Jüdische Symbole in Düsseldorfs Neanderkirche

Ich bin verwirrt! … Da habe ich heute wieder eine Gruppe Mexikaner auf einem Altstadtrundgang durch die Düsseldorfer Innenstadt geführt. Ich bin während der Zeit der Fussball-WM eine Aushilfsreiseleiterin, da ich Spanisch spreche - also bitte seid mir nicht böse, wenn ich hier solche Dinge frage, die „echte“ Reiseleiter sicher selber wissen.

Mir sind an der Neanderkirche einige Dinge aufgefallen, die sehr seltsam vorkamen. Schon bei meinem ersten Besuch, und heute wieder. Die Kirche liegt versteckt im Innenhof, man erreicht sie nur durch ein schmiedeeisernes „Gartentor“.

Innen fragte mich einer der Mexikaner, wo denn das Kreuz wäre. Gute Frage - es stand nur ein ganz kleines Kreuz auf dem Altar, das war alles. Ein anderer Mexikaner fragte, ob das hier einmal eine Synagoge gewesen sei. Auch das ist eine sehr gute Frage. Die Kirche hat unten Sitzplätze, und oben drei Balkone, was für eine Kirche an sich eher ungewöhnlich ist.

Aus allen Kirchenbänken sind unten so Davidssterne ausgesägt, als Verzierung. Und die Kirche hat zwar eine Kanzel, aber in der Holztäfelung hinten an der Kanzel ist deutlich ein siebenarmiger Leuchter zu sehen.

Man hat uns während der Schulung erklärt, dass es sich um eine evangelische Kirche handelte. Ich entschloss mich also, die jüdischen Symbole nicht zu erwähnen, und habe statt dessen die Mexikaner recht schnell zum Geburtshaus Heinrich Heines geführt. Man muss seine Wissenslücken ja nicht noch extra betonen. :wink:

Aber die Frage des mexikanischen Gastes klingt mir noch im Ohr: War die Neanderkirche etwa einmal eine Synagoge? Falls nicht - was tun dann die jüdischen Symbole in dieser Kirche?

Schöne Grüße

Petra

Hallo,
hier etwas zu der Kirche, Synagoge scheint sie nicht gewesen zu sein:
http://www.neanderkirche.de/idex-1024.htm
Gruss
Rainer

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Servus!

Mir sind an der Neanderkirche einige Dinge aufgefallen, die
sehr seltsam vorkamen. Schon bei meinem ersten Besuch, und
heute wieder. Die Kirche liegt versteckt im Innenhof, man
erreicht sie nur durch ein schmiedeeisernes „Gartentor“.

Das dürfte nach Lektüre der Webseite der Neanderkirche klar sein: Sie ersetzte eine frühere, kleinere Kirche. Deswegen die Lage in einem Innenhof: Da wurde eine Baulücke genutzt.

Innen fragte mich einer der Mexikaner, wo denn das Kreuz wäre.
Gute Frage - es stand nur ein ganz kleines Kreuz auf dem
Altar, das war alles.

So klein ist das doch gar nicht - wenn´s das gleiche ist wie auf der Webseite sichtbar.

Ein anderer Mexikaner fragte, ob das
hier einmal eine Synagoge gewesen sei. Auch das ist eine sehr
gute Frage. Die Kirche hat unten Sitzplätze, und oben drei
Balkone, was für eine Kirche an sich eher ungewöhnlich ist.

Das nun nicht. Für ältere protestantische Kirchen ist das gerade bezeichnend! Denen war das links und rechts der Katholiken nicht ausreichend, also trennten sie Männlein und Weiblein in oben und unten…

Aus allen Kirchenbänken sind unten so Davidssterne ausgesägt,
als Verzierung. Und die Kirche hat zwar eine Kanzel, aber in
der Holztäfelung hinten an der Kanzel ist deutlich ein
siebenarmiger Leuchter zu sehen.

Da muß ich jetzt vermuten: Kann es sein, daß die barocken Erbauer der Kirche die Verbindung zum Judentum betonen wollten? Immerhin ist Heine in der Nachbarschaft in die Schule gegangen…und die Düsseldorfer Juden waren meines Wissens keine unbedeutende Gemeinde.

Besteht eine Verbindung der Neander-Gemeinde zu den Freimaurern? Die haben ja u.U. auch jüdische Symbole verwendet.

Wie gesagt: Hab nur mal so rumgesponnen und Vermutungen angestellt. Habt ihr keinen Stadtarchivar oder Lokalhistoriker? Die müssten doch sowas auch wissen…

VG
Christian

Symbole in Düsseldorfs Neanderkirche
Hallo,

die reformierte Kirche wurde erst ab Anfang des 16 Jh. wieder in Düsseldorf gedultet. Die Andachten fanden mehr oder weniger heimlich im Predigthaus statt, an dessen Stelle später 1683 oder 1684 die seit 1916 so genannte Neanderkirche geweiht wurde.

