Jede/r hat andere Ansichten und eine andere Ausbildung erhalten, die :auch anders prägt - die gilt es auch zu respektieren.
Nun, wenn es tatsächlich Juristen gibt, die behaupten - und das dann auch noch in einer Ausbildung für Beamte - Unmittelbarer Zwang könnte durch „Jedermann“ angewendet werden, dann ist das keine Frage von Prägung, die man „respektieren“ sollte, dann ist das schlichtweg falsch! Und ich habe ernsthafte Probleme mir vorzustellen, dass das wirklich so beigebracht wurde.
Die hessische Polizei fängt bei strafprozessualen Maßnahmen
NICHT erst im § 1 HSOG an und prüft.
Das hoffe ich doch sehr. Aber ich wiederhole es für dich noch mal sehr gerne: Hier geht es um „Jedermannrechte“ für „Jedermann“ und das HSOG ist ein Gesetz, welches ausschließlich behördliche Eingriffsrechte regelt und keinerlei Jedermannrechte für Jedermann, deswegen ist jeglicher Bezug darauf, um Jedermannrechte zu begründen schlicht unsachlich.
Nun könnte man ja, nachdem die Wehr/Gegenwehr eines Zivilisten
die körperliche Einwirkung auf jmd. anderen darstellt, nach
Verwaltungsvorschriften dafür gucken (zumal die StPO und damit
auch das Festnahmerecht für Jedermann nichts Eigenes regelt).
Die naheliegendste ist wohl die, die den Normalfall regelt,
daher Polizeirecht, HSOG, zumal hier auch gleich die immer
präsente Frage der Verhältnismäßigkeit mitgeklärt wird!
Ich weiß, dass viele Juristen der Meinung sind, alles müsste absolut durchreglementiert sein. Aber keine Sorge, bei Notwehr- und Jedermannrechten ist das glücklicherweise nicht der Fall. Der Gedanke, dass es „Verwaltungsvorschriften“ für Jedermannrechte gibt oder geben sollte ist aber so ziemlich das seltsamste, was mir in den letzten Jahren untergekommen ist.
Mal zum Verständnis: Jedermannrechte sind absichtlich einfach gehalten und klar verständlich - für Jedermann, auch Nicht-Juristen. Nenn es meinetwegen „Laienrecht“, denn genau das ist es: der Laie muss auch ohne Jurastudium (oder Studium von „Verwaltungsvorschriften“) Rechts- und Handlungssicherheit haben, deswegen wirst du keinerlei Rechtsnormen finden, die die Notwehr §§ in StGB/BGB und den §127 StPO spezifizieren - das wäre nämlich schlicht widersinnig.
Und dann scheidet es sich lediglich an der Frage, ob die
„sonstigen Personen“ denn auch Zivilisten sein können.
Also „lediglich“ ist gut - du willst hier gerade nach Gutdünken hoheitliche Eingriffe in Grundrechte (nichts anderes ist ist Unmittelbarer Zwang) „Jedermann“ zugestehen.
„Sonstige Personen“ können z.B. Angehörige des Ordnungsamtes sein,
die mit entsprechenden Rechten ausgestattet wurden.
Zum Beispiel auch ein Festnahmerecht…für Jedermann!
Logisch, ein Amtsträger ist auch ein „Jedermann“ - es geht hier aber auch nicht darum, ob ein Amtsträger Jedermannrechte ausüben darf (und das darf er grundsätzlich nur, wenn es keine spezifischeren Rechtsnormen gibt, die ihm sein Amt einräumt - Notwehrnotlagen mal außen vor).
Nochmal kurz: Es steht nicht geschrieben, dass ich für die
Anwendung von Zwangsmitteln ein Amtsträger sein muss
Anwendung von Zwangsmitteln =/= Anwendung von unmittelbarem Zwang.
Grob gesagt: Für die Anwendung von Zwangsmitteln haben wir die Jedermannrechte, für die Anwendung von UZw haben wir die entsprechenden UZwG/PolG.
(übrigens auch nicht im § 1 UZwG) Vielmehr lese ich dort:
WENN ich Amtsträger bin, DANN muss ich den rechtlichen
Grundsätzen entsprechend handeln.
Der §1 UZwGBw sagt wer befugt ist und eindeutig, dass jeder, der befugt ist nach diesem Gesetz UZw anzuwenden Amtsträger ist:
(1) Deutsche Soldaten, die sowieso Amtsträger sind,
(2) Soldaten verbündeter Streitkräfte die im Auftrag der obersten Bundesbehörde BMVg amtlich handeln und somit ein Amt inne haben,
(3) ziviles Wachpersonal, dass ebenfalls im Auftrag der obersten Bundesbehörde BMVg amtlich handelt und somit ein Amt inne hat.
