Hallo,
um zu bewerten, ob sie erfolgreich war, müssten wir uns erst einmal ein paar Gedanken darüber machen, was sie eigentlich war. Die reine Bewertung auf der Ebene des Slogans „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ halte ich da für nicht ausreichend, eben, wegen des Slogan-Charakters und weil diese Ideal wie jedes andere Schlagwort jeder anderen Revolution beinahe sofort verraten wurde.
In Europa neigt man dazu, die Revolution mit dem Sturm auf die Bastille quasi als ein im mathematischen Sinne diskretes Ereignis zu betrchten. Wenn man aber hinter die Kulissen schaut, dann war die Revolution ja das Ergebnis zweier langer Prozesse. Wir hatten zunächt einmal Leute wie Rousseau, die bereits Jahre zuvor Einfluss auf das Denken der Menschen nahmen. Natürlich nicht alle diese Leute waren Franzosen. Z.B. Franklin gehört z.B. in diese Liste. Dieser mehr philosophische Ansatz fand Verbreitung nicht nur in Frankreich sondern auch in Deutschland und England und sicher auch in den amerikanischen Kolonien. Das Ergebnis war zunächst also die amerikanische Revolution (bzw. Unabhängigkeitskrieg, aber unter damaligem Kontext war es eine Revolution die erst zur Unabhängigkeit führte, als der englische König weder einlenkte noch gewann).
Die französische Revolution war also nicht die erste Revolution, lediglich die erste in Europa. Und selbst die wäre wahrscheinlich nicht ausgebrochen, wenn sie nicht durch Hungersnöte erzwungen worden wäre. Eine Marie-Antainette, die fragte, warum das Volk keinen Kuchen essen würde, wenn es denn kein Brot hätte, ist in der Geschichtsschreibung ein Bild des Zynismus. Aber sie war es nicht in damaligem Kontext. Dort war sie viel mehr symptomatisch. Die Herrschenden lebten in einer Welt, die so weit von der ihres Volkes entfernt waren, dass ein Verständnis gar nicht möglich war. Und es war diese Kluft, die hinter der Revolution stand. Der Slogan selbst kam erst als geschickte Demagogen das Ding anfingen zu lenken. Mit diesem Augenblick hatte das Volk aber bereits verloren. Der Terror und später die napoleonische Zeit waren sicher keine Zeiten der Freiheit, Gleichheit oder gar Brüderlichkeit. Und das Volk musste ja noch ein paar Hungersnöte mehr erdulden. Und mit der Restauration kamen die Dinge dann ja sowieso zurück in die alte Ordnung.
Wenn man jetzt in der Geschichte weitergeht, kommt man zur Revolution von 1848 in Deutschland. Die war auch kein Erfolg. Am Ende stand zunächst einmal mehr die Monarchie. Die Frage, ob die von Gott gegeben war, war lange beantwortet, aber nicht durch die französische Revolution, das hatten bereits die Amerikaner erledigt. Denn die hatten, ganz im Gegensatz zu den Franzosen, eine Verfassung geschaffen, in der Freiheit als von Gott gegebenes Recht eines jeden Menschen festgeschrieben war. Dass sie außerdem reingeschrieben hatten, dass, wenn Menschen gezwungen sind, in Unfreiheit zu leben, es die Verpflichtung derer ist, die bereits Freiheit errungen haben, zu handeln, ist der Teil, der Europa damals entging. In Frankreich und später in Deutschland (ganz am Rande hatten wir ja auch den italienischen Unabhängigkeitskampf, der u.a. die gleichen Slogans verwendete) waren die Revolutionen einzig und alleine auf das jeweilige Land ausgerichtet. Man hatte sich also sozusagen von der philosophischen Wurzel völlig entfernt und machte gewissermaßen Revolution pragmatisch. Was der Sache eine kurzfristige ungeheure Energie gab, aber nicht das notwendige Beharrungsvermögen, die Sache bis zum Ende durchzuziehen. Im Grunde ersetzte man in Frnakreich nur Tyrannen und in Deutschland blieben die alten Tyrannen einfach auf den Thronen hocken. Erst mit dem verlorenen Krieg 1871 kam es in Frankreich zu einer echten Republik und erst mit dem verlorenen 1.Weltkrieg wurde die Monarchie in Deutschland abgeschafft.
Davon ausgehend kann man sowohl die französische Revolution als auch die 1848er-Revolution nur als „nette Verscuhe“ bezeichnen. Beide schwächten in langfristiger Sicht ein bereits marodes System, aber beide waren nicht fähig, die Mißstände wirklich abzuschaffen. Die heutige geschichtliche Hochstilisierung in einer Zeit, in der beide Länder Demokratien sind, ist eher der Versuch einer geschichtlichen Rückwärtsverwurzelung als eine echte Kontinuität, denn die ist ja nicht gegeben. Insofern halte ich die französische Revolution für einen Mißerfolg.
Gruß
Peter B.
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