Hallo Tom,
erst sprichst Du in Deinem posting davon, daß die US-
Administration legitimerweise ausschließlich nationale
Interessen vertritt, um dann von Internationaler Verantwortung
der USA zu sprechen. Was denn jetzt?
Der Unterschied zwischen „internationalen Interessen“ und „internationaler Verantwortung“ ist Dir aber doch sicherlich bekannt. Kein Staat verfolgt internationale Interessen, weil es sowas nicht gibt. Es sei denn, im Rahmen eines internationalen Vertrages (z. B. NATO), der aber wiederum nur auf nationalen Interessen beruhen kann (z. B. Herstellung der eigenen Sicherheit durch gegenseitige Sicherheitsgarantien). Internationale Verantwortung hat aber grundsätzlich jeder Staat, was allein aus seiner Existenz und seinem äusseren Verhalten resultiert. Internationale Verantwortung zu zeigen bedeutet daher z. B., keinen Krieg vom Zaune zu brechen, obwohl es im nationalen Interesse wäre. Internationale Verantwortung kann auch bedeuten, im Auftrag einer Organisation in einer Region für Frieden zu sorgen, obwohl dies vielleicht nicht im Rahmen der nationalen Interessen liegt. Wenn die EU nun also künftig in der Lage sein sollte, bestimmte Konflikte in Eigenregie zu beenden, dann kann sie den Amerikanern damit folglich ein Mass an internationaler Verantwortung abnehmen. Ergo könnte kein „friendesverliebter“ Europäer den Amerikanern mehr scheinbare Interessen vorwerfen. Ich hoffe, mich so verständlicher gemacht zu haben.
Man könnte argumentieren,
daß die USA auf internationaler Bühne nationale Interessen
durchsetzt.
Das ist das beste Beispiel für den Unterschied.
O.K., das weltweite Machtvakuum geährleistet ein
solches Verhalten. Aber gemeinhin nennt man so etwas wohl
Hegemonialbestreben oder griffig Imperialismus.
Durchaus nicht ungewöhnlich. So sind es auch die kleinen Staaten in der EU, die sich von den „Riesen“ Frankreich und Deutschland durchaus beherrscht fühlen. Weiter muss es auch für die „Urbewohner“ der Mittelmeerküsten sehr ärgerlich sein, wenn sie einen Gastronomiejob nur noch unter der Vorbedingung bekommen, dass sie neben ihrer Muttersprache auch noch deutsch beherrschen müssen.
Mit welchem
Recht sprechen die USA anderen Ländern das Recht ab
Massenvernichtunhgswaffen zu besitzen?
Absprechen dürfen sie doch, was sie wollen. Was ist daran so erregend? Solange sie diese Länder nicht angreifen… Bis dahin aber ist alles nur verbale „Kriegsführung“. Die ist zwar auch recht unangenehm, aber dennoch nicht verboten.
Ich finde es auch nicht
O.K., daß Saddam ein paar Scuds rumstehen hat, oder Nordkorea
an der Atomwaffe bastelt. Aber ich finde es auch nicht O.K.
wenn eine US Regierung die zur Hälfte aus religiösen
Fanatikern besteht und von einem ziemlich unterbelichteten
Typen geführt wird über solche Arsenale verfügen kann.
Ich bin von der US Regierung auch nicht gerade berauscht. Aber ist GWB nicht eigentlich bisher nichts anderes als ein Redenschwinger? Okay, sein Benehmen lässt natürlich durchaus zu wünschen übrig, aber solange das der einzige Kritikpunkt ist, den wir tatsächlich haben, ist es noch ein sehr schwacher. Es ist natürlich auch nicht wünschenswert, andere Länder durch Drohung unter Druck zu setzen. Aber auch das ist auf der politischen Bühne zulässig, solange es nicht in militärische Aktivität umschlägt. Ich gebe zu, dass es dennoch keine gesittete Diplomatie ist. Gerade nicht, wie sie eigentlich in unserer Zeit sein sollte.
Da war ich im Falle Boris Jelzins wesentlich unruhiger. Aber auch er hat im wesentlichen nur gepoltert. Dass die USA selbst über eine grosse Anzahl an MVW verfügen, ist nunmal historisch bedingt.
Die
einzigen die Atomwaffen schon mal eingesetzt haben sind nunmal
auch die USA. Und zumindest die Bombe auf Nagasaki ist ein
gewaltiges Kriegsverbrechen gewesen.
Klar. Auch die Hiroshima-Bombe war ein Kriegsverbrechen. Und hätte Deutschland nicht noch „rechtzeitig“ kapituliert, so meine ich zu wissen, dass auch Mannheim auf der Liste gestanden haben soll. Auch die Angriffe auf Dresden waren Kriegsverbrechen. Aber welche Seite hat damals keine Kriegsverbrechen begangen? Und gerade Deutschland bediente sich wohl der übelsten Kriegsverbrechen, die die Nuklearangriffe opfermässige doch noch etwas in den Schatten stellen. Das ist zwar keine Rechtfertigung, aber dennoch zeigt dies, dass man nicht nur auf die Amerikaner deuten sollte, sondern schlechthin auf alle.
Faktisch ist es doch so,
daß sich manche Länder dem Hegemonialanspruch der USA nur
durch den Besitz von Massenvernichtungswaffen entziehen
können.
