Welche Rechtsform? Deutschland + Rumänien!

Hallo liebe Experten,

ich möchte mich gerne in den nächsten 6 Monaten selbstständig machen. Und zwar zusammen mit meiner Tante. Wir möchten ein kleines Geschäft eröffnen (Bekleidung und evt. Deko).

Das Problem ist allerdings:

Ich wohne und lebe seit ca. 16 Jahren in Deutschland. Habe auch die deutsche Staatsangehörigkeit.

Meine Tante kommt aus Rumänien. Sie hat nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.

Das Geschäft möchten wir zuerst hier in Deutschland eröffnen. Später, wenn alles gut laufen sollte…möchten wir dann auch ein Geschäft in Rumänien eröffnen.

Jetzt stehen wir vor dem Problem das wir nicht genau wissen welche Rechtsform wir wählen sollen/können.

Kann ich das Geschäft als Einzelunternehmen eröffnen und sie dann „einstellen“ mit einem Arbeitsvertrag? Dann dürfte sie ja in Deutschland arbeiten.

Wir würden aber gerne beide gleichberechtigte Partner sein…ich finde aber keine Infos diesbezüglich.

Später (wenn es dazu kommt) würden wir dann zw. Deutschland und Rumänien die Waren quasi „tauchen“…was sich in Deutschland nicht gut verkaufen lässt…wird nach Rumänien gebracht und umgekehrt.

Weiß einer Rat?

Ich bedanke mich schon in Vorraus für die Mühe!

by
c.duba

Hallo,

Kann ich das Geschäft als Einzelunternehmen eröffnen und sie
dann „einstellen“ mit einem Arbeitsvertrag? Dann dürfte sie ja
in Deutschland arbeiten.

Ja ! Du kannst als Einzelunternehmer Dein Geschäft bzw. Dein Gewerbe (die Voraussetzungen dafür sind in Deinem Fall sicher erfüllt)betreiben und dann natürlich auch Personal einstellen. Das muss ja selbst schon der Kiosk-Besitzer machen, der z.B. eine Aushilfe benötigt.

Jetzt kommt es dann darauf an, ob für Dein Gewerbe ein nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist. Sprich also, ob eine Buchführung, Bilanzierung oder Inventarisierung erforderlich wäre. Stellst Du mehere Leute ein, ist eine Lohnbuchhaltung von Nöten. Dann wäre dieser besondere Geschäftsbetrieb erfüllt und im Ergebnis wärst Du als Ist-Kaufmann nach § 1 HGB anzusehen und müsstest Dich ins Handelsregister eintragen lassen.

Allgemein gilt folgendes: Es kommt dafür sowohl auf die Höhe des eingesetzen Kapitals, des Umsatzes oder auch des Werbeaufwandes an. Darüber hinaus ist entscheidend, wie viele Mitarbeiter Du beschäftigst, die Zahl der Betriebsstätten oder auch der Umfang der von Dir angebotenen Leistungen oder Produkte.
Insbesondere wenn ihr weitere Betriebsstätten aufmachen wollt, seit ihr spätestens dann bei § 1 HGB, also dem Ist-Kaufmann.

Wir würden aber gerne beide gleichberechtigte Partner
sein…ich finde aber keine Infos diesbezüglich.

Also hierzu muss man wissen, dass in so einem Fall aus der Einzelunternehmung dann eine Personengesellschaft wird. Und dann seid ihr vollends im Handelsrecht angekommen. Will also heißen, dann kommen mehr Pflichten auf Euch zu.
Z.B. wäre hier eine OHG (Offene Handelsgesellschft) eine Variante. Dort könntet bzw. müsstet ihr dann einen Gesellschaftsvertrag abschließen, der beide zu gleichberechtigten Partnern machen kann.

Ich gebe allerdings zu bedenken, dass so eine OHG auf erhebliche Risiken birgt. Daran sind auch schon viele Freundschaften und Familien zu Grunde gegangen. Denn: Im Außenverhältnis kann jeder die OHG frei vertreten und Geschäfte abschließen wie er will. Ob es den anderen Gesellschaftern gefällt oder nicht. Man kann zwar im Innenverhältnis Beschränkungen erlassen, nach außen haben diese jedoch keine Wirkung.
Insbesondere ist die Haftung hier von Bedeutung.

Ein Beispiel: Kauft Deine Tante ohne Dein Wissen bei einem Modehersteller große Mengen Mäntel und stellt sich dann heraus, dass Du gar nicht für den Kauf dieser Mäntel gestimmt hättest, und lassen sie sich auch gar nicht absetzen, dann sitzt auch Du auf den Kosten. Kommt eure OHG deswegen in finanzielle Schieflage, müsstest auch Du haften und zwar mit allem was Du hast. Selbst Dein Privatvermögen wäre dann pfutsch - unter Umständen.

Von daher muss man sich so etwas immer sehr gut überlegen. Natürlich werden in Deutschland sehr viele OHG’s betrieben und bei den meisten läuft es auch problemlos, aber man weiss nie. Außerdem gerade wenn man Neuland in der Welt des Wirtschaftens betritt.

Daher mein Tipp: Versucht es erst einmal mit der Einzelunternehmung und stelle Deine Tante als Angestellte ein. Du könntest Sie ja auch als Betriebsstättenleiterin in Rumänien einsetzen. Was die Bezahlung anbelangt, so könntet ihr ja eine fixe und variable, also gewinnabhängige Entlohnung vereinbaren. So wäre sie zwar keine gleichberechtigte Partnerin, würde aber schon so bezahlt.

Später (wenn es dazu kommt) würden wir dann zw. Deutschland
und Rumänien die Waren quasi „tauchen“…was sich in
Deutschland nicht gut verkaufen lässt…wird nach Rumänien
gebracht und umgekehrt.

