Vor 5300 Jahren - Ötzis Nagelpflege

Hallo wwwler,

in Ermangelung eines Brettes Archäologie versuche ich nun meine Frage, die sich auf die Zeit vor 5300 Jahren bezieht, trotzdem im Mittelalterbrett zu stellen (welches Brett würdet ihr dazu sonst noch wählen? Sonstiges?)

Gestern früh kam im öffentlichen Programm eine Art Verfilmung des Ötzialltags anhand der Forschungsergebnisse über Ötzi, die bis jetzt vorliegen. Es wurde auch die Antiparasitenpflege im Frühjahr erwähnt. Wie sah es aber mit dem kürzen der Fingel- und Fußnägel aus? Gab es da schon spezielles Werkzeug, wurden sie abgeknabbert, geschliffen …?

Ich weiß, das Thema ist ein bißchen unappetitlich. Ich bin aber doch recht neugierig geworden, wie der Alltag damals so bewältigt wurde und ich persönlich würde gerne mehr darüber lesen und lernen (Techniken und Naturkunde aller Art und auch die Fertigkeiten, die schon vorhanden waren, Rechtsempfinden …)

Lieben Gruß, Faten

Hallo Faten,

zu den Fingernägeln kann ich Dir wenig anbieten, die Geschichtsforschung ist bei solch alltäglichen Dingen doch recht unterentwickelt… Ich tippe auf abknabbern. Eine nennenswerte Metallverabeitung hat es dieser zeit noch nicht gegeben, Ötzi war also auf Werkzeuge aus Knochen, Holz oder Stein angewiesen. Das engt da die Möglichkeiten etwas ein…
Viel ist über die Mitteleuropäer dieser Zeit nicht bekannt. So wird ja auch immer noch orakelt, was Ötz überhaupt über die Alpen getrieben hat. Nach den bisherigen Erkenntnissen kann es mit der euopäischen Siedlungskultur nicht weit her gewesen sein damals. Die Menschen lebten noch ohne staatliche oder auch nur stammesmäßige Gliederung auf der Basis primitiver Dorfgemeinschaften weitgehend als Jäger und Sammler. Ackerbau war noch unbekannt, Handwerk im heutigen Sinne gab es auch nicht. Eine Spezialisierung in der Berufsausübung existierte nicht, es gab nochkeine Händler oder so, allenfalls gelegendlichen Tauschhandel von Dorf zu Dorf.
Sicher haben sich Menschen schon Gedanken gemacht über sich und die Welt, sicher glaubten sie an irgendwelche Götter oder Gewalten und hatten auch eine Vorstellung davon, was hinter dem nächsten Dorf lag. Wir wissen nur nicht, wie das aussah.

Gernot

Hallo Faten!

Nagelpflege bei unseren Altvorderen??? Wozu denn das??
Die haben mit ihren Fingern gearbeitet, da wuchs nichts nach. Die hatten eher Schwierigkeiten damit, Kleines anfassen zu können, da die Nägel zu kurz waren.
Die Hand war d a s Werkzeug zu der Zeit.

An den Füßen ebenso. Auch mit ihnen wurde gearbeitet. Damals waren Füße keine platten Flossen, auf denen man nur stand. Füße waren ebenso Handwerkszeug, wie heute bei armlosen Menschen.
Außerdem wurde im Sommer, teilweise bis in den Winter hinein, barfuß gelaufen. Man lief nur auf Sand und die Zehen gruben sich bei jedem Tritt in den Boden ein.
Gruß Werner.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Gruß Werner,

Kann Deine Antwort bestätigen, arbeite in Garten und Werkstatt,die Nägel brechen eher als sie lang werden.

En guete Rutsch wünscht Euch

Fritz
(aus dem Ch-Urwald)

Rasieren usw. in der Jungsteinzeit
„Ötzi“ hatte keinen Bart, obwohl er ein erwachsener Mann war, also muß er sich rasiert haben, es sei denn, er riß sich die Barthaare aus (aua!).
Aus bronzezeitlichen Funden sind halbmondförmige Gegenstände bekannt (und zwar eine Menge), die innen geschärft waren und allgemein als Rasiermesser gedeutet werden. Eindeutige „RasierSTEINE“ gibt es leider nicht. Dafür aber Feuersteinmesser von solcher unbeschreiblichen Qualität und Pracht (Feuersteindolch von Hindgavl/Dänemark; 3. Jahrtausend v.u.Z.), daß ich „Ötzi“ die Herstellung von „Rasiersteinen“ zutraue.

