An Schwächen arbeiten vs. Stärken stärken

Guten Abend zusammen,

ich beschäftige mich in den vergangenen Monaten häufiger mit einer Frage, zu der ich gerne mal ein paar Meinungen hören würde:

Ist es lohnenswerter / erfüllender an seinen Schwächen zu arbeiten und sie zu verbessern oder aber sich auf seine Stärken zu besinnen und diese zu stärken?

Zum Hintergrund dieser Frage:

Grundsätzlich fand ich es bisher immer eine lohnenswerte Aufgabe, sich mit seinen Schwächen auseinanderzusetzen und daran zu arbeiten, um letzendlich zu einem „runderen“ Profil zu gelangen. Nun bin ich bin aber beispielsweise seit einigen Jahren beruflich in einer Position, die einige meiner schwachen Bereiche immer wieder sehr herausfordert. Rückblickend muss ich sagen, dass ich in den vergangenen Zeit viel über mich selbst lernen und auch einiges an Verbesserung in diesen Bereichen erreichen konnte. Diese Erfahrungen haben mich definitiv persönlich weiter gebracht, aber so langsam stellen sich ernsthafte Ermüdungserscheinungen ein. Dauernd entdecke ich neues, was es zu verbessern gilt, und ich habe das Gefühl, nur noch an mir selbst rumzureparieren, unzulänglich zu sein und meine eigentlich Talente (=Stärken) gar nicht richtig einsetzen zu können. Wann ist denn genug verbessert? Und kann man in schwachen Bereichen jemals über ein Mittelmaß hinausgelangen?

Wenn man sich darüber im Klaren ist, was man gut kann, könnte man sich ja stattdessen auch auf diese Stärken konzentrieren und sich einen Job / ein (privates) Umfeld suchen, wo diese gefordert sind. Und sich dann darauf konzentrieren, in diesen Bereichen exzellent zu werden statt nur gut. Andererseits - wenn man Herausforderungen in eher schwachen Bereichen ständig ausweicht, ist das dann noch ein reflektiertes und erfüllendes Leben?

Also, was meint ihr: investiert man seine Zeit und Energie besser in die Verbesserung von Schwächen oder sollte man hauptsächlich versuchen, das zu optimieren, was man ohnehin schon gut kann? Vermutlich liegt der gute Weg in einer Kombination aus beidem - aber woran erkenne ich, was die richtige Mischung ist? Welche Fragen sollte ich mir stellen, um das (für mich) herauszufinden?

Ich würde mich sehr über Meinungen und Kommentare dazu freuen. Tips für weiterführende Lektüre zu diesem Thema sind ebenfalls willkommen.

Beste Grüße
Kerstin

Man muss eventuell erstmal darüber nachdenken ob eine vermeintliche Schwäche auch wirklich eine Schwäche ist und genauso die Stärken überdenken. Was dem einen als Schwäche erscheint, hält der anderen vielleicht eher für eine Stärke. Und was man selbst als eigene Stärke sieht, ist für andere möglicher Weise eine vollkommen nebensächliche Eigenschaft.

Es wäre interessant zu wissen, was du an dir selbst für Stärken und Schwächen siehst.

Manchen halten jemanden für einen nervigen Nörgler der überall ungefragt seinen Kommentar abgeben muss, während andere gerade diese Offenheit und unverblümte, direkte Ehrlichkeit schätzen.

Also, was meint ihr: investiert man seine Zeit und Energie
besser in die Verbesserung von Schwächen oder sollte man
hauptsächlich versuchen, das zu optimieren, was man ohnehin
schon gut kann?

Hallo Kerstin,

also ich glaube, dass man seine Stärken ausbauen muss. Es gibt viele Beispiele, wo sich Leute auf etwas konzentrieren, was sie nicht haben wollen und dann geht es meistens schief.

Es werden z.B. die Kosten reduziert, anstatt den Umsatz zu erhöhen.
Die Mitarbeiter werden mit Überwachungskameras überwacht, damit sie nicht heimlich rauchen oder was auch immer, anstatt die Mitarbeiter zu motivieren.

Solche Beispiele finden wir auch in unserem privaten Bereich. Wir versuchen, weniger zu essen oder nicht mehr zu rauchen und und und. Dabei kommt ein Sport treibender Mensch vielleicht gar nicht auf die Idee, zu rauchen oder am Abend mit Erdnüssen vor der Kiste zu sitzen.

