Zirkel-Logik

Hallo,

nachfolgenden Text schrieb ein Poster im Artikelbaum „Gottesglauben und Naturgesetze“ (vgl. unten):

  1. Gott ist der Schöpfer der Natur(gesetze).
  2. Gott drückt sich in der Natur, in den Naturgesetzen, aus. Deus sive Natura.
  3. Gott ist das unerkennbare ganz Andere der Natur(gesetze).

Das sollten die drei Grundformen des Verhältnis zwischen Gott und der Natur, den Naturgesetzen, sein.

„Sollten sein“??? Derselbe Poster fragt auf einen „Einwurf“ hin ganz erstaunt, wie aus allen Wolken gefallen: Warum ist das eine Zirkel-Logik??? Unsere Kultur ist in ihrem religiös-politischen GLAUBEN seit Jahrtausenden unbewusst verstrickt, wie schon SOKRATES erkannte. Die zentrale Erkenntnis von SOKRATES wird aber immer noch nicht praktisch für unser heutiges Medienzeitalter genutzt, um den von SOKRATES als erstem Philosophen des Abendlandes verwendeten Begriff „Wissenschaft“ anzuwenden.

Deshalb bitte ich mitzuhelfen, diese Zirkel-Logik aufzuklären - danke vorab.

Gruß
C.

Hallo

Das ist kein Zirkelschluss, weil es (wie Ernst Tyllmesz bereits klargestellt hat) überhaupt kein Schluss sein will. Es ist eine Aufzählung dreier unabhängiger Erklärungsmodelle, in denen Naturgesetze und Gottesglauben miteinander vereinbar sind.

Soll heißen: 1 und 2 sind keine Prämissen. Und 3 ist keine Schlussfolgerung. Und das ganze ist kein Syllogismus, dessen Logik man angreifen kann, sondern eine adäquate Antwort auf die Frage, die gestellt wurde.

Punktum Streisand drauf.

pedter

Hi, ich dachte in der Philosophie als „Wissenschaft“ kann man nicht dreimal hintereinander mit dem religiösen Begriff „Gott“ den wissenschaftlichen Begriff „Naturgesetze“ erklären. Da von einer „Aufzählung“, wie du sie deutest, nicht die Rede war, habe ich einen kausalen Zusammenhang als logische Beweisführung unterstellt. Aber du hast recht, es ist keine Schlussfolgerung, was ich voraussetzte, sondern Gottesglaube in Verbindung mit Naturgesetzen. Das ist zu vereinbaren, weil kein wissenschaftlicher Anspruch erhoben wird. Man kann das also GLAUBEN, wenn man es denn will und keinen wissenschaftlichen Anspruch erhebt.

Grüße
C.

Unterschied von Glauben und Wissen.
Will noch einige Anmerkungen geben, bezogen auf den UP-Text:

  1. Gott ist der Schöpfer der Natur(gesetze).
  2. Gott drückt sich in der Natur, in den Naturgesetzen, aus. Deus sive Natura.
  3. Gott ist das unerkennbare ganz Andere der Natur(gesetze).

Das sollten die drei Grundformen des Verhältnis zwischen Gott und der Natur, den Naturgesetzen, sein.

Hier wird ein religiöser Glaube mit einem Begriff der Wissenschaft (Naturgesetze) verbunden. Somit ist der Glaube an Gott in der Natur ein Glaube und kein Wissen, in dem Sinne, wie es der Begründer des Begriffs „Wissenschaft“, der griechische Philosoph SOKRATES meinte und von Platon überliefert ist. Deshalb ist die Interpretation des Philosophen und Mathematikers, des Harvard-Professors Whitehead eine Mega-Erkenntnis, wenn er sagt, die ganze abendländische Philosophie sei nur „eine Fußnote“ zu Platon. Ich füge hinzu, dass ich weiter zurück gehe auf Platons Lehrer, nämlich auf SOKRATES, der wie gesagt, als erster Philosoph unserer Kultur von „Wissenschaft“ spricht, im Unterschied zum Glauben.

Wenn aber auch die „Wissenschaft“ als Glauben genauso leidenschaftlich verteidigt wird, wie eine Religion, wäre es erstrebenswert, statt nur von „Wissenschaft“, wie es SOKRATES tat, von wirklichem WISSEN zu sprechen.

In Bezug auf die so genannte Wissensgesellschaft (vgl. Peter F. Drucker) ist die „Wissenschaft“ nur ein Teil der sozialen Wirklichkeit und nicht, wie es dogmatische Gläubige gerne hätten (die selber gar keine Wissenschaftler sind!), eine „Wahrheit“, der sich nunmehr alle Menschen unterzuordnen hätten, was ja bei ca. 5,5 Milliarden Anhänger einer Religion nur so möglich ist, dass diese Gläubigen immer nur die „Wissenschaft“ in Verbindung mit ihrem religiösen Glauben bringen, was dann aber kein Wissen ist im Sinne des griechischen Philosophen SOKRATES.