Die Moorleichen, die allerdings bedeutend jünger sind als „Ötzi“, haben durchweg sorgfältig geschnittene Fuß- und Fingernägel.

Meines Erachtens hat sich Ötzi die Nägel mit dem Feuersteinmesser geschnitten. Eingerissene Nägel hindern derart am Gehen und Arbeiten, daß das Einreißen- oder Abbrechen-Lassen der Nägel als Normalzustand mir nicht glaubhaft erscheint.

(in) … Verfilmung des Ötzialltags … wurde die Antiparasitenpflege im Frühjahr erwähnt.

Das dadden? Antiparasitenpflege? Schön wars, wenn das damals gegangen wäre. Wo sich einmal Spuren über Parasitenbelastungen erhalten haben (z.B. in versteinerten Exkrementen), dort zeigt sich ein ekelerregender Befall mit Eingeweidewürmern, darunter Spulwürmern; es muß den Menschen geradezu im A… gewimmelt haben (an die Leser: Bitte einmal schütteln). Und die Spulwürmer wiederum sind eine „Krankheit schmutziger Hände“.

  • Django -

„Ötzi“ hatte keinen Bart, obwohl er ein erwachsener Mann war,
also muß er sich rasiert haben, es sei denn, er riß sich die
Barthaare aus (aua!).
Aus bronzezeitlichen Funden sind halbmondförmige Gegenstände
bekannt (und zwar eine Menge), die innen geschärft waren und
allgemein als Rasiermesser gedeutet werden. Eindeutige
„RasierSTEINE“ gibt es leider nicht. Dafür aber
Feuersteinmesser von solcher unbeschreiblichen Qualität und
Pracht (Feuersteindolch von Hindgavl/Dänemark; 3. Jahrtausend
v.u.Z.), daß ich „Ötzi“ die Herstellung von „Rasiersteinen“
zutraue.

Die Moorleichen, die allerdings bedeutend jünger sind als
„Ötzi“, haben durchweg sorgfältig geschnittene Fuß- und
Fingernägel.

Hallo !

Finger- und Fußnägel wuchsen an dem Toten erstmal weiter. Deshalb sehen bei Moorleichen die Nägel sonderbar sauber geschnitten aus. Im Gegenteil, sie waren abgeschabt bis zum Nagelbett und bei nachfolgendem Wuchs (am Toten), sind sie sehr sauber herausgewachsen. Das ist allgemein bekannt.

Meines Erachtens hat sich Ötzi die Nägel mit dem
Feuersteinmesser geschnitten. Eingerissene Nägel hindern
derart am Gehen und Arbeiten, daß das Einreißen- oder
Abbrechen-Lassen der Nägel als Normalzustand mir nicht
glaubhaft erscheint.

Ich weiß nicht, ob Du schon mal mit Leuten zusammengekommen bist, die wirklich noch mit ihren Händen arbeiten. Bauarbeiter, zum Teil Landwirte, Bergleute, sieh Dir mal deren Hände an!!!
Diese Leute haben kein Problem mit zu langen Nägeln, im Gegenteil, sie sind zu Haus bei manchen Hausarbeiten vollkommen hilflos, weil die Finger dick verschwielt und die Nägel nicht vorhanden sind.

(in) … Verfilmung des Ötzialltags … wurde die Antiparasitenpflege im Frühjahr erwähnt.

Das dadden? Antiparasitenpflege? Schön wars, wenn das damals
gegangen wäre. Wo sich einmal Spuren über Parasitenbelastungen
erhalten haben (z.B. in versteinerten Exkrementen), dort zeigt
sich ein ekelerregender Befall mit Eingeweidewürmern, darunter
Spulwürmern; es muß den Menschen geradezu im A… gewimmelt
haben (an die Leser: Bitte einmal schütteln). Und die
Spulwürmer wiederum sind eine „Krankheit schmutziger Hände“.

