Sättigungsindex, Fällungsreaktion

Hi,
habe, glaub ich, ein Verständnisproblem:
Ich habe verschiedene Trinkwasseranalysen vorliegen, es ist also die Konzentration von verschiedenen Ionen bekannt, ausserdem die Basenkapazität und der pH-Wert.
Mit einem Program kann ich nun die Sättigungsindizes (SI) für verschiedene mineralische Spezies errechnen - bei unterschiedlichen Temperaturen und Drücken (PHREEQC).
Und ich kann simulieren, was geschehen wird, wenn ich zB die Temperatur senke oder hebe.
Jedoch haben Beobachtungen/Messungen gezeigt, dass positive SI nicht das alleinige Merkmal sind, um die Wahrscheinlichkeit eines Ausfällen zu beschreiben. Sprich: Ich „ernte“ andere Salze/Minerale als erwartet.
Warum?

Sorry, bin überfragt!

Die Anfrage kann ich so allgemeon nicht beantworten.

mfrG

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Hallo,

wende dich bitte an das nächste Chemische Untersuchungsamt, die sind der beste Ansprechpartner für Dein Problem…

MfG
Analytikus

Nach meinem Verständnis bezieht sich der Sättigungsindex in der üblichen Definition ausschließlich auf die Löslichkeit von Calcit in Wässern. Die entsprechenden chemischen Gleichgewichte, inklusive Löslichkeitsprodukt des Calcits, sind in DIN 38404-C10 „Calcitsättigung eines Wassers“ zusammengestellt. Dort ist auch das Rechenverfahren beschrieben, mit dem ermittelt werden kann, ob sich ein Wasser im „Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht“ befindet oder nicht, d.h. ob es Calcit abscheidend oder lösend wirkt.
Das angeführte Proramm (PHREEQC)kenne ich nicht. Möglicherweise kann man damit auch andere Lösungsgleichgewichte für schwer lösliche Stoffe berechnen. Das wäre dann aber eben nicht der SI. Eine einigermaßen korrekte Berechnung von Lösungsgleichgewichten sollte übrigens alle relevanten chemischen Gleichgewichte im System und nicht nur das Löslichkeitsprodukt berücksichten. Das führt zu nicht linearen Gleichungssystemen mit vielen Unbekannten - und die sind nicht gerade leicht zu lösen.
Im Trinkwasserbereich wird übrigens fast ausschließlich die Löslichkeit von Calcit erreicht oder überschritten. Der von der Waschmittelindustrie vor einiger Zeit thematisierte „Magnesiumkalk“ existiert also de facto nicht!

Hallo Heinz,

erstmal danke für die Antwort. (Auch an die anderen Beantworter)
Aber jetzt nichts durcheinanderbringen:
Der SI ist per definition:
SI = log ((Ionen Aktivitätsprodukt) / (Löslickeitsprodukt{von Ionenspezies} als Funktion der Konzentration)).
(Das Handbuch vom o.g. progi hat da viel Info zusammengetragen…und das bei freeware, hehe)
Das ist so für alle möglichen Ionen gängig. Unter anderem auch für Calcit. (Bin mir nicht sicher, aus der DIN ist es glaube neuerdingens rausgeflogen…?)
Gleichungssysteme sind in der Tat zu lösen.

Bin im Übrigen nun der Annahme erlegen, dass die Größe der Hydrathüllen einen Beitrag leistet. Schätze die Reaktionen (-> Einstellung des Ggw.) sind nur unterschiedlich schell ?-) ).
wie auch immer.

Beste Grüße!

Hallo Holger,

ich denke, ich werde mir das Freeware-Programm einmal näher ansehen!

