Haben wir Luther unsere Demokratie zu verdanken ?

**Gestern im SWR 2 Radio:

Die Bedeutung der Reformation für die Entwicklung der Demokratie**

Mit Luthers radikalen Ideen wird der Mensch als vernunftbegabtes Wesen zum zentralen Ausgangs- und Bezugspunkt, theologisch und politisch. Nach und nach wird das jenseitsorientierte Weltbild abgelöst. Das Leben im Diesseits kommt verstärkt in den Blick. Das revolutioniert auch das politische Denken. Politische Ordnungen werden nicht mehr religiös begründet. Auch Staatstheoretiker dieser Zeit gehen nun vom Menschen aus; vom Menschen nicht wie er sein soll, sondern wie er ist; vom Menschen als fehlbarem Wesen. Das ebnet letztlich auch den Weg für die moderne Demokratie. Ulrich Sarcinelli, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Koblenz-Landau, erläutert diesen Zusammenhang.

Bitte sehr:

http://www.swr.de/-/id=14909250/property=download/ni…

Hallo MultiVista,

auf der einen Seite ja.

Auf der anderen Seite stand auch Luther auf Schultern, und ich bezweifle, dass die Irokesen (als Beispiel) wirklich von Luther beeinflusst waren.

So wie Einstein mit E=m*c² berühmt wurde, war er weder der erste, der den Zusammenhang erkannte, noch der letzte, der dazu in der Lage war.

Vielleicht abgesehen von Herons Dampfmaschine dauert es selten 100 Jahre, bis ein revolutionärer, realisierbarer Gedanke nicht auch von anderen gedacht wird.

Gruß
achim

Luther selber war vermutlich zu sehr katholisch, als dass er Demokratie begrüßt hätte. So wie Planck beschrieb musste auch er verschwinden, um radikaleren, gemeingut gewordenen Gedanken Platz zu machen.

Naja.

Die moderne Demokratie verdanken wir

  1. antiken griechischen und römischen Vorläufern,

  2. den Veränderungen in den Köpfen der Menschen zur Zeit der Renaissance, die aber neben Luther von vielen weiteren Denkern initiiert wurden und

  3. der Aufklärung, der französischen Revolution und den weiteren blutigen Auseinandersetzungen im 19. Jahrhundert zwischen Monarchisten, Bourgeoisie und Proletariat.

Luther ist nur ein Steinchen im ganzen Gebäude und darüber hinaus ist sein Beitrag halb unfreiwillig, denn sein Verständnis von Freiheit war nach unseren Maßstäben sehr unvollkommen! Er wollte die damalige Ständegesellschaft keinesfalls abschaffen und hat die Macht des weltlichen Herrschers durch die Ablösung von Rom sogar noch gestärkt!

Karl

Eine solche Behaupting wäre, wenn sie apodiktisch daherkäme, ganz bestimmt falsch.
Sicher gibt es bei Luther Ideen, die auf eine spätere Demokratie hinführen, beispielsweise seine Schriften aus dem Jahre 1523 „Von weltlicher Obrigkeit“ und „Dass eine christliche Versammlung oder Gemeinde Recht und Macht habe, über alle Lehre zu urteilen, Lehrer ein- und abzusetzen…“

Aber viel weiter in Sachen Demokratie waren da schon die Schweizer, und nicht umsonst waren die Reformierten, also der Schweizer Zweig der Reformation, auf die Dauer erfolgreicher als die Lutheraner.

Gruß - Rolf

Und der hier:

Radio > 6.03. / 8:30 Uhr > SWR2 Wissen

Atheist im Priesterrock

Jean Meslier, Vordenker der Aufklärung

Hallo achim,

… und ich bezweifle, dass die Irokesen (als Beispiel) wirklich von
Luther beeinflusst waren.

Du meinst die „fünf Nationen“ und Hiawatha? Habe ich in einem amerikanischen Buch („The Patriot Chiefs“) gelesen - beeindruckend. Andererseits sind die Irokesen nicht gerade zart mit ihren Gefangenen umgegangen.

So wie Einstein mit E=m*c² berühmt wurde, war er weder der
erste, der den Zusammenhang erkannte, noch der letzte, der
dazu in der Lage war.

Ja, „Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist“., hat Victor Hugo gesagt. Aber das ändert natürlich nichts an der Größe derer, die die „Idee“ ein paar Augenblicke eher hatten als andere.

Vielleicht abgesehen von Herons Dampfmaschine dauert es selten
100 Jahre, bis ein revolutionärer, realisierbarer Gedanke
nicht auch von anderen gedacht wird.

Irgendwo habe ich mal gelesen, „dass die Römer die Dampfmaschine hätten erfinden können“. Aber sie haben nicht. Warum nicht?

Gruß
Laika