Glomerulonephritis und Diuretika

jetzt nochmal…
das ganze uner einer anderen Überschrift, ich weiss nicht, ob das jetzt zu dreist erscheint, aber diese Fragen konnten wir noch nicht wirklich klären, und hier sind doch einige fitte Mediziner, die das bestimmt wissen, also versuch ich´s nochmal mi meinen Fragen (sind noch welche dazugekommen):

-es gibt verschiedene Diuretika…wie sind die Wirkansätze genauer? (Kaliumsparende Diuretika z.B. oder wie gelangt durch die Diuretika das Wasser vom Interstitium ins Blutgefäßsystem…)

  • Zitat aus´m Lehrbuch: „Diabetiker sind besonders gefährtet für eine Hypokaliämie, weil sie grundsätzlich einen verminderten Wasserbestand haben“…Wieso das genau?

-Wann mißt man das spezifische Gewicht des Urins? Ist das grundsätzlich die erste Untersuchung bei Harnwegserkrankungen oder nur bei spezifischen Sachen…?

-Ist eine akute Glomerulonephritis immer beidseitig und somit eine mögliche Urache für das Symptom der Anurie?
Meines Wissens sind Ursachen für Glomerulonephritis z.B. einige Infektionskrankheit, aber meist eine Autoimmunerkrankung (post-Streptokokken-Infektion)- sind immer beide Nieren betroffen aufgrund des spezifischen Gewebes…?

-Warum ist eine erhöhte Harnstoffausscheidung ein Hinweis auf Nieren-Ausscheidungsinsuffizienz? Harnstoff ist doch das Endprodukt vom Eiweissstoffwechsel, der wird doch möglichst vollständig ausgeschieden oder seh ich da was falsch- hm, erscheint mir irgendwie unlogisch…

Also, da ist doch bestimmt jemand draussen, der die Antworten auf die Fragen kennt…

Vielen lieben Dank schon mal im Voraus an die, die sich zu diesen vielen Fragen Gedanken machen!
p.shockscrew

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Hi P.!

Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr … *gg*

-es gibt verschiedene Diuretika…wie sind die Wirkansätze
genauer? (Kaliumsparende Diuretika z.B. oder wie gelangt durch
die Diuretika das Wasser vom Interstitium ins
Blutgefäßsystem…)

Darüber gibt es ca. 45 m Fachliteratur (allein auf Deutsch), knie dich rein. Oder formuliere konkretere Fragen.

Zur Konkreten Frage: Durch Veränderung der osmotischen Verhältnisse mittels schwer resorbierbarer Stoffe (Mannitol, Sorbit, Dextrane …) in den proximalen Tubuli. Dadurch werden Wasser und rel. wenig Salze ausgeschieden, weil die Salze durch die osmotischen Verhältnisse verstärkt rückresorbiert werden.

  • Zitat aus´m Lehrbuch: „Diabetiker sind besonders gefährtet
    für eine Hypokaliämie, weil sie grundsätzlich einen
    verminderten Wasserbestand haben“…Wieso das genau?

Weil durch den erhöhten Blutzuckerspiegel Wasser aus dem Interstitium ins Gefäßsystem gezogen (Osmose) und somit über die Niere (da im Gefäßsystem überflüssig) ausgeschieden wird.

-Wann mißt man das spezifische Gewicht des Urins? Ist das
grundsätzlich die erste Untersuchung bei Harnwegserkrankungen
oder nur bei spezifischen Sachen…?

Vor allem, wenn man vermutet, dass es gestört ist: Diab. mellitus und insipidus, V.a. Glomerulonephritis, Dehydratation …

-Ist eine akute Glomerulonephritis immer beidseitig und somit
eine mögliche Urache für das Symptom der Anurie?

Glomerulonephritiden können Ursache für eine Anurie sein. Andere Ursachen: Harnleitersteine, Blasensteine, Hypovolämie (Schock), Crush-Syndrom, akute Pyelonephritis, Gestosen, Intoxikationen.

Meines Wissens sind Ursachen für Glomerulonephritis z.B.
einige Infektionskrankheit, aber meist eine
Autoimmunerkrankung (post-Streptokokken-Infektion)- sind immer
beide Nieren betroffen aufgrund des spezifischen Gewebes…?

meistens ja, weil die Zerfallsgifte der Streptokokken oder andere Toxine systemisch wirken.

-Warum ist eine erhöhte Harnstoffausscheidung ein Hinweis auf
Nieren-Ausscheidungsinsuffizienz? Harnstoff ist doch das
Endprodukt vom Eiweissstoffwechsel, der wird doch möglichst
vollständig ausgeschieden oder seh ich da was falsch- hm,
erscheint mir irgendwie unlogisch…

Durch die verminderte Flüssigkeitsausscheidung erscheint der Harnstoffanteil relativ hoch.

