Hallo Kollege, (Kollegin?)
zunächst einmal, Du hast Deine vertraglich geschuldete Leistung erbracht, wenn Du am Freitag schon mindestens Deine Wochenarbeitszeit geleistet hat. Daher mal ohne nähere Prüfung, die Abmahnung ist unwirksam.
Natürlich kann ein Arbeitgeber Überstunden im gesetzlichen Rahmen anordnen, wenn ein Betriebsrat da ist, ist der natürlich zu beteiligen.
Aber die Anordnung muss natürlich auch erfolgen. Einfach mal davon ausgehen, dass Mitarbeiter am Samstag kommen geht natürlich nicht.
Mit einer Abmahnung ist das so eine Sache. Der Bedeutung nach will ein Arbeitgeber mit einer Abmahnung eine Verletzung der geschuldeten Leistung eines Arbeitnehmers rügen und ihn ermanhnen, in Zukunft seine geschuldete Leistung ordnungsgemäß zu erbringen.
(Aber wie wir erkennen, hast Du Deine geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbracht. Eine Abmahnung ist also eindeutig nicht gerechtfertigt.)
Bei einer Abmahnung hat man mehrer Möglichkeiten:
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Wenn die Abmahnung gerechtfertigt ist, steckt man sie sich „hinter den Spiegel“ und vermeidet in Zukunft das abgemahnte Verhalten.
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Wenn die Abmahnung nicht gerechtfertigt ist, kann die Löschung aus der Personalakte verlangen. Hierbei muss man aber in der Regel die Hilfe des Arbeitsgerichts in Anspruch nehmen. (geht Problemlos, ich bin selber ehrenamtlicher Richter beim Arbeitsgericht, derartige Verfahren sind reine Routine)
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Oder man nimmt die Abmahnung lächelnd hin. Wenn es dann nach erneutem „Fehlverhalten“ zu einer Kündigung kommt, wird der Arbeitsrichter die Abmahnung als nicht gerechtfertigt erkennen und im Falle einer Kündigungsschutzklage auf Unwirksamkeit der Kündigung erkennen, wenn die Kündigung sich auf das abgemahnte „Fehlverhalten“ stützt.
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Man schreibt zu der Abmahnung eine Stellungnahme, in der man die fehlende Rechtfertigung beschreibt und somit rügt. Diese Stellungnahme MUSS der Arbeitgeber zur Abmahnung in die Personalakte nehmen und sie wird Bestandteil der Abmahnung.
Textvorschlag:
Gegen die Abmahnung vom … lege ich Widerspruch ein.
Ich hatte meine geschuldete Arbeitsleistung erbracht, indem ich die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit geleistet habe. Überstunden waren nicht ausdrücklich angeordnet.
Somit ist es zu keiner Verletzung meiner Arbeitsvertraglichen Pflichten gekommen und die Abmahnung nicht gerechtfertigt.
Diese Stellungnahme ist gemäß § 83 Abs. 2 BetrVG der Personalakte beizufügen und ist Bestandteil der Abmahnung.
Ende des Textvorschlags.
(BetrVG heißt „Betriebsverfassungsgesetz“. Es gilt auch wenn es keinen Betriebsrat gibt.)
Natürlich kannst Du auch zunächst einmal mit Deinem Chef reden und ihm nahelegen die Abmahnung ohne großes Aufsehen aus der Personalakte entfernen, damit Euch beiden der Stress mit dem Arbeitsgerich erspart bleibt.
Vielleicht ist er ja vernünftig.
Immerhin ist man als Arbeitnehmer verständlicherweise etwas gehemmt, wenn es darum geht seinen Chef vor den „Kadi“ zu zerren. Aber Erfolg wirst Du wahrscheinlich haben.
Viel Erfolg, Johannes