Bindungsstörung erkennen?

Hallo,

bin gerade etwas ratlos.

Meine Tochter ist 2 1/2 Jahre alt. Vor Kurzem meinte eine gute Freundin von mir deren Tochter genauso alt ist, sie denke dass sie eine Bindungsstörung gegenüber mir hat.

Ich hole mal kurz aus und schildere unsere Situation: Meine Tochter kam 3 Wochen zu früh per Notkaiserschnitt, war die ersten 3 Tage in der Kinderklinik, ich konnte sie nicht stillen da ich keinen Milcheinschuss bekam, sie schrie die ersten 4 Monate durchgehend und ich hatte eine Wochenbettdepression. Mit 14 Monaten wurde sie große Schwester.

Soweit die Grundsituation. 

Zurzeit ist sie sehr anstrengend. Ihr Lieblingswort ist „Nein“ und sobald man ihr den Rücken zudreht macht sie irgendeinen Mist (einschließlich ihren kleinen Bruder ärgern). Wenn wir unterwegs sind läuft sie gerne mal weg, auch außer Sichtweite von mir. Sie reagiert leider nicht immer auf „Stop“ und ich schimpfe zurzeit leider recht viel. Außerdem geht sie in der Krabbelgruppe zu allen anderen Müttern (zu mir nur wenn sie etwas zu Essen haben will). Sie hat mir noch nie gesagt, dass sie mich liebt und gibt mir selten einen Kuss (das verletzt mich schon irgendwie). Auf der anderen Seite ist sie schon gerne auf meinem Arm und kuschelt mir mir (vor allem Abends). Sie geht noch nicht in den Kindergarten.

Sie trotzt gerade recht viel wenn ihr was nicht passt und lässt sich von mir dann auch nicht trösten - sie wehrt sich gegen den Körperkontakt. Anders sieht das aus wenn sie sich wehtut, dann lässt sie sich trösten von mir.

So, da Tabea mich sehr gerne provoziert (bzw. Aufmerksamkeit, am liebsten die alleinige - geht nur schwer mit zwei) und auch weg läuft/ zu anderen Personen geht vermutet meine Freundin eine Bindungsstörung. Sie erklärt das mit dem schwierigen Start und dass ich mich während der Wochenbettdepression nicht richtig um sie kümmern konnte. Und natürlich damit, dass sie seit knapp 1 1/2 Jahren schon keine ungeteilte Aufmerksamkeit hat (bzw. nur am Wochenende wenn ich etwas mit ihr alleine unternehme).

Woran erkennt man eigentlich eine Bindungsstörung? Ist die Tatsache, dass sie weg rennt ohne mich noch sehen zu können wirklich ein Indiz dafür? Und wie könnte ich dann an unserer Bindung arbeiten - ich hab eben noch den Kleinen der auch Aufmerksamkeit braucht und mit dem Trotzen beginnt? 

Falls ihr Verhalten auf eine Bindungsstörung hindeutet: macht mit 2 1/2 Jahren ein Psychologe Sinn (also für kich und sie)?

Liebe Grüße
Jessica

Hallo Jessica,

Erstmal was ganz Grundlegendes:

Vor Kurzem meinte eine gute Freundin von mir deren Tochter genauso alt ist, sie denke dass sie eine Bindungsstörung gegenüber mir hat.

Sowas sollte man sich höchstens von Fachleuten einreden lassen.

Ihre frühe Kindheit ist natürlich nicht optimal verlaufen, aber vermutlich so gut wie du und die anderen beteiligten Personen es schaffen konnten. Es hätte wohl auch wesentlich schlechter sein können, also unter den gegebenen Umständen vielleicht doch optimal.

Mit 14 Monaten wurde sie große Schwester.

Beim kleinen Bruder gab es diese Komplikationen nicht?

Ich weiß nicht, inwieweit da ein unbewusstes Gedächtnis vorhanden ist, so dass sie ihn beneidet? - Aber egal, sie würde ihn wohl in jedem Fall beneiden (in Konkurrenz zu ihm sein). Ich glaube, das ist einfach so bei Geschwistern mit so wenig Altersunterschied.

… ich schimpfe zurzeit leider recht viel.

