Der Spin des Teilchens

Hallo

Ich hätte da mal generell eine Frage zum Spin: Was zum Teufel ist das?!
Die Erklärung lautet üblicherweise „Der Spin ist der Eigendrehimpuls des Teilchens“. Was bitte hat man sich darunter vorzustellen? Die oft angegebene Analogie, der Spin wäre für das Teilchen was für z.B. die Erde die Eigenrotation ist, macht doch überhaupt keinen Sinn: Auch Teilchen die als punktförmig angesehen werden - die also nicht mehr sind als ein geschlossenes System mit Kraftfeldladungen der vier Grundkräfte, das in der Lage ist, sich durch den Raum zu bewegen - besitzen angeblich einen Spin! ??? Es gibt doch dort gar keine Ausdehnung so das überhaupt Eigenrotation vorhanden sein kann. Ich persönlich kann mir keinen Punkt vorstellen der eine Eigenrotation besitzt. Was also ist der Spin wirklich?

Danke für Antworten im Voraus.

Florian

Hallo Florian,

der Spin ist eine rein quantenmeschanische Eigenschaft von Elementarteilchen und Atomkernen, die sich als Eigenrotation interpretieren läßt. „Rein quantenmechanisch“ heißt, daß es im Rahmen der klassischen Mechanik nichts gibt, was der Größe „Spin“ entspricht; sie kann also klassisch-mechanisch nicht verstanden werden. Aber obwohl man sich nicht „veranschaulichen“ kann, was so ein Spin „wirklich ist“ (es geht wirklich nicht: Auf die Frage „Wie ist es einem punktförmigen Teilchen möglich, um sich selbst zu rotieren?“ kann es keine Antwort geben), kann man feststellen, welche Rechenregeln er befolgt, und dabei zeigt sich, daß es gerade die des Drehimpulses sind.

Mit freundlichem Gruß
Martin

Hallo Florian,

alle Eigenschaften, die Elementarteilchen zugewiesen sind, sind nur bedingt in unsere makroskopische Welt zu uebertragen. Zwar spueren wir die Auswirkungen von Masse oder Ladung, aber kannst Du Dir diese Dinge an sich wirklich vorstellen? Ich auch nicht. Dennoch arbeiten wir tagtaeglich damit.
Was also ist „Spin“?
Ein Quantenspin oder Spin ist eine Partikeleigenschaft. Man kann diese tatsaechlich erklaeren im Vergleich mit der Erdrotation: Wie sich die Erde um die Sonne dreht, so drehen sich Elektronen um den Atomkern. Aber Planeten haben auch noch eine Rotationsachse, wie auch Elektronen. Genau hier liegt der wesentliche Unterschied: Wenn Du ein Elektron „sehen“ koenntest, die Achse wuerde nicht zu sehen sein. Der Grund liegt darin, dass die zentralen Punkte dieses Objektes, des Elektrons, sich eigentlich nicht bewegen. Genauso, wie die Pole der Erde sich nicht gegenueber der Erde bewegen. Weil solch ein Elektron keine „anderen Punkte“ hat, die neben oder ausserhalb der Spinachse liegen, wirst Du diese nicht sehen koennen. Dies macht den Quantenspin zu einer seltsamen Eigenschaft.
Der Spin verursacht letztlich die magnetischen Eigenschaften eines Elektrons. Spin ist „gequantelt“ (oder wie auch immer das geschrieben wird), d. h. es gibt es nur in bestimmten Vielfaches einer Einheit. Dies gilt fuer alle Einheiten der Quantenphysik. Spin gibt man nun in Vielfachen von 1/2 h (h ist das "Plancksche Wirkumsquantum). Also haben Teilchen einen Spin von 1/2, 1, 3/2 usw.
Ein Spin von 1/2??? Hiermit sind wir wieder bei der Rotation. Es heisst also, dass dieses Teilchen (mit Spin 1/2) sich zweimal drehen muss um eine ganze Umdrehung zu meistern. 2 Umdrehungen sind 720 Grad. Du drehst dich einmal um Deine ganze Umgebung zu sehen, also 360 Grad. Das Teilchen kann aber keinen Unterschied zwischen den beiden Kopien sehen. Ihr beide „seht“ also genau das Gleiche (bloss der Masstab ist anders).
(Bosonen haben eine etwas andere Eigenschaft, sie haben immer ganze Spins. Photonen haben z. B. den Spin 1.)

Gruss,
Christian

Hallo

Danke für die Antwort. Gerade weil man Teilchen nicht auf makroskopische Ebene übertragen kann, habe ich ja in Frage gestellt, daß Eigenrotation eine adäquate ( wenn man das so schreibt ) Beschreibung darstellt. Ich sollte dann vielleicht mal anders fragen: Wie hat man gemerkt das es einen Spin gibt wenn es sich doch nicht um eine Rotation im klassischen Sinne handeln kann - ich meine: Durch welche Auswirkungen hat man die Drehung feststellen können - das Elektron mag dadurch eine magnetische Wirkung entfalten, aber Magnetismus entsteht ja sowieso nur wenn sich EM - Ladungen realtiv zueinander bewegen - somit ist eine magnetische Kraftwirkung als Resultat aus dem Spin irgendwie logisch - aber wie steht’s z.B. mit Teilchen, die keine EM - Ladung haben. Dort wird man keinen magnetischen Moment feststellen können, oder?!

