Mutter/Tochter-Konflikt - was tun? (lang)

Hallo zusammen!

Meine Frau kommt von den Philippinen und hat eine philippinische Bekannte. Die Bekannte hat 2 Töchter, wovon eine seit knapp einem Jahr in Deutschland ist. Diese Tochter ist inzwischen 16 Jahre alt, sieht aber noch aus und benimmt sich wie 12/13.

Die Bekannte meiner Frau geht beruflich putzen, der Mann (nicht Vater des Kindes) ist Montage-Arbeiter mit unregelmäßiger Beschäftigung.

Als das Mädchen nach Deutschland kam, haben wir versucht, Kontakt aufzunehmen (wir wohnen inzwischen ca. 30 km entfernt). Die Mutter hat dies auch einmal erlaubt, wir waren mit ihr im Zoo und haben anschließend gegrillt, das Mädchen war überglücklich. Als wir sie wieder nach Hause gebracht haben, war ihr sehr ernster Gesichtsausdruck leider nicht zu übersehen, ich habe damals schon vermutet, dass sie sehr unglücklich dort ist.

Ich habe sie dann vor den nächsten 3-4 Wochenenden gefragt, ob sie wieder zu uns kommen möchte, worauf sie jedesmal „Mama fragen“ geantwortet hat und dann jeweils Donnerstag oder Freitag abgesagt hat.

Im April hat meine Frau es dann geschafft, dass sie noch einmal zu uns kommen durfte, sogar mit Übernachtung. Da ihr Deutsch-lern-Schuljahr im Sommer endet, habe ich sie gefragt, wohin sie im nächsten Schuljahr in die Schule geht. Das wusste sie nicht, also habe ich ihre Mutter am nächsten Tag gefragt. Das Mädchen hat gesagt, dass sie gerne auf die örtliche Realschule gehen möchte, worauf die Mutter sagte „du hast Probleme in Mathe“. Tochter: „Ich habe keine Probleme in Mathe!“ (sie hat in der Deutsch-intensiv-Klasse eine 2 in Mathe), Mutter: „Ich habe in der Fahrschule gesessen und alle haben gesprochen und ich habe nichts verstanden. Du schaffst das nicht! Kenne deine Grenzen!“

Daraufhin ist die Tochter in Tränen ausgebrochen und ich habe versucht zu verhandeln und angeboten, mit der Lehrerin zu sprechen und nach der Möglichkeit der Einschulung in der Realschule zu fragen. Mit der Begründung, mir ihre schulischen Leistungen ansehen zu wollen, hat die Mutter dann auch erlaubt, dass sie eine Woche bei uns bleiben darf. Die eine Woche ist bis zur Ankunft bei uns zu Hause per Handy-Nachricht auf 2 Tage geschrumpft. Bei uns habe ich mit ihr Hausaufgaben gemacht und sie hat mir berichtet, dass die Erwachsenen zu Hause häufig streiten, sie keine Freunde hat und den ganzen Nachmittag zu Hause sitzt und am liebsten zurück auf die Philippinen ziehen würde. Die Mutter erwartet von ihr, dass sie, teilweise vor der Schule, beim gewerblichen Putzen hilft.

Wegen der häufigen Streits hatte die Mutter beschlossen, aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen und sich auch schon eine Wohnung und Mobiliar besorgt. Der Mann wusste davon nichts.

Am darauffolgenden Samstag hat eine weitere philippinische Bekannte meiner Frau angerufen und gesagt, dass der Mann betrunken mit einem Messer auf die Mutter losgegangen wäre und die Tochter zu den Nachbarn geflüchtet ist, um die Polizei zu rufen. Der Mann ist donnerstags oder freitags von der Montage heimgekommen, hat die eingelagerten Möbel in seinem Schuppen gesehen worauf ihm die Frau eröffnet hat, dass sie ausziehen wird. Ich vermute, dass er sich an diesem Samstag aus Kummer betrunken hat. Wir sind dann zu der 3. Filipina gefahren, um die Tochter zu uns zu holen. Die Tochter war darüber sehr froh und hatte als wir kamen schon eine Tasche mit Kleidern gepackt. Die Mutter war unverletzt, was genau passiert ist, hat mich nicht interessiert. Es wurde verabredet, dass wir uns einen Tag später wieder treffen, um die Schulsachen des Mädchens zu holen.

Am Sonntag hat meine Frau dann die Mutter angerufen und gefragt, wann wir kommen sollen. Die Tochter hat zugehört und auf einmal angefangen zu weinen. Ich habe gefragt, was los ist und meine Frau hat mir erklärt, dass die Mutter (innerhalb eines Tages!) sich mit dem Mann versöhnt und beschlossen hat, in der gemeinsamen Wohnung zu bleiben. Grund dafür ist, dass die zweite Tochter ebenfalls nach Deutschland kommen soll und der Mann ihr klargemacht hat, dass das Einkommen der Frau für 2 Kinder nicht ausreichend ist. Wir sind dann wieder zu der 3. Filipina gefahren. Die Mutter kam bald und verlangte von der Tochter, dass sie gemeinsam zur Wohnung fahren, der Mann wollte sich bei ihr entschuldigen. Der Tochter war das nicht recht, sie hat geweint und gezittert.