Ich möchte Dir ein Buch empfehlen, das diess Thema behandelt:

http://www.bol.de/shop/home/suchartikel/sein_leben_n…

Allerdings ist es nicht ganz leicht zu lesen. Es ist kein Ratgeberbuch, wie man es in der Bahnhofbuchhandlung findet. Es hat ein Professor geschrieben und leider merkt man das auch. Aber der Inhalt könnte Dich in der Sache weiter bringen.

Schöne Grüße
PW

El Borbah’s Denkansatz ist auf jeden Fall sinnvoll.
Anfüllend möchte ich noch zu bedenken geben, dass das eine das andere ja nicht ausschließt.

Es macht auf jeden Fall Sinn manchmal ausschließlich auf seine Stärken zu fokussieren und zu genießen was man ‚gut‘ kann.
Damit kann man sich eine solide Basis und das nötige ‚Nervenkostüm‘ schaffen auch seine Schwächen vertragen zu können. Das gleiche gilt auch beim Umgang mit anderen.

Wer ‚kompetent‘ ist verträgt besser Kritik - auch von sich selbst.

schwäche ist echt stärke
hi,

mehrere thesen dazu von mir:

  1. man kann auch stärken einsetzen, um anderswo gelagerte schwächen abzumildern. an stärken und schwächen zu arbeiten, ist kein widerspruch!

  2. gesellschaftlich: der hype von „kontinuierlicher verbesserung“ und einer haltung, der „manager von sich selbst“ zu sein, der für jede schwäche selbst die eigenverantwortung hat, ist allgegenwärtig. eigene grenzen werden da nicht akzeptiert und das normale am menschsein, nämlich einige dinge nicht zu können, auch schwach zu sein, grenzen zu haben, eine eigene mittelmäßigkeit zu besitzen, die okay ist, das wird nicht akzeptiert, vor allem nicht, wenn es um den beruf geht, da wird man zum grenzenlosen erzogen, aber die firma wirft einen ja eh dann raus, wenn man mit 53 durch ist, wenn die gesundheit ruiniert ist. auch grenzenlos geschehen, nämlich grenzenlos verantwortungslos!

  3. stärken ausbauen ist gut für´s selbstbewusstsein, sich aber für seine schwächen auch zu lieben, ebenfalls! vielleicht sogar mehr.

…noch was
in bezug auf deine zeilen

„Diese Erfahrungen haben mich definitiv persönlich weiter gebracht, aber so langsam stellen sich ernsthafte Ermüdungserscheinungen ein. Dauernd entdecke ich neues, was es zu verbessern gilt, und ich habe das Gefühl, nur noch an mir selbst rumzureparieren, unzulänglich zu sein und meine eigentlich Talente (=Stärken) gar nicht richtig einsetzen zu können. Wann ist denn genug verbessert?“

…noch diese zweite antwort:

die ermüdungserscheinungen sind zeichen für einen falschen beruflichen bereich, eventuell die falsche abteilung, das falsche projekt, falsches team, falsche firma, falscher beruf kann(ganz selten) auch mal vorkommen.

deine beruflichen anstrengungen sollten dir langfristig eher aufzeigen, was du umgesetzt hast (oft auch in €!), was du mit deinen qualitäten bewegen konntest. das motiviert zum weitermachen.

deine zeilen klingen nach drohendem burnout und „sich verbiegen müssen“. da pass bloß auf!

Hallo,

Ist es lohnenswerter / erfüllender an seinen Schwächen zu
arbeiten und sie zu verbessern oder aber sich auf seine
Stärken zu besinnen und diese zu stärken?

Grundsätzlich, wie du selbst schon erkannt hast, wird
es immer auf eine Mischung von beiden hinauslaufen, will
man wachsen. Die Frage wird aber erstmal vom realistischen
Gehalt deiner Intention abhängen:
Was ist möglich, kurzfristig, mittelfristig und langfristig?
Wachsen kann man lebenslang und was wirklich in einem steckt
ist eher eine Sache der Selbsterfahrung, als der des
Selbstmanagement.
Denn du könntest dir auch Ziele stecken, die du bei
weiten zu übertreffen in der Lage wärest und dich dadurch
selbst begrenzen.

