Ist Angst beherrschbar?

Hallo, ich hoffe, dass ich hier die richtigen Experten antreffe. In Militärpolitik hatte ich schon das Thema Angst angesprochen. Da gab es aber nur Antworten von Menschen, die meinen dass Angst kein Grund wäre im Angesicht des Todes, Befehle zu verweigern oder die Truppe zu verlassen. Dieses Verhalten müsste sogar bestraft werden. Können Soldaten, die ja auch nur Menschen sind, die Angst vergessen wenn sie selbst töten müssen und sehen wie ihre Kameraden fallen? Ist der Wille zu siegen, andere zu beschützen stärker als der eigene Überlebenstrieb? Von Indianern sagt man sie freuen sich auf die ewigen Jagdgründe. Terroristen freuen sich auf ihren Himmel. Worauf freut sich der sterbende Soldat? Gruß Stephan

Hallo Stephan

Ja. Durch das Opfer seiner selbst, wird die Angst überwunden. Der Soldat hat den Tod oder die Möglichkeit des Todes schon akzeptiert. Das nimmt 2/3 der Angst. Der Rest wird durch eine mutige Haltung, das Beispiel der Kameraden, Vaterlandsliebe, Tapferkeit ect. bewältigt.

gruß
rolf

Ich bin beinahe sprachlos, bekomme das Warum aber nicht weg!
Warum Überläufer, warum Kapitulation, warum Alkohol an der Front, warum Schüsse in den Rücken, warum Drogen? Zeigt dass nicht die Unbeherrschbarkeit der Angst und die Beherrschbarkeit nur mit Hilfe von Drogen und drohenden tragonischen Strafen bei Befehlsverweigerung? So beherrscht man die Angst nur mit menschenverachtenden „Hilfsmitteln“. Ich gebe zu, dass ich eher Veständnis mit denen habe die nicht kämpfen wollen, die leben wollen auch mit ihren Familien. Klar, dass man dann auch keine Wehrpflicht mehr bräuchte und keinen Krieg mehr führen könnte. Gruß Stephan

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Hallo,

mal bitte langsam mit den Worten, so krass wie du es sagst, ist es nicht.

Beim Kampf Mann gegen Mann ist eine Gruppendynamik vorhanden. In der Gruppe fällt die Angst des Einzelnen, also auch die Angst vor dem Töten oder getötet werden. Aber die Angst ist da. Ist die Sache an sich vorbei, kommen die Bilder und Ängste wieder. Viele brauchen danach Betreuung um das zu verarbeiten.

Andererseits werden ja zunehmend im Krieg Fernwaffen eingesetzt. Nun spielt es keine Rolle mehr, ob durch diese Waffen nur einzelne Menschen oder hunderttausende sterben müssen. Der auf den Knopf drückt ist nicht dabei und er ist nicht der Einzige, der drücken muß. Es ist eine ganze Maschinerie, die in Bewegung gesetzt wird, ein einzelner Mensch hat da eine kleine Aufgabe zu erfüllen, die für sich allein die Vernichtung nicht hervorrufen kann.

Egal wie die Situation ist, muß man dabei sein, so gibt es genau drei Möglichkeiten. Entweder man stirbt, oder hat vielleicht Glück, aber man bleibt passiv. Oder man wird aktiv, muß unter Umständen töten, aber hat die größere Chance, da heil rauszukommen, sich durchzusetzen. Die dritte Möglichkeit ist eigentlich Flucht. Die kann sich äußern, den Dienst gar nicht erst zu beginnen oder eben überzulaufen und ähnliche Sachen. Auch Selbstaufgabe gehört dazu.

Gruß
André

Warum Überläufer, warum Kapitulation, warum Alkohol an der
Front, warum Schüsse in den Rücken, warum Drogen? Zeigt dass
nicht die Unbeherrschbarkeit der Angst und die
Beherrschbarkeit nur mit Hilfe von Drogen und drohenden
tragonischen Strafen bei Befehlsverweigerung? So beherrscht
man die Angst nur mit menschenverachtenden „Hilfsmitteln“.

Dieses Fehlverhalten entsteht genau dadurch, daß man das Opfer innerlich nicht vollzogen hat.

Ich habe dir den Idealzustand eines Soldaten beschrieben, mit dem die Angst überwunden werden kann. Wenn es nicht dazu kommt, hat das ganz andere Gründe. Stell dir doch mal das Preussische Beispiel eines Soldaten vor Augen, da wirst du nichts von alledem finden.

gruß
rolf

Hi Stephan,

der „ideale Soldat“ wäre wohl eine Kampfmaschine ohne Emotionen - daran arbeiten vermutlich Militärs und ihre Helfershelfer mehr oder minder geheim.

Meine Einschätzung zum Todesmut von Soldaten ist schlicht die, dass der eigene Tod für weniger schlimm erachtet wird als das, was zu erwarten ist, wenn man nicht gehorcht.

