Bilanz Französische Revolution

Guten Abend

Frag mich gerade, ob die Französische Revolution als Erfolg gewertet werden darf.
Um das herauszufinden, denke ich ist es der einfachste Weg die 3 Grundforderungen zu untsuchen, ob die umgesetzt wurden.

Gleichheit: Ich denke das wurde umgesetzt mit der Verfassung, Menschenrechte, so dass jeder Franzose gleichgestellt wurde vor dem Gesetz
Freiheit: Das glaube ich weniger
Brüderlichkeit: Ich denke schon, das Zusammengehörigkeitsgefühl wurde ja mit der Republik gestärkt.

Ich denke für das Bürgertum darf es als ein Erfolg bezeichnet werden, sie gingen ja schliesslich als die grossen Gewinner hervor…

Wäre echt froh um Hilfe

Besten Dank

Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.

Ich würde sagen, dass das schwierig zu beantworten ist und allein die tatsache, dass selbst frankreich sich zur 100jahr und 200jahr-feier nicht sicher war, ob sie dieses jubiläum überhaupt in dem sinne feiern sollte, spricht bände.

Aus der Sicht der damaligen Zeitgenossen war die Revolution sicherlich kein Erfolg, da an ihrem Ende, nach dem Wiener Kongress, die Monarchie in Frankreich wieder eingeführt wurde und keine während der Revolution entstandenen Republiken in Europa einen Bestand hatte, der über das napleonische Zeitalter hinaus ging.

Weiterhin lässt sich die Revolution auch heute sicher nicht als reiner Erfolg werten. Die Ideale der Revolution wurden schon mitten drin ab absurdum geführt durch

  1. die Strafexpedition in der Vendée
  2. durch den Terreur

Beide Aktionen haben die gerade konstituierten Menschenrechte ausser Kraft gesetzt

Trotz allem sollten die Leistungen der frz. Revolution nicht negiert werden. Wie du schon sagtest, ging das Bürgertum aus der Revolution gestärkt und emanzipiert hervor. Weiterhin hat die frz. Revolution (und die ihr folgenden Koalitionskriege) für ein stärkeres Nationalbewußtsein im hl.röm. Reich Deutscher Nation gesorgt.

Und was (für mich persönlich) am wichtigesten ist:
Die Europäer erkannten, dass eine Monarchie nicht gottgegeben war und man diese Staatsform bezweiffeln und hinterfragen konnte. Der dritte Stand begann sich also nun überall in Europa immer stärker zu emanzipieren und seiner politischen Rolle gewahr zu werden.

Ich bezweiffel stark, dass weitere Revolutionen, wie die von 1848 überhaupt ohne die Französische Revolution möglich gewesen wären.

Auch wenn das keine Antwort im Sinne „wahr oder falsch“ ist hoffe ich, dass ich dir helfen konnte

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Hallo,

um zu bewerten, ob sie erfolgreich war, müssten wir uns erst einmal ein paar Gedanken darüber machen, was sie eigentlich war. Die reine Bewertung auf der Ebene des Slogans „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ halte ich da für nicht ausreichend, eben, wegen des Slogan-Charakters und weil diese Ideal wie jedes andere Schlagwort jeder anderen Revolution beinahe sofort verraten wurde.
In Europa neigt man dazu, die Revolution mit dem Sturm auf die Bastille quasi als ein im mathematischen Sinne diskretes Ereignis zu betrchten. Wenn man aber hinter die Kulissen schaut, dann war die Revolution ja das Ergebnis zweier langer Prozesse. Wir hatten zunächt einmal Leute wie Rousseau, die bereits Jahre zuvor Einfluss auf das Denken der Menschen nahmen. Natürlich nicht alle diese Leute waren Franzosen. Z.B. Franklin gehört z.B. in diese Liste. Dieser mehr philosophische Ansatz fand Verbreitung nicht nur in Frankreich sondern auch in Deutschland und England und sicher auch in den amerikanischen Kolonien. Das Ergebnis war zunächst also die amerikanische Revolution (bzw. Unabhängigkeitskrieg, aber unter damaligem Kontext war es eine Revolution die erst zur Unabhängigkeit führte, als der englische König weder einlenkte noch gewann).

