Hallo, Wolfgang
mal davon ausgehend, dass Ihr kein gemeinsames Kind habt (?) , das Wesentliche zuerst:
Zwischen wem (und warum und welche) gesetzliche Unterhaltsansprüche/- pflichten bestehen, regelt das BGB. Und zwischen Unverheirateten ohne gemeinsames Kind bestehen KEINE solchen Unterhaltsansprüche/-pflichten ! Als Unverheiratete ohne gemeinsames Kind ist es ganz allein Euch überlassen und Eure freie Entscheidung, ob Ihr finanziell füreinander aufkommen und einstehen wollt… oder eben nicht. Weder könntest du deine Freundin auf Unterhalt verklagen noch sie umgekehrt dich - da keinerlei Rechtsgrundlage dafür bestünde. Egal, wie lange Ihr schon zusammen seid /wohnt.
Im SGB II-Rechtsbereich / beim ALG2 gibt der § 7 SGB II vor, wer zur „Bedarfsgemeinschaft“ /BG gehört. Nicht jeder, der in derselben Wohnung lebt, gehört auch zur (selben) Bedarfsgemeinschaft. Um als unverheiratet zusammenwohnendes Beziehungspaar ohne gemeinsames Kind eine sogenannte „Verantwortungs- und Einstehens-“/
VE- Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3a SGB II darzustellen, ist es zwingend (!) erforderlich, dass die beiden Personen AUCH eine Wirtschaftsgemeinschaft darstellen… sprich: aus einem Topf haushalten und einander finanziell unterstützen.
FALLS die beiden sich dazu entscheiden, gemeinsam zu wirtschaften , bilden sie gemäß § 7 Abs. 3a eine VuE-Bedarfsgemeinschaft , und beide Partner müssen in dem Fall ihr Einkommen sowohl offenlegen als auch für die Lebens-/Wohnbedarfe des Anderen einsetzen.
Falls sie aber NICHT füreinander aufkommen und getrennt wirtschaften (abgesehen von der geteilten Miete und den „WG-üblich“ geteilten Kosten für z.B. das 10er-Pack Klopapier) , dann bilden sie KEINE VuE-Bedarfsgemeinschaft. Und Partner A hat mit Partner B’s Finanzen, Anträgen und Ansprüchen nichts zu tun (und umgekehrt auch B nicht mit denen von A).
Uns wurde auch das „Probejahr“ genehmigt
Eine Genehmigung würde voraussetzen, dass das Jobcenter (auch) befugt ist, die Sache zu verbieten. Ist es aber nicht
Siehe oben… Ihr MÜSST überhaupt nicht füreinander aufkommen - weder nach 1 Jahr noch nach 10 Jahren. Es ist lediglich so, dass das Jobcenter nach 1 Jahr Zusammenleben die Vermutung (!) anstellen darf, dass das Paar nunmehr seine Beziehung „erprobt“ hat und ab jetzt AUCH gemeinsam wirtschaften wird (und somit eine Bedarfsgemeinschaft darstellt.) Das Paar ist aber, wie gesagt, rechtlich nicht VERPFLICHTET ist, füreinander aufzukommen. Und sollte diese BG-Vermutung des Jobcenters nicht zutreffen (weil das Paar WEITERHIN seine Finanzen getrennt hält) , dann müssen beide Partner dieser Vermutung widersprechen (nachweislich schriftlich) . Und (wichtiger Punkt) : Nach diesem Jahr liegt eine Umkehr der Nachweispflicht vor: Nun muss nicht mehr das Jobcenter nachweisen, dass das Paar gemeinsam wirtschaftet - sondern das Paar muss ggf. Nachweise dafür bringen können, dass es NICHT gemeinsam wirtschaftet. Zum Beispiel, indem man Quittungen über seine getrennten Miet(anteils)zahlungen, getrennte Konten, getrennte Versicherungen, getrennte Einkäufe/ Anschaffungen etc. vorlegt.
Nun wurde mir bei Abgabe der Weiterbewilligung gesagt: (Zitat) „Laenger als ein Jahr? Gibt es nicht!“
Ach nee ? Dafür soll das Jobcenter dann bitte auch mal die konkrete Rechrtsgrundlage nennen, nach der es das angeblich „nicht gibt“ Und was sie SAGEN, ist uninteressant. Sie müssen Anträge annehmen, und du hast Anspruch auf einen rechtsmittelfähigen schriftlichen Bescheid mit Nennung der konkreten zugrundegelegten Rechtsgrundlage.
Siehe oben… nach einem Jahr darf die Vermutung (!) einer BG angestellt werden… nicht mehr und nicht weniger. Weder nach 1 Jahr noch irgendwann später „entwickeln“ sich aus dem Zusammenwohnen irgendwelche gesetzlichen Unterhaltsansprüche/-pflichten zwischen den beiden Partnern. Und es gibt Paare, die 30 Jahre lang mit getrennter Kasse zusammenwohnen und damit glücklich sind. (Wer weiss… vielleicht ja gerade WEIL sie getrennte Kasse machen und sich nicht über’s Geld streiten Ohne gemeinsames Kind können sie das Finanzielle halten wie sie lustig sind.
Halbe Miete und NK zahlt meine Partnerin ja an mich, was auch in dem Jahr bei meiner Berechnung mit einfloss.
