Moin,
also in den indogermanischen Sprachen liegt die Unregelmäßigkeit (genauer: Suppletivismus, d.h. Formen unterschiedlicher Stämme in einem Paradigma) in der indogermanischen Grundsprache begründet. Dort gab es (mindestens) 3 Verben, die von der Bedeutung her ‚sein‘ nahe kamen (*h1es- ‚sein‘, *bhuH- ‚werden, sein; wachsen‘, *h2wes- ‚leben, wohnen‘). Aus Formen dieser drei Verben haben sich in den meisten indogermanischen Sprachen die Paradigmata für ‚sein‘ zusammengesetzt. z.B. dt. ‚sein‘, ‚bis‘, ‚ist‘, ‚war‘, ‚gewesen‘, …, lat. ‚esse‘, ‚sum‘, ‚est‘, ‚fuit‘, …
Das es im Spanischen zwei Wörter für haben (und für sein) gibt, liegt im Lateinischen begründet, das eine (tengo etc.) kommt von lat. tenere ‚(fest)halten, besitzen‘, das andere von lat. habere ‚haben, halten‘. Daher gibt es im Spanischen auch eine Unterscheidung bei der Bedeutung der Verben im Sinne von ‚ich habe blonde Haare‘ und ‚ich habe ein Auto‘, je nachdem, ob etwas von sich aus zu mir gehört oder ob ich es nur zeitweilig besitze. Das zweite ‚sein‘-Verb des Spanischen kommt von lat. stare ‚stehen, bestehen‘.
Wie genau das in anderen Sprachfamilien aussieht, weiß ich nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, daß Verben wie ‚sein‘, ‚haben‘ und Modalverben, die also eine eher abstrakte Bedeutung haben (im Gegensatz zu ‚halten‘, ‚stehen‘, ‚besitzen‘, ‚sehen‘ etc.), eher spät entstanden sind und v.a. durch Umschreibung mittels bereits vorhandener, konkreterer Verben ausgedrückt wurden. Daraus sind dann diese oft suppletiven Paradigmata entstanden.
Hoffe, das hat geholfen.
LG