Zuckerverzicht nicht ratsam?

Liebe Gesundheits-Experten!

Auf einer Gesundheits-HP habe ich folgenden Text gefunden.

„Zucker macht nicht dick“
(Wer es im Original nachlesen will: http://www.gesundheit-aktuell.de/Zucker_macht_nicht_…)

Sinngemäß steht zunächst dort, dass nicht der Zucker als der allein Schuldige für Übergewicht angesehen werden darf, die Energiebilanz müsse beachtet werden.

Aber jetzt kommt’s:

"Außerdem ist folgendes zu beachten: wenn Süßes im Speiseplan fehlt, schwindet ein Stück Lebensfreude und die Laune verschlechtert sich. Unnötiger Verzicht auf Zucker vermindert nicht nur den Genuss beim Essen und Trinken, sondern kann auch Auswirkungen auf den Körper haben. Zucker hilft mit, den „Gute-Laune-Stoff“ Serotonin zu bilden. Sinkt der Serotoninspiegel in unserem Gehirn, lässt das Stimmungstief nicht lange auf sich warten. Die Folge: so mancher, der sich Zucker versagt, entwickelt einen regelrechten Heißhunger. Wer gezielt weiter genießen und dennoch Übergewicht vermeiden möchte, sollte sich also keine strikten Verbote auferlegen und sich süße Köstlichkeiten versagen.

Eine Vielzahl von Untersuchungen der letzten 20 Jahre hat die Beziehung zwischen Ernährung und Körpergewicht erforscht. Dabei fand man in mehreren Studien heraus, dass eine verstärkte Aufnahme von Kohlenhydraten in Form von Stärke und Zucker mit einem eher niedrigen Körpergewicht verbunden ist. Deshalb kann der Verzehr von Zucker und Süßem in der Größenordnung von 10 bis 20 Prozent der Gesamtenergiemenge auch bei einer Diät eingeplant werden Diese Menge scheint hinsichtlich des Risikos einer Übergewichtsentwicklung unbedenklich zu sein."

Da Zucker als Vitamin B-Räuber bekannt ist, habe ich gedacht, meinem Körper Gutes zu tun, wenn ich auf ihn verzichte.

Ist dem jetzt doch nicht so?

Verwirrte Grüße

Hanna

Hallo,
das ist lange bekannt und auch schon ein paar mal in Antworten aufgetaucht. Wo die Grenze bei einer Diät exakt anzusetzen ist, muß man für sich selbst ausprobieren. Zucker oder allgemeiner alle Stoffe die Insulin locken sind insbesondere auch bei einem auf Muskelaufbau abzielenden Sportprogramm essentiell. Ohne Insulin kein Wachstum - egal ob Muskeln oder Fett, die Nährstoffe erreichen ihren „Zielort“ einfach nicht.

Gruss
Enno

Hallo Enno!

Im Prinzip müssten dann aber allgemein Kohlehydrate (beispielweise Vollkornnudeln) den Zweck erfüllen. JEDES Kohlehydrat braucht Insulin, um in die Zellen transportiert zu werden.

Außerdem:
Gibt es da nicht eine neue Diätempfehlung (hab leider den Namen vergessen), wo nur solche Kohlehydrate gegessen werden sollen, die keine rasche Insulinausschüttung provozieren, da eine darauf folgende Unterzuckerung den nächsten Heißhunger heraufbeschwört?

Hanna

Außerdem:
Gibt es da nicht eine neue Diätempfehlung (hab leider den
Namen vergessen), wo nur solche Kohlehydrate gegessen werden
sollen, die keine rasche Insulinausschüttung provozieren, da
eine darauf folgende Unterzuckerung den nächsten Heißhunger
heraufbeschwört?

Glyx-Diät. (nachzuschlagen auch unter „glykämischer index“)

Eventuell auch Low-Carb, Montignac und Atkins, aber die sind eher dafür, die kohlehydrate ganz oder weitgehend zu streichen.

Livia

Hallo Livia!

Glyx-Diät. (nachzuschlagen auch unter „glykämischer index“)

Genau! Das war’s! Das hab ich gemeint!

Hanna

Hallo,
es geht um die Peeks im Insulinspiegel. Isoliert betrachtet verursachen hochglykämische KH (wie z.B. der Haushaltszucker) stärkere Spitzen, als niederglykämische (wie z.B. Haferflocken). (Vollkorn)Nudeln siedeln sich eher im niederglykämischen Bereich an. In der Praxis kann der GI („glykämische Index“) allerdings nur als grobe Orientierung bzgl. der Insulinreaktion verstanden werden, da Nahrungsmittel Nährstoffe ja meist in kombinierter Form, d.h. KH, F und EW enthalten.

Gruss
Enno

Hallo Enno!

Jetzt zurück zu meiner Ausgangsfrage:

Ist zur Bildung von Serotonin zwingend die Zufuhr von Zucker notwendig oder reichen da auch niederglykämische Kohlehydrate (die ja letztendlich auch in Einfachzucker aufgespalten werden, nur eben langsam)?