Nachtrag (Ergänzung)
Hi Stephan,

in Bezug auf „Mut“ von Soldaten muss m. E. zudem berücksichtigt werden, dass dieser nicht aus freiem Willen, sondern unter den Bedingungen von Befehl und Gehorsam bei einer gehörigen Portion Gruppenzwang entsteht und gelebt wird. Ferner könnte „Soldaten-Mut“ auch zu einer Überlebensstrategie im Rahmen von allgemeiner Verrohung und Angst ums eigene Überleben wachsen. In Beiträgen deutscher Soldaten des zweiten Weltkrieges gewinne ich bisweilen den Eindruck, dass deren „Mut“ überwiegend das Ergebnis von z. Tl. jahrelanger Infiltration und Manipulation war.

Hallo Rolf,

Der Soldat hat den Tod oder die Möglichkeit des Todes schon
akzeptiert.

Das mag ja bei Leuten, die aus eigenem Willen Soldat geworden sind, zutreffen, aber was ist mit all den Zwangsverpflichteten / -eingezogenen oder Wehrpflichtigen? Die das machen, weil sie müssen, nicht weil sie wollen? Wie sollen die mit der Angst fertigwerden?
Ich bin sicher, dass Angst beherrschbar ist (auch aus eigener Erfahrung heraus), aber dazu gehört viel Selbstdisziplin und der Wille, diese Angst zu beherrschen und sich mit der Situation, um die es geht, auseinander zu setzen. Kann man das von jemandem erwarten, der etwas nicht freiwillig tut, wovor er Angst hat?
Gruß, die Elbin

Der Soldat hat den Tod oder die Möglichkeit des Todes schon
akzeptiert.

Das mag ja bei Leuten, die aus eigenem Willen Soldat geworden
sind, zutreffen, aber was ist mit all den Zwangsverpflichteten
/ -eingezogenen oder Wehrpflichtigen? Die das machen, weil sie
müssen, nicht weil sie wollen? Wie sollen die mit der Angst
fertigwerden?

Der Einwand ist durchaus berechtigt. Aus diesem Grund, wäre eine Berufsarmee auch empehlenswerter, als die Wehrpflicht.

gruß

ist Angst beherrschbar? -ja, und mehr…
hi,

angst, vor allem todesangst, kann man nicht einfach „vergessen“. in kriegssituationen verhalten sich soldaten befehlskonform, weil sie während ihrer ausbildung darauf vorbereitet wurden, das zu tun, was ihnen gesagt wird. der trainingseffekt und die androhung kriegsgerichtlicher strafen in verbindung mit dem abgeben von verantwortung hat die wirkung, einen feind zu bekämpfen und eben NICHT dabei an den eigenen tod zu denken, selbst wenn das eigene leben dabei in gefahr ist. der selbsterhaltungstrieb nach dem motto „das gefecht ist natürlich lebensgefährlich für mich“ wird systematisch minimiert. die geschichte hat auch beweise vorgelegt, dass bis heute das verabreichen von angstreduzierenden drogen vor einsätzen zu dieser systematik gehört. früher war das der rum, heute sind es amphetamine & co als tabletten für soldaten.

welcher belohnungsfaktor winkt also dem soldaten? 40 himmlische jungfrauen für den selbstmordattentäter wohl nicht, dafür steht dem westlichen kämpfer nach dem einsatz anderes bereit: geld.

die vorbereitung von soldaten im militärunterricht und die äußerungen von machthabern/politikern tun ihr übriges: höhere ziele, also verteidigung von recht, menschenrecht, vaterland, gerechtigkeit usw. wird als ideal herausgearbeitet, bis jemand die entscheidung selbst fällt, dafür sein leben einzusetzen. dann noch der schwur der soldaten, der alles festigt und die eigene ich-instanz zugunsten dieser höheren ziele unterordnet.

lies mal in geschichtsbüchern und schaue mal aktuelle reportagen, was ehemalige soldaten berichten: NIE WIEDER! sagen viele, die es erlebt haben, wie es ist, im gefecht die todesangst und die greuel durchzustehen und sich an ihnen zu beteiligen.

die massiv erlebte angst angesichts der realen erkenntnis, daß im wirklichen gefecht der tod droht, ist nicht ausblendbar. nur verdrängbar. aber sie ist auch der grund für die sog. „postraumatische belastungsstörung“, wenn die angst eben nach dem gefecht wiederkommt.

im deutschen grundgesetz gibt es die möglichkeit, den wehrdienst zu verweigern, wenn man aus gewissensgründen davon überzeugt ist, dass man auf befehl keinen anderen töten kann. solche gewissensgründe liegen vor, wenn man die eigene ich-instanz bewahren und sich nicht der jahrhundertealten militär-indoktrination unterordnen will.

gut, daß du nachdenkst!!!

zwei links noch…

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/13/13046/1.html

und google mal: „soldaten schildern die angst“

Nein

Hallo, ich hoffe, dass ich hier die richtigen Experten
antreffe. In Militärpolitik hatte ich schon das Thema Angst
angesprochen. Da gab es aber nur Antworten von Menschen, die
meinen dass Angst kein Grund wäre im Angesicht des Todes,
Befehle zu verweigern oder die Truppe zu verlassen. Dieses
Verhalten müsste sogar bestraft werden.

