Hallo Peter,
Vorab: Ich arbeit in der pharmazeutischen Industrie, wir stellen hauptsächlich Brausetabletten (Vitamine, Mineralstoffe etc.) her. Dies nur, damit der fachliche Background geklärt ist, ich selber vertrete auch eine eher gegensätzliche Meinung und hoffe, dass da niemand von der Firma mitliest
Mitlerweile gibt es viele neutrale Analysenergebnisse von Obst
und Gemüse (auch Bio-Obst und Gemüse), die eindeutig
unabhängig belegen, dass die Inhaltsstoffe in unserem Essen in
den letzten 30-40 deutlich gesunken sind und das es immer
weniger wird.
Ich bin auch schon über solche Berichte gestolpert, finde sie aber teilweise nicht ganz unumstritten. Das beginnt damit, dass ein solch langer Zeitraum schon deshalb nicht (zumindest naturwissenschaftlich) exakt bestimmt werden kann, weil die analytischen Vergleichsmöglichkeiten von vor 40 Jahren anders aussahen, gerade im Bereich der Biochemie. Auch gibt es heute eine Unmenge neuer Züchtungen bzw. Veredelungen von Obst, Gemüse und Getreide so dass ich diesem Vergleich auch nicht so ganz traue.
Ein weiterer wesentlicher Punkt für mich ist: Es wird (im Verhältnis) sehr wenig Obst/Gemüse roh genossen. Da muß man dann aber auch ins Kalkül ziehen, dass die heutigen Kochmethoden oder Konservierungsmethoden um ein Vielfaches besser und damit nährstoffschonender als vor 30/40 Jahren.
Ernährungsbedingte Krankheiten sind darauf zurückzuführen,
dass nicht „Das zuviel sondern das zuwenig“ in unserer
Ernährung krank macht und das der Körper erst in ein paar
Jahren auf dieses Defizit reagiert und eventuell sich mit
einer Krankheit bemerkbar macht.
Auch das ist meines Wissens nach nicht unumstritten. Es gibt keine Langzeitstudien, die diese Fragestellung untersucht hat, es gibt lediglich dazu Hypothesen, die auf statistisch errechneten Zusammenhängen beruhen.
Definitiv ist es so, dass in unserer Gesellschaft die Möglichkeiten so gegeben sind, dass bei durchschnittlich gesunder (= empfohlener) Ernährung und ohne zusätzliche Risikofaktoren (Medikamenteneinnahme (auch Pille), Erkrankung, Spitzensport, Schwangerschaft, Rauchen, etc.) die Nährstoffe in der Nahrung alleine für eine gute Grundversorgung an Vitaminen und Mineralstoffen ausreichen (es gibt wenige Ausnahmen, z.B. Selen).
Im Gegenteil: Die modisch gewordene Überversorgung, vor allem mit Vitaminpräparaten, ist entweder unnötig („teures Pissen“ *lach*) oder nicht unbedenklich (z.B. bei fettlöslichen Vitaminen, die vom Körper nicht in dem Maße ausgeschieden werden).
Auch über die Dosierungen sind sich viele nicht klar: Unser Standardprodukt für Vit.C-Brause ist 1000 mg/Tablette; die wenigsten wissen, dass 80 (!!) mg die nötige Tagesdosis für den Menschen darstellt.
Gleichzeitig wird aber in anderen Publikationen geschrieben,
das synthetische Nahrungsergänzungen/Multivitaminpräparate vom
Körper nur zu ca. 10% aufgenommen werden und das der Gang zur
Toilette ein „teures Pinkeln“ ist und nur die Pharmaindustrie
bzw. der Apotheker/Reformhaus sich ein goldenes Näschen damit
verdient. Von einer Packung Multivitamin etc. die z.B. 60 Mark
kostet, sind dann angeblich ca 50 Mark in der Toilette
verschwunden ??
Falls Du diese Publikation irgendwo zur Verfügung hast, dann schicke sie mir bitte unbedingt!
(Nur fürs Protokoll: was sind „synthetische Nahrungsergänzungen“???)