Hi Claus.

Seit Sokrates arbeitet (mindestens von da ab haben wir was schriftliches) die Wissenschaft kritisch an ihre Grundlagen.
Was macht die Glaubensschaft?
Versucht die Ergebnisse der Wissenschaft vereinnahmen nach Gutdünken.
Um etikettieren nennt man das oder Trittbrettfahren?:smile:

Gruß.

Balázs

  1. Gott ist das unerkennbare ganz Andere der Natur(gesetze).

Hallo liebe Forumgemeinde,

Der 3. Punkt ist doch ein Zirkelschluss oder irre ich mich?

Schöne Grüße,
Alex

Hi Balazs,

wenn es denn so ist, dass der Gottesglaube immer höher und immer darüber steht zur Wissenschaft, sind alle wissenschaftlichen Erkenntnisse kein wirkliches Gegenargument zu einem religiösen Glauben. Die Wissenschaft hat sich gelöst von der ehemals führenden Rolle der Religion und der Philosophie, das entspricht heute den soziologischen Tatsachen.

Der Vorwurf des Physikers Hawking, die Philosophie hätte es versäumt, sich den Entwicklungen der Naturwissenschaften anzupassen, wurde hier schon mal diskutiert (siehe Archiv). Meines Erachtens wäre aber die Aufgabe der Philosophie, darauf aufmerksam zu machen, was der Ursprung des Begriffes „Wissenschaft“ im Sinne des SOKRATES einst für ein Nutzen hatte.

Wenn die Philosophie diesen ursprünglichen Nutzen von SOKRATES neu zu interpretieren versteht, kann sie ihre ursprüngliche Aufgabe wieder erfüllen und einen Führungsanspruch über alle Einzelwissenschaften hinaus erheben und als ein Integrationsmodell für sämtliches Wissen in der globalen Medien-und Wissensgesellschaft sein. Nach meiner Ahnung gibt es zwei Entwicklungslinien der „Wissenschaft“. Die erste geht auf Pythagoras zurück, der lehrte, dass der Kosmos von Gott geschaffen ist und das Prinzip der Erkenntnis die Zahl sei. Diese Philosophie war deshalb so viel erfolgreicher als jede andere Philosophie, weil sie von der jeweiligen Kulturprägung und der politisch beanspruchten „Wahrheit“ unabhängig ist. Der unglaubliche Erfolg dieser Philosophie ist die Technik.

Nach dieser Deutung wäre der Begriff „Wissenschaft“ also nicht nur an SOKRATES und dem von ihm begründeten Begriff „Wissenschaft“ gebunden, weil sich die Wissenschaft mittlerweile sowohl von der Führungsrolle der Religion als auch von der Philosophie vollständig verselbständigt hat. Trotzdem propagiere ich nach wie vor die von SOKRATES begründete „Wissenschaft“ in Form der wissenschaftlichen Selbsterkenntnis, die ich über alle „objektive“ Wissenschaft hinaus immer darüber stelle als ein unmittelbar erfahrbares Wissen, im Sinne meines eigenen evidenten Selbstbewusstseins.

Gruß
C.

Hi Claus

Wenn die Philosophie diesen ursprünglichen Nutzen von SOKRATES
neu zu interpretieren versteht, kann sie ihre ursprüngliche
Aufgabe wieder erfüllen und einen Führungsanspruch über alle
Einzelwissenschaften hinaus erheben

Gerade dieser Anspruch ist mit nichts zu gerechtfertigten.
Die Philosophie sollte ihr Kind begleiten, unterstützen und nicht dirigieren. Zuhören heißt die Devise, das Kind ist ja schon ziemlich erwachsen und hat Mutti (Oma?:smile: viel viel interessantes zu sagen:smile:

Gruß

Balázs

Hallo

Es ging hier gewissermaßen um die Frage, wie Gott und die Naturgesetze koexistieren könnten, ohne sich in die Quere zu kommen. In dem Punkt den du ansprichst, wird der Bereich, den wir mit unseren fünf Sinnen erfassen können und mithilfe der Wissenschaften zu verstehen versuchen, von einem anderen Bereich abgegrenzt, der sich unseren Sinnen gänzlich entzieht, und mit Gott identisch ist.

In anderen Worten: Wenn Naturgesetze für das Erkennbare zuständig sind, und Gott das Nicht-Erkennbare ist, dann gibt es keinen Berührungspunkt zwischen beiden, also auch keinen Widerspruch. Dieser Satz gilt unabhängig davon, ob Gott existiert oder nicht.

Genau wie der Satz…

„Solange Hans Wurst in Berlin spazieren geht und Franz Brandwein in München, werden sie einander nicht über den Weg laufen.“

…gültig ist, gleichgültig ob die beiden existieren und spazieren oder nicht.

Schönen Abend
pedter