Elektrogeräte im Ruhezustand

hallo,
„Bei einer Temperatur von mehr als 60 Grad wird der Neutralleiter überlastet. Das Material kann ausglühen und brechen. Auch Schmorbrände im Zählerkasten sind möglich. Fällt der Neutralleiter aus, entsteht eine Spannung von 400 Volt auf den Endgeräten.“
wieso wird aus 230 Volt nun 400Volt?
danke
Friedrich
PDS:Quelle Wiso ZDF http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/19/0,1872,3909299,00…

Hallo Friedrich!

„Bei einer Temperatur von mehr als 60 Grad wird der
Neutralleiter überlastet. Das Material kann ausglühen und
brechen. Auch Schmorbrände im Zählerkasten sind möglich. Fällt
der Neutralleiter aus, entsteht eine Spannung von 400 Volt auf
den Endgeräten.“

wieso wird aus 230 Volt nun 400Volt?

400 V ist im 3-Phasen-Netz die Spannung zwischen 2 Phasen. Die Spannung zwischen jeder der 3 Phasen und Null beträgt jeweils 230 V. Nehmen wir an, der N-Leiter ist überall im Haus intakt, nur im Verteilerkasten ist N abgebrochen/nicht angeklemmt. Nehmen wir weiter an, irgendwo im Haus ist ein Verbraucher mit niedrigem Innenwiderstand, z. B. ein E-Heizkörper, zwischen N und L1 angeschlossen. Der in der Hausverteilung nicht angeschlossene N-Leiter führt jetzt das Potential von L1, eingeschleppt durch den niedrigen Innenwiderstand des E-Heizkörpers. Damit liegt L1 auf allen Steckdosen im Haus an Klemmen, an denen eigentlich N liegen sollte. Nun sei eine Steckdose an den defekten N (der das Potential von L1 führt) und L2 angeschlossen. Dann wird man an dieser Steckdose 400 V messen. Dafür wird an Steckdosen, die an N und L1 angeschlossen sind, nichts mehr zu messen sein, weil N das gleiche Potential wie L1 führt.

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/19/0,1872,3909299,00…

Der Wiso-Beitrag ist nicht besonders geschickt formuliert. Richtig ist aber, daß unsachgemäß ausgeführte oder ewig nicht überprüfte E-Anlagen gefährlich werden können. Private E-Anlagen werden oft über Jahrzehnte vernachlässigt und in jedem Baumarkt gibts das Material, so daß Laien nach Herzenslust an E-Installationen herumbasteln können. Zudem wurden viele E-Anlagen für Belastungen dimensioniert, die heute nicht mehr ausreichen. Früher waren kleine Querschnitte üblich, die längst nicht mehr verbaut werden, oft aus Aluminium, statt aus Kupfer. Isoliermaterial altert und wird brüchig. Manche uralte Klemme steckt nur noch lose zusammen, weil die Materialien nachgegeben haben. Das fällt erst auf, wenn irgendwo der Strom weg ist, wenn es qualmt und schmort oder wenn sich jemand wundert, daß es beim Anfassen eines Gerätes so seltsam kribbelt.

Wegen fehlender Revisionen in Abständen von z. B. 4 oder 5 Jahren sind viele private E-Anlagen in einem fürchterlichen Zustand und Anlagen, die ohne Überprüfung lange Zeit einwandfrei arbeiten, sind eher zufällig in Ordnung. In vielen E-Anlagen wissen die Eigentümer nicht einmal, wo überall im Laufe vieler Jahrzehnte herumgebastelt Verteilungen und Sicherungskästen installiert wurden, von eindeutiger, leserlicher Beschriftung von Sicherungen ganz zu schweigen.

