Wo beginnt Alkoholismus

Liebe Experten,
ich habe vor kurzem einer Diskussion gefolgt, in der drei Menschen sich über den Konsum von Alkohol unterhalten haben. Dabei ging es dann auch um die Alkoholsucht. Zwei der drei Mitredner waren der Meinung, dass ein Alkoholproblem schon dann besteht, wenn regelmäßig alkoholische Getränke konsumiert werden. Da würde ja dann auch ein Bier alle zwei Tage dazuzählen, weil dies meiner Meinung nach eine Regelmäßigkeit darstellen würde. Was denken Sie dazu? Ab wann kann man von Alkoholismus sprechen? Ich danke Ihnen sehr für die Aufmerksamkeit und wünsche ein schönes Wochenende!
Inka

Hallo liebe Sunshine-Lady

die Grenze, ab wann man vom Alkoholismus sprechen kann, ist ganauso flüssig und individuell wie die Menschen nunmal von Natur aus sind. Es gibt gewohnheitsmässige Trinker, die sehr viel und sehr oft trinken, ohne dass ihr Trinken ein Problem für ihr Leben darstellt.
Es gibt aber genauso Alkoholiker, die alle paar Monate mal trinken, dabei aber einen Kontrollverlust erleiden oder für sich selbst feststllen: Da stimmt was nicht mit mir.
Aus eigener Erfahrung kann ich Dir aber sagen, wenn jemand für sich der Meinung ist, da stimmt irgendwas nicht - und das spürt man schon! - dann sollte man auch was für sich unternehmen.
Es gibt sehr gute Fragebögen, die Du dir besorgen kannst und wenn Du mehr als 5 Fragen mit Ja beantwortest, dann kannst Du davon ausgehen, dass da zumindest eine Gefahr im Verzug ist.
Gerne können wir uns ausführlicher darüber unterhalten- falls Du möchtest- und herausfinden, wo dieser Mensch steht, den Du da erwähntest.

mfG

Hallo Inka,

„ab wann bin ich Alkoholiker?“ ist eine spannende Frage, die oft gestellt wird. Zunächst einmal, ist zu definieren, was (Alkohol-)Sucht überhaupt ist. Von süchtigem Trinken ist dann die Rede…

• wenn ein unstillbares Verlangen zur Einnahme und zur Beschaffung von alkoholischen Getränken besteht.

• wenn es eine Tendenz zur Dosissteigerung gibt.

• wenn der Stoff konsumiert wird, obwohl es den Trinker und / oder sein Umfeld schädigt.

• wenn Situationen nur noch mit dem Stoff erträglich sind oder getrunken wird, um einen bestimmtes Gefühl oder Bewusstsein zu erreichen. Quasi Alkohol als Mittel zum Zweck führt zur psychischen Abhängigkeit.

Sind diese Gegebenheiten „erfüllt“, hat die betreffende Person ein Alkoholproblem - sie ist alkoholkrank. Eine Sucht fällt nicht vom Himmel - der Weg in die Sucht ist eher langwierig und schleichend. Der klassische Weg ist der folgende: Zunächst wird gelegentlich getrunken, wie es in unserem Kulturkreis „üblich“ ist, daraus kann sich eine Art Erleichterungstrinken entwickeln - soll heißen, Alkohol wird zunehmend eingesetzt, um Stimmungen und Gefühle zu verändern. Zu diesem Zeitpunkt betreibt die Person „nur“ Alkoholmissbrauch, ist aber auf dem Weg eine steile „Alkoholikerkarriere“ zu machen. Aber noch könnte sie eventuell zu „normalen“ Trinken zurückfinden.

Wann nun der „Point of no Return“ definitiv erreicht ist, ist individuell sehr unterschiedlich. Mit diesem Ausdruck meine ich, ab wann der Mensch Alkoholiker geworden ist, sprich´ nur noch die Alkohol-Abstinenz die Option ist, wieder in ein normales Leben zurückzufinden. In der Phase zwischen Missbrauch und Abhängigkeit kommen nach und nach die oben aufgeführten Dinge ins Leben des Betroffenen und irgendwann ist eben die „Sicherung durchgebrannt“. Der Verlauf ist übrigens nicht unbedingt an der getrunkenen Alkoholmenge festzumachen - so kann es auch bei verhältnismäßig geringen Trinkmengen zu dem oben genannten Prozessen kommen. Aber klar ist, dass eine hohe Dosis natürlich den Vorgang erheblich beschleunigt.

Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung,
liebe Grüße,

Ilo-Ali

Hallo Sunshine-Lady,
bei der Alkoholsucht, wie bei anderen Suchten auch, beginnt die Abhängigkeit in der Regel schleichend. Bei den später Abhängigen ist es in der Regel tatsächlich regelmäßiger Konsum, der diesen Einstieg markiert. Nun kann man aber nicht im Rückkehrschluß sagen, jeder, der regelmäßig alkoholische Getränke konsumiert, ist abhängig. Das würde dann ja bedeuten, daß in Ländern, in denen regelmäßig Wein zum Essen getrunken wird, die gesamte erwachsene Bevölkerung alkoholabhängig ist.
Schußendlich muß jeder selbstkritisch sein und sich die Frage stellen: Wenn ich dieses (alkoholische) Getränk jetzt nicht zu mir nehme, verschlechtert sich dann meine Stimmung ? Das ist ein Alamzeichen. Ich glaube, es ist gut für die Selbsterkenntnis und Selbstbewertung, wenigstens von Zeit zu Zeit abstinente Phasen einzulegen, um zu erkennen, wie wichtig der Alkohol schon geworden ist. Dazu bietet sich ja auch die gegenwärtige Fastenzeit ganz gut an.

Hallo Inka,

tut mir leid, aber es gibt keine holzschnittartigen Diagnose-Regeln, z.B. „wer x Flaschen Bier täglich trinkt, ist Alkoholiker“ oder „wer täglich Alkohol trinkt, ist ein Alkoholiker“.
Diagnosen sind individuell wie Sucht-Krankheitsbilder. Es gibt Hinweise, anhand derer Konsum beobachtet und kritisch betrachtet werden kann, Näheres finden Sie z.B. hier: http://www.kenn-dein-limit.de/?uid=0d00dde563f23020e…

Letzten Endes zählt der Einfluss, den der Alkoholkonsum auf das Leben nimmt - der kann bei einem Menschen bei täglichem Konsum eine negative Wirkung entfalten, beim anderen bleibt es Entspannung am Feierabend.

Die Diagnose „Alkoholsucht“ bleibt immer der Ärztin / dem Arzt vorbehalten.

Liebe Grüße
Mariposa

Hallo Inka.

sorry, wenn meine Antwort solange gedauert hat, aber ich war beruflich sehr stark eingebunden.

Zwei der drei
Mitredner waren der Meinung, dass ein Alkoholproblem schon
dann besteht, wenn regelmäßig alkoholische Getränke konsumiert
werden. Da würde ja dann auch ein Bier alle zwei Tage
dazuzählen, weil dies meiner Meinung nach eine Regelmäßigkeit
darstellen würde. Was denken Sie dazu?

Ihre Meinung ist durchaus richtig und schätzungsweise halb Deutschland wäre alkoholkrank :wink:.

Ab wann kann man von
Alkoholismus sprechen?

Es gibt hier das sogenannte Jellinek-Schema, welches auch von Kliniken verwendet wird.

Sie können das hier

http://www.loleh.de/html/jellinek-schema.html

nachlesen.

Das Problem dabei ist aber, daß man die Gefühle und Gründe die ein Alkoholkranker zum trinken braucht ihm von außen nicht ansieht. Man sieht auch nicht ob ein Mensch trinkt, weil er trinken muß oder weil er trinken will.

Und aus eigener Erfahrung weiß ich, daß man diese Dinge auch nicht anderen gegenüber erwähnt und meist auch sich selbst nicht eingesteht.

Ich danke Ihnen sehr für die
Aufmerksamkeit und wünsche ein schönes Wochenende!
Inka

Danke, das hätte ich gebraucht (siehe oben)

Viele Grüße

Hallo,
sorry, habe die Frage erst jetzt entdeckt.
Letztenendes muss das jeder für sich entscheiden.
Ein Onkel von mir hat täglich eine Flasche Korn getrunken, ist 90 Jahre alt geworden und gesund gestorben. Eine Bekannte (Pädagogin)hat zur Entspannung jeden abend 2 - 3 Gläser Wein getrunken, ist damit aber nicht klar gekommen und letztenendlich zu AA gegangen um diesen Alkoholmissbrauch zu beenden.
Somit gibt es da keine Schublade…ich hoffe damit alle Klarheiten beseitigt zu haben…Gruss Ingo

Ich hoffe, dass Dir geholfen werden konnte!