'Selbst' anstatt 'Ich'

Warum wurde der Begriff „Ich“ in einigen psychol. Theorien durch „Selbst“ ersetzt?

LG
Jenna

Moin
Nur in populärwissenschaftlichen, besser gesagt: in unwissenschaftlichen (oder schlecht übersetzten) Veröffentlichungen
wird das ICH mit dem SELBST verwechselt oder gleichgesetzt.
Das ICH mit dem SELBST zu verwechseln ist ungefähr so, wie einen Sportwagen mit einem Lastkraftwagen zu verwechseln, um es mal anschaulich zu machen.
Auf gut deutsch: Es handelt sich dann um Schreiberlinge, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und du solltest dich deswegen davon gar nicht erst irritieren lassen.
Es grüßt dich
Branden

wenn du etwas kritisieren möchtest, dann musst es auch begründen können.
Das ist das oberste Gebot jeder Wissenschaftlichkeit. Eine Erklärung vermisse ich …

Du könntest z.B. eine Definition von „Selbst“ und „Ich“ geben und die jeweilige Theorie kurz erläutern.

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Aus verschiedensten Gründen. In aller Regel leider v.a. aus Eitelkeit (so bei C.G. Jung), um sich und anderen zu suggerieren, den von Freud verwendeten ICH-Begriff als „Selbst“ besser erklären zu können als der ÜBER-Vater der Psychologie. Abgesehen von Eitelket spielen auch ödipale Ambitionen mit hinein, nämlich der Versuch, den „Vater“ auf diesem Wege nachträglich zu beseitigen, um an die (Ersatz)Mutter heranzukommen/ vgl. Ödipus-Mythos, http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96dipus

und was soll mit dem Begriff „Selbst“ im Gegensatz zum „Ich“ ausgesagt werden?

Gut gebrüllt, Löwin!

wenn du etwas kritisieren möchtest, dann musst es auch
begründen können.

Ich kritisiere nichts, verehrte Jenna, ich berichte nur in Kurzfassung, was zu den elementarsten Grundzügen der Psychoanalyse gehört.

Das ist das oberste Gebot jeder Wissenschaftlichkeit. Eine
Erklärung vermisse ich …

Du könntest z.B. eine Definition von „Selbst“ und „Ich“ geben
und die jeweilige Theorie kurz erläutern.

Wenn du ins Archiv gehst, findest du den vor wenigen Wiochen genau zu diesem Thema stattgefundenen (unerquicklichen) Thread. Ich möchte mich zu diesem leidigen Thema wirklich nicht mehr explizit äußern. Nur so viel: Wenn du einen Maschinenbau-Ingenieur (diplomiert, nicht graduiert) fragst, was der Unterschied zwischen einem Alfa Romeo Spider und einem Hanomag Lastwagen ist und du dann langatmige Beweise hören möchtest, ob und warum da wirklich UNterschiede bestehen, dann wird er dich stehen lassen und in seiner Werkstatt weiter basteln…
Halten zu Gnaden,
Branden

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hier wird nach Antworten gesucht und nicht nach Urteilen ohne Belege.
Kritisieren kann jeder. Kann es sein, dass du erst etwas kritisiert hast und jetzt in Erklärungsnot bist?
Anstatt zwischen zwei Fahrzeugarten zu unterscheiden, wäre eine hilfreiche Erklärung angemessener gewesen. Mich ärgern halt solche Antworten. „Gebrüllte“ Kritik ohne wirklich etwas damit erklären. Willst du einfach nur zeigen, was du drauf hast, aber dein Wissen nicht teilen? Oder hapert’s am Wissen?

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Wie gesagt in aller Regel, dass mit ihm Freud verbessert/ gestürzt, überholt) worden sei. Wenn Du es genau wissen möchtest, müssten wir uns aber eine der vielen verschiedenen Psychologien vornehmen und im Detail nachlesen, wie dort das „Selbst“ beschrieben wird, sowohl bezüglich seiner Funktionen als auch Zweck. Und zuvor sollte noch der Versuch unternommen werden, eine naturwissenschaftlich fundierte Vorstellung des Selbst- bzw. Ich-Begriffes gewinnen, da es nach meiner (und Freuds) Auffassung auch in der Psychologie aussichtslos ist, die pathologischen Abweichungen ohne ein zutreffendes Gesundheitsmodell zu erkennen.