Hier sollte man dann spätestens (!) einen Steuerberater hinzuziehen.

Viele Grüße
TraderS

Hi,

danke für die schnelle und ausführliche Antwort.

  • Bei der OHG haben wir nicht gewusst ob sie Gesellschafter werden kann…ob das möglich ist als rumänische Staatsangehörige. Wenn wir eine OHG als Rechtsform wählen würden…und sie Gesellschafter wird…dann dürfte sie hier in Deutschland arbeiten und wohnen?

  • Als Kapital würde uns etwa 10.000 Euro am Anfang zur Verfügung stehen.

  • Wir wollten am Anfang ohne sonstiges Personal arbeiten, d.h. wir werden niemanden einstellen.

  • Die weitere Betriebsstätte wird wenn überhaupt erst 1 Jahr später erfolgen.

) Das mit den Familiären Risiken ist mir bewusst. Dazu gibt es in unsere Familie sogar schon ein gutes und sehr abschrekendes Beispiel. Aber ich denke mal wir müssen es einfach riskieren und das Beste hoffen.

Ich muss dazu noch sagen das meine Tante eingentlich das gesamte Kapital mitbringen wird, deswegen ist es schon komisch wenn ich als Einzelunternehmer meine Tante als Angestellte einstellen würde.

ich hab da auch schon wieder was im Internet gefunden:

Gewerberecht
„Welche Besonderheiten müssen Ausländer beachten?
EU-Ausländer können sich gewerblich grundsätzlich wie Inländer betätigen („Inländerbehandlung“). Wenn sich sog. Nicht-EU-Ausländer selbständig machen wollen, benötigen sie einen Aufenthaltsstatus, der die beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit gestattet. Dies geschieht durch eine „Lockerung“ bzw. gänzliche Streichung der Auflage, mit der die Aufenthaltsgenehmigung
üblicherweise versehen wird. Die Gestattung einer gewerblichen Tätigkeit erfolgt nur unter bestimmten Voraussetzungen. Zuständig hierfür ist die Ausländerbehörde.“

Rumänien wird ab 1.1.2007 zur EU gehören. D.h. sie wäre dann ein EU-Ausländer .

Hallo,

  • Bei der OHG haben wir nicht gewusst ob sie Gesellschafter
    werden kann…ob das möglich ist als rumänische
    Staatsangehörige. Wenn wir eine OHG als Rechtsform wählen
    würden…und sie Gesellschafter wird…dann dürfte sie hier
    in Deutschland arbeiten und wohnen?

Also das Gesellschaftsrecht knüpft nicht an die Staatsangehörigkeit an. Will also heißen, auch wenn sich ein „Nicht-Deutscher“ an einer OHG beteiligt, ist dies absolut rechtens. Es gibt sogar sehr viele ausländische Personen oder gleiche ganze Unternehmen die in Deutschland in so einer Beteiligungsform aktiv sind und zum Teil gar nicht mal in Deutschland wohnen bzw. sich aufhalten.
Gleichwohl muss man aber auch sagen, dass mit der Gründung einer OHG nicht automatisch ein Aufenthaltsrecht oder das Recht zu Arbeiten erlangt wird. Allerdings ist es wohl denkbar, dass wenn jemand aus dem Ausland hier Geschäfte treiben will, dann in den jeweiligen Vergabeverfahren „dementsprechend“ berücksichtigt würde. Jedoch weiss ich nicht, ob Euer relativ kleines Gewerbe dazu ausreichen würde. Wohl eher nein.

  • Als Kapital würde uns etwa 10.000 Euro am Anfang zur
    Verfügung stehen.
  • Wir wollten am Anfang ohne sonstiges Personal arbeiten, d.h.
    wir werden niemanden einstellen.
  • Die weitere Betriebsstätte wird wenn überhaupt erst 1 Jahr
    später erfolgen.

Nun ja, in diesem Fall könnte es wohl eher darauf hinauslaufen, dass die Einzelunternehmung nicht unter den Kaufmannsbegriff fällt und demnach eine ganze Reihe von Pflichten nicht anfallen würden. Das würde es für Euch bzw. für Dich natürlich erleichtern. Es wäre wohl eher ein Kleingewerbe

) Das mit den Familiären Risiken ist mir bewusst. Dazu gibt es in

unsere Familie sogar schon ein gutes und sehr abschrekendes
Beispiel. Aber ich denke mal wir müssen es einfach riskieren und das
Beste hoffen.

Verstehe :wink: Na ja, gut, ihr seid dann immerhin gewarnt. Ich wollte aber auch nicht den Teufel an die Wand malen. Wie gesagt, in den meisten Fällen geht es auch gut.

Ich muss dazu noch sagen das meine Tante eingentlich das
gesamte Kapital mitbringen wird, deswegen ist es schon komisch
wenn ich als Einzelunternehmer meine Tante als Angestellte
einstellen würde.

Nun ja, so gesehen mag das schon stimmen, allerdings sehe ich in der Einzelunternehmervariante die einzige Chance für Euch, wenn ihr denn keine OHG eingehen wollt. Es gibt nunmal bei der Einzelunternehmung nur einen, der das Sagen hat bzw. haben kann. Alles andere ist dann schon wieder Personengesellschaft.
Im Prinzip wäre es aber auch denkbar, dass Deine Tante die Einzelunternehmung gründet und Du ihre Angestellte wirst.
Letztlich muss man halt sehen, was man will und wie es sich am sinnvollsten darstellen lässt. Hier könnte Euch dann aber auch der Steuerberater weiterhelfen. Derjenige der in Deutschland lebt, muss sich damit dann ja zwangsläufig so oder so auseinandersetzen.

Viele Grüße
TraderS