Suche Weihnachtsgeschichte

Suche irgendeine lustige, vielleicht auch freche, ungewöhnliche, spannende… Weihnachtsgeschichte, die man bei einer privaten Weihnachtsfeier im Bekanntenkreis in etwa 10 bis 15 Minuten vortragen/vorlesen könnte!?

Hi,

versuch’s mal mit Bert Brechts „Das Geschenk“, eine Kurzgeschichte, die total überrascht und sehr, sehr weihnachtlich ist, ohne mit dem religiösen Zaunpfahl zu winken…

Grüßle,

Susanne

Sowas?

_ Der bitterböse Weihnachtsmann

(Dietmar Bittrich 1999)

Zum erstenmal habe ich den bitterbösen Weihnachtsmann im Postamt gesehen. Es war drei Wochen vor dem beklagenswerten Ende von Frau Schmökel. Drei Wochen vor unserer unvergeßlichen Bescherung.
Er stand hinter dem Tresen des Paketschalters. Damals wußte noch keiner von uns, daß er es war. Ich hielt ihn für einen heiteren, humorvollen Postbeamten. Natürlich hätte dieser Eindruck mich argwöhnisch stimmen müssen.
Aber erstens hatte die Post gerade ihre Aktion “Ein Herz für Kunden” angekündigt. Der Mann mit weißem Bart und Weihnachtsmütze über grauem Overall hätte also eine Werbemaßnahme sein können. Und zweitens war ich zu abgelenkt, um ihn genau im Auge zu behalten.
In der Schlange standen die hagere Frau Ehrenberg, Sebastian aus der WG und Frau Schmökel, damals noch aufreizend lebendig und leuchtend in ihrer schweinernen Rosigkeit. Die drei waren nicht gleichzeitig gekommen, hatten einander aber hier entdeckt und versuchten nun, an den anderen Wartenden vorbei ein Gespräch zu führen. “Da ist Herr Ruppricht”, rief Frau Ehrenberg, als ich noch nicht ganz eingetreten war. Einige Leute drehten sich um, als sei ich der Filialleiter, bei dem sie sich beschweren konnten. “Wir stehen hier schon eine halbe Stunde”, teilte Frau Schmökel mit. “Wenn es weiter so geht, kommt mein Paket nicht mehr rechtzeitig an.” Sie stand in der Mitte der grauen Pfütze, die sich vom Eingang zum Schalter hinzog, und verursachte dank ihres Lebendgewichtes bei jedem Wort ein vibrierendes Wellenmuster.
Sebastian hievte sein Paket auf den Tresen. “Alle Pakete kommen rechtzeitig an”, beschwichtigte der Weihnachtsmann hinter dem Schalter. “Sogar, wenn Sie was für die Azoren haben oder für Ihre Tante in Patagonien oder…” Er studierte das Paket von Sebastian. “…oder für den Thai Erotik Versand in Ibbenbühren.” Er blickte Sebastian an, der für einen Augenblick etwas weniger lässig wirkte als gewöhnlich. Die Wartenden, bis eben im Dämmerschlaf, machten die Hälse lang. “Ein Irrtum der Post”, erklärte Sebastian unwirsch. “Das Paket geht zurück.” Ausgepackt wurde es leider nicht. Frau Schmökel sah Frau Ehrenberg an, Frau Ehrenberg sah Frau Schmökel an, dann drehten sich beide zu mir um. “Fragen Sie ihn, was drin ist”, riet ich. Ich selbst wollte das später unter vier Augen tun.
Der Weihnachtsmann klebte einen Zettel auf das Paket, Sebastian war entlassen. “Unverschämtheit, was man heutzutage unaufgefordert zugeschickt kriegt”, behauptete er, während er sportlich an der Schlange vorbeiwippte. Zu mir sagte er: “Weihnachten kannst du vergessen, wir machen ein totales Anti-Fest, überlege es dir.” Er gab der Tür einen Tritt und war draußen. Alle nahmen ihm übel, daß er sie mit unfestlicher Ware aufgehalten hatte. Natürlich weiß jeder, daß man Weihnachtspakete spätestens Anfang November zur Post bringen muß, falls sie noch vor dem Fest ankommen sollen. Besser ist es, wenn man sie im Oktober aufgibt. Die Post selbst empfiehlt den September. Aber ich bin mir im Herbst selten sicher, was ich verschenken soll und an wen. Diesmal hatte Lisas Erbtante uns durch ihren robusten Lebensgeist überrascht. Obgleich sie Jahr für Jahr angekündigt hatte, das sei nun ihr letztes Fest gewesen, und obwohl es im Spätsommer tatsächlich danach ausgesehen hatte, war Lisa nun doch auf Nummer sicher gegangen und hatte eilig Kekse in ein Paket gestopft, selbstverständlich nur die harten, schwarzen. Damit stand ich nun in der Schlange. “Am Wochenende wird der Weihnachtsmarkt der Völker eröffnet!” schwärmte Frau Ehrenberg. “Ich habe da schon so herrliche Sachen gekauft! Fast zu schade zum Verschenken! Handgewebte Schals aus Indien und geklöppelte Überwürfe aus Mauretanien, skandinavische Glockenspiele aus Glas!
Und die indianischen Weihnachtspyramiden und brasilianischen Kokosnußkrippen! Diesmal sollen sogar afghanische Räuchermännchen-Schnitzer dabeisein. Man kann sie bei der Arbeit beobachten!” “Wie dumm, ausgerechnet an diesem Wochenende habe ich keine Zeit.” Mehr fiel mir nicht ein. “Wir haben Niklas versprochen, mit ihm zu basteln.” “Aber so einen niedlichen Engel aus dem Erzgebirge”, lächelte Frau Ehrenberg mitleidig, “den kriegen Sie nicht hin.” Frau Schmökel, schon beinahe am Schalter, wandte sich um und säuselte: “Willst einen Engel du auf Erden, mußt du selbst ein Engel werden.” Sie setzte eine erlauchte Miene auf. Ich nickte ihr anerkennend zu. Jedes Jahr in der Adventszeit belegte sie den Volkshochschulkurs “Weihnachtliche Gedichte - selbst gefertigt” und hatte es in der Dichtkunst mittlerweile weit gebracht. Auch zu anderen Jahreszeiten war ihr manch treffender Reim eingefallen.