Faktum ist einerseits, dass der Körper nicht unterscheiden kann, ob ein Vitamin nun „synthetisch“ hergestellt ist oder „natürlich“ ist. Chemisch ist das völlig ein und dasselbe! Und die Verwertung im Körper geht auch über chemische Kreisläufe. Außerdem ist zu bedenken, dass „natürlich“ extrahierte Vitamin ein reiner Marketinggag sind (es gibt Firmen, die bieten „natürliches“ Vitamin C an) und leider teures rausgeschmisses Geld. Auch natürlich vorkommende Vitamine müssen
chemisch extrahiert, gereinigt und weitervearbeitet werden.
Inhaltsstoffe aus Obst und Früchten werden deutlich besser
aufgenommen weil sie in einer natürlichen Umgebeung (sekundäre
Pflanzenstoffe usw.) vorliegen
Etwas anders sieht es natürlich bei den Vitaminen in der Nahrung aus: Es stimmt schon, dass die Verwertung der Nahrungsvitamine oder Mineralstoffe besser ist, weil hier andere Faktoren zum Tragen kommen (z.B. Fett, Flavonoide, oder die Bindung an natürliche Trägerstoffe z.B. bei Calcium).
Aber die Quote ist nicht so hoch wie Du sie beschrieben hast, mir ist allerdings auch keine Untersuchung bekannt, die das genau belegt; es sind auch hier mehr Vermutungen und Hypothesen im Umlauf als handfeste Fakten.
wie z.B. bei Dr. Rath
Wer ist das? Würd mich interessieren.
weil die Bioverfügbarkeit deutlich höher und schneller ist als
bei synthetischen Präparaten
Bioverfügbarkeit wovon? Da müßtest Du genauer werden. Die BV von Vitaminen und Mineralstoffen aus der Nahrung ist jedenfalls langsamer als von „synthetischen“ Produkten.
Wenn jetzt aber weniger in unserem Obst und Gemüse ist und die
DGE zusätzlich emphielt, jeden Tag mindestens 500-700 Gramm
Obst und Gemüse (roh und gedünstet) in den Ampelfarben zu
Essen, obwohl die Inhaltsstoffe nicht mehr ausreichend sind,
dann stellt sich mir die Frage,wieviel Obst und Gemüse man
überhaupt noch zu sich nehmen muss, damit der Körper sein
„Soll“ aus dem Supermarkt/Bioladen bekommt, wenn man keine
„Nahrungsergänzung“ zu sich nehmen will.
Darauf bin ich schon oben eingegangen.
Wobei zu beachte ist, dass das für durchschnittlich gesund essende, gesunde Menschen gilt. In Grippezeiten oder Stresszeiten sich zusätzliche Vitamine einzuwerfen macht Sinn, ab einem gewissen Alter ist vermehrte Calciumgabe sinnvoll, und für Sportler ist Magensium wichtig.
Generell ist es nicht möglich, Vitamine mit der „natürlichen“ Nahrung überdosieren.
Der (auch wissenschaftlich-medizinische) Trend der (wie man jetzt weiß) Überversorgung mit Vitaminen ist auch eher schon rückläufig. War man vor Jahren von der absoluten Notwendigkeit noch voll überzeugt, so ist es heute eher Geschäftemacherei.
Wieviel Obst und Gemüse muss dann ein Hochleistungssportler
Essen, ohne „Voll“ zu werden? Kann er überhaupt seinen Bedarf
damit decken?
Ein Hochleistungssportler sicher nicht, soviel kann der gar nicht futtern. Gerade Hochleistungssportler brauchen einen ausgewogene zusätzliche Versorgung an Vitaminen und Mineralstoffen, sie haben einen überproportionalen Verbrauch, der unbedingt gedeckt werden muss.
Ist zwar ein bißken viel zu lesen aber trotzdem Danke für
eventuelle Antworten.
Jetzt ist noch mehr zu lesen *lächel* - ich hoffe, es klärt etwas auf.
Liebe Grüße#
Birgit