Hanna

Hallo,
Zucker hat an sich nichts mit Serotonin zu tun. Grundstoff ist die Aminosäure Tryptophan. Die wird durch die Nahrung aufgenommen, wandert ins Blut und muß dort die Blut-Gehirn-Schranke (BGS) passieren, die diverse Giftstoffe und Krankheitserreger herausfiltert (ähnlich der Plazenta bei einer Schwangeren). Beim passieren der BGS konkurriert sie mit anderen Nährstofffen, insbesondere auch bestimmten sogenannten verzweigkettigen Aminosäuren (BCAA = branch chain(ed) amino acids). Bei einem hohen Insulinspiegel werden diese BCAA vorzugsweise (gegenüber nicht verzweigkettigen Aminosäuren, wie dem Tryptophan) aus dem Körperblutkreislauf abgezogen und somit ein Teil der Konkurrenz für Tryptophan ausgeschaltet - es kann daher leichter und in größerer Menge in den Blutkreislauf des Gehirns wandern. Dort erledigen Enzyme dann die Umwandlung in das Serotonin.
Ein anderer Punkt ist das Insulin die Cortisolausschüttung hemmt und Cortisol wiederrum die Bildung von Serotonin hemmt (neben einer ganzer Reihe anderer durchaus auch positiv zu beurteilender Effekte). Es wird (insbesondere bei einer Diät) die Bildung von Serotonin (zumindest) von zwei Seiten unterstützt.

Gruss
Enno

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Hallo Enno!

Immer wieder staune ich über Dein fundiertes Wissen. Wo hast Du Dir das angeeignet?

Doch jetzt zurück zu meiner Frage:

Erreichen niederglykämische Kohlehydrate diesen hohen Insulinspiegel, der nötig ist, die BCAA herauszufiltern?

Und: Vermögen niederglykämische Kohlehydrate ebenso, einen ausreichend hohen Insulinspiegel zu erzeugen, der dann fähig ist, die Cortisolausschüttung zu hemmen?

Und: Ist nicht aus den von Dir genannten Gründen von einer Atkins-Diät abzuraten?

Hanna

Hallo,

Erreichen niederglykämische Kohlehydrate diesen hohen
Insulinspiegel, der nötig ist, die BCAA herauszufiltern?
Und: Vermögen niederglykämische Kohlehydrate ebenso, einen
ausreichend hohen Insulinspiegel zu erzeugen, der dann fähig
ist, die Cortisolausschüttung zu hemmen?

das läßt sich pauschal nicht beantworten. Es ist häufig so, daß bei extrem geringer Zufuhr an hochglykämischen KH (aber insgesamt keinem Verzicht auf KH) das besagte Problem auftritt und generell so, daß die Wahrscheinlichkeit dafür durch eine entsprechende Ernährung gesteigert wird. In der Praxis dient diese Erkenntnis einfach dazu, im Falle des Problems gezielt reagieren zu können. A priori seinen „Zuckerbedarf“ während einer Diät zu bestimmen, ist nicht möglich.

Und: Ist nicht aus den von Dir genannten Gründen von einer
Atkins-Diät abzuraten?

Unter Vorbehalt - ja. Vorbehalt deshalb, weil ich nicht ausschließen kann, daß der von Atkins angestrebte Zustand der Ketose andere Mechanismen in Gang setzt, um ausreichend Serotonin zu bilden. Durch die Praxis wird aber häufig bestätigt, daß es nicht problemlos geht (wobei zu überprüfen wäre, ob in den Fällen nicht durch „versehentlichen“ Naschen, die Ketose ausbleibt).

Immer wieder staune ich über Dein fundiertes Wissen. Wo hast
Du Dir das angeeignet?

Fachliteratur (während meiner Uni-Zeit), (Online-)Publikationen und Bekanntenkreis der Mediziner einschließt. Pressemeldungen sind gut um auf etwas aufmerksam gemacht zu werden und sich die Details zu den (vermuteten) Wirkmechanismen zu beschaffen.

Gruss
Enno

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Hallo Enno!

Im Prinzip müssten dann aber allgemein Kohlehydrate
(beispielweise Vollkornnudeln) den Zweck erfüllen. JEDES
Kohlehydrat braucht Insulin, um in die Zellen transportiert zu
werden.

Jedes außer Fructose.

Außerdem:
Gibt es da nicht eine neue Diätempfehlung (hab leider den
Namen vergessen), wo nur solche Kohlehydrate gegessen werden
sollen, die keine rasche Insulinausschüttung provozieren, da
eine darauf folgende Unterzuckerung den nächsten Heißhunger
heraufbeschwört?

Hanna

Hallo Barbara!

JEDES
Kohlehydrat braucht Insulin, um in die Zellen transportiert zu
werden.

Jedes außer Fructose.

Die Ärzte haben da etwas anderes behauptet. Bei meiner zuckerkranken Tochter habe ich auch Fruktose im BE-Plan anrechnen müssen.

Hanna

Hallo Hanna!

Meine Kinder sind Neurodermitker und vertragen keine Glukose.

Finde ich prima, weil ich Glukose für ein Zellgift halte. Das beruht jedoch nur auf Glauben und Halbwissen.

Ich habe den Kinderarzt gefragt, ob der Körper Glukose brauche. Er hat es verneint.

Ausserdem ist Glukose auch in „allem, was grün ist“ (Erbsen, Salat usw.) enthalten. Also bekommen auch diejenigen, die auf Zucker verzichten, ihren Teil ab.

Gruss, Martina