Hallo,
wenn der Arzt nichts Bedenkliches gefunden hat, könntest du ihm glauben. Wenn dir das schwer fällt, hole dir eine zweite Meinung. Das Gefühl von Sicherheit ist auch dann wichtig, wenn es sich tatsächlich um eine psychische Problematik handelt. Was du beschreibst, passt zumindest ins das klassische Bild einer hypochondrischen Angststörung. Du bist möglicherweise gerade auf dem besten Weg, dich von deiner Angst (vor Herzinfarkt?) immer mehr einschränken zu lassen, indem du zu vermeiden beginnst, was in deinen Augen ein Risiko darstellen könnte.
Folgende Tipps:
- Hol dir eine zweite Arztmeinung (beim Kardiologen) und wenn dieser ebenfalls Entwarnung gibt, glaube ihm. Auch wenn’s schwer fällt.
2.Schmeiß dein Blutdruckmessgerät weg. Der Zwang zum Messen hat bereits eine starke Eigendynamik und du befürchtest, ohne ständige Kontrolle deiner Werte in Lebensgefahr zu sein.
- Fang an, dich zu bewegen. Ich weiß, dass das leichter gesagt als getan ist, wenn man in der Angst lebt, durch Bewegung würden Puls und der Blutdruck immer weiter steigen (und zu Herzversagen führen?). Fakt ist: Letzteres wird vermutlich früher passieren, wenn du dich nicht bewegst - und zwar egal, wie oft du deinen Blutdruck misst.
Du kannst Folgendes versuchen: Fang in deiner Wohnung an, zu gehen. Irgendeine Strecke wirst du schon finden, auf der du mindestens 20 Schritte am Stück machen kannst. Und dann marschier los. Immer hin und her, ruhig erst so gemütlich, wie du dich traust. Wenn du merkst, dass das gut geht, geh’ ein bisschen schneller. Sobald sich das Gefühl einstellt, dass Puls und Blutdruck steigen, schlendere ganz langsam weiter, bis du das Gefühl hast, er sinkt wieder. Zur Not setz dich ein Weilchen hin, aber: Lass das Messen sein!
Was du lernen musst ist, deinem Körper wieder zu vertrauen. Der wird dich für jeden Schritt lieben, den du tust. Dass das Herz dabei stärker (oder auch stark) klopft, ist völlig normal. Wenn du jeden Tag immer wieder gehst und Dauer und Tempo steigerst (und NICHT misst!) wirst du feststellen, dass es dir immer weniger Stress machen wird. Dann trau’ dich an deinen ersten Spaziergang draußen. Such’ dir ruhig eine Strecke, die dir „sicher“ erscheint (weil z.B. Leute unterwegs sind).
Ich kenne eine Angstpatientin, die ihre ersten Versuche in dieser Richtung auf dem Gelände des städtischen Klinikums gemacht hat, weil sie die Sicherheit brauchte, zur Not schnell ärztlich versorgt werden zu können. Inzwischen läuft sie seit 3 Jahren mehrmals die Woche (in einem Tempo, das ich, obwohl recht sportlich, nicht mithalten kann) - auch wenn sie immer noch vermeidet, alleine irgendwo rumzurennen. Das ist aber alles, was ihr von ihrer Cardiophobie geblieben ist.
Wenn du das Messgerät loslassen kannst, wirst du damit auch den ersten Sieg über deine Angst errungen haben. Eine Therapie kann dich dabei unterstützen, aber vielleicht kriegst du das auch alleine hin. Vielleicht kann dir die Vorstellung helfen, dass Patienten nach einem Herzinfarkt auch damit beginnen müssen, sich zu bewegen. Und zwar deswegen, weil es für das Herz gut ist, nicht, weil es ihm schadet.
Schöne Grüße,
Jule