Gruß
Salbader

Hi Schockscrew,

um Deine Fragen befriedigend zu beantworten, müßte man ja ein ganzes Lehrbuch schreiben… Ich schreibe mal das Wichtigste, es wird nicht alles klar sein, aber Du kannst ja dann gezielt Nachfragen.

Zunächst mal eine Kurzzusammenfassung der Nierenfunktionsweise. Bitte nicht zu wörtlich nehmen, die eine oder andere Aussage habe ich so lala zusammengebastelt, um damit (mir selbst) verschiedene Nierenerkrankungen schlüssig erklären zu können.

Also:

Funktionsprinzip: am Anfang stehen die Gefäßschlingen des Glomerulums als Filter: Die Blutzellen werden zurückgehalten, die Blutflüssigkeit wird abgesiebt und bildet den Primärharn. Mehr als 150 Liter am Tag!

Danach das Tubulussystem, das dazu dient, die brauchbaren Bestandteile des Primärharns (also das meiste der 150 Liter) rückzuresorbieren. Damit bleiben nur noch ein wenig Wasser, überschüssige Mineralien und die Giftstoffe zurück, die der Körper ja oft nicht erkennen (man denke an moderne Umweltgifte, Medikamente) und damit nicht gezielt ausscheiden kann. Oder anders anhand einer Frage erläutert: „Warum wirft die Niere erstmal alles über Bord, um dann das meiste wieder mühsam rückzuresorbieren?“. Antwort: Wenn die Niere gezielt die Giftstoffe aus dem Blut entfernen und über Bord werfen wöllte, so bräuchte sie für jeden einzelnen Giftstoff einen eigenes Transportsystem, und das ist aufgrund der hohen Anzahl der Stoffe (und z.T. wegen deren Neuigkeit, also Medikamente, Umweltgifte) nicht möglich. Die Anzahl der Nährstoffe hingegen ist sehr limitert (drei verschiedene Zucker oder so, zwei dutzend Aminosäuren, eine Handvoll Mineralien, evtl. Vitamine - alles!), da kann man die Resorptionssysteme problemlos vorhalten.

Zum Tubulus im einzelnen:
Im proximalen Tubulus (relativ kontinuierlich und ungesteuert, Feineinstellung erst weiter unten) Rückresorption der meisten Nährstoffe, Aminosäuren und Mineralien und des mengenmäßig meisten Wassers und Natrium.
Danach die Henle-Schleife, deren einzige Aufgabe es ist, in einem Bereich, durch den später das Sammelrohr hindurchläuft, eine hohe Salzkonzentration aufzubauen (s.u.).
Danach der distaler Tubulus: Rückresorption von Protonen = Einstellung des Säure-Basen-Haushalts) und _Fein_regulation des Natrium- und Kaliumhaushaltes, reguliert durch Aldosteron.
Zu guter letzt: Das Sammelrohr zur _Fein_einstellung der Wasserresorption (148 der 150 Liter sind ja bereits im proximalen Tubulus resorbiert). Durch o.g. hohe Salzkonzentration muß das Sammelrohr nur noch (unter ADH-Einfluß) Wasserkanäle öffnen, und das Wasser rauscht, durch das Salz angezogen (Salz bindet Wasser) zurück in den Körper. Das geht viel schneller und ist viel besser zu regulieren als wenn das Sammelrohr (so wie es der proximale Tubulus tut) das Wasser indirekt über Natrium-Transporter rückresorbieren würde. In anderen Worten: Sinn des anscheinend unnötig komplizierten Henle-Schleife/Sammelrohr-Systems = Möglichkeit, schnell die Resorption auch großer Wassermengen (z.B. beim starken Schwitzen) an- und ausknipsen zu können.

Nach dem Sammelrohr ist der Harn dann fertig und wandert ins „dumme“ ableitende System Richtung Blase.

So, vor diesem Hintergrund nun die Antwort auf Deine Fragen:

-es gibt verschiedene Diuretika…wie sind die Wirkansätze
genauer? (Kaliumsparende Diuretika z.B. oder wie gelangt durch
die Diuretika das Wasser vom Interstitium ins
Blutgefäßsystem…)

  1. Thiazide: Hemmung der Natrium- und Wasserresorption im proximalen Tubulus -> weniger Resorption -> mehr Harn.
  2. Schleifendiuretika: Hemmen den Aufbau der hohen Natriumkonzentration durch die Henle-Schleife. Selbst wenn dann das Sammelrohr auf Durchmarsch, also maximale Wasserrückresorption geschaltet ist, wird, bedingt durch die zu geringe Salzkonzentration, kaum Wasser aus dem Harn zurückgezogen.
  3. Kaliumsparer (Amilorid, Triamteren): blockieren die (aldosterongesteuerte) Rückresorption von Natrium im distalen Tubulus. Dort wird übrigens normalerweise Natrium gegen Kalium ausgetauscht, d.h. Kalium wird sekretiert. Ist der Transporter aber geblockt, bleibt Kalium im Körper -> „kaliumsparend“.
  4. Aldosteronantagonisten: Der Transporter unter 3. wird durch Aldosteron aktiviert, die Antagonisten blockieren diese Aldosteronwirkung, daher Wirkeffekt genau wie 3., also kaliumsparend.
  5. osmotische Diuretika (Mannitol etc.) = Fremdstoffe, die nach Filtration im Glomerlum (natürlich) nicht rückresorbiert werden und (entscheidend!) ein hohes Wasserbindungsvermögen haben. Da kann der Körper so viel Natrium und Wasser zu pumpen versuchen wie er will, die Wassermoleküle bleiben im Tubulus, an diesem Stoffen festklebend.
  • Zitat aus´m Lehrbuch: „Diabetiker sind besonders gefährtet
    für eine Hypokaliämie, weil sie grundsätzlich einen
    verminderten Wasserbestand haben“…Wieso das genau?

