Hallöchen,
Wieso setzt derjenige den Stoppkurs? - Um eine eventuell
flasche Anlageentscheidung zu bereinigen. Wirst du bei einem
Wert ausgestoppt, bei dem so eine Schwankung normal ist, dann
hast du den Stoppkurs falsch gesetzt.
Schwankungen von 20% in wenigen Tagen sind normal, auch ohne Nachricht oder anderen Grund, als Beispiel sei Daimler-Chrysler vom letzten Oktober mit 21% in einer Woche genannt (ich hatte es unten mal erwähnt). Eine noch weitere Spannbreite als SL-Limit zu setzen, macht für mich auch keinen Sinn mehr.
Ich bin heil froh bei allen Werten im Jahr 2000 ausgestoppt
worden zu sein.
Klar, rückwirkend war das natürlich gut. Genauso gut hätte aber sein können, daß nach Erreichen der Limits die Kurse wieder angezogen hätten. Das technische Mittel SL-Kurs entbindet den Anleger nicht von der Pflicht, sich Gedanken zu einem Papier bzw. dem Unternehmen zu machen. Wer am Anfang des Neuen Marktes SL-Limits von meinswegen 30% gemacht hätte, hätte auf einige tausend Prozent Gewinn verzichtet.
Und da wären wir wieder beim üblichen Problem: Wann hat eine
Aktie oder der Markt seinen Boden erreicht und wie merke ich
das? Und vor allem: Daß die Aktie günstig/unterbewertet war,
dachte man ja schon beim Kauf, sonst hätte man sie ja nicht
gekauft.
Man kauft Aktien sowieso nur wenn man glaubt das diese günstig
sind.
Aber: Nur weil man das vorher geglaubt hat, muss diese Annahme
ja nicht richtig gewesen sein.
Was ich versuche zu erklären: Bei unveränderter Einschätzung ggü. Unternehmen und Aktie bedeutet das Erreichen des SL-Limits nur eines: Das Papier ist noch attraktiver geworden, denn ich habe nicht nur weiterhin eine positive Einschätzung, sondern das Papier ist auch noch billiger geworden. Ich bin zwar kein Anhänger des Nachkaufens, aber letztlich ist das Erreichen des SL-Limits eigentlich ein Grund, das zu tun.
Wer beim SL-Kurs verkauft, sagt damit aus, daß er seiner Einschätzung nicht vertraut, was wiederum bedeutet, daß er sich grundsätzlich überlegen sollte, ob das Aktiengeschäft seines ist.
Mit anderen Worten: Entweder muß ich die Aktie nach Erreichen
des Stop-Loss-Kurses erneut kaufen (weil ja meine Einschätzung
unverändert ist) und habe keinen Cent Verlust gespart (und
sogar an Gebühren draufgelegt) oder ich lasse die Finger von
der Aktie, nachdem ich sie verkauft habe und verzichte damit
auf Gewinne, weil ich ja weiterhin davon ausgehe, daß die
Aktie gleich gut oder besser als der Markt läuft.
Das ist eben deine falsche Annahme. Denn ich verzichte
weder auf Gewinne noch lege ich drauf. Ich verzichte lediglich
auf Verluste.
Du verzichtest auf die zukünftige Kursentwicklung des Papiers. Ob die positiv oder negativ ist, kannst Du gar nicht wissen. Sollte die Aktie nach dem Verkauf steigen, verzichtest Du natürlich auf Gewinne und vor allem sind das Gewinne, an die Du vorher noch sicher geglaubt hast, sonst hättest Du die Aktie nicht gekauft.
Schließlich wird ein SL nicht ohnbe Grund ausgelöst und dann
muss ich mir mein Investment wieder betrachten und völlig neu
bewerten.
Neu bewerten sollte man seine Aktien nicht bei Erreichen von irgendwelchen Kursen, sondern eigentlich laufend.
Wie gesagt:
Immer noch unterstellt, daß die Einschätzung unverändert ist.
Ist sie aber nicht. Das ist ja deine Fehlannahme.
Das ist genau das Problem: Es ist eine Frage der Philosophie. Hier lese ich ständig von SL-Limits, von KGV, technischer Analyse und charttechnischen Signalen.
Ich habe hier schon sehr lange nichts mehr davon gelesen, daß es eine Rolle spielt sich mit dem Unternehmen, das hinter der Aktie steht, zu beschäftigen, mit seinen Produkten, seinen Absatz- und Beschaffungsmärkten, seinem Managent, seiner PR-Truppe, seiner grundsätzlichen strategischen Ausrichtung sowie den Auswirkungen der Politik auf das Unternehmen, seine Abnehmer und seine Mitarbeiter.
Bei Anwendung dieser Philosophie spielt es keine Rolle, ob ein Kurs mal um 20% fällt, denn das ändert nicht die Einschätzung zu diesem Unternehmen,
Wenn man natürlich nur auf irgendwelche Indikatoren schielt, Unterstützungslinien bewertet und wild Geraden durch Charts zieht, sieht das natürlich anders aus, nur hat das dann nicht mehr viel mit dem zu tun, was ich mit Börsengeschäften verstehe. Natürlich sind viele derartige Dinge aufgrund der großen Anhängerschaft self-fulfilling prophecies.
Um noch einen draufzusetzen: Wer sich Stop-Loss-Grenzen setzt,
sollte die Aktie gar nicht kaufen, weil er von vornherein
Zweifel hat.
Um zu konntern:
Wer keine setzt spielt Roulette, da er einzelwerte schwelich
besser beurteilen kann wie der Markt.
Im Gegenteil. Wer den Geschäftsbericht richtig liest, versteht und interpretiert sowie sich pressemäßig auf dem laufenden hält, ist weitaus besser informiert als das abstrakte Gebilde „Markt“. Allein die albernen Anlageempfehlungen der Banken, auf die die Märkte auch noch reagieren, unglaublich…
Am Tag nach der Analystenkonferenz die Empfehlungen zu ändern ist absolut lächerlich. Wer sich mit dem Unternehmen und dem Markt usw. beschäftigt, kann gewisse Entwicklungen vorhersehen und muß nicht abwarten, bis der Vorstand sie den bekloppten Journalisten und Analysten erklärt und dann hingehen, große Töne über die zukünftige Entwicklung zu spucken und dann bei Eintreten dieser Zukunft, die Einschätzung wieder zu ändern.
Ersataunlicherweise
nutzen alle Vermögensverwaltungen die ich kenne und die auch
gut performen dieses Element.
Echt? Und wie erfolgreich nutzen sie das Element? Ich erinnere mich noch gut an eine Ausgabe des Platow-Briefes (so ziemlich der letzte, den ich noch gelesen habe), in der man zugab, sich von einer Aktie per SL getrennt zu haben, die inzwischen aber peinlicherweise um 15% gegenüber Kauf gestiegen war. Ähnliche Töne las man vereinzelt auch in Geschäftsberichten von großen KKAG.
Machen wir uns doch nichts vor: Vermögensverwaltung ist kein Hexenwerk: Da sitzen Leute, die nach einer Bankausbildung irgendwie Bock auf das Thema hatten und nun nach dem Prinzip „learning by doing“ und mit ein paar Lehrgängen das machen, was jeder normal intelligente Mensch auch machen kann.
In keinem Bereich sind Banken und Anverwandte so überflüssig wie bei der Anlageberatung.
Gruß,
Christian