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Ich sagte ja: der Thread ist im Archiv ganz frisch
und ellenlang.
Aber weil du so hartnäckig bist, sollst du mit einer kurzen, knackigen Erklärung belohnt werden, damit du nicht lange im Archiv nachkramen musst:
Das SELBST umfasst innerhalb einer Persönlichkeit weitaus mehr als nur das ICH. Im SELBST sind eben auch die unbewussten Anteile enthalten, während das ICH, mehr oder minder nur dem Tagesbewusstsein geöffnet, etwa wie FREUD einmal schrieb: „nur den dummen August im Zirkus“ gibt.
Verstanden?
Gruß,
Branden
(reimt sich auch noch)

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Verstanden?

Der Weg zum Verstehen ist ein allmählicher. Das ist für mich ein Anfang, kein Meister fällt vom Himmel

Danke, dass du noch etwas erläutert hast! :smile:


Was für Vorteile bringt es denn, das "Selbstkonzept in der Analyse psych. Störungen zu benutzen? (anstelle des „Ich“). Van Branden, du brauchst natürlich nicht darauf zu antworten. Kein Mensch kann das erwarten. Falls du eine Idee hast, würde ich mich natürlich freuen.

Das SELBST umfasst innerhalb einer Persönlichkeit weitaus mehr als nur das ICH. Im SELBST sind eben auch die unbewussten Anteile enthalten, während das ICH, mehr oder minder nur dem Tagesbewusstsein geöffnet, etwa wie FREUD einmal schrieb: „nur den dummen August im Zirkus“ gibt.

In dem Fall wäre das Selbst dann kein Ersatz des freudschen ICH-, sondern allenfalls des Freudschen Psyche-Begriffes, wobei Freud - nach Branden - gar keinen Wert drauf legte, auf dem Selbstbegriff rumzureiten, und ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt habe mit der Behauptung, Jung hätte Freuds Ich mit dem Selbst ersetzt. Es bleibt also dabei: Wenn man genau wissen will, was es mit dem Selbstbegriff auf sich habe, dann muß man sich jeden Autoren EINZELN vorknöpfen, der ihn verwendet. Vielleicht läßt sich eine abstrakte Gemeinsamkeit aller den Selbstbegriff verwendenden Autoren gewinnen - z.B. dass sie damit bei weitem an der Deutlichkeit missen lassen, die Freuds dezidiert 3 Instanzen unterscheidendes Modell der Psyche immanent ist. Verschwommene oder irreführende Aussagen, deuten auf psychische Probleme hin…

Verwendung des Begriffes SELBST

Wenn man genau
wissen will, was es mit dem Selbstbegriff auf sich habe, dann

Hi Joshua

muß man sich jeden Autoren EINZELN vorknöpfen, der ihn
verwendet.

Das sehe ich ähnlich.

Vielleicht läßt sich eine abstrakte Gemeinsamkeit
aller den Selbstbegriff verwendenden Autoren gewinnen

Das wird etwas schwieriger, aber ich denke, es gibt eine
gewisse Linie; z.B. verwenden sowohl C.G. Jung als auch Ronald D. Laing (um jetzt nmal zwei prominente Psychotherapeuten zu nennen) den Begriff des SELBST. Wenn man dann bemerkt, dass LAING den JUNG mehr schätzte als den FREUD, weiß man schon ein bißchen, wie der Hase da läuft. Sowohl JUNG als auch LAING haben halt sehr idealistische Vorstellungen von den Entwicklungsmöglichkeiten der Persönlichkeit gehabt und sind wohl daher so nicht von ungefähr zu ihren etwas mystisch anmutenden SELBST-Begriffen gekommen.
Gruß,
Branden

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SELBST ist die Frau :wink:

Danke, dass du noch etwas erläutert hast! :smile:

You’re welcome, Jenna.