Siehe Salbader wegen Wasserverlust. Zu viel Glukose im Blut und damit im Primärharn überfordert die Rückresorptionsmöglichkeiten im proximalen Tubulus, d.h. mehr oder weniger viel Glucose verbleibt im Harn. Glucose ist aber nun ein wasserbindendes Molekül, wirkt also als osmotisches Diuretikum.
Daß Diabetiker zu Hypokaliämie neigen, ist davon unabhängig, und ich würde es sowieso nicht unbedingt unterschreiben. Am ehesten vielleicht i.R. einer Insulinüberdosierung.

-Wann mißt man das spezifische Gewicht des Urins? Ist das
grundsätzlich die erste Untersuchung bei Harnwegserkrankungen
oder nur bei spezifischen Sachen…?

Sagt aus, wie sehr der Harn konzentriert ist, d.h. gibt an, wieviel Wasser im Sammelrohr rückresorbiert wurde:
wening konzentriert: Erkrankung des Sammelrohrs beim nephrogenen -, und des ADH-Regulationssystems beim zentralen Diabetes insipidus. Auch beim renalen Nierenversagen (Grund: die Henle-Schleife geht als erstes in die Knie -> Keine Wasserresorption im Sammelrohr mehr -> Wasser verbleibt im Harn und macht diesen dünn)
stark konzentriert: bei zu geringer Trinkzufuhr, daher auch Kontrolle, ob ein Harnsteinpatient genug trinkt. Außerdem beim prärenalen Nierenversagen - hier ist nicht die Niere kaputt, sondern sie wird nicht genug durchblutet (Herzschwäche, verengte Nierenarterie durch Arteriosklerose [Cholesterin -> *wink*] usw). Der Harn ist deswegen konzentriert, weil im Sammelrohr verstärkt Wasser resorbiert wird, um den Blutdruck zu halten.

Der Urin ist desweiteren besonders Dicht, wenn osmotische Diuretika oder Glukose (Diabetes) im Harn sind.

-Ist eine akute Glomerulonephritis immer beidseitig und somit
eine mögliche Urache für das Symptom der Anurie?

Mir ist nichts anderes bekannt.

Meines Wissens sind Ursachen für Glomerulonephritis z.B.
einige Infektionskrankheit, aber meist eine
Autoimmunerkrankung (post-Streptokokken-Infektion)- sind immer
beide Nieren betroffen aufgrund des spezifischen Gewebes…?

Ja. Abstruse Ausnahmen mögen die Regel bestätigen.

-Warum ist eine erhöhte Harnstoffausscheidung ein Hinweis auf
Nieren-Ausscheidungsinsuffizienz? Harnstoff ist doch das
Endprodukt vom Eiweissstoffwechsel, der wird doch möglichst
vollständig ausgeschieden oder seh ich da was falsch- hm,
erscheint mir irgendwie unlogisch…

Der Harnstoff_konzentration_ im Urin und im geringeren Maße auch die absolute Menge hängt genau wie die Dichte vom Ausmaß der Wasserresorption im Sammelrohr ab. Sie ist also nur beim prärenalen, aber nicht beim renalen Nierenversagen erhöht. Wobei die Menge dann natürlich auch im Veraluf des letzteren Falles irgendwann absinkt, spätestens dann, wenn die glomeruläre Filtration in die Knie geht.

So, das war Nierenanatomie, -physiologie und -pathologie im Turboverfahren. Irgendwas verstanden? Die Materie ist leider ziemlich komplex…

Oliver

Vielen lieben Dank
Hallo Oliver und Salbader!

Ihr habt mir sehr weitergeholfen, es ist ja nicht so, dass ich keine Bücher durchwälze, aber einiges bleibt doch meist unklar bzw. wird nicht sehr tiefgreifend erklärt, und da bietet sich doch so ein Forum bestens an, oder?!

schönen tag noch, shockscrew

Hallo shockscrew,

klar bietet sich das Forum an, mein erster Satz war ja auch nicht böse gemeint. :smile:

Viel Spaß weiterhin beim Lernen!
Salbader