Die Kinder, die in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts aufwuchsen, (also 1940/50), wurden von den gleichen Würmern und Parasiten geplagt. Frag mal Deine Großeltern!
Als ich in den Jahren zur Schule ging, war es üblich, während des Unterrichts zu verschwinden, weil sich wieder mal ein Bandwurm gemeldet hatte, der raus wollte. Oder daß die Mütter ihren Kindern dabei halfen, die Spülwürmer los zu werden.
Schmutzige Hände sind nicht die Ursache, sondern die Düngung der Gärten mit menschlicher Jauche. Damals war fast jeder Selbstversorger, auch die Städter.
Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg und die Steinzeit waren sehr ähnlich. Wir gingen bis spät in den Herbst barfuß, weil es keine Schuhe gab und weil es Spaß machte. Nägelschneiden gab es nicht, die waren immer glatt.
Gruß Werner

  • Django -

Habe den Film auch gesehen - gefiel mir, bin aber kein
Sachverständiger. Gibt es noch Meinungen/Kommentare zum Film -
mal abgesehen von der Nagelpfleg

Eine Spezialisierung in der Berufsausübung existierte

nicht, es gab nochkeine Händler oder so, allenfalls
gelegendlichen Tauschhandel von Dorf zu Dorf.

Einspruch Euer Ehren!

Mittlerweile geht man davon aus, dass es einen regen Handel von Feusteinwerkzeugen ueber die Route gegeben hat, die der Oetztal-Mann nahm. Es gibt sogar Wissenschaftler, die davon ausgehen, dass er sozusagen geschaeftlich unterwegs war. Zumindest deuten Funde von recht aehnlichen Werkzeugen dies- und jenseits der Alpen darauf hin. Dass der Mann evtl. ein Schamane gewesen sein koennte (verschiedene seiner Besitztuemer wie auch seine Taetowierungen deuten darauf hin) muss kein Gegenargument sein.

Gruss

Henriette (die sich auch fragt, warum es noch kein Board Archaeologie gibt!)

Hallo Henriette,

sicher gab es Handelsverbindungen. Aber richtige Kaufleute wird es wohl nicht gegeben haben, wovon hätten die in einer Naturalwirtschaft leben sollen?
Das über den Tauschhandel von Dorf zu Dorf mitunter sehr große Entfernungen überwunden werden konnten, ist ja auch z.B. von nordamerikanischen Indianern bekannt. Dem würde auch entsprechen, daß unter Umständen ein Schamane, wenn er zwischen den Dörfern wanderte, Tauschprodukte quasi als Nebenerwerb mitnahm. Dabei werden gerade Dinge eine Rolle gespielt haben, die leicht und selten waren, weil sie gut zu transportieren waren und auf Grund der Seltenheit großen Wert hatten.
Eventuell hat es ja auch schon so was wie Heiratshandel gegeben, wenn ein Mann eine Frau aus einem anderen Dorf heiraten wollte und eine Art Brautpreis entrichten mußte.

Gernot Geyer

Hallo Gernot!

So, ich habe jetzt mal den Artikel 'rausgekramt, auf den ich mich bezog. Ich habe ihn komplett abgeschrieben. Man mag nun einwenden, dass es sich beim Spiegel nicht unbedingt um ein archaeologisches Fachmagazin handelt, aber eine gewisse serioesitaet kann man denen ja nun auch nicht absprechen…

Hier der Text aus dem Spiegel 47/1999, Seite 249 (ist im Online-Archiv leider nicht zu finden!):

"Oetzi - Verkaeufer von Flintstein?

Einer neuen Hypothese zufolge starb der Gletscherlaeufer Oetzi, den Experten bisher fuer einen Jaeger oder Hirten hielten, als Aussendienstmitarbeiter eines Flintsteinwerks. >>Vor 5200 Jahren existierte in Europa ein weit verzweigter Handel mit Feuerstein>Was soll ein Viehtreiber oder ein Jaeger in einer 3000 Meter hohen Gesteinswueste?>Vieles spricht dafuer, dass der Mann bei einem Verkaufstrip nach Bayern verunglueckte.[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Henriette,

diesen Artikel kannte ich noch nicht. Das ändert natürlich einiges. Allerdings stellt sich die Frage, was die Händler dagegen eingetauscht haben könnten. Es mußte ja laicht sein, sie mußten ja zurück über die Alpen und es mußte etwas sein, daß wiederum in der Nähe der Gruben von einigem Wert war …