Genau. Emotional /räumlich wohnt Ihr als Paar zusammen, finanziell aber im Sinne einer WG. Jeder kommt für sich selber auf, die Wohnkosten werden kopfanteilig geteilt (und die Hälfte, die deine Freundin übernimmt, verringert entsprechend deinen Anspruch auf die Unterkunftskosten um die Hälfte.)
Habe ich eine Moeglichkeit, auch ohne Gericht, das Amt davon zu ueberzeugen, dass wir nicht eine BG/VE bilden, oder ist der Punkt „laenger als 1 Jahr“ wirklich ein K.O.-Punkt?
Ganz platt gesagt: Wenn bei 10 Paaren so verfahren wird und nur zwei, drei oder fünf dieser Paare den Widerspruchs-/Klageweg einlegen, dann spart das Jobcenter bei den anderen Paaren immer noch einen Batzen Geld ein. Die Verfahren vorm Sozialgericht sind für die Jobcenter (leider) kostenlos - wenn sie es auf eine Klage ankommen lassen, kostet sie das nix. Sie haben also nichts zu verlieren… im (für sie) „ungünstigsten“ Fall müssen sie halt eine zu Unrecht verweigerte Leistung nachzahlen, je nach Verfahrensdauer vielleicht noch mit ein paar Cent Verzugszinsen obendrauf. Aber das war’s dann auch. Kein großer Anreiz für sie, Klageverfahren zu vermeiden - und gerade bei dieser VuE-BG-Geschichte wird weitverbreitet „standardmäßig“ so verfahren. Selbst wenn das Paar ihnen alle möglichen Nachweise über’s getrennte Wirtschaften vorlegt und der Vermutung per schriftlicher Erklärung widerspricht, wird von den Jobcentern häufig TROTZDEM ablehnend entschieden. Und in dem Fall kommt man dann als Betroffener halt leider nicht drum herum, das Ganze tatsächlich vor Gericht abschließend klären zu lassen.
(In einigen Gerichtsurteilen wurde das Jahr nicht als Grund der Annahme einer BG/VE annerkannt, aber es waren meist Verwandschaftsverhaeltnisse)
Wie gesagt: Zwischen Unverheirateten ohne gemeinsames Kind muss ZWINGEND Zusammenwohnen UND (!) eine Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen, damit sie als BG betrachtet werden dürfen. Kein gemeinsames Wirtschaften… keine BG . (Erst) nach 1 Jahr muss das getrennte Wirtschaften dann allerdings auch nachgewiesen werden.
Siehe auch dazu hier die „Rechtssprechungsübersicht“ , mit den wesentlichen (Bundes-)Urteilen: http://hartz.info/index.php?topic=30.0
Außerdem: Bundesverfassungsgericht 17.11.1992 :
(Damals hieß es noch „eheähnliche Gemeinschaft“, mittlerweile hat sich stattdessen der Begriff „Einstehens-Bedarfsgemeinschaft“ durchgesetzt.)-
Sprich: Selbst WENN in der Vergangenheit gemeinsam gewirtschaftet wurde, gibt es kein Gesetz, das verbieten würde, diese Handhabung zu ändern (und nunmehr auf GETRENNTE Kasse „umzusteigen“). Wenn man seine Finanzen sauber (und nachweislich) trennt, besteht keine BG (mehr).
Wie gehe ich dagegen vor? Widerspruch ist das Wort nehme ich an, aber nach welchen § oder Gerichtsbeschluessen kann ich mich in meinem Fall richten?
Die Frage ist, ob man sich das Theater und den Schreibkram überhaupt selber/„alleine“ antun will. Du kannst dir beim zuständigen Amtsgericht einen Beratungshilfeschein holen und damit einen Fachanwalt für Sozialrecht aufsuchen (Eigenbeitrag beim Anwalt dafür: max. 10 €. ) Im Falle eines Gerichtsverfahrens wird über den Anwalt dann auch die Verfahrenskostenbeihilfe /„Prozesskostenbeihilfe“ beantragt. Er kann ggf. dann auch gleich einen Feststellungs- und Eilantrag beim Gericht einreichen, falls das Jobcenter mit deinen Leistungen herumzickt.
Das kann man zwar grundsätzlich auch alles im Alleingang machen , da in den sozialgerichtlichen Verfahren kein Anwaltszwang herrscht. Aber warum sollte man sich unnötigen Stress machen - und manchmal reicht auch schon ein Brief von einem Anwalt, damit es beim Jobcenter plötzlich doch „geht“
Falls du es aber dennoch alleine angehen willst: Siehe oben die Urteile… und die Beispielschreiben/ -widersprüche/- klagen hier : http://hartz.info/index.php?board=9.0 (müsstest du dich mal etwas „durchblättern“… da sind etliche Muster zum Thema "Veranlagung als VuE-BG /§ 7 Abs. 3a SGB II)
PS: Als Bürger hat man bei entsprechender Bedürftigkeit einen Rechtsanspruch auf diese staatlichen Leistungen. Genauso wie man Anspruch auf Kindergeld oder Wohngeld etc. hat. Also kein Grund, irgendetwas zu erklären oder sich zu „rechtfertigen“. Dass etliche Jobcenter, die Medien und vor allem auch Politik und Wirtschaft die ALG2-Betroffenen stigmatisieren und sie dazu bringen, sich so zu fühlen, wie du es ausgedrückt hast… das geschieht ja nun nicht ohne Grund
http://das-geht-uns-an.de.tl/Mach-h–dich-schlau-k1-…
LG - und alles Gute für Euch