Streitbar

Liebe ExpertInnen,

im Rechtsbrett fand ich gerade den Satz „Das Urteil ist streitbar“. Streitbar? Mir scheint, das ist eine äußerst schmerzbare Formulierung. Ich kannte streitbar bislang als Eigenschaft von Personen, also Leuten, die streiten können. Kann ein Urteil streiten?

Gruß Ralf

Hallo, Ralf,

im Rechtsbrett fand ich gerade den Satz „Das Urteil ist
streitbar“.
Streitbar? Mir scheint, das ist eine äußerst
schmerzbare Formulierung.

im Sinne von „streitig“, „umstritten“ ist es jedenfalls ungebräuchlich. Schon Grimm und Adelung bezeichnen es in dieser Bedeutung als „seltener“ und „veraltet“:

…5) seltener ‚umstritten, zum streit anlasz gebend‘ (vgl. strittbar); streitbar streitig, dem streite unterworfen (‚veraltet‘) ADELUNG 4 (1780)…
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu…

…Für streitig, dem Streite unterworfen. Die Sache ist noch streitbar. Eine streitbare Sache. Eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche nur in einigen gemeinen Mundarten gangbar ist.
http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/adelung/images/a…

Gruß
Kreszenz

Liebe ExpertInnen,

im Rechtsbrett fand ich gerade den Satz „Das Urteil ist
streitbar“. Streitbar? Mir scheint, das ist eine äußerst
schmerzbare Formulierung. Ich kannte streitbar bislang
als Eigenschaft von Personen, also Leuten, die streiten
können. Kann ein Urteil streiten?

Die Juristen haben doch meistenteils ohnehin ein Deutsch, daß es einer schwarzen Sau im Finstern graust!
Wenn schon Adelung das Wort als veraltet bezeichnet, dann ist es platterdings nicht vorstellbar, daß dieses Wort die Generationen überdauert und bewußt gewählt worden ist.
Da hat irgendein Pragraphenknecht ohne Gefühl für Sprache (Jaja, ich weiß Fritz: Sprachgefühl gibt es nicht!), dann sagen wir also: ohne Senibilität für sprachliche Zusammenhänge irgendein Wort herausgebellt (wahrscheinlich während eines Mandantengesprächs in ein Diktiergerät), in dem der Begriff „Streit“ vorkam.
Ich würde da jetzt keine großen sprachtheoretischen Überlegungen dranhängen. Der Haken bricht ab.

Gruß - Rolf

P.S.: Mit meinen despektierlichen Bemerkungen habe ich keinen der hier schreibenden Rechtsanwälte gemeint. Deren Rat habe ich immer als qualifiziert begriffen - und das in einem lesbaren Deutsch!

Hi Ralf,

Ich kannte streitbar bislang
als Eigenschaft von Personen, also Leuten, die streiten
können.

(Hervorhebung von mir)

Können? Seltsam, ich dachte immer, ein streitbarer Mensch sei ein Mensch, der ständig Streit sucht, anzettelt, aber keineswegs ein ‚konstruktiver‘ Streiter ist. Streiten ist im besten Fall eine hohe Kunst, die nur wenige beherrschen, wie man es hier bei w-w-w ja ständig vorgeführt bekommt. :wink:

Gruß zum WE
Anja

Tja Ralf,
die Frage nach der Bedeutung des Adjektivs „streitbar“ ist strittig, zumindest seit es das Buch gibt mit dem Rätsel-Titel „Preußens streitbare Geschichte“.
Gruß!
H.

Servus Ralf,

in der Juristerey hat das Wort schon seine konkrete Bedeutung:

„strittig“ = es wird tatsächlich (mit bislang offenem Ergebnis) darüber gestritten

„streitbar“ = man kann darüber streiten, es gibt (z.B. wegen seiner unorthodoxen oder nicht ohne weiteres plausiblen Begründung) Anlass, darüber zu streiten

vgl. einklagbar, vollstreckbar, steuerbar. Der Haken ist, daß hier ein von transitiven Verben regelmäßig abgeleitetes Attribut nach gleicher Regel von einem intransitiven Verb abgeleitet wird.

Schöne Grüße

MM

streitbar oder streitsüchtig
Hi Anja,

ich kenne das Prädikat streitbar nur in dem Sinne, dass jemand durchaus bereit ist, sich auf einen Streit einzulassen - eben weil er es kann.

ein Mensch, der ständig Streit sucht, anzettelt, aber
keineswegs ein ‚konstruktiver‘ Streiter ist.

Da passt wohl eher streitsüchtig. Wobei wir jetzt stundenlang streiten könnten, ob ein Streitsüchtiger nicht auch streiten kann - ich denke, eher nicht.

Streiten ist im besten Fall eine hohe Kunst, die nur wenige beherrschen, wie
man es hier bei w-w-w ja ständig vorgeführt bekommt. :wink:

Außer Dir und mir fast beinahe keiner :smile:))

Gruß Ralf

Danke!
Moin, liebe Mitstreiter,

Eure Antworten richten mich wieder auf: Fachsprache & vor 200 Jahren schon veraltet, da muss ich mich nicht wundern. Vor allem die Erläuterung mit den transitiven und intransitiven Verben wird mir in Zukunft helfen.

Nochmal vielen Dank!

Gruß Ralf