Anekdote dazu: Im vorigen oder vorvergangenen Jahr bat mich ein entfernter Nachbar um einen Rat, wie er einen Durchlauferhitzer anzuschließen hat. Ich ließ mich also breitschlagen und in einen Raum führen … nein, der Durchlauferhitzer war plötzlich gar nicht mehr das Thema und ich bedauerte nur, daß ich keinen Fotoapparat dabei hatte. Ich hab schon einiges gesehen, einschließlich wirklich eigenwilliger E- und sonstiger Installationen in südlichen und weit östlichen Ländern, aber was ich beim Nachbarn sah, war eine besondere Rarität: Porzellanisolatoren wie man sie in ähnlicher Ausführung von elektrischen Weidezäunen kennt, zierten Decke und Wände. Die Isolatoren trugen in handwerklich schöner Ausführung parallele massive Metallstreifen. Ob es sich dabei um Leiter aus Stahl, Aluminium oder Kupfer handelte, konnte ich nicht erkennen, weil das Material dunkel angelaufen war. Es handelte sich um die Originalinstallation vom Anfang des vorigen Jahrhunderts. Dieses Dorf hatte nämlich schon eine Stromversorgung, als es im Deutschen Reich zumeist nur Kerzen, Petroleum- und Gaslaternen gab und wenn es irgendwo Maschinenantriebe gab, waren es Dampfmaschinen. Das komplette Dorf war damals Privatbesitz und wurde auf zeitgenössischen Postkarten als Rittergut bezeichnet. Der Eigentümer hatte ein Mustergut daraus gemacht mit eigener Wasserversorgung mit einem Wasserturm, einer Kanalisation, einem Schloß für die Familie, dem damals größten Kuhstall im ganzen deutschen Reich und einem eigenen Maschinenhaus für den Generator der Stromversorgung. Installationsmaterial, Sicherheitsvorschriften für elektrische Anlagen o. ä. existierten damals noch nicht und so wurde verfahren, wie man es für zweckmäßig hielt. Außerdem war man sicherlich mächtig stolz auf die neumodische Energieform und wäre schon deshalb niemals auf die Idee gekommen, so etwas Feines vor Blicken und Berührung zu verstecken. Reichlich 100 Jahre später ist die alte Kanalisation immer noch in Betrieb, stehen noch Schloß, Maschinenhaus und Kuhstall, der Wasserturm tat bis 1990 seinen Dienst und in diesem einen Nachbarhaus überstand die Installation 2 Weltkriege, Kaiserreich, Weimarer Republik, das 1000-jährige Reich, den Arbeiter- und Bauernstaat und 15 Jahre unter dem imperialistischen Klassenfeind. Ich riet dem Nachbarn dringend von Versuchen ab, den Durchlauferhitzer da irgendwie dran zu friemeln und empfahl eine komplette Neuinstallation durch unseren örtlichen Elektromeister. Es kostete mich einige Überredungskunst. Ungeklärt blieb, wie es passieren konnte, daß das Haus im Laufe über eines Jahrhunderts ganz sicher wiederholt einen neuen Hausanschluß und einen neuen Zähler erhielt, aber sich niemand an der offen liegenden Installation störte.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

wieso wird aus 230 Volt nun 400Volt?

Das hat Wolfgang Dreyer schon anschaulich erklärt.

Aber das hier:

PDS:Quelle Wiso ZDF
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/19/0,1872,3909299,00…

ist eine Unverschämtheit von Wiso.
Nicht empfehlenswert, der Text strotzt nur so vor Fehlern.

Gruß
H.

Hallo,

Aber das hier ist eine Unverschämtheit von Wiso.
Nicht empfehlenswert, der Text strotzt nur so vor Fehlern.

Dem kann ich mich nur anschließen.
Wenn ein TVGerät 400V statt 230V bekommt, wird er nicht so heiß, daß eine evt. darauf liegende Zeitung Feuer fängt - es explodiert höchstens das Netzteil und die Sicherung.
Kupfer ist nicht bei 60Grad ausgeglüht und in einer Wand kann er auch nicht brechen.
Und die Sache mit dem ‚nicht ausgelegt für unregelmäßige Spitzenspannungen‘, ausgelöst durch ‚moderne Geräte wie Sat-Receiver, Computer oder Leuchten‘ ist der Gipfel. Zum einen sind da Spitzenströme gemeint, zum zweiten treten die grad bei modernen Geräten nicht mehr auf, zum dritten sind diese Spitzen bei so wenig leistungshungrigen Geräten gar nicht so groß und zu guter Letzt hängt die Belastung der Leitungen vom Mittelwert und nicht von kurzzeitigen Spitzen ab.
Völliger Humbug der ganze Artikel. Aber das ist in letzter Zeit bei Wiso leider immer öfter der Fall. Offensichtlich haben sie außer ihrer Software nicht anderes mehr im Sinn.
Gruß
Axel

Hallo,

Manche uralte Klemme steckt nur noch lose zusammen,
weil die Materialien nachgegeben haben.

Das kenne ich.
Ich habe bei meinem Haus die größten Sünden der Elektroinstallation erstmal provisorisch beseitigt, bis die komplette Elektrosanierung kommt (und damit natürlich auch ein neuer Hauptanschluß).

Dabei habe ich - weil ich zB. auch einen Hauptschalter eingefriemelt habe - einige Stücke der Hauptleitung entfernt - bzw. die drei Phasen gingen über einzelne Adern, welche durch fliegende Klemmen schon verbunden waren. Wer weiß was da mal zwischengetüdelt war.

Hinterher sammel ich die traurigen Reste vom Boden auf, unter anderem die drei Adern mit Klemmen. Dabei fällt eine Ader einfach so aus der Klemme raus… und da ging kurz vorher noch eine Phase für das komplette Haus drüber.
Da kratzt man sich schonmal am Kopf.

Gruß,
Martin