Was mich auch wundert ist, daß der Spin gerade die niedrigsten möglichen Werte überhaupt annimmt - kleiner als 1/2h geht’s ja nicht wenn es gequantelt ist - korrigier’ mich wenn ich Mist erzähle, bin kein Physiker - warum gerade diese Werte. Oder anders ausgedrückt: Wie kommt der Spin zustande oder stecken wir immer noch diesbzgl. in der Spin - Krise?

Florian

Hallo Florian,

hat ein bisschen gedauert, aber gestern war einfach kein Durchkommen mehr.

Wie hat man gemerkt das es einen Spin gibt
wenn es sich doch nicht um eine Rotation im klassischen Sinne
handeln kann - ich meine: Durch welche Auswirkungen hat man
die Drehung feststellen können

Nun, der (historische) Grund liegt in spektroskopischen Beobachtungen. 1925 haben Uhlenbeck und Goudsmit den Elektronenspin eingefuehrt. Die Aufspaltung best. Spektrallinien im Magnetfeld (anomaler Zeemaneffekt) kann nur erklaert werden, wenn dem Elektron ein Eigendrehimpuls s zugesprochen wird und damit auch ein magnetisches Moment. Dabei ist s = 1/2 eine neue Quantenzahl, die Spinquantenzahl, gewesen.

Ohne arrogant sein zu wollen, der Rest ist bestimmt besser in Lehrbuechern beschrieben, ausreichende Details und bessere Didaktik, als ich zu schreiben vermag. (Oder hier hat auch jemand den noetigen Draht zur Didaktik.)

  • das Elektron mag dadurch eine
    magnetische Wirkung entfalten, aber Magnetismus entsteht ja
    sowieso nur wenn sich EM - Ladungen realtiv zueinander bewegen

Jein, Du wirst Magnetismus so schlechter messen koennen, aber gehe nicht von einem Stromfluss wie im Schulexperiment aus, um Magnetismus zu erzeugen.

  • somit ist eine magnetische Kraftwirkung als Resultat aus dem
    Spin irgendwie logisch - aber wie steht’s z.B. mit Teilchen,
    die keine EM - Ladung haben. Dort wird man keinen magnetischen
    Moment feststellen können, oder?!

OK

Was mich auch wundert ist, daß der Spin gerade die niedrigsten
möglichen Werte überhaupt annimmt - kleiner als 1/2h geht’s ja
nicht wenn es gequantelt ist - korrigier’ mich wenn ich Mist
erzähle, bin kein Physiker - warum gerade diese Werte.

Eigentlich schreibt man h-Querstrich oder h-Stern. Es gilt |s|=sqrt(s(s+1))h

Oder
anders ausgedrückt: Wie kommt der Spin zustande

Gar nicht, er ist einfach da.

Sorry, wenn ich nicht wirklich weiterhelfen kann,
Christian

Vielen Dank für deine Mühen - o.t.
o.t.

Ein paar Anmerkungen
Hallo Chris,

  • das Elektron mag dadurch eine
    magnetische Wirkung entfalten, aber Magnetismus entsteht ja
    sowieso nur wenn sich EM - Ladungen realtiv zueinander bewegen

Jein, Du wirst Magnetismus so schlechter messen koennen, aber
gehe nicht von einem Stromfluss wie im Schulexperiment aus, um
Magnetismus zu erzeugen.

Man sollte vielleicht hier genauer sagen, daß der Spin eines geladenen Teilchen genau die Ausnahme zur Regel ist, nämlich Magnetismus ohne Bewegung. Wie schon mehrfach erwähnt, ist eine Eigenrotation eines quantenmechanischen Punktteilchens nicht möglich, das Elektron dreht sich also wirklich nicht.

die keine EM - Ladung haben. Dort wird man keinen magnetischen
Moment feststellen können, oder?!

OK

Leider nicht ok. Das klassische Beispiel ist das Neutron, und es war bis zur Entwicklung des Partonmodells (daraus wurden später die Quarks) ein Rätsel wie ein elektrisch neutrales Teilchen ein manetisches Moment haben kann.

Was mich auch wundert ist, daß der Spin gerade die niedrigsten
möglichen Werte überhaupt annimmt - kleiner als 1/2h geht’s ja
nicht wenn es gequantelt ist - korrigier’ mich wenn ich Mist
erzähle, bin kein Physiker - warum gerade diese Werte.

Das ist jetzt rein logisch etwas verquer. Das Experiment zeigt, daß Spin in Einheiten von h-quer/2 gequantelt ist. Dafür gibt es einen mathematischen Grund, der mit der Lorentztransformation der speziellen Relativitätstheorie
zusammenhängt. Genauso wie der Spin eine rein quantenmechanische Erscheinung ist, ist auch die Relativitätstheorie eine unverzichtbare Grundlage dafür.
Nun ist es halt einmal so, daß es Teilchen mit Spin 1/2 gibt, und wir nennen sie Elektronen. Es wäre auch möglich, elementare Teilchen mit Spin 3/2 etc. anzutreffen, aber bis jetzt sind keine bekannt.

Oder
anders ausgedrückt: Wie kommt der Spin zustande

Gar nicht, er ist einfach da.

Tja, so isses. Einen Anschaulichen Grund kenne ich auch nicht. Dafür müßte man verstehen, was bei höheren Energien vorgeht, als man zur Zeit in Experimenten erzeugen kann. Wenn tatsächlich unser Standardmodell aus einer Stringtheorie folgt, dann muß man dort suchen, warum Teilchen mit Spin 1/2 „erzeugt“ werden.

Semjon.