DIN 38404-T10 gibt es aktuell in einer neuen Version, näheres hier: http://www.beuth.de/de/norm/din-38404-10/166964780?S…
Da hat sich einiges im Vergleich zur Version aus 1995 verändert, aber das Rechenverfahren ist anscheinend im Prinzip gleich geblieben. Nach dieser Norm kommt es nicht auf die Hydrathüllen, sondern auf diverse Komplexbildungen der Ca2+ -Ionen an, die die Aktivität für das Löslichkeitsprodukt entsprechend vermindern. Außerdem geht die Ionenstärke, d.h. alle ionischen Hauptkomponenten, in die Rechnung ein.
Diese ganzen Nebenbedingungen müssen bei der Berechnung von Löslichkeitsgleichgewichten anderer Verbindungen wohl in ähnlicher Weise berücksichtigt werden, wenn Ergebnisse der Berechnung mit der Realität übereinstimmen sollen. Nach einem ersten Blick auf die Homepage von PHREEQC könnte das bei diesem Programm der Fall sein. Vielleicht kann ich PHREEQC einmal mit den Beispieldaten der DIN 38404-10 testen. Halt nur für Calcit.

BG
Heinz

Hallo Heinz,
dass diese Normen so teuer sein müssen…
Aber dieser Vergleich währe wirklich sehr interesannt.
Kern meines Problems ist die Aussage, ob ich mit den SI Ausfällungen vorhersagen kann. Temperatur und pH wird stark verändert und es kommt Karbonat dazu. Und in welchem Umfang sind Analysewerte bereitzustellen.
Ich habe das Progi einmal installiert und mich in die Bedienung reingefuchst. Aber um die Beispielwerte zu erhalten, sind mir die Normen recht preisintensiv. Und das sich jemand die arbeit aufhalst um da reinzusteigen, nur um das zu testen, will ich keinem zumuten.
Will sagen, mit irgendeinem Beispieldatensatz würd ich das auch mal machen und das Ergebnis dann posten.
Oder hast du viel Zeit?

BG
Holger

Hallo Holger,

Zeit hab ich derzeit leider wenig…

Die alte DIN38404-10 habe ich zur Verfügung. Da sind ein paar Musterbeispiele drinnen. Leider kann ich hier keine Datei mitschicken.
Die neue hat Erscheinungsdatum Dez. 2012. Werde schauen, ob ich die auftreiben kann.
Ich habe schon einige Calcitsättigungen von Trinkwässern nach der DIN berechnet, auch Temperaturabhängigkeiten, und es hat eigentlich immer gut zu den experimentellen Ergebnissen gepasst.

BG
Heinz

1 Like

Hey,
Vielen Dank, es hat sich also ein Datensatz eingefunden.
Eingegeben und berechnet mit phreeqc:

REACTION\_TEMPERATURE 
 °C 10 11 5,5 12 10
SOLUTION 1 2 3 4 5
 units \_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_mmol/l\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_
 temp 20 15 20 17 20
 S(6) 1.2 0.58 0.35 0.1 0.2
 redox pe pe pe pe pe
 pH 6.9 8.2 7.9 8.4 8.9
 pe 4 4 4 4 4
 Na 2.05 0.9 0.15 0.21 0.3
 N(5) 0.5 0.55 0.07 0.08 0.2
 Mg 0.75 0.41 0.35 0.1 0.15
 K 0.15 0.07 0.05 0.02 0.05
 density 1 1 1 1 1
 Cl 2.5 0.9 0.16 0.34 0.3
 Ca 3.5 1.24 1.22 5.7 0.3
 C(4) 6.68 1661 2456 941 329
 -water 1 1 1 1 1

NICHT berücksichtigt wurden:

c(PO4)
c(NH3) … - weil ohne konkrete Werte (unter 0,01)
kappa_25 (mS/m) - findet keinen Eingang ins Programm
K_s4,3 - -"----"-
Stoffdaten aus der phreeqc.dat

Das Programm gibt alles mögliche aus, hier nur die Beschreibung des Ausgangszustandes der Speziesverteilung der ersten Lösung (temp):
Hier mal als Beispiel für Lösung 1

