Private Vorsorge - kann sich das jeder leisten?
Servus Wolfgang,
Sooo, jetzt haben sie begonnen die ersten Streiks. Und das in unserem Österreich, das immer auf die Sozialpartnerschaft stolz war achja, daß wir Streiksekunden zählen und nicht Streiktage wie in anderen Ländern. Soll das jetzt das Ende der vielgerühmgen und zuweilen auch gescholtenen Sozialpartnerschaft sein?
Günther Nenning schreibt heute in der Krone:
…Was an sozialen Errungenschaften möglich, ja selbstverständlich war in einer vergangenen Zeit, in der „die Wirtschaft“ mit viel weniger Reichtum gesegnet war – bröckelt jetzt in einer Epoche, in der die westliche Welt so reich ist wie nie zuvor in der Weltgeschichte…
Private Vorsorgeinstitute :können auch kein Geld drucken :und müssen das
eingezahlte Geld irgendwo :anlegen…
Hallo Chris,
höhere Rendite geht stets mit höherem Risiko einher. Deshalb
kann das Heil tatsächlich nicht allein darin liegen, von einer
staatlichen zu einer privat organisierten Solidar- und
Versicherungsgemeinschaft zu kommen.
Private Altersvorsorge hat ein anderes Gesicht und muß auf
mehreren Säulen ruhen. Nach wie vor wird eine Säule eine wie
auch immer organisierte Rentenversicherung sein.
Die zweite Säule ist die Aufrechterhaltung der
Arbeitsfähigkeit mit der Wettbewerbsfähigkeit bis ins Alter.
Keine RV kann einspringen, wenn sich Mitvierziger als zu alt
für einen beruflichen Neuanfang empfinden und deshalb einen
Parkplatz bis zur Frührente suchen. Die Menschen müssen mehr
für ihre Bildung, Aus- und Fortbildung tun.
Nein, nicht die Mitvierziger empfinden sich als zu alt. Sie erhalten keine Chance, wie Carlos das richtig bemerkt hat. Die Mitvierziger wollen sich durchaus weiterbilden, noch weiterkommen in ihrem Leben, aber für viele Personalchefs sind sie zu alt um aufgenommen zu werden, geschweige denn daß man ihnen noch eine Ausbildung zu Gute kommen lassen könnte.
Und schließlich ist der Geldbedarf im Rentenalter zu
reduzieren. Das kann durch Schaffung von Wohneigentum
geschehen, wobei darauf zu achten ist, daß das Wohneigentum
auch im Alter bei womöglich eingeschränkter Mobilität nutzbar
bleibt.
Um das alles finanzierbar zu machen, brauchen die Menschen
während ihres Arbeitslebens mehr Geld. Das ist durch geringere
Abgaben zu bewerkstelligen, etwa geringere Abgaben für die
Krankenversicherung. Laßt die Leute ihre Arztrechnungen selbst
bezahlen (bisher kennen die Patienten die verursachten Kosten
nicht einmal) und die Solidargemeinschaft nur noch für den
privat nicht abdeckbaren Notfall einspringen. Solches
marktwirtschaftliche Prinzip führt augenblicklich zu
Kostenbewußtsein und damit zur Kostensenkung.
Gut, ok, das funktioniert bei Durchschnitts- bis Besserverdienenden die wenig bis durchschnittlich oft zum Arzt müssen. Wenn Du Operationen brauchst und vielleicht chronisch krank wirst, vielleicht sogar Krebs hast, verarmst Du und Deine Familie? Und erst dann wenn Du überschuldet bist, soll die Solidargemeinschaft einspringen?
Die Steuerlast muß auf breiter Front niedriger werden. Das
Geld gehört in die Hände der Menschen, die es erarbeiten und
eigenverantwortlich handeln. Im Moment verschwindet zu viel
Geld in einer aufgeblähten öffentlichen Verwaltung. Wir
brauchen den schlanken Staat.
Richtig, macht so schön den Wert des Menschen an seinem Verdienst oder Arbeit fest. Der Wert dieses Menschen sinkt dann rapide wenn er keine Arbeit hat bzw. arbeitsunfähig ist.
Schließlich ist Umdenken in breiten Bevölkerungsschichten
erforderlich. Es funktioniert nicht mehr, auf einen
Arbeitsdplatz zu warten, auf einen Arbeitgeber, der das Gehalt
bei Krankheit und Urlaub weiterzahlt. Mehr Menschen müssen in
die Selbständigkeit.
Auch hier: Diese Entwicklung ist ja in Österreich (und wohl auch in Deutschland) spürbar. Für besserverdienende Selbständige mag das ja ein gutes Modell sein, was aber mit jenen die von der Hand in den Mund leben? So etwa 700€ monatlich verdienen? Die können nicht vorsorgen. Für diese bedeutet schon 2 Monate Arbeitsunfähigkeit der Gang in die Obdachlosigkeit ohne Chance auf eine Wiederkehr ins normale Leben.
Im Sozialversicherungssystem geht es um gewaltige
(Fehl-)Beträge. In D ist es beliebte Methode einiger
Demagogen, zu fordern, man möge das Geld bei den Reichen
holen. Kann man von mir aus ja gerne. Von mir aus um
irgendeiner Gerechtigkeit willen. Dadurch wird aber an der
zunehmenden Schieflage der soz. Sicherungssysteme rein nichts
geändert. Masse holt man eben nur bei der Masse.
Zwei mal leider ja. Ein gutes Beispiel ist der riesige Glaspalast, den die Wiener Gebietskrankenkasse bei uns errichten ließ. Der, und ein aufgeblähter Kontrollmechanismus verschlingen viele Milliarden an Beiträgen.
Von den Reichen holen? Bei uns in Österreich ist es sogar so, daß Reiche im Verhältnis weniger zahlen – siehe Höchstbemessungsgrundlage.
In D begnügte man sich bisher damit, Leistungen aus der
Sozialversicherung in neuen Versicherungszweigen
unterzubringen. Pflegeversicherung, Riester-Rente, jetzt ist
für das Krankengeld eine private Säule im Gespräch. Die
soziale Sicherung wird so unter dem Strich immer teurer. So
bleibt für den Durchschnittsverdiener zu wenig übrig, um noch
private Vorsorge treiben zu können. Deshalb müssen die
bequemen, aber teuren Elemente der Rundumversorgung aus dem
Sozialwesen verschwinden. Statt dessen Eigenverantwortung, die
die Leute eben lernen müssen.
Dein System gibt es schon, in den USA. Es funktioniert sogar, dort wo die Wirtschaft noch halbwegs gesund ist und die Arbeitslosigkeit einen gewissen Punkt nicht überschreitet. Aber, denk an die Slums die es in jeder großen Stadt dort gibt. Ist es das, was Du willst?
Für den chronisch Kranken muß man einen Weg finden. Wir dürfen
aber nicht dessen Bedarf und eingeschränkte Leistungsfähigkeit
zur Richtschnur für die Gesamtbevölkerung werden lassen.
Aber damit machen wir ihn zum Bettler.
Dein System funktioniert, allerdings nur bei den Besserverdienenden.
Servus
Herbert