Grundsätzlich fand ich es bisher immer eine lohnenswerte
Aufgabe, sich mit seinen Schwächen auseinanderzusetzen und
daran zu arbeiten, um letzendlich zu einem „runderen“ Profil
zu gelangen. Nun bin ich bin aber beispielsweise seit einigen
Jahren beruflich in einer Position, die einige meiner
schwachen Bereiche immer wieder sehr herausfordert.
Rückblickend muss ich sagen, dass ich in den vergangenen Zeit
viel über mich selbst lernen und auch einiges an Verbesserung
in diesen Bereichen erreichen konnte. Diese Erfahrungen haben
mich definitiv persönlich weiter gebracht, aber so langsam
stellen sich ernsthafte Ermüdungserscheinungen ein.

Ermüdungserscheinungen sind ein wichtiger Indikator.
Wer müde ist muss schlafen, eine Auszeit nehmen.
Oftmals hat man eine Schwäche eigentlich schon
längst überwunden, nur die dauernde „Arbeit“ daran,
hält sie noch am Leben, gibt ihr Energie.
Also egal ob man einfach nur müde ist und eine Pause
braucht oder ob man einfach nur vergessen sollte
und den selbstreferenziellen Energien in uns
Raum und Zeit zur Initialisierung geben muss,
solche Hinweise sollte man beachten und respektieren.

Dauernd
entdecke ich neues, was es zu verbessern gilt, und ich habe
das Gefühl, nur noch an mir selbst rumzureparieren,

Sisyphos lässt grüßen. Wie ich oben schon erwähnt habe,
sollte man der „Arbeit“ an sich selbst auch Zeit geben.
Wenn du dich stresst, dann wirkt das ohnehin nur
kontraproduktiv. Du hast dein ganzes Leben Zeit,
warum solltest du alles auf einmal schaffen?
Manche Veränderungen brauchen Zeit und gerade die
immanenten Widerstände bewirken ein Wachstum.
Wer seinen Körper gar nicht oder mit leichten
Gewichten trainiert, wird nicht stark werden.

unzulänglich zu sein und meine eigentlich Talente (=Stärken)
gar nicht richtig einsetzen zu können. Wann ist denn genug
verbessert? Und kann man in schwachen Bereichen jemals über
ein Mittelmaß hinausgelangen?

Welche Ziele hast du denn? Wenn du das weißt, dann
ist es leichter zu entscheiden ob einen die Schwächen
wirklich so sehr am erreichen derselben hindern
oder ob man mit Konzentration aufs „Kerngeschäft“
mehr erreicht.

Wenn man sich darüber im Klaren ist, was man gut kann, könnte
man sich ja stattdessen auch auf diese Stärken konzentrieren
und sich einen Job / ein (privates) Umfeld suchen, wo diese
gefordert sind. Und sich dann darauf konzentrieren, in diesen
Bereichen exzellent zu werden statt nur gut. Andererseits -
wenn man Herausforderungen in eher schwachen Bereichen ständig
ausweicht, ist das dann noch ein reflektiertes und erfüllendes
Leben?

Welche Mühe kostet es mich, eine Schwäche zu überwinden?
Lohnt sich diese Investition oder gewinne ich mehr,
wenn ich stattdessen delegiere? Niemand muss perfekt
sein, wir sind eine Gesellschaft, verschiedene Gruppen.
Jede/r hat seine Stärken und Schwächen, warum sollte man
nicht versuchen die jeweiligen Stärken des Individuellen
einzusetzen, statt sich in den individuellen Schwächen
mit Stärkeren zu messen? Denn die Definition von
„Schwäche“ ist immer an den Vergleich mit jemand
anders gekoppelt. Woher weiss man sonst, dass man schwach ist?

Also, was meint ihr: investiert man seine Zeit und Energie
besser in die Verbesserung von Schwächen oder sollte man
hauptsächlich versuchen, das zu optimieren, was man ohnehin
schon gut kann? Vermutlich liegt der gute Weg in einer
Kombination aus beidem - aber woran erkenne ich, was die
richtige Mischung ist? Welche Fragen sollte ich mir stellen,
um das (für mich) herauszufinden?

