Eisherstellung, Zucker und Trockenanteil

Liebe/-r Experte/-in,
nach langem Zögern habe ich mir das Praxishandbuch der traditionellen Speiseeisherstellung von Uwe Koch gekauft. Ich besitze zwar nur eine kleine Kompressoreismaschine für den Hausgebrauch, aber eine gute Maschine bedeutet ja nicht automatisch gutes Eis. Deswegen das sündhaft teure Buch. Leider habe ich ein zentrales Problem mit all seinen Rezepten - der Zuckeranteil ist für meinen Geschmack viel zu hoch. Bezogen auf ein Gesamtgewicht von 4 kg verwendet er 580 gr Zucker + 100 gr Traubenzucker für das Vanilleeis (ohne Eizugabe). Ich habe mittlerweile viele Versuche mit kleinen Mengen absolviert, bei denen ich „rein nach meinem persönlichen Geschmack“ die Zuckermenge dosiert habe. Zum Einsatz kamen Kristallzucker, Rohrzucker, Traubenzucker. Wenn ich nachwiege, erreiche ich immer nur die Hälfte des Gewichtes (proportional auf die 4 Kilo hochgerechnet), das Uwe Koch angibt, obwohl der Geschmack in der warmen Lösung schon (richtiger Weise) etwas zu süß ist. Eigentlich könnte mir es ja egal sein, was Herr Koch macht, wenn ich durch den fehlenden Zucker nicht das Trockenstoff/Wasser-Verhältnis so deutlich unter 35 % drücken würde, das die Eismasse eigentlich keinen Chance mehr hat, die richtige Konsistenz zu erreichen. Nach einem Tag im Kühlfach muss ich das Eis aus der Schale meißeln, weil das (freie) Wasser alles zu einem Block gefroren hat. Als Gegenmaßnahme habe ich den Sahneanteil erhöht und damit die Trockenmasse wieder auf den richtigen Anteil gebracht, aber jetzt schmeckt das Eis fast butterig - zu dominant butterig, denn eigentlich soll der Eisgeschmack im Mund schnell verfliegen und nicht lange nachwirken. Auch den Milchpulveranteil kann ich nicht beliebig erhöhen.

Was ist also zu tun? Kann ich den zu geringen Feststoffanteil durch eine erhöhte Zugabe von Guara- bzw. Johannesbrotkernmehl ausgleichen, die das freie Wasser binden? Gibt es andere Tricks?

Noch eine Zusatzfrage. Herr Koch besteht beim Fruchteis auf der Zugabe von Trockenglykose (kein Fruchteis ohne diesen Zucker). Leider ist er in meiner kleinen Stadt nicht erhältlich und ich will nicht extra etwas über das Internet bestellen. Auch hier muss es doch eine Alternative geben, früher ging es doch auch ohne Glykose - oder?

Vielen Dank für Ihre Bemühungen und in der Hoffnung auf einen interessanten fachlichen Austausch verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Thomas Hintz

Sehr geehrter Herr Hintz,
ich habe mir ziemlich lange überlegt wie ich Ihnen antworten könnte,ich hoffe,ich finde jetzt den richtigen Ton.
Eine Rezeptur ist ein Rezept welches schon ausprobiert wurde, aber nur in dieser Zusammenstellung ein optimales Ergebnis grantiert. Ob die Eismaschine welche Sie besitzen dafür geeignet ist kann ich nicht beurteilen, denn Sie haben das Rezept im Original mit Ihrer Eismaschine noch nicht ausprobiert. So habe ich Sie verstanden.
Also mein Rat, probieren Sie das Rezept erst einmal im Original aus und dann wissen Sie zumindest schon einmal ob sich die Eismaschine dafür eignet.

Sollte die Masse auch eklig süß schmecken, ( es gibt z.B. Sandkuchenrezepte die Masse würde ich auch nicht unbedingt probieren, weil eklig ungebacken )
so kann das Ergebnis doch ein ganz anderes sein, nach der Eisbereitung.
Übrigens bei Vanillepudding ist der Zuckeranteil fast gleich hoch.

Wenn Ihnen egal ist was Herr Koch macht dann ist das Buch eine Fehlinvestition.

Sie können ja gerne GUA-Kernmehl anwenden, nur dann haben sie anstatt der Flüssigkeitsansammlung nach dem auftauen Pudding, also auch kein befriedigendes Ergebnis.