Uns, ihre Nachbarn, beschenkte sie ebenso wie Verwandte und Bekannte mit schnörkeligen Vervielfältigungen ihrer Verse. Kurz vor Weihnachten begann sie überdies, auf einem altertümlichen Blasinstrument zu üben, einer Schalmei, mit der sie den Vortrag ihrer Gedichte wohltätig untermalte. Ich hatte ihre Tonleitern auf Band mitgeschnitten und die Gedichte abgeheftet, um gegebenenfalls alles gegen sie zu verwenden.
Bevor sie jetzt weiterreimen konnte, kam sie an die Reihe. “Wird es auch noch rechtzeitig ankommen?” fragte sie den Weihnachtsmann am Schalter. “Nach Winipeg?” forschte er. “Auf die Inseln von Palau?” Er studierte die Aufschrift. “Nach Himmelpforten”, lächelte sie. “Das würde sogar in Hindustan rechtzeitig ankommen”, behauptete er. “Na, dann!” Sie zahlte und wandte sich erleichtert ab. Der Mann versah das Paket mit einem Aufkleber und schrieb etwas dazu.
Ich hätte genauer hinsehen müssen und hätte das auch getan, wenn nicht in diesem Augenblick Herr Pirsig eingetreten wäre, der frühpensionierte Lehrer für Sozialkunde. Herr Pirsig schob ein Paket vor sich her, das der Größe nach eine Schaufensterpuppe enthalten mußte. In seinem ausgebeulten Trainingsanzug blieb er einen Moment im Eingang stehen und spähte nach Bekannten in der Schlange. Ich hatte ihm gleich den Rücken zugedreht und meine Kapuze hochgezogen. Viele erkennen mich von hinten an den Inselgruppen meines Haarausfalls. Frau Schmökel lächelte ihm kalorienreich zu und zog ab. Frau Ehrenberg raffte ihre peruanische Stola und verschwand hinter einem Ständer mit Postreklame.
Schlurfende Schritte, ein über die Fliesen scheuerndes Paket. Ich roch die Schädlingsvernichtungskraft seines Parfums. Schon griffen weiche Finger nach meiner Schulter. Ich wandte mich um Magerquarkgesicht, rotblonde Fusseln, käsiger Bart. “Herr Pirsig!” sagte ich freudig überrascht. “Sie wollen auch ein Paket abgeben?” “Nein, tun Sie das bitte für mich. Meine Mutter ist im Krankenhaus. Bifokale Disfunktionsstörungen der linken Gallenblase.” Ich fand kein Wort des Mitgefühls. Knut Pirsig sorgte jedes Jahr dafür, daß seine Mutter vom Heiligabend an in der Sonnenhaus-Klinik verpflegt wurde.
Diesmal hatte er den Beginn ihres Aufenthaltes offenbar vorverlegt. Das konnte nichts anderes bedeuten, als daß sie seine Wohnung bereits vollständig geputzt und seine Wäsche ordentlich gebügelt hatte. “Geben Sie einfach nur das Paket ab”, sagte er. “Adresse steht drauf, danke, danke!” Und entfernte sich wieder. “Danke auch im Namen meiner Mutter!”
Frau Ehrenberg, nun wieder deutlich zu sehen und um etliche postalische Informationsblätter reicher, nickte mir solidarisch zu. Sie rückte an den Schalter vor und machte dem Beamten ein heuchlerisches Kompliment für seine Verkleidung. Ich schob die Pirsigsche Puppe mit den Stiefelspitzen vorwärts. Mir fiel die Selbsthilfegruppe ein, von der Sebastians WG-Freundin Tina erzählt hatte. Weihnachtlich Geschädigte sollten unter Anleitung eines Therapeuten Trost und Zuspruch finden. Ich lächelte. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch sicher, nichts dergleichen zu brauchen.
“Das kostet extra”, sagte der Weihnachtsmann, als ich mit Hilfe von vier Umstehenden Herrn Pirsigs Paket über den Tresen wuchtete. Herr Pirsig hatte mir kein Geld gegeben. “Wohin soll das Monster denn gehen?” Er studierte die Anschrift. “Soll das Timmendorf heißen? Oder Timbuktu?” “Von mir aus kann es nach Timbuktu gehen”, sagte ich trotzig.
Er lachte, wie nur ein richtiger Weihnachtsmann lacht. Gütig, aber mit einer Prise Dunkelheit darin. So wie man eben lacht, wenn man ziemlich weit draußen vom Walde her kommt. Ich muß sagen, er wirkte unwahrscheinlich echt.
“Sie haben eine phantastische Maske!” sagte ich. “Ihre ist auch nicht schlecht”, antwortete er, während er auf einem Zettel ausrechnete, was ich bezahlen sollte. Für einen kundenfreundlichen Servicemann war er eine Spur zu unverschämt. “Und hier, was ist hier drin?” Er beklopfte das Paket für Lisas Erbtante. Eigentlich ging es ihn ja nichts an. “Selbstgebackene Kekse.” “Scheußlich”, brummte er. “Allenfalls in Äthiopien würde man sich darüber noch freuen.”
Als ich bald nach Weihnachten Post aus Äthiopien bekam und Herr Pirsig einen Dankesbrief aus Timbuktu, wunderte ich mich schon nicht mehr, soviel hatte ich inzwischen mit dem bitterbösen Weihnachtsmann erlebt._

