Rechtschreibung gewinnversprechend

Schreibt man gewinnversprechend oder Gewinn versprechend??

Vielen Dank!

Schreibt man gewinnversprechend oder Gewinn versprechend??

Beide Schreibweisen sind möglich, siehe § 36 2.1 der amtlichen Regelung:

  1. Zusammen- wie auch getrennt geschrieben werden kann, wenn der entsprechende Ausdruck sowohl als Zusammensetzung als auch als syntaktische Fügung angesehen werden kann.

Dies betrifft:

2.1 Verbindungen von Substantiven, Adjektiven, Verben, Adverbien oder Partikeln mit adjektivisch gebrauchten Partizipien, zum Beispiel:

die Rat suchenden/ratsuchenden Bürger, …

Gruß
Kreszenz

Die Zertrennung solcher Komposita ist auch so ein Neuschriebschmarren.
Der Hütchenspieler war Gewinn versprechend, doch sein Angebot erschien mir nicht gewinnversprechend.
Und der Postbote war Guten Morgen sagend.

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Und wo ist da semantisch ein Unterschied feststellbar?

Gruß,

  • André
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Und wo ist da semantisch ein Unterschied feststellbar?

Du stellst Fragen, Manno!
Der semantische Unterschied hängt z.B. damit zusammen, daß man das eine nicht steigern kann, das andere aber schon.

Und wo ist da semantisch ein Unterschied feststellbar?

Der semantische Unterschied hängt z.B. damit zusammen, daß man
das eine nicht steigern kann, das andere aber schon.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen „Steigerbarkeit“ und Semantik?

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Welcher Zusammenhang besteht zwischen „Steigerbarkeit“ und
Semantik?

Bedeutungen können ausgedrückt werden, oder eben nicht. Die Getrenntschreibvariante (nicht steigerbar) ist „semantisch kastriert“.

Die Getrenntschreibvariante (nicht steigerbar)

… mehr/größeren Gewinn versprechend …?

(Es verwundert mich übrigens, dass _D_u „…versprechender“ als Steigerungsform akzeptierst.)

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Ja saga amal
der gewinnversprechendste Geschäftsplan im Gegensatz zu den am höchsten fliegenden Düsenjägern, das ist doch Grundschule!

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Die Getrenntschreibvariante (nicht steigerbar)

… mehr/größeren Gewinn versprechend …?

Das wäre, verglichen mit der Form „gewinnversprechender“, ein (umständlicher) Workaround (und übrigens eben nicht „Work around“!)

.

(Es verwundert mich übrigens, daß Du „…versprechender“ als Steigerungsform akzeptierst.)

Möglicherweise, da Dir nicht klar ist, daß auch hier zwischen der komponierten und der nichtkomponierten Schreibweise ein semantischer Unterschied besteht.

„Komponiert und nichtkomponiert“ ist übrigens wieder ein schönes Beispiel. Die komponierte Schreibweise evoziert sofort und eindeutig die semantische Interpretation als Gegensatzpaar, im Gegensatz zur nichtkomponierten.

An derartigen Beispielen wird deutlich, daß diejenigen, die im Rahmen der Rechtschreibreform die Getrenntschreibung von Komposita einführten und jene bei der „Reformreform“ 2006 zumindest optional beibehielten, ein paar Hanseln waren, die von der Materie soviel Ahnung hatten wie Nichtschwimmer vom Tieftauchen.

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Möglicherweise, da Dir nicht klar ist, daß auch hier zwischen
der komponierten und der nichtkomponierten Schreibweise ein
semantischer Unterschied besteht.

Ich warte übrigens immer noch darauf, dass jemand hier mal den semantischen (nicht morphologischen oder syntaktischen) Unterschied erklärt. Um’s mal deutscher auszudrücken: wo ist denn der Bedeutungsunterschied zwischen „Gewinn versprechend“ und „gewinnversprechend“?

Ich sag ja nicht, dass es keinen gäbe, nur kann ich ihn beim besten Willen nicht wahrnehmen.

Gruß,

  • André

wo ist der Bedeutungsunterschied zwischen „Gewinn versprechend“
und „gewinnversprechend“?

Das eine ist 1. ein Nomen und 2. ein Partizip, das andere ein Adjektiv. Beim einen mußt Du an zwei Dinge denken, nämlich einerseits an den Gewinn, andererseits an „versprechen“. Dieses „Denken in Einzelteilen“ erübrigt sich im komponierten Adjektiv. Das ist übrigens der Grund für die Tatsache, daß „gewinnversprechend“ als Einheit ausgesprochen wird. Das Adjektiv „gewinnversprechend“ ist eine semantische Einheit, eine Weiterentwicklung, die zudem als solche, wie bereits aufgezeigt wurde, wie andere Adjektive auch, gesteigert werden kann.

Das ausschlaggebende (sic!) Argument für das Zusammenschreiben sollte m. E. am besten die (übrigens semantisch orientierte) Aussprache sein. Da wären wir auch bei „gewinnversprechend“ auf der sicheren Seite.

Gewinn versprechend ist etwas/jemand, der gegenwärtig die Tätigkeit ausführt, Gewinn zu versprechen, auch wenn das nach Ansicht des Sprechers offensichtlich gelogen sein sollte, darum erwähnte ich das Beispiel des Gewinn versprechenden Hütchenspielers. Meine Vorstellung war dabei, daß der Hütchenspieler ein Tischchen aufgebaut hat und ständig Passanten anspricht: „kommen sie, meine Damen und Herren, spielen sie und gewinnen sie, gewinnen ist ganz einfach!“
Jeder sollte nun wissen, der Hütchenspieler gilt als geradezu exemplarisch dafür, daß Hütchenspiele eine betrügerische Veranstaltung sind, und dabei ein Normalbürger kaum je gewinnt, das Hütchenspielen also für dich und mich alles andere als eine gewinnversprechende Sache ist. Gewinnversprechend kann andererseits auch etwas sein, das überhaupt keinen Gewinn verspricht, beispielsweise das Erlernen der chinesischen Sprache.
Mit meinem zweiten Beispiel im ursprünglichen Beitrag wollte ich zeigen, daß durch die Zerstückelung solcher Komposita der Neuschrieb unsinnige Partizipien in die Sprache gestreut hat.