Wenn ich mal ein Rezept verändere dann immer nur an einem Rezeptbestandteil, und das ganz vorsichtig.
Den Fehler den Sie machen haben Sie schon richtig erkannt, sie können die Trockenmasse nicht unter den angegebenen 35% drücken, wenn das im Rezept so angegeben ist.

Ich würde Ihnen raten das Rezept im Original auszuprobieren und anschließend zu beurteilen ob das Eis Ihnen schmeckt oder nicht.
Verändern kann man noch immer.
Zumindest haben Sie dann die Gewissheit das Ihre Eismaschine für die Rezepturen geeignet sind.

Für das Fruchteis könnte man evtl. Glykosesyrup nehmen, dann müßte man evtl. die Flüssigkeitszugabe verringern.

Ich, allerdings würde auch das nicht machen.
Ich würde Trockenglykose verwenden.

Versuchen Sie mal das:

250 ml Milch , mind. 3,5 % Fett
75 ml Sahne
2 Eigelb
70 g Zucker, fein
1 Vanilleschote(n) (Bourbon-Vanille), frisch

Vollmilch und süße Sahne in einen ausreichend großen Topf geben. Die Vanilleschote öffnen, auskratzen und das Vanillemark mit in den Topf geben. Die ausgehöhlte Schote ebenfalls mit in die Flüssigkeit geben. Die Mischung auf ungefähr 90°C erhitzen, danach abkühlen lassen, die leere Schote entfernen.

Währenddessen in einer Rührschüssel die beiden Eigelbe mit dem Zucker so lange cremig rühren, bis eine weißliche Creme entsteht und der Zucker weitgehend aufgelöst ist (kann 5 bis 10 Minuten dauern). Danach die etwas abgekühlte Milch-Sahne-Mischung unter Rühren dazugeben und so lange vorsichtig verrühren, bis der Zucker vollständig aufgelöst ist.

Die ganze Mischung wieder zurück in den Topf geben und bei niedriger bis mittlerer Hitze vorsichtig ziehen lassen, bis die Masse etwas angedickt ist (sollte es zu leichter Klümpchenbildung kommen ist dies nicht weiter schlimm, die Masse sollte aber vom Herd genommen werden). Danach in ein geeignetes Gefäß geben und im Kühl- oder Gefrierschrank vollständig abkühlen lassen. Die abgekühlte Masse in der Eismaschine/ dem Eisbereiter zu Eis verarbeiten.

Wer keine Eismaschine hat, kann die Masse auch in einer flachen Schüssel in den Gefrierschrank geben und jede halbe Stunde gut mit einer Gabel vermengen. Nach ungefähr 3 bis 4 Stunden ist das Eis essfertig. Empfohlen wird die Zubereitung jedoch in der Maschine.

Ergibt etwa 4 Kugeln Eis.
Zubereitungszeit: ca. 20 Min.
Schwierigkeitsgrad: normal
Brennwert p. P.: 415 kcal
Freischaltung / Änderung: 04.11.07

Bananen Eis

200 g Banane(n)
80 g Zucker
100 ml Milch
100 ml Sahne
1 EL Zitronensaft

Alle angegebene Zutaten miteinander pürieren und in den laufenden Eisbereiter geben.
Ca. 20-30 Minuten rühren.
Zubereitungszeit: ca. 20 Min.
Schwierigkeitsgrad: simpel
Brennwert p. P.: keine Angabe
Freischaltung / Änderung: 18.02.03

Ich hoffe ich konnte Ihnen helfen.

