Guten abend,
damit, daß der inzwischen dem EBIT-Wahn anheim gefallen ist,
hätte ich nicht gerechnet.
Kann man sicherlich „so“ oder „so“ sehen. Meistens
arguemtieren auf disese Art diejenigen, die die „gute alte“
handelsrechtliche Rechnungslegung noch als DEN Weg ansehen.
nö, die Erfahrung zeigt einfach nur, daß EBIT und andere verkürzte Erfolgskennzahlen gerne mal versagen, wenn es um die Früherkennung von Krisen geht. In solchen Fällen wird fröhlich im a.o.-Bereich gebucht, während EBIT und Konsorten zunächst keine Auffälligkeit zeigen. Übrigens ist gerade die Steuerquote ein Indiz dafür, was in dem Unternehmen ertragsmäßig läuft. Geht die nämlich spürbar zurück, sind die ausgewiesenen Gewinne nicht zwangsläufig betrieblich entstanden.
Im
Zuge der Globalisierung der Rechnungslegung und nicht zuletzt
im Sinne der „decision usefulness“ hat das EBIT auf jeden Fall
seine Berechtigung. Schließlich geht es ja in erster Linie um
Kennzahlenvergleiche.
Für die kapitalmarktorientierte Analyse stimmt das (leider), nur ist die ja nicht der einzige oder gar wichtigste Zweck von Kennzahlen. Kennzahlen sind u.a. ein Steuerungsinstrument für das einzelne Unternehmen bzw. dessen Management.
Für den Unternehmer (und letztlich für die Kreditgeber) ist
aber die Umsatzrendite auf Basis des JÜ interessanter, weil
damit quasi der zusätzliche Euro Gewinn je zusätzlichem Euro
Umsatz abgebildet wird. Es hilft bspw. nur wenig, wenn der
Umsatz zu Lasten der Fremdverschuldung ausgeweitet wird und
daher die Rendite rückläufig ist (zusätzlich muß man sich
natürlich die Kapitalverzinsungen anschauen, Stichwort
Leverage-„Effekt“).
Also den Unternehmer dürfte wohl vorrangig die EK-Rentabilität
interessieren.
So sollte es eigentlich sein, nur ist das (leider) nicht übermäßig oft der Fall, wenn man mal die großen Kapitalgesellschaften außen vor läßt. Hier ein Artikel, der dem EKR-Wahn der börsennotierten Gesellschaften gewidmet ist:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Aber nochmal zu der Eignung des JÜ als Ausgangspunkt für die
Rentabilitätsanalyse.
Der JÜ stellt ja bekanntlich den ausschüttungsfähigen Betrag
am Ende eines Geschäftsjahres dar.
Nun ja, einerseits ist das der Bilanzgewinn, andererseits gehen in den Jahresüberschuß auch Posten ein, die nicht ausgeschüttet werden dürfen (vgl. u.a. 269 HGB).
Das bedeutet auch, dass es
sich hier um eine Größe handelt, die die Situation NACH
STEUERN abbildet.
Fakt ist ja auch, dass Kennzahlen immer gebildet werden, um
vergleichen zu können. In so einer Sit. muss man aber
Verzerrungen die nicht in der Hand des Unternehmens liegen,
wie etwa die Besteuerung, herausnehmen, um einen sinnvollen
Vergleich anstellen zu können.
Wie gesagt: Das sehe ich anders (s.o.).
Außerdem muss man auch noch sehen, dass je weiter man in
Richtung JÜ kommt, desto mehr Bilanzierungs- und
Bewertungswahlrechte auf die Ergebnisgröße einwirken und somit
ebenfalls nochmal zur einer Verzerrung führen können.
Unterhalb des EBIT fällt mir so schnell nichts ein, was durch Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte beeinflußt wird. Wohl aber darüber. Personal- und Materialaufwand sind da an erster Stelle zu nennen (vgl. § 255 HGB).
Getrieben wurde diese Manie durch die große Zahl an jungen
Unternehmen, die nur noch knapp unterhalb des Rohertrages
einen Überschuß auswiesen - wenn überhaupt.
Okay, mag sein. Allerdings sage ich auch immer, dass wenn man
in der Materie einigermaßen fit ist und das mal richtig
gerlernt hat, dann sollte es möglich sein, im Rahmen von
möglichen Analyseschritten das herauszubekommen, was man
erfahren will.