Was für Vorteile bringt es denn, das "Selbstkonzept in der
Analyse psych. Störungen zu benutzen? (anstelle des „Ich“).

Das ist jetzt mal wieder eine schöne, weil praxisbezogene, Frage, wie ich finde.
Psychotherapeuten(-schulen) wie die nach JUNG, LAING, KOHUT u.a. glaubten, eine weitaus tiefere bzw. umfassendere Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit sei möglich, wenn man die wahren, tiefen Ebenen dieser Persönlichkeit, nämlich sein sogenanntes SELBST, erkennt und fördert. Ob dies wirklich eine echte Weiterebntwuicklung über die FREUDsche Psychoanalyse hinaus ist oder eine große, mystische Illusion - das wage ich nicht zu beurteilen.
Offen gestanden, schwanke ich da auch etwas im Laufe der Jahrzehnte hin und her. Ich beschäftige mich seit 1970, also knapp 40 Jahren, mit diesen versch. psychoanalytischen Ansätzen und Autoren, habe aber noch keinen für mich diesbezüglich endgültigen Standpunkt gefunden.
Natürlich ist die Idee des damit verbundenen Individuationsprozesses, der über eine Restaurierung der Persönlichkeit hinausgeht, verlockend, aber ob er realistischn ist, weiß ich wiegesagt nicht so recht.
Es grüßt dich
Branden

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Diesen Abschnitt habe ich nicht ganz (am wenigsten hehe) verstanden

Natürlich ist die Idee des damit verbundenen
Individuationsprozesses, der über eine Restaurierung der
Persönlichkeit hinausgeht, verlockend, aber ob er realistischn
ist, weiß ich wiegesagt nicht so recht.

Was kann ich darunter verstehen: „Restaurierung der Persönlichkei“ im Vergleich zu einem darüber hinausgehenden „Individuationsprozess“

Wenn man dann bemerkt, dass LAING den JUNG mehr schätzte als den FREUD, weiß man schon ein bißchen, wie der Hase da läuft.

Klar, die Vorlieben von jemandem lassen gewisse Rückschlüsse auf seine Probleme zu, besonders für einen Psychoanalytiker. Das Problem bleibt freilich wiederum, dass dem, der weder Jung noch Freud kennt oder zu verstehen vermag, solche Aussage nicht weiter hilft…

Sowohl JUNG als auch LAING haben halt sehr idealistische Vorstellungen von den Entwicklungsmöglichkeiten der Persönlichkeit gehabt und sind wohl daher so nicht von ungefähr zu ihren etwas mystisch anmutenden SELBST-Begriffen gekommen.

Bei mir ist der Begriff MYSTIK zwar belegt mit einer überaus präzisen Gedankenführung des ICHs beim Versuch, den Wille des ES/ „Libido“) zu formulieren: das Göttliche am Menschen/ vgl. u.a. Meister Eckeharts Abhandlung zu „Selig sind die Armen im Geiste“/ http://www.pinselpark.org/philosophie/e/eckehart/pre… ).

Wenn Du aber „mystisch“ mit dem assoziierst, was unsere neurotisch instinktverarmte Gesellschaft darunter allgemein versteht: alles Verschwommene, unklar mit religiösen (ÜBER-ICH-/Inhalten Zusammengeworfene -, dann schließe ich mich Deinem Urteil bezüglich C.G. Jung an. LAING kenne ich nicht. Da er aber Jung der Vorrang gab vor Freud, dürfte es sich auch nicht lohnen, sich mit seinen Machwerken zu befassen; der Hase läuft offenbar in die falsche Richtung…

Stellt Jungs SELBST - so es „mehr“ sein soll als das Ich-Bewusstsein - also eher eine ‚mystifizierung‘ der Freudschen PSYCHE dar als eine des Freudschen ICH-Begriffes?

