Konsequenzen durch Teilung des Jobs in 2 Jobs?

Huhu,

folgende Situation:

Ein Arbeitgeber, der 2 Firmen hat, ändert das Gehalt eines im Juni Ausgelernten per September wie folgt:

Erst noch mit vollem Brutto bei einer der beiden Firmen angestellt ist er nun bei eben dieser nur noch mit einem kleineren Brutto beschäftigt und bei der 2. Firma mit einem 400 EURO-Job. Damit bleibt sein netto exakt gleich. Zwar bekommt er nun am Jahresende in der Steuererklärung mehrere 100 EURO weniger zurück und zahlt weniger in seine Rentenkasse ein, aber was will man machen, bevor als nächstes das Gehalt gekürzt wird…Mal abgesehen davon, ob dieses Lohnnebenkosten-Spar-Modell des AGs rechtens ist (wovon ich mal nicht ausgehe), hoffe ich, dass es nicht noch mehr Nachteile für den AN hat.
Hat da vielleicht jemand noch eine Idee, worauf er achten muss?

Die Frage dazu auch, ob sich dies vielleicht auf die Höhe des ALG1 bei einer möglichen Kündigung auswirkt, oder wird dies nur am Gesamt-Netto-Einkommen berechnet?

Vielen Dank vorab und viele Grüße

Brian

Servus,

erstmal gibts mehr Netto vom Brutto, weil bei dem 400-€-Job maximal 2%, oft gar nix, abgezogen werden. Das ist eigentlich kein Nachteil, deucht mir.

Wo kein SV-Brutto ist, gibts aber auch kein Arbeitslosengeld bei künftiger Arbeitssuche und keine Beiträge zur Rentenversicherung. Ob diese beiden Dinge nachteilig sind oder nicht, wird von verschiedenen Leuten unterschiedlich beurteilt.

Schöne Grüße

MM

Hallo Brian,

… aber was will man machen, bevor als nächstes das Gehalt
gekürzt wird…

Das vorgestellte Modell IST eine Lohnkürzung.
Viele Arbeitnehmer haben sich nie damit auseinandersetzt, was eigentlich ihr Einkommen ist und sehen nur das Nettogehalt. Das andere geht halt irgendwie an den Staat.
Um zu Verstehen wie falsch diese Sicht ist, muss man sich nur vorstellen, dass man in einem Land lebt, wo man Krankenversicherung, Rentenversicherung und Pflegeversicherung selber trägt. Wenn hier der Arbeitgeber das Bruttogehalt kürzt, hat man auch weniger auf den Konto.

Die Frage dazu auch, ob sich dies vielleicht auf die Höhe des
ALG1 bei einer möglichen Kündigung auswirkt, oder wird dies
nur am Gesamt-Netto-Einkommen berechnet?

http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitslosengeld_I
Zitat daraus: „Zuerst wird das sozialversicherungspflichtige Einkommen der letzten 12 Monate bestimmt.“

Beim 400€-Job wird zwar eine Pauschale abgezogen, aber Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sind nicht dabei. D.h., bei dem von dir vorgestellten Modell wird ALG1 nur vom Haupteinkommen her berechnet.
Bei dem 400€-Job werden auch Beiträge zur Rentenversicherung geleistet. Aber die sind auch geringer, als wenn dein Brutto 400 € höher wäre.

Insgesamt will der Arbeitgeber mit dem Modell an deinem Gehalt sparen. Das geht zu Lasten des Staates (Lohnsteuer), zu Lasten der Solidargemeinschaft (Krankenversicherung) und zu deinen Lasten (Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung)

Deine Nachteile sind:

  • geringeres ALG1 bei Arbeitslosigkeit
  • etwas geringere Rente
  • etwas geringeres Pflegegeld bei Pflegebedürftigkeit.

Gruß
Carlos

P.S.: Ich hoffe dein Arbeitgeber kommt nicht mit so etwas durch.