Dies war erst möglich, nachdem der liberale Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Kurfürst von der Pfalz, Herzog von Jülich und Berg undundund, besser bekannt als Jan Wellem, 1679 die Regierungsgeschäfte von seinem verstorbenen und vorher recht konservativen Vater übernahm.

Allerdings reichte die offene Einstellung nur so weit, daß man den Bau der Kirche nur am Stadtrand und auch nur in einer - von der Straße aus gesehen - zurückgesetzten Position gestattete.

Ähnliches gilt auch für die Bergerkirche, die man nur über die Wallstraße (Wall=Stadtmauer) durch einen unauffälligen Durchgang erreicht und die bis heute übrigens mangels Geld ohne Turm und Glocke blieb.

Aus allen Kirchenbänken sind unten so Davidssterne ausgesägt,
als Verzierung.

Der Davidstern ist ein uraltes Symbol, das erst spät vor allem zum Symbol des Judentums wurde und bis ins Mittelalter ganz ohne Religionsbezug zur Abwehr von Dämonen u.ä. diente.

Und die Kirche hat zwar eine Kanzel, aber in
der Holztäfelung hinten an der Kanzel ist deutlich ein
siebenarmiger Leuchter zu sehen.

Der siebenarmige Leuchter ist keineswegs nur im Judentum zu finden. Mitten im Essener Dom steht auch so ein Ding: http://de.wikipedia.org/wiki/Siebenarmiger_Leuchter_…

geführt. Man muss seine Wissenslücken ja nicht noch extra
betonen. :wink:

Bei weiterem Interesse:
http://www.geschichtswerkstatt-duesseldorf.de/

Sehr interessante Rundgänge machen die.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

du weißt ja super Bescheid! Es ist also wirklich eine ganz normale Kirche und die jüdischen Symbole sind zufällig da. … Naja, ich hab halt eine etwas lebhafte Phantasie und habe da gleich eine ehemalige Synagoge gesehen, die man dann in eine evangelische Kirche umgewandelt und so aus der Geschichte getilgt hat. *gg*

War aber auch etwas viel auf einmal, was mir da eigenartig vorkam.

Dass man die Kirche „versteckt“ hat, das hat man uns auch gesagt, aber jetzt verstehe ich erst, warum: Als die Kirche entstand, war die Reformation ja noch ganz „neu“ und es war etwas Besonderes, evangelisch zu sein.

Och schade, dass es jetzt keine Stadtführungen mehr gibt. Jetzt, wo ich diese Geschichte kenne, wo ich das Geburtshaus von Heinrich Heine, die Schneider-Wibbel-Gasse und das alte Rathaus auf Anhieb finde, und wo ich nicht mehr das Carsch-Haus mit dem Kaufhof verwechsle *gg*.

Schöne Grüße

Petra

P.S. „Meine“ Mexikaner haben das Spiel gestern abend live gesehen! Die sind bestimmt auf ihre Kosten gekommen! … Karten für das Finale haben sie auch, deswegen sind sie jetzt wohl schon auf dem Weg nach Berlin.

Hallo Petra,

Dass man die Kirche „versteckt“ hat, das hat man uns auch
gesagt, aber jetzt verstehe ich erst, warum: Als die Kirche
entstand, war die Reformation ja noch ganz „neu“ und es war
etwas Besonderes, evangelisch zu sein.

wo wir gerade schon bei den Kirchen sind: An der Andreaskirche am Köm(m)odchen ist rechts vorne ein Schild angebracht, das das Landeswappen von NRW trägt. Das kommt daher, daß die im Zuge der Säkularisierung im 19. Jh. auf das Land übergegangen ist, das nun für die Instandhaltung sorgen muß, was die Kirche naturgemäß erfreut.

Und dann gibt es noch die Lambertus-Basilika, deren Turm ein wenig verdreht hat. Ursache soll der Teufel sein, der darüber erbost war, daß Düsseldorf entgegen der ursprünglichen Absicht doch nicht zum Protestantentum übertrat, und den Turm aus der Erde reißen wollte. Gerade wird der der Sage nach übrigens erst dann wieder, wenn in der Kirche eine Jungfrau heiratet.

Och schade, dass es jetzt keine Stadtführungen mehr gibt.

Naja, Du mußt ja nicht unbedingt selbst eine abhalten. Die VHS bzw. die Geschichtswerkstatt veranstalten fast jede Woche irgendwelche Rundgänge zu verschiedenen Themen:
http://www.duesseldorf.de/cgi-bin/vhs/bik.cgi Schlagwort: Rundgang

Besonders zu empfehlen sind die Rundgänge von Herrn Metzmacher.

Gruß,
Christian