Oder anders: Nur wer sich in diesen 3 Gruppen von Amtsträgern wiederfindet darf nach diesem Gesetz UZw anwenden.
Und ja, jeder Amtsträger muss seine spezifischen Amtsrechte ausreizen (wie oben schon gesagt Notwehrsituationen ausgeschlossen), bevor er sich auf Jedermannrechte berufen darf.
Damit wird staatliche Willkür ausgeschlossen, da Jedermannrechte grundsätzlich eben sehr weit gefasst sind, jedes staatliches Handeln aber die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu beachten hat.
Beispiele von Zwangsmitteln, die durch Nicht-Amtsträger
durchgeführt werden?
Alles schön und gut, aber völlig wirr und durcheinander.
Man denke zum Beispiel an die Abschleppung von Fahrzeugen
Kein Unmittelbarer Zwang, sondern schlicht eines Jeden Recht unberechtigt parkende Fahrzeuge von seinem Grund uns Boden entfernen zu lassen. Übrigens haben in diesem Fall Behörden grundsätzlich kein Eingriffsrecht.
oder das Abdrehen einer Gasleitung durch die Feuerwehr
Was meinst du denn sind Feuerwehrleute? Angehörige der Berufsfeuerwehr sind in aller Regel Vollzugsbeamte (also im Sinne des HSOG Vollzugsbedienstete, die nicht Polizeivollzugsbeamte oder sonstige Personen). Zudem regeln die Landesfeuerwehrgesetze in welchem Rahmen die Feuerwehr (also auch die Freiwillige Feuerwehr als sonstige Personen) UZw anwenden darf.
oder die Zwangsräumung einer Wohnung durch Möbelpacker etc.
Die Zwangsräumung einer Wohnung führt als ein Amtsträger - nämlich ein Gerichtsvollzieher - durch, aber wohl kaum auf Grund des HSOG (ist ja keine Gefahrenabwehr). Die Möbelpacker wenden weder UZw, noch Zwangsmittel an, sie bringen nur beschlagnahmte Gegenstände von A nach B.
Und um die Hilfsmittel der körperlichen Gewalt dann richtig
einzusetzen, bzw. wieder den naheliegendsten Paragraphen zu
nutzen, gibt der § 59 HSOG auch keine Grenzen dabei auf, so
dass ein Zivilist wohl nach den Voraussetzungen fesseln darf,
WENN es verhältnismäßig ist.
Ein Zivilist kann aber eben nicht auf Grund des §59 HSOG fesseln, da er keinen Unmittelbaren Zwang anwenden darf. Wenn er fesselt, dann macht er das auf Grund des §127 StPO - auch wenn er das nicht mal weiß. Und wenn er das aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eigentlich nicht gedurft hätte, dann ist das nicht unbedingt ein Beinbruch - da kräht nämlich grundsätzlich kein Hahn nach (es sei denn die Unverhältnismäßigkeit ist völlig offensichtlich), weil es eben ein Laie ist, der intuitiv nach seinem persönlichen Rechtsempfinden lageangemessen ragiert hat.
Fesselt ein Amtsträger, obwohl es unverhältnismäßig war, dann ist das grundsätzlich ein Fall für den Staatsanwalt.
Noch mal §3 i.V.m. §1 HSOG sagt klar aus, dass das HSOG ausschließlich behördliche (!) Aufgaben in der Gefahrenabwehr regelt.
Der Zivilist, der nach §127 StPO festnimmt kann sich auf den Kopf stellen, er wird nie behördliche Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrnehmen.
Es kann sich schlicht kein einziger § des HSOG auf von „Jedermann“ ausgeübte „Jedermannrechte“ beziehen, da dies eben durch den ersten Abschnitt des HSOG ausgeschlossen wird.
Ich bin kein Befürworter eines Wehr-dich-Selbst-Staates, aber
in Ausnahmefällen(!) ist sowas Gold wert!
Eben, deswegen verstehe ich nicht, warum du „Jedermann“ in seinen Rechten beschneiden willst - denn genau das tust du, wenn du UZw „Jedermann“ aufdrücken willst, bzw. Normen über UZw kongruent auf Jedermannrechte, die von Jedermann wahrgenommen werden anwenden willst.
Ich wollte Dich übrigens nicht überzeugen - denke du hast Dir
da schon eine Meinung gebildet - aber diese
„Ich-erkläre-dir-erstmal“-Sache ging mir gegen den Strich.
Dann wird dir dieser Beitrag wohl erst recht gegen den Strich gehen, aber was du schreibst ist nunmal leider sachlich falsch und ich mutmaße, dass du in deiner Ausbildung irgendetwas missverstanden hast. Und das ist nichts gegen dich, es geht nur um die Sache.
Gruß Andreas