Die französische Revolution war also nicht die erste Revolution, lediglich die erste in Europa. Und selbst die wäre wahrscheinlich nicht ausgebrochen, wenn sie nicht durch Hungersnöte erzwungen worden wäre. Eine Marie-Antainette, die fragte, warum das Volk keinen Kuchen essen würde, wenn es denn kein Brot hätte, ist in der Geschichtsschreibung ein Bild des Zynismus. Aber sie war es nicht in damaligem Kontext. Dort war sie viel mehr symptomatisch. Die Herrschenden lebten in einer Welt, die so weit von der ihres Volkes entfernt waren, dass ein Verständnis gar nicht möglich war. Und es war diese Kluft, die hinter der Revolution stand. Der Slogan selbst kam erst als geschickte Demagogen das Ding anfingen zu lenken. Mit diesem Augenblick hatte das Volk aber bereits verloren. Der Terror und später die napoleonische Zeit waren sicher keine Zeiten der Freiheit, Gleichheit oder gar Brüderlichkeit. Und das Volk musste ja noch ein paar Hungersnöte mehr erdulden. Und mit der Restauration kamen die Dinge dann ja sowieso zurück in die alte Ordnung.

Wenn man jetzt in der Geschichte weitergeht, kommt man zur Revolution von 1848 in Deutschland. Die war auch kein Erfolg. Am Ende stand zunächst einmal mehr die Monarchie. Die Frage, ob die von Gott gegeben war, war lange beantwortet, aber nicht durch die französische Revolution, das hatten bereits die Amerikaner erledigt. Denn die hatten, ganz im Gegensatz zu den Franzosen, eine Verfassung geschaffen, in der Freiheit als von Gott gegebenes Recht eines jeden Menschen festgeschrieben war. Dass sie außerdem reingeschrieben hatten, dass, wenn Menschen gezwungen sind, in Unfreiheit zu leben, es die Verpflichtung derer ist, die bereits Freiheit errungen haben, zu handeln, ist der Teil, der Europa damals entging. In Frankreich und später in Deutschland (ganz am Rande hatten wir ja auch den italienischen Unabhängigkeitskampf, der u.a. die gleichen Slogans verwendete) waren die Revolutionen einzig und alleine auf das jeweilige Land ausgerichtet. Man hatte sich also sozusagen von der philosophischen Wurzel völlig entfernt und machte gewissermaßen Revolution pragmatisch. Was der Sache eine kurzfristige ungeheure Energie gab, aber nicht das notwendige Beharrungsvermögen, die Sache bis zum Ende durchzuziehen. Im Grunde ersetzte man in Frnakreich nur Tyrannen und in Deutschland blieben die alten Tyrannen einfach auf den Thronen hocken. Erst mit dem verlorenen Krieg 1871 kam es in Frankreich zu einer echten Republik und erst mit dem verlorenen 1.Weltkrieg wurde die Monarchie in Deutschland abgeschafft.

Davon ausgehend kann man sowohl die französische Revolution als auch die 1848er-Revolution nur als „nette Verscuhe“ bezeichnen. Beide schwächten in langfristiger Sicht ein bereits marodes System, aber beide waren nicht fähig, die Mißstände wirklich abzuschaffen. Die heutige geschichtliche Hochstilisierung in einer Zeit, in der beide Länder Demokratien sind, ist eher der Versuch einer geschichtlichen Rückwärtsverwurzelung als eine echte Kontinuität, denn die ist ja nicht gegeben. Insofern halte ich die französische Revolution für einen Mißerfolg.

Gruß
Peter B.

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