@Odehans: Ich finde Ihren Beispielsatz mit dem Gewinn versprechenden Hütchenspieler und dem nicht gewinnversprechenden Angebot, sehr gut. Es trifft den Nagel auf den Kopf! Allerdings würde ich den Satz so umformulieren:

„Das Angebot des Gewinn versprechenden Hütchenspielers erschien mit nicht gewinnversprechend.“

(Weil man im Deutschen echte Partizipien nicht mir einer Kopula verbindet. (Man sagt nicht „Die Frau war schwimmend“, und analog auch nicht: „Der Hütchenspieler war Gewinn versprechend“.)

Meine fünf Pfennige zum Thema:

„Am Waldrand erblickte ich einen Fleisch fressenden Fuchs“: einen Fuchs, der gerade Fleisch fraß. Das Fressend von Fleisch ist hier als ein konkreter Vorgang gedacht, nicht als Eigenschaft. Daher kein Adjektiv. Aber:

„Es gibt fleischfressende, pflanzenfressende und allesfressende Tiere.“

Hier ist das Fressen von Fleisch/Pflanzen/Fleisch und Pflanzen nicht als konkreter Vorgang gedacht, sondern als Eigenschaft, daher werden die Fügungen Fleich+fressend etc. als Eigenschaftswort gewertet und zusammengeschrieben.

Deshalb sind solche Fügungen ja auch steigerbar, sofern es semanisch sonnvoll ist: „fleischfressend“ ist nicht steigerbar, da semantisch unsinnig. Ein fleischfressenderes Tier ist Nonsense. Aber ein gewinnversprechenderes Projekt ist möglich. Diese gesteigerte Form ist auch grammatisch völlig korrekt, sie beleidigt nicht das Sprachgefühl.

Ein Satz wie: „Man entschied sich für Projekt B, da es weitaus gewinnversprechender erschien als Projekt A.“ ist völlig in Ordnung. Ich glaube nicht, dass man statt dessen sagen würde: „Man entschied sich für Projekt B, da es mehr Gewinn versprechend erschien als Projekt A.“ Das würde man so eher nicht sagen. Wenn man mit „mehr“ steigern würde, würde man es durch einen Nebensatz ausdrücken: „Man entschied sich für Projekt B, da es mehr Gewinn zu versprechen schien.“

Wenn man diese Steigerung „gewinnversprechender“ auseinanderschreibt, also: „Das Projekt erschien Gewinn versprechender“, müsste die Regel gelten, dass Partizipien steigerbar sind. Aber Partizipien sind nicht steigerbar. Daher ist die Fügung Gewinn+versprechend hier ein Adjektiv: „gewinnversprechend“, ein Adjektivkompositum, das morphologisch aus einem Substantiv- und einem Partizipbestandteil besteht.

Wir haben im Deutschen ja auch andere Komposita. Zum Beispiel Substantivkomposita, aus Adjektiv+Substantiv, wie z.B. „Grünfläche“. Hier schreibt man ja auch nicht „grün Fläche“. Oder umgekehrt: Substantiv+Adjektiv: Man schreibt „hauchdünn“, nicht „Hauch dünn“. Oder Präposition+Verb: Man schreibt „auslachen“ und nicht „aus lachen“. Oder finites Verb+Substantiv: Man schreibt „Istzustand“ oder „Ist-Zustand“ aber nicht „ist Zustand“.

Gruß,
Acro

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Ja saga amal
der gewinnversprechendste Geschäftsplan im Gegensatz zu den am
höchsten fliegenden Düsenjägern, das ist doch Grundschule!

Sein hochfliegendster Traum war, einmal den am höchsten fliegenden Düsenjäger zu steuern.

…wobei der Düsenjäger ausgestorben ist und vom Kampftschett beerbt wurde.

Danke, ja, ich denke, das kann ich nachvollziehen. Auf der anderen Seite ist es schon auch ein bisschen willkürlich und ungenau, die Grenze zwischen Getrennt- und Zusammenschreibung da zu ziehen, wo wörtliche und metaphorische Bedeutung sich gute Nacht sagen trennen.
Ich hatte weiter oben noch mal bei Uwe angesprochen, dass es nicht (immer) wirklich so einfach ist, Getrennt- und Zusammenschreibung zu erklären. Weder die Semantik (in diesem Fall: metaphorisch vs. wörtlich), noch die Betonung (1. oder 2. Element betont) scheinen hier ausreichend zu sein. Ich hatte da noch angesprochen ob es sich um ein „Ergebniskomplement“ (so nennt man es zumindest in der chinesischen Grammatikbeschreibung) handelt oder um eine simple adverbiale Modifizierung. Ich weiß auch nicht, ob das als Erklärung ausreicht, für den Fall „Gewinn versprechend“ vs. „gewinnversprechend“ gilt diese Erklärung natürlich nicht.

Hätte ich mehr Zeit, würde ich mir an dieser Stelle noch ein paar Wörtlich-Metaphorisch-Paare ausdenken um mal zu überprüfen, ob das immer so funktioniert. Ich glaube nämlich, das ist auch problematisch.

Grüße,

  • André
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