Mit freundlichen Grüssen.
H. Grimsehl

Sehr geehrter Herr Grimsehl,
ich bin in den letzten Tagen in intensivem Austausch mit einem andere Experten aus dem Forum gewesen und habe mit meinem Eis sehr gute Fortschritte gemacht. Aber vielleicht der Reihe nach. Ich habe in einer Duisburger Eisdiele gegessen, die wegen ihres Eises (nicht wegen der großen Portionen wie sonst üblich) weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist und frequentiert wird. Dieses Eis war für mich etwas besonderes. Ich will nicht sagen das es besser war als andere Eisdielen, aber es war auf jeden Fall sehr anders als all das, was ich bisher gegessen habe. Der einzige Begriff, den ich für dieses Eis gefunden habe ist „Theatereis“. Es war sehr süss und mächtig (wahrscheinlich enthielt es einen erhöhten Sahneanteil), aber die Süße ist mir nicht so penetrant aufgefallen weil… Ja - und darüber habe ich lange nachgedacht. Ich habe die Sorten Vanille, Schokolade, Erdbeer, Himbeer und Walnuss probiert. Was mir auffiel ist, dass das Vanilleeis nicht nur süss und nach Vanille, sondern auch intensiv nach zabaione schmeckte. Einmal auf die Spur gesetzt viel mir auf, das das Erdbeereis nicht nur süss und nach Erdbeeren schmeckte, sondern auch noch besonders sauer war. Die Säure brannte förmlich im Mund. Das Schokoladeneis war eine Mischung aus tiefbitter und süss und Vanille.

Zuhause habe ich dann das Vanilleeisrezept von Herrn Koch mit seinen Werten nachgestellt, allerdings noch Eierlikör und ein paar Tropfen Mandellikör hinzugefügt.(Eierlikör deswegen, weil er zufällig da war und es mir zuviel Arbeit war, noch extra eine „richtige“ Zabaione zu machen) Den Alkohl habe ich aus der Mischung herausgekocht. Es trat tatsächlich ein, was ich schon in der Eisdiele vermutet hatte. Das Eis schmeckte auf einmal „nicht mehr so süss“, weil die Geschmacksnerven noch mit anderen Empfindungen beschäftigt sind, wenn ich das einmal so laienhaft ausdrücken und erklären darf. Der Zabaionegeschmack löst förmlich den Zuckergeschmack ab, hält viel länger an und lenkt die Aufmerksamkeit weg vom Zucker.

Durch diese Erfahrungen bestärkt habe ich mich an mein erstes Erdbeereis gewagt und dieses Mal nicht nur ausgepressten Zitronensaft, sondern zusätzlich noch Ascorbinsäure zugesetzt und wohl ein wenig des Guten zuviel getan, denn meine Frau meinte, das Eis sei nicht „süss genug“. Das ich noch mit Orangenschalen aromatisiert hatte, um den Erdbeergeschmack heraus zu arbeiten, ist ihr dabei nicht aufgefallen. Alle haben mir allerdings bestätigt, dass das Eis „sehr fruchtig“ schmeckt. Da es in meiner kleinen Stadt nirgendwo Glykose zu kaufen gibt, habe ich Kristallzucker und Dextrose verwendet, zusätzlich noch 2 Gr. Johannesbrotkernmehl und 2 Gr. Guarmehl auf insgesamt ca. 1.5 Kg Eismasse. Die Konsistenz war hervorragend kremig.

Ich bin immer noch ein Anhänger eines möglichst „einfachen“ Eises und Geschmacks, aber offensichtlich muss man den geschmacklichen Charakter einer Eissorte geschickt durch andere Geschmacksempfindungen ergänzen, damit es „richtig“ schmeckt. Ich habe mein Vanilleeis fremden Erwachsenen zum Probieren gegeben, und sie sagten: Das ist aber ein intensiver Vanillegeschmack. Der war aber nicht dominant- die Zabaione war es.

Mit der von Herrn Koch vorgeschlagenen Mischung verlässt das Eis meine Simac IL Gelataio Maschine mit hervorragender Konsistenz. Allerdings kann ich die Temperatur meines Gefrierschrankes nicht regulieren und mit -18 Grad ist das Eis nach wenigen Stunden einfach viel zu kalt und muss erst wieder etwas wärmer werden, damit es schmeckt.

Wie gesagt: Die Eismischung von Herrn Koch, „nur“ mit Vanilleschoten aromatisiert, ist mir immer noch viel zu süss, ergänzt durch andere Geschmackskomponenten allerdings genau richtig. Ich habe also mein Problem gelöst, nur etwas anders, als ich es anfangs gedacht hatte. Dennoch vielen Dank für Ihre Anregungen und Rezeptvorschläge und für die Mühe, die Sie sich gemacht haben.

Mit freundlichen Grüssen
Thomas Hintz

Guten Tag,

ich möchte einfach nur einmal dazwischen fragen, ob es auch eine Möglichkeit gibt, den weißen Zucker auszutauschen- meine neurodermitisgeplagte Tochter soll keinen Zucker zu sich nehmen.

Vielen Dank.

idaks