Klausel zur Individualabrede: auf Deutsch ?

Tach’chen.

Vorab: kein real existierender Vertrag: Lehrbuchfrage.

Folgende Klausel entstammt einem vorformulierten Dienstvertrag:

§x: Nebenabreden & Schriftform
(1)Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.
(2)Ergänzungen und Änderungen dieses Vertrags bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform.
(3)Dies gilt nicht für individuelle Vertragsabreden i.S.v. § 305b BGB mit einem vertretungsbefugten Vertreter der Gesellschaft.
(4)Im Übrigen kann das Formerfordernis nicht durch mündliche Vereinbarung, konkludentes Verhalten oder stillschweigend außer Kraft gesetzt werden.

Mir erschließt sich der Sinn nicht ganz und außerdem scheint er noch dazu widersprüchlich zu sein. Was ich verstehe ist:
(1) keine mündlichen Vereinbarungen neben dem Vertrag
(2) keine mündlichen Vereinbarungen neben dem Vertrag
(3) mündliche Vereinbarungen sind zulässig mit vertretungsberechtigten Gesellschaftern
(4) Die Regel „keine mündlichen Vereinbarungen“ kann nicht mündlich aufgehoben werden

Ich versteh es einfach nicht. Hat jemand einen Tipp, was der Sinn und Zweck dieses Paragraphen ist? Welcher Praxisfall wäre dazu denkbar?

Vielen Dank
TTR

Ich versteh es einfach nicht. Hat jemand einen Tipp, was der
Sinn und Zweck dieses Paragraphen ist? Welcher Praxisfall wäre
dazu denkbar?

Hallo

Selbstverständlich kann, sofern keine gesetzliche Formerfordernis besteht, die vereinbarte Schriftformerfordernis jederzeit auch durch mündliche Übereinkunft beider Parteien wieder ganz oder teilweise abbedungen werden, es herrscht auch insofern völlige Vertragsfreiheit. Dies betrifft zumindest die Klauseln 1, 2 und 4.

Es besteht bei mündlich vereinbarten Vertragsänderungen halt lediglich das Beweisproblem, daher verfällt man auf solche (allerdings unwirksame) Hilfskrücken.

Gruß
smalbop

Ich versteh es einfach nicht. Hat jemand einen Tipp, was der
Sinn und Zweck dieses Paragraphen ist? Welcher Praxisfall wäre
dazu denkbar?

(2) + (4) bilden eine sog. doppelte schriftformklausel
infos zu finden z.b.
http://spreerecht.de/vertragsrecht/2011-04/vertraege…

der autor verkennt allerdings, dass die klausel nicht völlig sinnlos ist, sondern beweisrechtliche bedeutung hat.

Heißst das gleichsam, dass alle Schriftform-Klauseln (egal in welchem Kontext) grundsätzlich nichtig sind?

Vielen Dank
TTR

Heißst das gleichsam, dass alle Schriftform-Klauseln (egal in
welchem Kontext) grundsätzlich nichtig sind?

Nein, sie gelten, wie jede vertragliche Bestimmung, so lange sie nicht einvernehmlich abgeändert werden, was allerdings eben auch mündlich ebenso wie schriftlich wirksam geschehen kann. Das Problem daran ist halt die Beweisbarkeit.

Du wolltest ja ein Praxisbeispiel:

In einem Bauvertrag sei „zwingend“ die förmliche Abnahme vereinbart.

So lange nicht beide Parteien einer anderen Lösung zustimmen, kann die Abnahme dann ausschließlich durch einen förmlichen Rechtsakt und nicht fiktiv oder mündlich wirksam erfolgen. Wenn aber beide Parteien sich zum Termin treffen und dann übereinkommen, statt ein Abnahmeprotokoll zu schreiben lieber ein Eis essen zu gehen - und das mit der Abnahmereife der Werkleistung „passt schon so“ - dann gilt auch das als wirksame Abnahme, denn die Schriftformerfordernis wurde im Abnahmetermin einvernehmlich, und damit wirksam, abbedungen und durch eine anders lautende Vereinbarung ersetzt.

Das Problem tritt dann (und nur dann) auf, wenn in einem späteren Prozess die Bauherrenpartei sich plötzlich nicht mehr an die Episode im Eiscafe erinnern kann und auf die Vertragsklausel und das fehlende Protokoll verweist.

Gruß
smalbop

Heißst das gleichsam, dass alle Schriftform-Klauseln (egal in
welchem Kontext) grundsätzlich nichtig sind?

Nein, sie gelten, wie jede vertragliche Bestimmung, so lange
sie nicht einvernehmlich abgeändert werden, was allerdings
eben auch mündlich ebenso wie schriftlich wirksam geschehen
kann. Das Problem daran ist halt die Beweisbarkeit.

und jetzt ein praxisbeispiel, das in den bereicht arbeitsrecht passt (wo diese klausel (im regelfall) unwirksam sind, da sie der inhaltskontrolle nicht standhalten):

Orientierungssatz des BAG:
4. Eine doppelte Schriftformklausel ist gem. § 307 Absatz I 1 BGB unwirksam, wenn sie so gefasst ist, dass sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine nach Vertragsabschluss getroffene mündliche Abrede sei entgegen § 305b BGB unwirksam. Diese in der zu weit gefassten Klausel liegende Irreführung über die Rechtslage kann den Vertragspartner von der Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte abhalten. Sie benachteiligt ihn deshalb unangemessen i.S. von § 307 Absatz I BGB.

es ging um folgende klausel:
§ 13. (1). … Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags sind, auch wenn sie bereits mündlich getroffen wurden, nur wirksam, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Parteien unterzeichnet worden sind. Dies gilt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis. …