Es ist ja unmittelbar einleuchtend, dass Geschäftsberichte
heute eine ganz andere Dimension und Qualität aufweisen, wie
das noch zu Ururgroßvaters Zeiten der Fall war. Die Welt wird
doch nicht einfacher.
Im Gegenteil. Du hast recht, daß - insbesondere nach internationalen Bilanzierungsvorschriften aufgestellte - Jahresabschlüsse mehr Informationen enthalten als die nach HGB. Dies liegt aber nicht daran, daß diese objektiv besser sind, sondern daran, daß nach IFRS und US-GAAP deutlich mehr Wahlrechte ausgeübt werden können, die im Anhang erläutert werden müssen. Dadurch ereichen aber die Anhänge ein Volumen, das erst einmal verarbeitet werden will. Die kapitalmarktorientierten Analysen, die ich auch als von Dir verurteilter HGB-Anhänger durchaus kenne, verzichten allerdings sehr häufig auf ein intensives Studium dieses Anhangs, so daß ich immer wieder staunend vor den aus den Analysen resultierenden Schlußfolgerungen sitze.
Noch ein Wort zu diesem Punkt: Auch das EBIT wird durch die
Art der Finanzierung (ein Argument für die Betrachtung des
EBIT ist die angebliche Unabhängigkeit dieser Kennziffer von
der Finanzierung des Unternehmens) beeinflußt, so wird das
EBIT bei Leasingfinanzierungen durch die entsprechenden
Aufwendungen belastet. Aber auch dafür hat sich der ein oder
andere etwas einfallen lassen und bspw. das EBITDAR (also
EBITDA vor Leasingaufwendungen) erfunden.
Gut, allerdings müsste man dann hinterfragen, ob es
tatsächlich so viele Unternehmen gibt, die ihr EBIT dadurch
„belastet“ haben.
Das ist eher die Regel als die Ausnahme und so manchen ereilt bei der Umstellung auf IFRS eine böse Überraschung, weil die Leasingkonstruktionen nicht nur an sich wieder in die Bilanz zurückfallen, sondern auch von den daran hängenden Verbindlichkeiten begleitet werden.
Außerdem würde ich mich fragen, ob sich
nicht auch diese „Maßnahme“ bereinigen lässt und ist der
Finanzierungsaspekt beim Leasing wirklich der einzige Grund
für das Unternehmen ?
Es ist erstaunlich, wieviele Unternehmen sich belabern lassen und allein aus Bilanzverschlankungsaslekten auf Leasingkonstruktionen zurückgreifen. Dies interessanterweise in Unkenntnis des Umstandes, daß einerseits die beratenden Kreditinstitute den Effekt bei der eigenen Bilanzaufbereitung zurückdrehen und andererseits der erwähnte IFRS-Effekt die ganze Operation zum Ggegenteil der gewünschten Auswirkungen führt.
Letzten Endes, und auch das ist eine Erkenntnis aus der Zeit
der Jahrtausendwende, ist oftmals entscheidend, was unterhalb
des EBITs passiert, denn dort fallen die außerordentlichen
Verluste und die Zinsaufwendungen an, die vielen Unternehmen
das Genick brechen.
Gegenfrage: Was ist mit Einmaleffekten - sagen wir in Folge
von Restrukturierungsmaßnahmen ?? Wie willst Du hier einen
Branchen- oder Unternehmensvergleich sinnvoll anstellen und
rechtfertigen, wenn solche Einflüsse vorhanden sind ?
Interessiert den vergleichenden Anleger denn tatsächlich das
was „mal“ passiert ist oder aber mehr das, was „normalerweise“
in dem Unternehmen passiert ?
Das Problem ist, daß der Anleger bei einer EBIT-Betrachtung u.U. gar nicht mitbekommt, was normalerweise in dem Unternehmen passiert, wie also das operative Geschäft wirklich läuft.
Bsp. Siemens. Woher kommt denn der Spruch „Bank mit
angeschlossenem Elektrogeschäft“ ?
Nun, der kommt daher, daß Siemens zwischenzeitlich mal mehr mit Finanzdienstleistungen und der Verwaltung des eigenen Vermögens verdiente als mit dem originären (Elektro)Geschäft. Daß das heute nicht mehr so ist, läßt ein Blick in die GuV-Rechung erkennen. Insofern weiß ich nicht genau, worauf Du hinauswillst.
Gruß,
Christian