Mutter und Tochter sind dann nach Hause gefahren. Ich habe eine Stunde später bei der Mutter angerufen und gefragt, wie es weitergeht. Die Mutter sagte, die Tochter würde ihre Sachen packen, wir könnten alle herkommen und sie dann mitnehmen. Meine Frau hat dankend verzichtet, ich bin alleine hingefahren und habe die Tochter vor dem Haus abgeholt. Die Mutter kam mit herunter und ich habe sie gefragt, ob die Tochter „länger“ bei uns bleiben kann (die Schule ist im selben Ort wie meine Arbeitsstelle). Nein, meinte die Mutter, wenn es nochmal solchen Streit geben sollte, ja, wir sollten am Mittwoch herkommen, um den Geburtstag der Tochter zu nachzufeiern.

Bei uns zu Hause haben wir viel geredet. Ich habe versucht, dem Mädchen Mut zu machen. Sie hat mir erzählt, dass ihre Mutter sich nicht über gute Leistungen in der Schule freut, die zweite Tochter (von einem anderen Mann) ihre Lieblingstochter ist und sie sich zu Hause fast immer langweilt. Am Dienstag hatte sie Geburtstag und ist nach der Schule zu ihrer Mutter gefahren. Der Mann war wieder auf Montage. Bei ihrer Rückkehr hat sie erzählt, dass die Mutter zu ihr gesagt hat, sie solle doch zu Hause bleiben, sie wollte aber nicht.

Am Mittwoch war dann Geburtstagsfeier mit den Nachbarn und Freunden. Das Mädchen saß die ganze Zeit in seinem Zimmer. Ich habe mit ihr Hausaufgaben gemacht und mich wieder mit ihr unterhalten. Sie sagte mir, dass die Gespräche sie nicht interessieren, am liebsten hätte sie ganz auf die Feier verzichtet. Die Mutter liebt aber solche Zusammenkünfte, da sie dann allen erzählen kann, wie schlecht es ihr geht…

Als die Feier zu Ende gegangen ist, habe ich das Mädchen gefragt, ob sie wieder mit zu uns kommen möchte. Sie sagte ja, ich solle die Mutter fragen. Eigentlich wollte ich das nicht, da ich nicht den Eindruck erwecken mochte, ich wolle nur, dass sie zu uns kommt. Da sie sich aber nicht getraut hat, habe ich gefragt. Die Mutter ist daraufhin zu ihr, hat etwas auf philippinisch gesagt, worauf die Tochter anfing zu weinen. Dann hat die Mutter auf Deutsch gefragt „Möchtest du mit ihnen gehen?“, worauf die Tochter den Kopf geschüttelt hat. Ich habe dann die Mutter gebeten, „ja“ zu sagen, da die Tochter mich doch darum gebeten hat. Die Mutter sagte dann „du hast doch gehört, sie will nicht“. Die Tochter sagte mir darauf, dass ihre Mutter auf philippinisch „willst du mich verlassen?“ zu ihr gesagt hat. Und das will sie natürlich nicht. Ich habe dann noch 10 Minuten (viel zu lange) versucht, die Mutter zu überreden. Dass am vergangenen Wochenende ein evtl. traumatisches Erlebnis stattgefunden hat und die Tochter etwas Abstand braucht, war der Mutter egal. Sie wäre ja 3 Tage weggewesen, das reicht. Außerdem wäre die Mutter (in Abwesenheit des Mannes) alleine und bräuchte Hilfe beim Putzen. Das Mädchen hat geweint und sich an mich geklammert, ist aber nicht mitgekommen.

Seitdem durfte sie auch nicht mehr kommen, obwohl anstatt an diesem Tag ein Besuch bei uns über Himmelfahrt versprochen wurde. Dieser Besuch wurde erst von Mittwoch bis Freitag auf Montag bis Mittwoch verschoben (nachdem die Mutter gemerkt hat, dass Feiertag ist) und dann ganz abgesagt. Meiner Frau sagte die Mutter, sie könne von Sonntag bis Mittwoch zu uns kommen. Zur Tochter sagte sie, du darfst nicht kommen um dann zu behaupten, die Tochter wolle überhaupt nicht. Da die Tochter bei uns „kindisch“ geworden ist, sind nun alle Besuche verboten. Mit kindisch meint die Mutter, dass die Tochter nicht mehr widerspruchsfrei mit ihr putzen gehen wollte.

Ich hatte unterdessen ein Gespräch mit der Lehrerin, die ihr Realschulreife bescheinigt hat. Allerdings bräuchte sie natürlich Hilfe in Deutsch. Mit ihren Leistungen ist sie in der Deutsch-Intensiv-Klasse Klassenbeste.