Was ist mein Ideal? Wohin will ich kommen?
Wenn man ein Ziel hat, ist es schon bedeutend einfacher
Entscheidungen zu treffen, als wenn man solche nichtssagenden
Floskeln, wie (verzeih mir!) „rundes Profil“ in den
Fokus stellt. Was ist ein rundes Profil? Wann ist es rund?
Gibt es Menschen ohne Ecken und Kanten?
Das ist doch unbeantwortbar. Ich persönlich halte es so:

Schwächen soweit als nötig und nicht als möglich überwinden/verbessern.
Wenn möglich an Kollegen, Freunde, Familie delegieren
oder darum bitten. Das bringt einen nebenbei auch einen
gewissen Sympathiebonus, wenn man etwa sagt:
„Könntest du das nicht für mich machen, das kannst du besser.“
Und nebenbei machen solche Vorbilder auch Schule
und man kriegt das zurück, nämlich genau da, wo man
seine Stärken hat.
Den Stärken aber Raum und Zeit geben und sich nicht
mit Schwächen ausbremsen, die man auch anders lösen
könnte, als zeitintensiv. Und genau das ist ein wichtiger
Punkt, Zeitmangement. Dort lernst du mit der kostbaren
Ressource „Zeit“ effizient umzugehen. Schaffe dir
Prioritäten, nach dem Zeitmanagement hat man, wenn
man von 10 Punkten Prio 1 und 2 abgearbeitet hat,
80% des Pensums geschaffen. Überlege dir also, was
wirklich wichtig ist und nicht nur um beruflich
weiterzukommen. Arbeit ist nur ein Teil des Lebens,
aber nicht alles und schon gar nicht der einzige
Sinn. Eine ausgeglichene, erholsame Freizeit und
die damit verbundenen Freuden, stärken einen auch dann,
wenn man NICHT bewusst an ETWAS arbeitet.
Dieses Wachstum geschieht auch ohne unsere Aufmerksamkeit
und gerade dann. Die Muskel, um auf den Körper
zurückzukommen, wachsen in den Ruhephasen und nicht
während des Kraftrainings. Und psychisch ist es
dasselbe, es ist eigentlich nur Erfahrungssache.

Ich würde mich sehr über Meinungen und Kommentare dazu freuen.
Tips für weiterführende Lektüre zu diesem Thema sind ebenfalls
willkommen.

Selbstverständlich müsste man konkrete „Stärken“ und
„Schwächen“ bereden, so allgemeingültig ist das ein
bisschen schwierig, aber vielleicht hat es dir ein wenig
geholfen.

Schönen Sonntag noch! :smile:
Powenz

Hi
Grundsätzlich würde ich auch das eine nicht mit dem anderen ausspielen wollen und beides eher Hand-in-Hand sehen, aber an einem speziellen Punkt möchte ich noch was draufsetzen:

könnte
man sich ja stattdessen auch auf diese Stärken konzentrieren
und sich einen Job / ein (privates) Umfeld suchen, wo diese
gefordert sind.

Derjenige, der seine Talente (Stärken) an dem richtigen Objekt/Umfeld anbringen kann, ist ja schonmal in der günstigeren Position, denn er kann seine Stärken befriedigend einsetzen. Dieser Mensch könnte sich dann mehr um seine Schwüächen kümmern. Es gibt also eine gleichsam dialektische Beziehung zwischen dem Subjekt und dem Grad seiner Entfremdung bzw. Befriedigung am Objekt.
Einfcaher ausgedrückt: Zunächst sollte ein Umfeld gefunden werden ,welches die eigenen Stärken würdigen kann. :wink:
Gruß,
Branden

Ich denke, man kann sich aufreiben, wenn man sich permanent an seinen Schwächen versucht. Eine Freundin hat als Studiengang Lehramt gewählt, weil sie dachte, dass sie so „gezwungen“ wird, an ihrer fehlenden Kommunikationsfähigkeit zu arbeiten. Dass sie damit auch nach Jahren intensiver Arbeit an sich selbst und mit vielen Kursen nicht glücklich geworden ist, kann ich gut verstehen.

Nach meiner Meinung ist es gut, etwas zu haben, das den eigenen Fähigkeiten am besten entspricht und die eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten laufend zu optimieren. Das gibt Stärke und Selbstbewusstsein. Dort, wo man Schwächen entdeckt, unter denen man leidet bzw. die man gerne verbessern möchte, sollte man aktiv daran arbeiten.