Ein Bruder wie dieser
Ein Bruder wie dieser
von Dan Clark
Mein Freund Paul bekam von seinem Bruder zu Weihnachten ein Auto geschenkt. Als Paul am Nachmittag des Heiligen Abends sein Büro verließ, sah er, wie ein Gassenjunge um sein nagelneu blitzendes Auto herumschlich. Er schien echt begeistert davon zu sein. „Ist das Ihr Auto, Mister?“, fragte er.
Paul nickte. „Ja, mein Bruder hat es mir zu Weihnachten geschenkt.“ Der Junge blieb wie angewurzelt stehen: „Wollen Sie damit sagen, Ihr Bruder hat es Ihnen einfach so geschenkt, und Sie haben nichts dafür bezahlt? Mensch, ich wünschte …“ Er zögerte.
Natürlich wusste Paul, was der Junge sich wünschen würde. Er würde sich wünschen, auch so einen Bruder zu haben. Aber was er sagte, kam für Paul so überraschend, dass er seinen Ohren nicht traute.
„Ich wünschte mir“, fuhr der Junge fort, „ich könnte auch so ein Bruder sein.“
Paul sah den Jungen an - und fragte ihn spontan: „Hast Du Lust auf eine kleine Spritztour mit meinem neuen Auto?“
„Das wär’ echt toll, Mensch!“
Nachdem sie eine kurze Strecke gefahren waren, fragte der Junge mit glühendem Augenaufschlag: „Mister, würde es Ihnen was ausmachen, bis zu unserer Haustür zu fahren?“
Paul schmunzelte. Er glaubte zu wissen, was der Bursche wollte. Er wollte seinen Nachbarn zeigen, dass er in einem großen neuen Auto nach Hause gefahren wurde. Aber Paul irrte sich ein zweites Mal. „Könnten Sie da kurz halten, wo die beiden Stufen enden?“ fragte der Junge.
Er lief die Stufen hinauf. Nach kurzer Zeit hörte Paul ihn zurückkommen. Aber er kam nicht schnell gerannt. Der Junge trug seinen verkrüppelten kleinen Bruder. Er setzte ihn auf der untersten Stufe ab, und dann beugte er sich zu ihm hinunter: „Da ist es, Bruderherz, genauso wie ich es Dir oben gesagt habe. Sein Bruder hat es ihm zu Weihnachten geschenkt, einfach so. Und eines Tages werde ich Dir auch eins schenken, genauso eins wie das hier … und dann kannst du dir all die schönen Sachen in den Weihnachts-Schaufenstern selbst ansehen - und brauchst sie dir nicht mehr von anderen beschreiben zu lassen.“
Paul stieg aus und hob den kleinen Burschen auf den Beifahrersitz. Mit glänzenden Augen setzte sich sein großer Bruder neben ihn - und die drei machten sich auf zu einem Weihnachtsausflug, den keiner von ihnen jemals vergessen würde.
An diesem Heiligabend verstand Paul, was Jesus gemeint hatte, als er sagte: „Es ist seliger, zu geben …“

Quelle: Jack Canfield/Mark Victor Hansen: Chicken Soup for the Soul. 101 Stories To Open The Heart And Rekindle The Spirit. Health Communications, Deerfield Beach, Florida, USA 1993
Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Burkhard Treude

Suche irgendeine lustige, vielleicht auch freche,
ungewöhnliche, spannende… Weihnachtsgeschichte…

darfs auch etwas makaber sein?
hier ein herrlicher Klassiker von Loriot, der gut vorgetragen, seine Wirkung bestimmt nicht verfehlt.

http://www.yolanthe.de/aktuell/advent/adv-loriot.htm

Gruss
Andrea