 Phase SI log IAP log KT

 Anhydrite -1.60 -5.94 -4.34 CaSO4
 Aragonite -0.21 -8.52 -8.31 CaCO3
 Calcite -0.06 -8.52 -8.45 CaCO3
 CO2(g) -1.45 -2.86 -1.41 CO2
 Dolomite -0.73 -17.70 -16.97 CaMg(CO3)2
 Gypsum -1.36 -5.94 -4.58 CaSO4:2H2O
 H2(g) -21.80 -24.93 -3.13 H2
 H2O(g) -1.64 -0.00 1.64 H2O
 Halite -6.97 -5.40 1.57 NaCl
 O2(g) -41.31 -44.17 -2.85 O2

und bei Endtemperatur (REAKTION_TEMP) der Lösung 1

 Phase SI log IAP log KT

 Anhydrite -1.59 -5.92 -4.34 CaSO4
 Aragonite -0.28 -8.54 -8.26 CaCO3
 Calcite -0.13 -8.54 -8.41 CaCO3
 CH4(g) -139.49 -142.22 -2.73 CH4
 CO2(g) -1.59 -2.86 -1.27 CO2
 Dolomite -1.01 -17.74 -16.72 CaMg(CO3)2
 Gypsum -1.33 -5.92 -4.59 CaSO4:2H2O
 H2(g) -41.46 -44.54 -3.08 H2
 H2O(g) -1.92 -0.00 1.92 H2O
 H2S(g) -139.07 -139.89 -0.82 H2S
 Halite -6.94 -5.40 1.55 NaCl
 N2(g) -5.58 -8.79 -3.21 N2
 NH3(g) -61.66 -59.58 2.09 NH3
 O2(g) -5.62 -8.39 -2.77 O2
 Sulfur -103.68 -98.43 5.25 S

Zusammenfassend nochmal das Ergebnis, also bei t_B (REAKTION_TEMPERATUR) aber nur für Ca-Spezies für

Lösung 2:
 Phase SI log IAP log KT

 Anhydrite -2.17 -6.51 -4.33 CaSO4
 Aragonite 0.13 -8.13 -8.26 CaCO3
 Calcite 0.28 -8.13 -8.41 CaCO3
 Dolomite 0.01 -16.74 -16.75 CaMg(CO3)2
 Gypsum -1.92 -6.51 -4.59 CaSO4:2H2O
Lösung 3:
 Anhydrite -2.35 -6.70 -4.34 CaSO4
 Aragonite 0.02 -8.22 -8.24 CaCO3
 Calcite 0.18 -8.22 -8.40 CaCO3
 Dolomite -0.37 -16.98 -16.61 CaMg(CO3)2
 Gypsum -2.10 -6.70 -4.60 CaSO4:2H2O
Lösung 4:
 Anhydrite -2.44 -6.78 -4.33 CaSO4
 Aragonite 0.72 -7.55 -8.26 CaCO3
 Calcite 0.87 -7.55 -8.42 CaCO3
 Dolomite -0.07 -16.84 -16.77 CaMg(CO3)2
 Gypsum -2.19 -6.78 -4.59 CaSO4:2H2O

und 5 noch:
 Anhydrite -3.08 -7.42 -4.34 CaSO4
 Aragonite -0.31 -8.56 -8.26 CaCO3
 Calcite -0.15 -8.56 -8.41 CaCO3
 Dolomite -0.70 -17.42 -16.72 CaMg(CO3)2
 Gypsum -2.83 -7.42 -4.59 CaSO4:2H2O

Die Berechnungen der SI für CaCO3 hat (bis auf 4) garni so schlecht geklappt, im Sinne von nachvollziehbar mit der DIN.
Werd noch mit dem Progi etwas herumspielen, mal sehen ob die Leitfähigkeit oder andere Parameter (pH_tb,…) helfen könnten.

Das ist ja schon mal was. SI über 0 führt zur Ausfällung der Spezies.
Danke Heinz, es ist immer gut mal ein Beispiel rechnen zu können - ehe man einen Blindflug riskiert.
Und was den Umfang der Analysen angeht bin ich auch weiter.

Besten Dank
Holger