprechende Satz dazu heißt
„Es SOLL an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt :werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die :leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist.“ Für mich :liest sich das wie eine Festlegung,wie in solchen Fällen vorzugehen :ist. Oder handelt es sich hier um eine Kann-Bestimmung,die das JC :auch ablehnen darf ?

Der Abschnitt geht ja noch weiter:
_"Das ist insbesondere der Fall, wenn

  1. Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
  2. Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
  3. konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
  4. konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet."_

Wenn konkrete Gründe oder Hinweise vorliegen, die die direkte Überweisung der Unterkunftskosten an den Vermieter rechtfertigen, dann wird das Jobcenter das auch tun.

Der Mieter kann ja auch von sich aus beantragen, dass die KdU direkt an den Vermieter überwiesen werden sollen. Beispielfall: Die Leistungen für die ganze Familie werden an das Konto des Ehemanns überwiesen - der den Mietanteil aber nicht an den Vermieter zahlt, sondern von dem Geld erstmal alte Schulden abzahlt oder sich selbst irgendwas Schönes kauft. Wenn die besorgte Ehefrau beim Jobcenter deshalb die direkte Überweisung der Miete an den Vermieter beantragt, wird das JC ihrem Antrag sicherlich nachkommen, da die zweckgebundene Verwendung der bewilligten Leistung durch den Gatten nicht sichergestellt ist und deshalb Mietrückstände etc. drohen.

LG

Das Amt will dafür Nachweise in Form von Quittungen oder Kontoauszügen sehen.

Das ist so pauschal nicht vorgesehen.

Wird aber in vielen JC standardmäßig und ohne jeden Verdachtsmoment überprüft.

Wenn konkrete Gründe oder Hinweise vorliegen, die die direkte
Überweisung der Unterkunftskosten an den Vermieter
rechtfertigen, dann wird das Jobcenter das auch tun.

In meiner alten Heimatstadt macht das JC das seit etwa 2 Jahren standardmäßig…da kriegt kein Hartzer mehr die Miete in die Hand.

Der Mieter kann ja auch von sich aus beantragen, dass die KdU
direkt an den Vermieter überwiesen werden sollen.

Soweit schon klar: Wenn das JC Zweifel hat,ob der Mieter die Miete wirklich weiterleitet,dann kann der Mieter die direkte Überweisung an den Vermieter beantragen oder das JC machts von sich aus. Daher ja meine Frage: Wenn diese Zweifel vorliegen UND der Mieter beantragt diese Weiterleitung sogar selbst: Kann das JC diese direkte Zahlung an den Vermieter trotzdem verweigern ? So wie ich das aus dem Paragraphen lese, ist es das Ziel des Paragraphen, eine Obdachlosigkeit zu vermeiden. Und demzufolge müsste es ja quasi die Pflicht des JC sein,die Zahlung sicherzustellen,indem es dem Antrag stattgibt,oder ?

Und demzufolge müsste es ja quasi die Pflicht des JC sein,die Zahlung sicherzustellen,indem es dem Antrag stattgibt,oder ?

Wenn das Jobcenter einen solchen Antrag des Betroffenen selbst ablehnend bescheiden wollen würde… dann wäre die Rechtsgrundlage für diese Entscheidung auf jeden Fall interessant zu lesen. ^^
§ 22 Abs.7 Satz 1 SGB II besagt:
„(7) Soweit Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen.“
Das ist eigentlich nicht falsch zu verstehen. Im Zweifelsfall hilft dem Jobcenter aber bestimmt gerne das Kundenreaktionsmanagment der Bundesagentur in Nürnberg auf die Sprünge.

Wird aber in vielen JC standardmäßig und ohne jeden
Verdachtsmoment überprüft.

Man hat ja das Recht, für jede Datenerhebung und -speicherung eine nachvollziehbare Begründung mit Nennung des konkreten Erhebungsgrunds und Nennung der Rechtsgrundlage zu verlangen - und gegen unzulässige Datenerhebungen vorzugehen :wink:

In meiner alten Heimatstadt macht das JC das seit etwa 2
Jahren standardmäßig…da kriegt kein Hartzer mehr die Miete
in die Hand.

Wenn das tatsächlich stimmt, wäre es aber sehr interessant, auf welcher Rechtsgrundlage das Jobcenter meint, „standardmäßig“ so praktizieren zu dürfen. Auf Basis des SGBs geschähe es jedenfalls nicht. Dem kann man (nachweislich) widersprechen und sich auch mal ans Kundenreaktionsmanagement der Bundesagentur wenden - und auch an den Landesdatenschutzbeauftragten (es geht „standardmäßig“ einen Vermieter gar nichts an, dass sein Mieter Leistungen vom Jobcenter bezieht.) „Standardmäßig“ dürfte das ggf. auch vor’m Sozialgericht ein Selbstläufer sein.

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Hallo,

Für mich liest sich das wie eine Festlegung,wie in solchen
Fällen vorzugehen ist. Oder handelt es sich hier um eine
Kann-Bestimmung,die das JC auch ablehnen darf ?

eine soll-Vorschrift bedeutet, dass die Behörde einen erheblich eingeschränkten Ermessensspielraum hat. Sie muss grundsätzlich wie vorgeschrieben handeln, kann aber mit einer entsprechenden Begründung ausnahmsweise im Einzelfall auch anders entscheiden.

Gruß
cosis