Wert einer Erbpachtimmobilie

Ist die Aussage einer Verkäuferin korrekt, das bei einer Wertermittlung einer Erbpachtimmobilie nicht nur der Gebäudewert zählt, sondern auch der Erbpachtvertrag (noch 45 Jahre) einen Wert hat bei Verkáuf. Unser Partner bei der Finanzierung sagt, wir kaufen ja nur die Immobilie. Das Grundstück , sowie der Erbpachtvertrag habe keinen Wert.
Bitte um Hilfe um den Kaufpreis real einschätzen zu können.
Danke
Immobilienbär

Ja
Hallo Immobilienbär,

Wenn die Erbpacht dauerhaft unter einer angemessenen Verzinsung des Grundstückwertes bleibt, kann man dies als als Wert erachten und fordern. Im Extremfall zahlt man 1€ für 500qm und das bekommt man nicht umsonst.

Die Finanzierende Bank kann das anders sehen.

Am Ende interessiert es niemanden, wie der Kaufpreis beiderseitig gerechtfertigt wird.

Gruß
achim

Servus,

dieses:

Das Grundstück sowie der Erbpachtvertrag habe keinen Wert.

ist von dem Bankmenschen ziemlich verkürzt formuliert - Grundstück und Erbpachtvertrag können nicht als Sicherheit für ein Darlehen dienen, haben also für die Bank keinen Wert.

Für den Erbbauberechtigten kann ein ungewöhnlich billiger Pachtzins durchaus einen Wert haben.

Ob er diesen auch für jemand anders hat, kommt darauf an, zu welchen Konditionen das Erbbaurecht übernommen werden kann.

Schöne Grüße

MM

Vorsicht!
Hallo,

das Grundstück hat nur dann einen „Wert“ beim Verkauf, wenn der neue Erbpachtnehmer weiterhin die günstige Pacht bezahlt. Dann würde ich mir die Ersparnis des alten Vertrages ggü eines neuen Vertrages etwas kosten lassen.

ABER zumeist ist es so, daß der Grundstückseigentümer mit dem neuen Erbpachtnehmer einen neuen Pachtvertrag mit dann zumeist deutlich höheren Erbpachtzinsen allerdings dann wieder auf 99 Jahre abschliesst.

Auf die Aussage der Verkäuferin würde ich mich nur verlassen, wenn eine schriftliche Zusage des Grundstückseigentümers vorliegen würde, in den bestehenden Vertrag eintreten zu können und weiterhin den günstigen Pachtzins zu zahlen.

Ansonsten würde ich mich beim Grundstückseigentümer genau erkundigen, was er denn zukünftig zu verlangen gedenkt (i. d. R. Jahrespacht von etwa 5% des aktuellen Grundstückswertes)

Für die Wertermittlung zur Finanzierung gilt: Kein Eigentum, damit keine Sicherheit vorhanden, damit hat das Grundsück für die Finanzierung keinen Wert.

Ich persönlich würde beim Grundstückseigentümer anrufen und mich mal selber erkundigen wie es üblicherweise bei einem neuen Erbpachtnehmer gehandhabt wird.

Grüße
miamei

Eigentumsübertragung des Gebäudes
Hallo immobilienbär,

Ist die Aussage einer Verkäuferin korrekt, das bei einer Wertermittlung
einer Erbpachtimmobilie nicht nur der Gebäudewert zählt, sondern auch
der Erbpachtvertrag (noch 45 Jahre) einen Wert hat bei Verkáuf.

Das stimmt!

Ohne den Erbbauvertrag gründlich gelesen zu haben ist eine Werter-
mittlung schlicht unmöglich oder irrsinnig.

Dabei geht es nicht nur um die Höhe des Erbpachtzinses oder die Frage
ob dieser steigen könnte. Viel wichtiger ist die Frage ob, wann und zu
welchen Bedingungen das Gebäude in das Eigentum des Erbpachtgebers
fällt. Ich kenne Verträge in denen das Gebäude am Ende der Laufzeit
für 50 % des (dann zu schätzenden) Wertes übergeht. Es gibt aber
auch Verträge über 99 Jahre, bei denen alle 33 Jahre 1/3 der Immobilie
übergeht und dann vom Erbpachtnehmer gemietet werden muss.

Gerade der letzte Fall drückt den Gebäudewert beträchtlich!

Viele Grüße

Jake

Huhu,

ja der Erbpachtvertrag kann einen wert haben, wenn z.b. ein Zinsvorteil durch niedrige Erbpacht besteht, oder durch eine fehlende Anpassungsklausel, dieser Vorteil wird in den Wert des Vertrages mit berücksichtigt.

Hallo,
anhand der bisherigen Antworten kannst Du vielleicht schon erahnen, dass es dazu unterschiedliche Auffassungen geben kann.

Die meisten gängigen „Lehrmeinungen“ dazu stammen allerdings noch aus einer Zeit, in der der Grundschuldzins noch deutlich über dem Erbbauzins lag und die alte Erbbaurechtsverordnung noch große Lücken hatte.

Mittlerweile sind eine Vielzahl von Regelungen in alten Erbbaurechtsverträgen durch Urteil unwirksam und/oder durch das neue Erbbaurechtsgesetz ersetzt (und ja, das kann auch bestehende Altverträge betreffen).

Ganz allgemein lässt sich sagen, dass in einer Vielzahl von Fällen (insbesondere bei Wohngebäuden) der Grundstückswert keinen Einfluss auf den Kaufpreis des Erbbaurechts (also defakto des Gebäudes) hat.

Eine Ausnahme davon kann eintreten, wenn der Erbbauzins in besonderer Weise vom ortsüblichen Vergleichszins abweicht. Ist er zu hoch, mindert das den Wert der Immobilie, ist er zu niedrig *kann* das den Wert erhöhen, *wenn* eine Erhöhung nicht rechtssicher in kurzer Zeit vorgenommen kann (und gerade da hat sich relativ viel in den letzten Jahren getan).

Bei anderen als Wohngebäuden oder bei Bestellung eines Erbbaurechts an einem Bestandsgebäude können Regelungen vereinbart worden sein, zu Erbbaurechtsbeginn keine Gebäudeentschädigung zahlen zu müssen oder nach Zeitablauf keine zu erhalten. Das sind aber sehr spezielle Regelungen, die für Wohngebäude selten verwendet werden und dann bei diesen auch relativ häufig unwirksam sind.

Wenn man sich da nicht sicher ist, sollte man ggf. mal den örtlichen Gutachterausschuss für Grundstückswerte um ein Gutachten bitten, dessen Kosten die Parteien sich auch teilen können.

Gruß vom
Schnabel