Nützt das denn was?

Sie hat mir noch nie gesagt, dass sie mich liebt und gibt mir selten einen Kuss (das verletzt mich schon irgendwie).

Das verstehe ich nicht. Das haben meine Kinder auch nie getan. Ich denke, das tun Kinder nur, wenn sie es von einem anderen Familienmitglied (z. B. dem Vater) vorgelebt bekommen. Oder vielleicht, wenn man ihnen dauernd sagt, dass man sie liebt, und ihnen diese Sprüche so gut gefallen, dass sie sie nachmachen wollen.

Sie trotzt gerade recht viel wenn ihr was nicht passt und lässt sich von mir dann auch nicht trösten - sie wehrt sich gegen den Körperkontakt.

Das wäre im anderen Falle ja auch regelrecht pervers. Du verbietest ihr was, und dann soll sie mit dir kuscheln?

Anders sieht das aus wenn sie sich wehtut, dann lässt sie sich trösten von mir.

Ja, da bist du ja auch nicht der Verursacher ihres Leidens.

So, da Tabea mich sehr gerne provoziert (bzw. Aufmerksamkeit, am liebsten die alleinige -

Das finde ich in dem Alter völlig normal, dass sie mit allen möglichen Mitteln die alleinige Aufmerksamkeit der Mutter anstrebt.

und auch weg läuft/ zu anderen Personen geht vermutet meine Freundin eine Bindungsstörung.

Wenn dich das irgendwie beunruhigt, dann kannst du ja zu einer Kinderpsychologin gehen. Beachte aber, dass die guten Kinderpsychologen voraussichtlich sehr lange Wartezeiten haben. Wenn jemand sofort Termine frei hat, wäre ich skeptisch …

Woran erkennt man eigentlich eine Bindungsstörung?

Ich denke, übers Internet und durch ungeschulte Personen ist das höchstens in ganz krassen Fällen möglich.

Ist die Tatsache, dass sie weg rennt ohne mich noch sehen zu können wirklich ein Indiz dafür?

Ich glaube eher, dass das ein Indiz dafür ist, dass sie darauf vertraut, dass du ihr folgen wirst. Und dass sie dich dazu zwingen will.

Wenn ein Kind auch offen zu anderen Personen ist, das würde ich als Indiz dafür betrachten, dass eben keine Bindungsstörung vorliegt. Ein Kind, das Angst hat, dass seine Mutter weggehen könnte, bewacht diese ständig und nimmt keinen Kontakt zu anderen Menschen auf. Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass deine Tochter aufgrund deiner Wochenbettdepressionen und dadurch, dass sie nicht gestillt wurde, schon früher als viele andere Babys intensiven Kontakt zu anderen Menschen aufgenommen hat und gute Erfahrungen damit gemacht hat.

Und wie könnte ich dann an unserer Bindung arbeiten - ich hab eben noch den Kleinen der auch Aufmerksamkeit braucht und mit dem Trotzen beginnt? 

Die einzige Idee, die ich hätte, wäre, den Kleinen mal für ne Stunde dem Vater überlassen und nur was mit der Tochter zu machen (möglichst regelmäßig). Und keine Zuwendung (Liebesbezeugungen) von dem Kind erwarten. Kinder lieben ihre Eltern nicht in dem Sinne, das können sie noch gar nicht.

Falls ihr Verhalten auf eine Bindungsstörung hindeutet: macht mit 2 1/2 Jahren ein Psychologe Sinn (also für mich und sie)?

Ich persönlich würde denken, dass es hauptsächlich für deine Beruhigung gut wäre. Allerdings kann ich das natürlich gar nicht beurteilen. - Was sagen denn die anderen Mütter aus der Krabbelgruppe? Haben die irgendwie ein ungutes Gefühl bei der Beziehung zwischen dir und deiner Tochter?

Das einzige, was mir an deinem Bericht auffällt ist die Tatsache, dass es dich traurig macht, dass deine Tochter nicht sagt, dass sie dich liebt, und manchmal keinen Körperkontakt will. Da beschleicht mich das Gefühl, dass du etwas von ihr haben willst, was man von Kindern einfach nicht bekommt, und auch nicht von ihnen erwarten sollte.