Welche Länder wären das? Meinst Du, Russland und China verfügen nur über Atomwaffen, damit sie sich nicht von den USA unterdrücken lassen brauchen? Alle anderen Länder hätten auch trotz ihrer MVW den USA nichts entgegenzusetzen. Deren Arsenale würden schlichtweg weggebombt, bevor sie überhaupt zum Einsatz kommen könnten. Zudem verfügt auch (ausser Russland und China) kein Land über ein militärisch zweckmäßiges Trägersystem mit MVW, dass die USA auch nur auf halbem Wege erreichen könnte.
Oder warum schreien die menschrechtsverliebten Yankess
nicht auf bei den Bildern aus Grosny? Russland droht Georgien
mit Krieg, aber aus den USA ist kein Statement zu hören.
Vor wenigen Monaten machte GWB eine Rundreise über Peking, Paris und Moskau. Dabei hat er den russischen Präsidenten vor einem Angriff auf das souveräne Georgien gewarnt. Daran kann ich mich noch ziemlich genau erinnern, weil ich die Anbringung dieser Warnung eigentlich (aus Sicht des US-Präsidenten) als wenig sinnvoll betrachtete, zumal die Reise eigentlich dem Ziel galt, Russlands Meinung in Hinsicht auf die amerikanische Irak-Politik zu beeinflussen.
Und bereits öfters wurde Moskau aus Washington zur Wahrung der Menschrechte in Tschetschenien gemahnt. So wie auch Sharon bereits mehrmalig aus Washington gewarnt wurde und ihm auch Konsequenzen angedroht wurden. Und dies von GWB nach dem 11.09…
Warum
halten sie die Schnauze bei massenhaften
Menschenrechtsverletzungen in den palästinensischen
Autonomiegebieten?
Siehe meine vorige Antowrt.
Warum schweigen sie Stille bei Millionen
Menschen die in Nordkorea vor Hunger verrecken?
Was sollen sie denn machen? Sich einmischen, damit jedem wieder ein Argument geliefert ist, die internationalen Einmischungen der USA kritisieren? Damit wäre doch dann wieder das typische Klischee erfüllt: „Der amerikanische Imperialist mischt sich in die inneren Angelegenheiten eines ‚Schurken-Staates‘, um seine wirtschaftlichen Optionen zu erweitern und schiebt dabei die Menschenrechtssituation der leidenden nordkoreanischen Bevölkerung in den Vordergrund“. So wäre es doch.
Zudem sind es die USA, die Nordkorea über Südkorea mit Hilfsgütern versorgen lassen. Einige andere Länder allerdings auch. Aber eben vorrangig die USA und Japan.
Warum sagen
sie nichts, wenn China wieder mal mit dem Einmarsch in Taiwan
droht oder sich nicht aus dem besetzten Tibet zurückzieht?
Ich erinnere in diesem Zusammenhang gerne an den Flottengürtel von (ich meine) 95/96, den die USA um Taiwan legten und den nachrückenden Trägerverband, der in die Region verlegte, als China mit Flugkörpern über Taiwan hinweg schoss und verstärkt Landeoperationen trainierte.
Du kannst aber nicht wirklich der Meinung sein, der Gerechtigkeit halber sollten die USA sich auch nicht scheuen, künftig andere grosse Nuklearmächte zu bedrohen. Dass diese Mächte da untereinander etwas zurückhaltender sind, kann uns allen nur sehr recht sein. Gerecht ist es vielleicht nicht, aber überlebenswichtig. Wünsch Dir bloss nicht, dass es mal anders kommt.
Stattdessen müssen Minimächte wie der Irak für die Achse des
bösen herhalten.
Ich habe ja schon öfter angemerkt, dass der Begriff „Achse des Bösen“ nicht anderes als blödes Geschwafel ist. Auch Reagan bereits nannte die Sowjetunion das „Reich des Bösen“. Die Republikaner - und das wird mir immerwieder von amerikanischen Kollegen bestätigt - versuchen mit solchem Gebrabbel die Menschen an die Wahlurnen zu locken, die für derartiges Gerede anfällig sind. Aber zum Krieg kam es aufgrund dessen noch nicht. Allerdings ist es natürlich auch nicht gerade ein Entspannungspolitik.
Bush kann sich nur durch Säbelrasseln und
Kriegsgeschrei innenpolitisch auf dem Thron halten.
Eine sehr kühne Vermutung, die vielleicht ziemlich populär ist, weil’s „ja bei Adolf auch so war“. Dennoch muss sie nicht richtig sein. Schröder hatte auch erhebliche innenpolitische Probleme und hat sie noch immer. Trotzdem wurde er wieder auf den Thron gehoben. Es steht doch wohl ausserhalb jeglichen Zweifels, dass die Amerikaner nicht besonders an der Aussenpolitik interessiert sind. Wer kann also definieren, dass der letztwöchige Wahlsieg der Republikaner nicht doch eher auf innenpolitischer Versprechen zurück zu führen ist? Ich glaube nicht, dass die Republikaner derart zulegten, nur weil man ihnen eine Krieg versprach.
Schröder wurde auch, trotz schwerer innenpolitischer Probleme, wieder auf den „Thron“ gehoben. Warum soll ich davon ausgehen, dass die Amerikaner derart schlechte Menschen sind, dass sie einen innenpolitisch schlechten Präsidenten nur dann wiederwählen, wenn er ihnen einen netten Krieg bringt? Das wäre mir etwas zu gewagt.
Gruss
ebenfalls von Tom
(Der hofft, daß sich Bush im Irak eine blutige Nase holt)
(Der das weder glaubt, noch hofft, da nicht Bush sich dann eine blutige Nase holen würde, sondern seine jungen Soldaten)