Wir waren nach dem Geburtstag noch ca. 3x bei ihr zu Hause auf Besuch. Nach dem letzten Besuch hat die Mutter ihr anscheinend verboten, irgendetwas Privates zu erzählen. Der Mutter hat nicht gefallen, dass ich oft alleine mit ihr in ihrem Zimmer gesessen und geredet habe. Die Tochter spricht seitdem nur noch das Nötigste mit mir und weicht allen Fragen aus. Meine Frau sagt, sie möchte sich mit der Situation nicht belasten und das Mädchen wäre eigentlich selbst schuld.Um sie nicht zu bedrängen und ihr Ärger zu bringen, habe ich den Kontakt inzwischen ebenfalls eingestellt, bin damit aber sehr unglücklich. Ich bitte um Rat. Wie soll ich mich verhalten?

Das Mädchen wollte bis zum Kontaktverbot gerne bei uns leben, was auch möglich wäre, wir haben genügend Platz und Geld, möchte dies aber nur mit dem Einverständnis ihrer Mutter tun. Ich vermute, dass die Mutter sie aufgrund ihres Vaters nicht leiden kann. Ich habe bereits darüber nachgedacht, das Jugendamt zu informieren, habe dies aber aufgrund der zu erwartenden – und vom Mädchen nicht gewünschten Folgen – unterlassen.

Viele Grüße

Marcus

Hallo,

wenn keine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt, kannst du gar nichts tun. Siehst du das Wohl des Mädchens gefährdet, wäre eine Einschaltung des Jugendamts eine Option.

Ob das zum gewünschten Erfolg führt, nämlich dass das Mädchen bei euch lebt, lässt sich aber im Voraus nicht sagen.

Für mich stellt sich schon die Frage, worin deine starke Motivation liegt. Mir scheint deine starke Einmischung - auch wenn sie gut gemeint ist - eher zum Nachteil des Mädchens zu sein, da es sie in Konflikte mit ihrer Mutter bringt.

Welche Schule ein Kind besucht und wo es sich aufhält, ist Entscheidung der Eltern.

Schöne Grüße,
Jule

Guten Abend,

wenn keine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt, kannst du gar
nichts tun. Siehst du das Wohl des Mädchens gefährdet, wäre
eine Einschaltung des Jugendamts eine Option.

Ob das zum gewünschten Erfolg führt, nämlich dass das Mädchen
bei euch lebt, lässt sich aber im Voraus nicht sagen.

Ich vermute, dass sie das ohne Zustimmung der Mutter gar nicht wollte.

Für mich stellt sich schon die Frage, worin deine starke
Motivation liegt. Mir scheint deine starke Einmischung - auch
wenn sie gut gemeint ist - eher zum Nachteil des Mädchens zu
sein, da es sie in Konflikte mit ihrer Mutter bringt.

Sie sagte mir nach dem Gewaltausbruchs des Ehemannes, dass sie sich sehr unwohl in Deutschland fühlt, weil sie keine Freunde hat, weil die Mutter sie nicht liebt und dass sie Angst hat, weil die „Eltern“ sehr oft streiten. Ich habe dann zu ihr gesagt, dass sie immer zu uns kommen kann und wenn es sein muss, sie auch bleiben kann. Sie ist ein liebes, intelligentes Mädchen, was meiner Meinung nach mit etwas Förderung durchaus gute Leistungen in der Schule und später im Leben bringen kann. Leider hat sie fast gar kein Selbstbewusstsein. Ich habe zu Beginn einfach versucht, ihr etwas Mut zu machen. Alles weitere hat sich dann ergeben.

Welche Schule ein Kind besucht und wo es sich aufhält, ist
Entscheidung der Eltern.

Das ist mir bewusst. In Sachen der Schule ging es mir hauptsächlich darum zu erfahren, warum sie nicht auf die Schule in der Heimatstadt gehen soll, was ihr in Sachen Freunde entgegenkommen würde. Im Gespräch mit der Lehrerin habe ich erfahren, dass diese Schule die Deutsch-Intensiv-Kinder bevorzugt auf eine andere Schule schickt, da es dort besondere Sprachförderung für Deutsch gibt und man mit mehreren Praktika anders zum Realschulabschluss kommt, als auf der Regelschule.

Viele Grüße

Marcus

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Hallo,

Du hast der Mutter und der Tochter Eure Unterstützung in jeder Form angeboten. Mehr kannst Du nicht tun.

Offenbar hat die Mutter keine besonderen Pläne für ihre Tochter, was die schulischen und eventuell beruflichen Chancen des Mädchens betrifft. Das ist schade, aber nicht zu ändern, wenn die Mutter in diesem Punkt nicht mit sich reden lässt.

Vielleicht hofft die Mutter bloß auf eine Heirat ihrer Tochter mit einem deutschen Mann, was ja auch schon einem Aufstieg gleichkäme. Dann mag die Schulbildung egal sein. Es wäre das, was bei ihr selbst funktioniert hat und das, was sie kennt.

Wenn die Tochter eines Tages den Wunsch verspüren sollte ihre Chancen zu nutzen - mit Eurer Hilfe - wird sie sich an Euch wenden.

Viele Grüße
Maralena