Abstandsflächen: hat der Architekt richtig gerechnet?

Hallo!

Unser Architekt hat ein Doppelhaus geplant, und ich kann seine Berechnung der Abstandsflächen nicht nachvollziehen. Übersehe ich da etwas, oder liegt hier wirklich ein Fehler vor?

Situation:
Traufhöhe ist 6m, Firsthöhe 10,2m, Dachneigung 38 Grad. Das Grundstück wird nach Bayerischer Bauordnung behandelt (kein Bebauungsplan, Mischbebauung). Die Grenze zum östlichen Nachbarn (ähnliche Haushöhe) soll neu gezogen werden.

Aus der Bauordnung lese ich heraus: notwendige Abstandsfläche ist 1H, wobei hier H = 6m. Ich interpretiere das so: die Wände müssen jeweils zur Grundstücksgrenze 6m Abstand haben, und die Grenze zum östlichen Nachbarn muss so gezogen werden, dass sowohl unser Haus als auch das Nachbarhaus jeweils 6m Abstand zur Grundstücksgrenze haben. Also:

Grenze – 6m – Haus – 6m --Grenze – 6m – Nachbarhaus

Unser Architekt hat nun einen Plan erstellt, bei dem die Abstände so aussehen:

Grenze – 5,3 m – Haus – 4,8 m --Grenze – 3m – Nachbarhaus

Wie kann das passen? Mach ich da einen Denk- oder Rechenfehler?

Danke!!

Hallo!

Du siehst das m.E. nach falsch, denn das Maß H ist hier nicht überall 6 m (also Traufhöhe).

Es ist übrigens nicht die Traufe sondern die senkrechte Wand maßgebend, die ist in der Regel nämlich höher als die heruntergezogene Traufe.

Nehmen wir mal H 1 = 6 m. Dann wäre das die Abstandsfläche an den Traufseiten des Hauses. Hier wäre H = H1 (weil unter 45° Dachneigung)

Die Giebelseiten brauchen mehr Abstandsfläche ! Es sei denn, es ist ein Walmdach ,dann wäre umlaufend nur eine H. Für Doppelhaus untypisch.

Denn hier kommt die Höhe von Traufe bis First ins Spiel = H 2. Und bei Dachneigung unter 45° wird nur 1/3 der Höhe H 2 zugeschlagen. H 2 ist hier First 10,2m - 6 m = 4,20 m.

H = 6 m + 4,20/3 = 7,40 m

Giebelseitig müsste das Doppelhaus also von Grenze 7,40 m entfernt sein. Abstandsfläche liegt dann voll auf Eigenland. Soll es weniger werden, dann bräuchte man eine Zustimmung des Nachbarn. Er muss dauerhaft und auch für Rechtsnachfolger auf seine Bebauungsmöglichkeit dort verzichten.

Die Abstandfläche in Richtung öffentlicher Fußweg oder Straße darf in gewissen Grenzen mit dem Abstandsmaß überdeckt werden. Denn dort ist ja nicht mit Baumaßnahmen zu rechnen. Dort muss auch nicht zugestimmt werden.

Und wenn Nachbar schon einen ähnlich hohen Bau dort stehen hat, dann müsste m.E. der Abstand zwischen beiden Häusern 2 x 7,40 m betragen(wenn Giebel an Giebel zeigt). Die alte Grenze müsste dann um 4,40 m in Richtung neues Grundstück Doppelhaus verschoben werden. Oder Giebelwand Neubau muss ca. 12 m von alter Grenze weg.

Ich übersehe von hier aus auch nicht alles und grundsätzlich hast Du ja einen sachkundigen Fachmann zur Hand, der die LBO richtig auslegen kann. Frage ihn halt.

MfG
duck313

LBO Bayern Art.6 (6)
Vor zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge genügt als Tiefe der Abstandsflächen die Hälfte der nach Abs. 5 erforderlichen Tiefe, mindestens jedoch 3 m; das gilt nicht in Kern-, Gewerbe-und Industriegebieten. Wird ein Gebäude mit einer Außenwand an eine Grundstücksgrenze gebaut, gilt Satz 1 nur noch für eine Außenwand; wird ein Gebäude mit zwei Außenwänden an Grundstücksgrenzen gebaut, so ist Satz 1 nicht anzuwenden; Grundstücksgrenzen zu öffentlichen Verkehrsflächen, öffentlichen Grünflächen und öffentlichen Wasserflächen bleiben hierbei unberücksichtigt.