Abgrenzung ehtischer Begründungssysteme

Hallo liebe Leute,

Könnte mir wer bei der Abgrenzung von ethischen Begründungssystemen helfen?

Ich würde gerne die Unterscheide zwischen Ontologie, Kategorischer Imperativ, Utilitarismus und Diskursethik wissen. Was grenz die einzelnen Begründungssysteme untereinander ab? Welche verschiedene Anschauungen gibt es?

Vielen Dank für die Hilfe!

Ethische Begründungssysteme
Hi.

Ich würde gerne die Unterscheide zwischen Ontologie,
Kategorischer Imperativ, Utilitarismus und Diskursethik
wissen. Was grenz die einzelnen Begründungssysteme
untereinander ab?

  1. Du meinst vermutlich die deontologische Ethik. Die besteht darin, bestimmte Handlungen als moralisch gut oder schlecht zu bewerten unabhängig von möglichen Konsequenzen der Handlung. Beispiel: das Tötungsverbot. Das gilt für die Anhänger dieser Ethik auch dann, wenn das Töten in einem bestimmten Fall (Tyrannenmord) positive Folge für viele Menschen haben könnte.

  2. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: die utilitaristische Ethik würde den Tyrannenmord befürworten, da er für eine größtmögliche Zahl von Menschen den maximalen Nutzen verspricht. Das ist das Prinzip des Utilitarismus (statistische Glückmaximierung).

  3. Kants Imperativ besagt einfach, dass man in einer bestimmten Situation so handeln solle, wie es vernünftigerweise jeder andere Mensch in der gleichen Situation auch würde. Die Betonung liegt auf „Vernunft“, was natürlich Definitionsbedarf hervorruft.

  4. Habermas´ und Apels Diskursethik legt den Konsens der Diskursteilnehmer über ethische Normen zugrunde. Als „ethisch“ gilt die Norm, denen jeder Teilnehmer unter herrschaftsfreien Bedingungen zustimmen würde.

Chan

Lieber Lieblingsbier,

vielleicht kriegst du ja jetzt wirklich eine Liste aller Anschauungen, aber ich jedenfalls finde, du solltest einige speziellere Fragestellungen herausarbeiten, damit wir nicht ins Leere faseln. An der Ontologie brauchst du dich nicht festzulesen. Den Kategorischen Imperativ kennst du. Manche Zwecke entsprechen ihm, andere nicht.

Als eine etwas speziellere Frage würde ich vorschlagen: Konkurriert die pragmatische Diskurstheorie unmittelbar mit Ethiken?

Bumi

Kants Imperativ sagt NICHT, du sollst so handeln, wie es jeder andere tun würde, sondern tun SOLLTE.
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Hallo,

Vielen Dank schon mal für eure Antworten und auch für den Versuch die Fragestellung zu konkretisieren. Es ist absolut richtig, sie ist sehr allgemein gehalten.

Grundsätzlich geht es darum, die verschiedenen ethischen Begründungssysteme von einander abzugrenzen und dies zu begründen. Der Kontext ist auch der, der „Sozialen Arbeit“.

Grundsätzlich lässt sich doch sagen, dass der Kategorische Imperativ ein „deontologisches“ Prinzip innehat, also die Absicht zählt, die Motivation. Beim Utilitarismus ist es ein teleologisches Prinzip, also die Konsequenz iost maßgebend für einen moralischen Beurteilungsmaßstab.

Ich selber bin in den ethischen Begründungssystemen nicht ganz so fit, deswegen meine Frage hier und ich bin dankbar für weitere Anregungen. Vielleicht handelt es sich nicht um einen Diskurs, sondern einfach nur um das sammeln einzelner Überlegungen zu den ethischen Begründungssystemen.

Bei der Diskursethik geht es grundsätzlich darum, dass ein Konsens gefunden wird, der maßgebend für alle ist. Dies kann nur durch ein formalistisches Prinzip vollzogen werden. Also die Form der Kommunikation (Habermas?)

Ach… Ich red auch nur um den heißen Brei rum… sorry!

Grüße,

Danke für die Beispiele.

Beispiele sind sehr hilfreich!!

Streben nach Glück
Die Ethik des Utilitarismus nach dem englischen Philosophen John Stuart Mill geht vom Streben nach Glück des Einzelnen aus zum Wohle der Allgemeinheit.

Universalisierung der Maxime

Kants Imperativ sagt NICHT, du sollst so handeln, wie es
jeder andere tun würde, sondern tun SOLLTE.

„Tun würde“ nach den Kriterien der Vernunft, schrieb ich. Das ist etwas ganz anderes.

Es geht Kant primär auch nicht um ein abstraktes Sollen, sondern um das Universalisierungspotential der Maxime. Erst aus diesem Potential folgt (sekundär) ein Sollen.

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich
wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Chan

Drei Ebenen der Ethikbegründung
Hi.

Grundsätzlich lässt sich doch sagen, dass der Kategorische
Imperativ ein „deontologisches“ Prinzip innehat, also die
Absicht zählt, die Motivation.