Viele Grüße

Hallo Jessica,

Erstmal was ganz Grundlegendes:

Vor Kurzem meinte eine gute Freundin von mir deren Tochter genauso alt ist, sie denke dass sie eine Bindungsstörung gegenüber mir hat.

Sowas sollte man sich höchstens von Fachleuten einreden
lassen.

Wenn überhaupt …

(und wenn ihr euch auf den Kopp stellt: Mehr gibt es dazu nicht zu sagen)

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Hallo Jessica,

Erstmal was ganz Grundlegendes:

Vor Kurzem meinte eine gute Freundin von mir deren Tochter genauso alt ist, sie denke dass sie eine Bindungsstörung gegenüber mir hat.

Sowas sollte man sich höchstens von Fachleuten einreden
lassen.

Wenn überhaupt …

Möglicherweise ist es bei der Freundin das hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Verzerrung

Gruß
Jörg Zabel

Hai!

Vor Kurzem meinte eine gute
Freundin von mir deren Tochter genauso alt ist, sie denke dass
sie eine Bindungsstörung gegenüber mir hat.

Es gibt leider extrem viele Menschen die perfekte Tips haben was mit fremden Kinden
ist. Sag ihr einfach sie soll sich um ihre Sachen/Kinder kümmern, du würdest das
schon machen.

Sie hat mir noch nie gesagt, dass
sie mich liebt und gibt mir selten einen Kuss

Wenn dich das bei einer 2 jährigen stört, dann mach dich mal auf was gefasst wenn
sie anfangen zu pubertieren.

Der Plem

Hallo,

entwicklungspsychologisch ist dieser Anfang von Euch beiden sicher nicht ganz so perfekt, wie man es gerne hätte und das sich daraus später Probleme ergeben können ist ein Gedanke, den Du einfach prinzipiell im Leben im Hinterkopf behalten solltest.

Ansonsten liest man aber genauso, daß man letztlich KEINE Aussage treffen kann, welches Verhalten zu was führt.
Es gibt ganz schlimme und dramatische Geschichten, bei denen man geradezu blind sagen würde „dieses Kind MUSS „gestört“ sein!“ und dann ist dieses Kind glücklich, zufrieden, neugierig und offen für das Leben…alles ist gut.

Das bedeutet: nicht alles, was weniger gut lief muss zu einem weniger guten Verlauf führen!

Für mich liest sich Deine Tochter unauffällig- sich alleine auf den Weg zu machen ist in dem Alter normal und spricht letztlich sogar für tiefe Sicherheit zu Dir, denn wer Angst hat der läuft nicht weg. :wink:
Sie lässt sich trösten, wenn sie weint- bei Schutz greift sie also auf Dich zurück.
Ich finde das normal…wobei ich kein Therapeut bin :wink:

Also- ich würde mir da keine Gedanken weiter machen sondern letztlich den Hintergrund im Hinterkopf behalten.
Vielleicht das eine oder andere Mal etwas mehr Aufmerksamkeit auf dieses Kind legen.
So kannst Du den Blick auch immer mehr schärfen und solltest aber dennoch gelassen bleiben.

Wie eingangs gesagt- behalte es im Kopf- manches kann auftreten, wenn das Kind viel älter ist und dann ist es gut, wenn man diese Geschichte noch weiß…es KANN sein, das es mal von Interesse ist.

alles Gute und viel Freude mit Deiner Tochter
kitty

Herzlichen Glückwunsch… kind ist normal :smile:
Hallo,

deine Tochter ist normal.:smile:

Du, ich hatte auch eine Wochenbettdepression, und mein Sohn hat das Verhalten auch gezeigt, war offen zu anderen , sit weggegangen, trotzte usw. Und ich habe mir echte Gedanken gemacht, wiel ich auch dachte, er hat eine Bindungsstörung mir gegenüber. Zudem war er ein totales Papakind, und ich dachte, klar, er hat ja auch mich als Mutter nicht in vollem Umfang gehabt.