Die Grundidee und die Zweckerfüllung einer Armee erfordert die Bestrafung. Daran zu rütteln führt zu einer Grundsatzdiskussion über den Sinn und Unsinn von Armeen und gehört wiederum ins Brett Militärpolitik.

Können Soldaten, die
ja auch nur Menschen sind, die Angst vergessen wenn sie selbst
töten müssen und sehen wie ihre Kameraden fallen? Ist der
Wille zu siegen, andere zu beschützen stärker als der eigene
Überlebenstrieb?

Man kann sagen, Soldaten vergessen die Angst, in dem Sinne, dass ihnen ihre Angst nicht bewusst ist. Das ist ein rudimentärer psychologischer Effekt, bedeutet aber keineswegs, dass sie frei von Angst wären. Die Eigenschaft der „Furchtlosigkeit“, die einem Soldaten abverlangt wird, ist ein Synonym für die Bereitschaft, sich einer angstbehafteten Situation auszusetzen. Tritt diese Situation ein, ist der Soldat und mehr noch seine militärische Führung auf ganz andere Mechanismen, als „Heldenmut“ angewiesen.
Das Funktionieren einer Armee basiert auf Methoden, die es ermöglichen, das Verhalten, das der Soldat unter Angst zeigt, zu beeinflussen und im Vorhinein zu programmieren. Militärisches Training ist auf diese Bedürfnisse zugeschnitten. Deserteure sind Beispiele für das Versagen dieser Methoden. Meist ist das auf charakterliche oder intelektuell begründete Resistenz dieser Personen gegen die formende Ausbildung zurückzuführen.

Von Indianern sagt man sie freuen sich auf
die ewigen Jagdgründe.

Ich bezweifle, dass Indianer das weltweit einzige Volk wären, das einen mental verankerten Selbstzerstörungstrieb hat.

Terroristen freuen sich auf ihren
Himmel.

Die Freude bei Terroristen ist auch bei weitem nicht so hoch, wie die Banalisierung terroristischer Phänomene durch die Medien es oft erscheinen lässt. Es existieren umfangeiche Studien, vor allem amerikanischer, britischer und israelischer Dienste, über die Motivlage von Terroristen und ihren Umgang mit der Todesangst.
Zunächst ist festzuhalten, dass unter denen, die nach einem gescheiterten Attentat gefasst werden, nur etwa 3% als suizidgefährdet eingestuft werden. Das ist deutlich weniger als in der Normalbevölkerung (Das äußerte ein CIA-Analyst in einem Interview der Dokumentation „Die Fremden im Paradies“).

Der Antrieb eines Selbstmord-Terroristen besteht meist aus Gruppenzwang. Die Hintermänner des Terrors achten bei der Konstruktion ihrer Organisationsstruktur sehr darauf, dass jede „Zelle“ aus etwa 4-8 Personen besteht. Gruppen dieser Größe können eine enorme Macht über Individuen entfalten.
Wäre der potentielle Bombenattentäter alleine, könnte er sich leicht dem Druck von oben entziehen, weil er Entscheidungen nur von seinem Willen abhängig machen würde. In einer Gruppe von 15 oder mehr Personen fühlt er sich hingegen so anonym, dass ebenfalls keine wirksame Beeinflussung möglich ist.

Sorgt man jedoch dafür, dass 6 erwachsene Männer sich eine Wohnung teilen, zusammen ihren religösen Pflichten nachgehen und derselben politschen Ideologie anhängen, ist die soziale Kontrolle perfekt. Wenn die Schläfer den Weckruf empfangen, kann keiner sagen „Sprengt ihr euch schon mal in die Luft, ich komm später nach.“

Worauf freut sich der sterbende Soldat?

Der Soldat freut sich darauf, gesund seine Familie wiederzusehen. Der sterbende Soldat wünscht sich ein schnelles Ende, Freude darauf wäre aber zu viel verlangt.

Hi,

Zunächst ist festzuhalten, dass unter denen, die nach einem
gescheiterten Attentat gefasst werden, nur etwa 3% als
suizidgefährdet eingestuft werden. Das ist deutlich weniger
als in der Normalbevölkerung

Darf ich mal nachhaken?
Heißt das, das 5-10% (was ist „deutlich mehr“?) der
Normalbevölkerung suizidgefährdet sei?
Das kann doch nicht richtig sein.

Gruß
Elke

Ich denke mit den richtigen Medikamenten, ja.

Vollgestopft mit Medikamenten hat er zwar keine Angst, aber er erkennt dann vielleicht auch nicht mehr die Gefahr.

Im Prinzip gehört die Angst zum Überleben.