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Bei mir ist der Begriff MYSTIK zwar belegt mit einer überaus
präzisen Gedankenführung des ICHs beim Versuch, den Wille des
ES/ „Libido“) zu formulieren: das Göttliche am Menschen/ vgl.
u.a. Meister Eckeharts Abhandlung zu „Selig sind die Armen im
Geiste“/
http://www.pinselpark.org/philosophie/e/eckehart/pre…

Auch ich schätze Meister Eckhart und gebrauche den Begriff MYSTIK nicht immer abschätzig. Aber es ist eben ein sehr schillerndes Feld, dieses mystische.

Stellt Jungs SELBST - so es „mehr“ sein soll als das
Ich-Bewusstsein - also eher eine ‚mystifizierung‘ der
Freudschen PSYCHE dar als eine des Freudschen ICH-Begriffes?

Ja, eher.
Jung hat Freuds ICH-Begriff eigentlich nicht angetastet und ist ja in vielem d’accord mit Freud (sonst hätten wir ja auch nicht dieses recht gute Einvernehmen und Zusammenarbeiten von Freudianern und Jungianern heutzutage). Jung hat gleichsam nur den Raum des Unbewussten etwas ausgeweitet (nicht ausgeweidet *g*) und eben so auch das SELBST konstruiert.
Gruß,
Branden

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‚Werde, was du bist!‘

Was kann ich darunter verstehen: „Restaurierung der
Persönlichkei“ im Vergleich zu einem darüber hinausgehenden
„Individuationsprozess“

Nun, der Anspruch, Neurosen und Psychosomatosen zu heilen oder mindestens zu bessern, ist der, mit dem wir Psychotherapeuten ja täglich wieder antreten. Darüberhinaus verfolgen die Jungianer aber ein heheres Ziel: Sie wollen nicht nur die Neurosen aufdevken und die Persönlichkeit wie ein etwas kaputtes Haus restaurieren, sondern sie wollen den Individuationsprozess des Menschen in Gang bringen, etwa in dem Sinne Nietzsches: „Werde, was du bist!“
Gruß,
Branden

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Jung hat gleichsam nur den Raum des Unbewussten etwas ausgeweitet (nicht ausgeweidet*g*) und eben so auch das SELBST konstruiert.

Mal sehen, ob der Witz nicht doch hinausläuft auf die Ausweidung dessen, was Freud unter UNBEWUSSTEM verstanden hat: Beinhaltet Jungs angebliche Ausweitung der unbewussten Räumlichkeiten, dass durch diese Konstruktion Inhalte in den Begriff hineininterpretiert wurden, die Freud dem Es-feindlich erzogenen Über-Ich zugerechnet hat, während das Freusche Unbewusstest lediglich die triebhaften Forderungen des ES enthält?

Sehe da nicht so den Unterschied zwischen Neurosen wegtherapieren und Selbstwerdung. Aus Erläuterung kann ich nicht viel herauslesen, wo der Unterschied zwischen beiden liegen sein soll. Wenn ich nicht wie in der Verhaltenstherapie nur das Verhalten vllt. durch Gewöhnung wegbekomme, sondern eher den Kern der Sache treffe, dann ändere ich automatisch das „Selbst“ über die Heilung der Neurose.

Beinhaltet Jungs angebliche Ausweitung der unbewussten
Räumlichkeiten, dass durch diese Konstruktion Inhalte in den
Begriff hineininterpretiert wurden, die Freud dem Es-feindlich
erzogenen Über-Ich zugerechnet hat, während das Freusche
Unbewusstest lediglich die triebhaften Forderungen des ES
enthält?

Nicht ganz. Das Freudsche Unbewusste enthält ja ebenfalls neben dem ES Anteile des ÜBER-ICH.
Ich denke, man kann wirklich die beiden Altmeister (Freud und Jung) an dieser topologischen Stelle nicht ganz deckungsgleich bekommen, selbst wenn man ein tiefenpsychologisches Prokrustesbett einbauen würde. :wink:
Es gibt offenbar eine große gemeinsame Schnittmenge zwischen Freud und Jung, aber jeder hat so seine Extradimension.
Gruß,
Branden

Branden

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