Als dann unsere Tochter kam, (bei der ich keine WBD hatte) , und dort alles superlief, tolle Geburt usw und sie genauso wurde wie er, wurde ich stutzig. Konnte es vll doch sein, das alles ok war, und ich einfach meine Gefühle projeziert habe ?? :wink:

Ich habe mir dann psychologische Hilfe gesucht, um dieses Trauma mit der WBD im Zusammenspiel mit einem weiteren Kind irgendwie besser zu verarbeiten. Hat auch funktioniert, und ihc habe auf viele Dinge eine andere Sicht.

Ich denke, das meine Kinder einfach auch wie ich offene und neugierige Menschen sind. Sie sehen, das ich mich gerne und viel unterhalte, sie haben noch nie negative Erfahrungen gemacht, und wenn sie sauer sind, wollen sie - wie ich auch - körperliche distanz haben, weil umarmen oder trösten nur noch saurer macht.
Sie sagen nie „ich liebe dich“, warum auch ? Für sie ist es eine Selbstverständliochkeit, das wir uns in der Familie lieben. Ich sage das auch nicht ständig, aber wenn kommt ganz selbstverständlich „ich dich auch“.

Unser großer zB sagt jetzt oft „ich mag dich nicht mehr“ wenn er was nicht darf. Trotzdem ist er ganz normal . :smile:)

Mach dir keinen Kopf. Wenn du für dich bedarf hast, über diese Zeit , die sicher sehr belastend war, wzu reden, dann tu das, das hilft , sicher zu werden. Und bei weiteren Fragen - es gibt überall Erziehungsberatungsstellen , wo man sich kompetente Hilfe und Ratschläge holen kann. Und die sind dann auch objektiv.

lg

Brenna

Hallo,

das ist alles normal und nicht auffällig.

Ist deine Freundin eine Psychologin oder ein „Hobby-Freud“. (vgl. uraltes Lied von Wolf Maahn) Lass dir doch nix von fremden Dritten einreden. Die wissen eh immer alles besser. Aber haben die eine Ahnung, was bei euch passiert? Bei denen läuft natürlich immer lles perfekt. Oder nicht? Und sie sind eifersüchtig?

Vergiss den Quatsch, den dir deine Freundin da versucht, weiss zu machen. Und ein Psychologe ist da wirklich nicht notwendig. Deine Tochter ist in einer normalen Entwicklungsphase, gepaart mit der Eifersucht auf ihren Bruder. Und das muss sie lernen, dass sie nicht immer die erste und einzige sein kann.

Haelge

Hallo

hätte deine Tochter eine echte Bindungsstörung, würde sie nicht zu dir kommen, wenn sie sich weh tut.

Du hast deine Tochter halt nicht immer überwacht und bespasst (WBD und 2. Kind) und dementsprechend ist sie es von Anfang an gewohnt, dass du nicht immer in ihrem Sichtfeld bist.

Deine Tochter weiss, dass du auch da bist, wenn du unsichtbar bist - dementsprechend mag das Verhältnis ein wenig distanzierter erscheinen - aber eine „Störung“ ist das ganz sicher nicht! Ich gehe eigentlich davon aus, dass sich deine Tochter exakt so verhält, wie Millionen von Kindern seit Jahrhunderten verhalten haben, als die Mutter eben nicht rund um die Uhr um das Kind herumwuselten wie heutige, westliche Mütter es mitunter tun.

Ansonsten: Wenn derart kleine Kinder sagen, sie lieben ihre Eltern, plappern sie nur andere nach, ohne genau zu wissen, was das heisst. Ich kenne kaum ein Kind, das das so früh gesagt hätte - das kommt dann später.
Und manche Kinder empfinden auch schon relativ früh eine Abneigung gegen das Küssen.

Und manche Kinder sagen das auch nie - vor Allem dann, wenn in der Familie es auch sonst eher wenig Austausch von Zärtlichkeiten gibt.

Und dann gibt es noch Kinder, wie ich wohl eines war: Ich habe meinen Eltern nie speziell geliebt - sondern sie schlicht und einfach als gegeben hingenommen.

Du darfst von deinen Kindern nicht erwarten, dass sie dich lieben (warum sollten sie?)- du kannst ihnen nur zeigen, was Liebe ist.

Gruss, Sama