Natürlich kommt er damit durch…warum sollte er auch nicht? Ich finde es zwar eine Sauerei, dass er den Staat und den AN prellen kann und sich immernoch selbst die Taschen dick voll macht aber was will man machen? Sich bewerben höchstens…aber das geht ja nun auch nicht immer von heut auf morgen…Ich finde das grenzt an Steuerhinterziehung…aber was solls…man sitzt ja nunmal bei dem Arbeitsmarkt am kürzeren Hebel…

Zum ersten Artikel: Habe netto unverändert. Es wurde nicht das Brutto in 400 EURO und REST aufgeteilt, sondern in 400 EURO und so viel weniger Brutto, dass das gleiche unterm Strich rauskommt…

Hallo Brian,

Zum ersten Artikel: Habe netto unverändert. Es wurde nicht das
Brutto in 400 EURO und REST aufgeteilt, sondern in 400 EURO
und so viel weniger Brutto, dass das gleiche unterm Strich
rauskommt…

Ich denke, das kommt aus deinem Artikel schon klar rüber.
Warum aber das Ganze Spiel? Der Arbeitgeber könnte auch versuchen das Gehalt direkt mit Änderungsverträgen direkt kürzen.

Ich vermute, dass hier aber tarifliche Bestimmungen dagegen sprechen. Außerdem lässt sich eine Gehaltskürzung den Arbeitnehmern besser verkaufen, wenn man ihm sagt; „Hey kuck doch auf das Geld, welches auf dein Konto eingeht. Es bleibt gleich. Wo ist das Problem?“.
Kurzum der Arbeitgeber hält seine Arbeitnehmer für Deppen.
Ist halt so eine Vermutung.

Gruß
Carlos

Langfristig denken!
Abgesehen von den bisher schon genannten Punkten:

  • der 400€ Job wird höchstwahrscheinlich wenig bis gar keine Kündigungsfrist haben, d.h. der AG kann diesen Geldhahn auch jederzeit zudrehen und der AN ist gekniffen.

  • bei einer Bewerbung auf eine zukünftige bessere Anstellung wird man ein Augenmerk auf die bisherige Primärtätigkeit setzen (also nicht den 400€ Krempel, der schon direkt nach „Kann der nicht eine hinreichend qualifizierte Arbeit machen, die für den Lebensunterhalt reicht - oder warum muß der noch einen 400€ Job dazu machen?“ klingt) und logischerweise geht die Leistung, welche man in die „Nebentätigkeit“ (a.k.a. 400€ Job) steckt, von der Leistung in der Primärtätigkeit ab, so dass man weniger Erfolge in gleicher Zeit verbuchen können wird wie der vollzeitig auf einer Stelle arbeitende.

  • Auf der 400€ Stelle werden wohl in Zukunft keine Gehaltserhöhungen folgen. Kombiniert man das jetzt mit dem letzten Satz des o.a. Punktes, resultiert daraus langfristig eine deutlich schlechtere Gehaltsaussicht.

  • Der AG kann den „Doppelt Angestellten“ im Rahmen seiner 400€ Tätigkeit mit deutlich teureren Tätigkeiten betrauen als man von einem 400€ AN erwartet - und das dieser Person mit einem Fingerzeig auf den Zweitvertrag auch abverlangen (Wie das Ganze rechtlich aussieht, wird für die Anwälte lustig). Dadurch entsteht ein Druckmittel zum Lohndumping gegenüber anderen Angestellten („der da kann das für 400€, und Du willst dafür 1200€?“) - und so kann der AG die Lohnforderungen seiner Angestellten ganz banal totargumentieren. Das hätte dann evtl. unter Kollegen soziale Konsequenzen, die man nicht in € ausdrücken kann.

  • Wie sieht die Arbeitszeitregelung der Verträge aus? Möglicherweise kann dem AN so laut Vertrag eine Wochenarbeitszeit >50h abverlangt werden. Auch wenn das am Anfang „alles ganz kulant gehandhabt“ wird: der AG hat es schriftlich!

  • Zusätzlich kann der AG die Tätigkeiten des AN so dirigieren, dass AN mehr als 50% der Zeit mit der 400€ Tätigkeit beschäftigt ist, und kann sich das im Rahmen von Leistungsnachweisen geschickt so hinbiegen, dass er den AN jederzeit wegen Nichterfüllung aus dem „echten Angestelltenverhältnis“ rausklagen kann - und so den Kündigungsschutz komplett, zu Lasten des AN, umgehen kann!

Hat da vielleicht jemand noch eine Idee, worauf er achten muss?

Der AN hat einiges zu knurpsen, wie schon erwähnt.
Der AG sollte darauf achten, dass er bei durchaus gesetzeskonformem - allerdings unethischem - Gebrauch dieser Vorgehensweise schnell wertvolle Arbeitnehmer an die üblichen Symptome von Mobbing und Burnout verliert.

Gruß,
Michael