Irgendwie paßt die Existens eines Fernhandelsnetzes einfach nicht richtig isn Bild, vor allem auch, weil sich daraus nichts weiter entwickelte für die nächsten Jahrhunderte. Die Römer und Griechen fanden ja im Norden nichts nennenswertes vor, nicht mal irgendwelche Kenntnisse über das unmittelbare Grenzgebiet hinaus.
Schließlich verschwinden ja Fernhändler, wenn sie einmal vorhanden sind, nicht einfach so wieder. Irgendwie hätte sich das doch weiterentwickelt und irgendwann hätten die doch auch das im Mittelmeerraum mittlerweie erfundene Geld eingeschleppt…

Das scheint mir die Theorie der Jäger schon plausibler. Die brauchten den Feuerstein. Also zogen wohl einzelne Jäcger im Auftrag ihres Dorfes los, um am Ort der Gruben den Feuerstein einzutauschen. Dann kamen sie zurück und jagden weiter. Sie wurden aber deshalb nicht zu Händlern. Die Bauern und Handwerker im Mittelalter zogen ja auch mit ihren Produkten zum Markt, verkauften und kauften dort an die ansässigen Stadthändler und Handwerker und fuhren wieder heim.
Das ergibt in dieser frühen Zeit durchaus Sinn und war auch nicht selten. Der Kunde ging zum Lieferanten und kaufte soviel, wie er brauchte.
Das vereinfachte vieles. Vor allem löst es das Transportproblem über die Alpen. Der Jäger mußte nur genau so viel Tauschartikel mitschleppen, daß es für die benötigten steine reichte. Er war ja nicht auf Gewinn aus, sondern wollte einfach ein paar Pfeilspitzen. Der Händler hätte auf dem Rückweg viel mehr schleppen müssen, weil er ja mit seiner Familie vom Handelsertrag hätte leben müssen.
Dann wäre Öetzi auf dem Rückweg gewesen und zwar als Einzelwanderer. Karawane ist überhaupt Unsinn, die hätten ja nach ihm gesucht. Man darf ja eins nicht vergessen: Die relativ seltenen Funde sind das Ergebnis aus jahrhundertlanger Handelstätigkeit. Daraus einen schwungvollen Handel zu kontruieren ist doch wohl recht gewagt.

Gernot Geyer

Jau, ich erinnere mich noch gut an die weißen Würmerchen, die aus dem „Häufchen“ rauswinkten.
Ekelhaft sah es auch aus, wenn man mal in das „Plumpsklo“ reinschaute.
Ich erinnere mich, daß die Würmerplage besonders zur Obsternte aufkam. Im elterlichen Haus wurde stets irgend ein Hausmittelchen dagegen bereitgehalten.
Bei meinen eigenen Kindern (geb. 1965 und 1968) hatten wir das nur einmal und es gab auch gleich ein wirksames Gegenmittel.

Komisch, früher muß es auch mehr Verstopfungen gegeben haben. Vater hatte in seinem Medizinschränkchen ein Klistier (Ein kleiner Gummiball mit einer Spitze dran), mit dem uns Kindern eine Portion lauwarmes Seifenwasser in den Darm gepustet wurde. Danach sollte man ein kleines Weilchen mit zusammengekniffenen „Backen“ auf dem Klo sitzen, damit die Seifenlösung ihre Wirkung richtig entfalten konnte. Wenn alles richtig gemacht wurde, war das Problen Verstopfung behoben.

Die Kinder, die in den 40er und 50er Jahren des 20.
Jahrhunderts aufwuchsen, (also 1940/50), wurden von den
gleichen Würmern und Parasiten geplagt. Frag mal Deine
Großeltern!
Als ich in den Jahren zur Schule ging, war es üblich, während
des Unterrichts zu verschwinden, weil sich wieder mal ein
Bandwurm gemeldet hatte, der raus wollte. Oder daß die Mütter
ihren Kindern dabei halfen, die Spülwürmer los zu werden.
Schmutzige Hände sind nicht die Ursache, sondern die Düngung
der Gärten mit menschlicher Jauche. Damals war fast jeder
Selbstversorger, auch die Städter.
Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg und die Steinzeit waren sehr
ähnlich. Wir gingen bis spät in den Herbst barfuß, weil es
keine Schuhe gab und weil es Spaß machte. Nägelschneiden gab
es nicht, die waren immer glatt.
Gruß Werner