Kants Prinzip hat nichts mit Absichten zu tun, sondern fordert nur, dass eine Handlung universalisierbar ist. Es hat auch nichts mit der deontologischen Ethik zu tun, die nämlich konkretisiert bestimmte Handlungen als gut oder böse, während Kants Prinzip rein formal ist und keine konkreten Verhaltensnormen vorschreibt.

Beim Utilitarismus ist es ein teleologisches Prinzip, also die Konsequenz ist maßgebend für einen moralischen Beurteilungsmaßstab.

Die kollektive Glücksmaximierung ist hier das Richtmaß. Einzelne Handlungen haben diesem Ziel zu dienen.

Bei der Diskursethik geht es grundsätzlich darum, dass ein Konsens gefunden wird, der maßgebend für alle ist. Dies kann nur durch ein formalistisches Prinzip vollzogen werden.

Ich versuch´s mal im Zusammenhang darzustellen. Dabei ordne ich den vier Systemen drei verschiedene Ebenen zu:

  1. Das deontologische Prinzip bestimmt konkrete Verhaltensweisen als gut oder böse, unabhängig von den Folgen.

  2. Das utilitaristische Prinzip schaut nicht auf die Handlung, sondern auf deren Folgen.

  3. Der Kantische Imperativ steht eine Abstraktions-Ebene ü b e r den vorgenannten Prinzipien. Hier wird dem einzelnen Subjekt anheimgestellt, welche der beiden Prinzipien es für verallgemeinerungsfähig (universalisierbar) hält. Der Imperativ schreibt also nicht vor, dass man deontologisch oder utilitaristisch motiviert handelt, sondern fordert vom Subjekt, sich darüber Rechenschaft abzulegen, ob die von ihm gewählte Handlung auch für alle anderen Subjekte als Richtlinie dienen könne. Die gewählte Handlung kann deontologisch oder utilitaristisch motiviert sein, das ist im Zusammenhang mit dem Imperativ völlig egal.

  4. Habermas´ Diskursethik steht noch einmal eine Abstraktions-Stufe d a r ü b e r. Sie besagt, dass die Entscheidung, die das Subjekt gemäß des Kantischen Imperativs betroffen hat, allen anderen Diskursteilnehmern zur Prüfung vorgelegt werden muss. Erst in diesem Diskurs wird über die Geltung des jeweiligen Universalisierungsanspruchs entschieden.

Chan

Hi Chan,
das „tun sollte“ war eine Reaktion auf dein „tun würde“, was ja sicher nicht stimmt. Zerlegst du das „tun sollte“ weiter, kannst du meines Erachtens aber kein Universlisierungspotential dagegenhalten, denn Kant formulierte „wollen können“. Das schlaue Kerlchen blieb so unmetaphysisch wie es ging.
Ansonsten tschüss, machs gut. Mir reicht ein Monat.
Bumi

Hallo Lieblingsbier,

Ontologie, Kategorischer Imperativ, Utilitarismus und Diskursethik

Ontologie ist für die Ethik insofern relevant, als dass „das Seiende“/die Existenz an sich über die momentane Befindlichkeit eines Einzelmenschen gestellt wird; sie zeigt die Suche nach dem Mitmenschen bzw. der gemeinsamen Sprache. Was die konkrete Ethik betrifft, appelliert sie (soweit mir bekannt) ans Gefühl und begründet keine konkreten Normen.
Sie begründet aber die Notwendigkeit einer Ethik.

Der Kategorische Imperativ bezieht sich auf einen möglichst realistisch vorausgedachten Mitmenschen; Ch’an hat das Wesentliche dazu gesagt. Der Grundgedanke ist das Individuum: Ich rechne damit, dass ein anderes Individuum ein ebenbürtiges Bewusstsein hat. Kritik: Es wird nur eine negative Freiheit (Freiheit von…) definiert, nicht eine Freiheit „zu“. D. h. man darf einander in Ruhe lassen, aber wer den anderen liebt, wird von dieser Ethik „bestraft“.

Der Utilitarismus geht theoretisch vom Nutzen aus, was auf den ersten Blick einleuchtet. Sein Problem ist das „cui bono“: W e m nütze ich mit der gesetzten Norm bzw. der getroffenen Entscheidung; der Utilitarismus geht einerseits mit dem Gedanken an ein (schwer zu definierendes) Gemeinwohl, andererseits mit (leicht vordefinierter und darum oft im Vordergrund stehender) Selbstsucht einher.

Die Diskursethik kann man wohl am ehesten als Fortentwicklung des kategorischen Imperativs sehen: Die Individuen, die einander „freiheitlich“ in Ruhe lassen sollten, sind jetzt gehalten, sich gegenseitig einzubringen und zu engagieren, um ihre Interessen zu vertreten. Kritik: Wer am lautesten schreit oder den besten Anwalt hat, kommt in die Kränze; Gewinner ist, wer sich am besten verkauft.

Gruss,
Mike