Liebe www-ler,
angenommen sei folgender, hypothetischer Fall:
Ein Arbeitnehmer arbeitet in einem nicht tarifgebundenen Unternehmen. Er hat einen Einzelarbeitsvertrag, der eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vorsieht. Es existiert eine Betriebsvereinbarung, die folgendes vorsieht: „(…) Festlegung der Arbeitszeit (…) erfolgt durch den Vorgesetzten (…)“.
Früher wurde das Arbeitszeitregiment flexibel gehandhabt, weder die Mitarbeiter noch der Betrieb schauten auf die Minute, sodass sich Phasen der Mehrarbeit ergaben, aber dafür die Mitarbeiter auch mal früher gingen, wenn nichts zu tun war. Alle waren zufrieden und der Sache diente es auch.
Seit eine neue Vorgesetzte installiert wurde, ist es jetzt die Vorgabe, die Zeiten genau einzuhalten, und zwar wie folgt:
Montag - Donnerstag wie hier, Freitag nur bis 16:00 Uhr
Arbeitszeit Pause
Arbeiten: 08:00 - 10:00 2 Std.
Pause: 10:00 - 10:05 0 Std. 5 Min?
Arbeiten: 10:05 - 12:05 2 Std.
Pause: 12:05 - 12:50 0 Std. 45 Min
Arbeiten: 12:50 - 14:50 2 Std.
Pause: 14:50 - 15:00 0 Std. 10 Min?
Arbeiten: 15:00 - 17:00 2 Std.
aus Arbeitgebersicht: 8 Std. 1 Std.
aus Arbeitnehmersicht: 8 Std. 15 Min 0 Std 45 Min
Nun ist der Arbeitnehmer der Ansicht, dass nach § 4 Satz 2 ArbZG die Pause zu 5 Minuten und die Pause zu 10 Minuten nicht als Pause anrechenbar sind. Aus Sicht des Arbeitgebers ergeben sich wöchentlich 39 Stunden, aus Sicht des Arbeitnehmers 40 Stunden und 15 Minuten.
Durch die Organisation des Betriebes ist es notwendig, dass der Arbeitnehmer häufig schon einige Minuten vorher und nachher sowohl am Rande der Arbeitszeit als auch am Rande der Mittagspause arbeitet. Dadurch entstehen ohnehin einige Zusatzzeiten, meist 10 bis 15 Minuten pro Tag.
Das Gesetz besagt ja nun Folgendes:
§ ArbZG 4 Ruhepausen
Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden.
Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Jetzt habe ich dazu folgende Fragen:
-
Könnte sich der Arbeitgeber darauf berufen, dass die Unterteilung von Pausen in Zeitabschnitte von 15 Minuten nur für die Mindestpause in Länge von 30 Minuten bindend ist? Dass er also bei der weiteren Einrichtung von Pausen auch kürzer einteilen darf?
-
Was müsste der Arbeitnehmer machen, um zu erwirken, dass die Arbeitszeiten entweder durch „Abfeiern“ ausgeglichen oder vergütet werden?
-
Könnte der Arbeitnehmer einen rückwirkenden Anspruch geltend machen?
Für Hinweise wäre ich sehr dankbar!
Gruß, Bernd