Erbrecht - Vorabvermächtnis - Pflichtteil - Reihenfolge

Folgenden Erbfall gilt es zu lösen:

Ein Erblasser hinterlässt folgende Informationen in seinem notariellen Testament:

  • Vorabvermächtnis für Kind A und B zusammen 75.000 EUR
  • Kind C erhält kein Vorabvermächtnis normale Erbfolge
  • Vermächtnis zusätzlich für Enkel D (also Kind von Kind A) in Höhe von 5.000 EUR
  • Vermächtnis für weiteren Vermächtnisnehmer E: Auto sowie 20.000 EUR aus Erbmasse.

Folgende Erbmasse steht zur Verfügung: Haus und Grundstück Verkaufswert 160.000 EUR sowie Auto Wert ca. 5000 EUR. 

Frage 1 : Wie hoch ist der Pflichtteil von Kind C wenn dies das Erbe ausschlägt und nur den Pflichtteil bekommen soll?

Frage 2: Reicht die Erbmasse nicht aus um die Vorabvermächtnisse und den Pflichtteil von Kind C zu erfüllen, wie ist die Reihenfolge, muss Enkel D sowie der weitere Vermächtnisnehmer etwas für die Erfüllung der Vorabvermächtnisse und des Pflichtteils von Kind C abgeben? Wie ist die Aufteilung der Erbmasse.

Hallo!

Na, das wird schön Ärger geben. Wert der Verausvermächtnisse steht in deutlichem Widerspruch zur Erbmasse !

Info zum Vorausvermächtnis :

Durch ein Vorausvermächtnis ergibt sich für einen oder gegebenenfalls auch mehrere Erben eine Sonderposition. Er ist nicht nur Erbe, sondern gleichzeitig auch Vermächtnisnehmer, also der Begünstigte eines Vermächtnisses. Die Besonderheit besteht in erster Linie darin, dass ein Vorausvermächtnis und der daraus resultierende Vermögensvorteil nicht auf den Erbteil angerechnet und der Vermächtnisgegenstand nicht für die Haftung bei Nachlassverbindlichkeiten herangezogen werden darf. Vielmehr kann der Anspruch auf das Vermächtnis bereits vor der eigentlichen Erbauseinandersetzung geltend gemacht werden".

Frage 1) Wer ausschlägt bekommt auch kein Pflichtteil !

Kind C ist sowieso gekniffen, weil nichts mehr da sein wird wenn die Vermächtnisse erfüllt sind. Denn sein Pflichtteil kann nur auf das Erbteil bezogen werden,was nach Abzug der Vermächtnisse noch da sein wird ! Es ist von den Vermächtnisnehmern nichts an ihn auszugleichen !

Was in einem Fall der „Überschuldung“ passiert ? Ich weiß es nicht genau, nehme aber stark an, es wird das vorhandene Vermögen im Verhältniss der Anteile der zugedachten Vermächtnisse verteilt.
Beispiel: A/B bekommen Summe X und Enkel D bekommt 1/15 von Summe X ( warum ? weil 75.000 und 5.000 im Verhältnis 1:15 zueinanderstehen.)
Dann stimmen die zugedachten Verhältnisse wieder.

So auch bei E, er bekommt das Auto plus eine anteilige Geldsumme.

Kann es ein, Testament ist ausschließlich zu dem Zweck erstellt, um C um sein Erbe zu bringen ?
Denn eigentlich hat C die Position des „echten“ Erben. Er muss die Vermächtnisse auszahlen, noch bevor das Erbe (Haus) zu Geld gemacht wurde. Das können die übrigen von ihm verlangen.
Kann es sein, der Erblasser will C so zum Erbverzicht zwingen ?

MfG
duck313

Anm. Text noch mal korrigiert

Nein also das nichts mehr übrig ist stimmt ja nicht denn A und B sind auch noch Erben. Sie erhalten ja nur gemeinsam (nicht jeder) 75.000 EUR d. h. jeder 37.500 EUR und den gesetzlichen Teil vom Rest. Dann sind ja von 160.000 son noch was als Resterbmasse übrig oder?

Hallo!

Ja, dann. Habe ich überlesen, dass 75.000 € für A und B zusammen ist.

Nur, wenn das Erbe im wesentlichen aus dem Haus besteht kann man dessen Wert noch gar nicht kennen. Wer weiß, was man dafür überhaupt erzielen kann und wann das sein wird.

MfG
duck313

Hallo,

Kind C ist sowieso gekniffen, weil nichts mehr da sein wird
wenn die Vermächtnisse erfüllt sind. Denn sein Pflichtteil
kann nur auf das Erbteil bezogen werden,was nach Abzug der
Vermächtnisse noch da sein wird ! Es ist von den
Vermächtnisnehmern nichts an ihn auszugleichen !

Das ist so nicht richtig. Mit Vorausvermächtnissen kann man keine Pflichtteilsansprüche reduzieren!. Durch das Vorausvermächtnis erhält man höchstens soviel, dass noch alle Pflichtteilsansprüche erfüllbar sind. Der Pflichtteil berechnet sich nach dem Wert des gesamten Nachlasses, inklusive des Vorausvermächtnisses.

Gemäß § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB entfällt das Vorausvermächtnis, wenn Pflichtteilsberechtigten dadurch weniger als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils bliebe. Weiterhin hat der pflichtteilsberechtigte Erbe auch gemäß § 2305 BGB einen Restanspruch in Höhe der fehlenden Differenz zum Pflichtteil.

Gruß vom Wiz

3 Like

Hallo noch mal,

Wer ausschlägt bekommt auch kein Pflichtteil !

Stimmt so grundsätzlich auch nicht. Bei einer Ausschlagung eines pflichtteilsberechtigten Erben aufgrund einer Belastung des Erbteils durch die Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers, eine Teilungsanordnung oder ein Vermächtnis oder eine Auflage kann dieser durchaus seinen Pflichtteil verlangen (§2306 BGB).

Gruß vom Wiz

1 Like

Hallo!

Gut, so ist es wohl tatsächlich. Danke für Berichtigung.

Aber wie ist das nun mit der Berechnung des Pflichtteils mit den Zahlen im Beispiel ?

  1. Rechnet es sich wirklich aus Wert Haus + Wert Auto + Summe aller Vermächtnisse = Summe X.
    Und aus X würde man zu 1/6 das Pflichtteil berechnen.

  2. Oder würde man doch die tatsächlich zur Verfügung stehende Erbmasse Haus + Sachwert Auto = Summe X nehmen ?
    Und Pflichtteil davon zu 1/6 rechnen . Auch das ist nicht gerade klein.

ich tendiere ja zu Version 2.

Man zieht Pflichtteil von Erbmasse ab und versucht aus dem Rest die Vermächtnisse zu befriedigen.
Bleibt etwas übrig, verteilt man das weiter an die Erben .
Reicht es nicht, muss man die Vermächtnisse im Verhältnis zueinander kürzen.

MfG
duck313

Hallo,

für die Berechnung der Pflichtteile gilt immer: Alles was tatsächlich an Werten da ist in die große Schüssel, einmal umrühren, bewerten und dann die entsprechenden Anteile davon berechnen.

Dabei immer daran denken, dass der Pflichtteilsanspruch ein reiner Geldanspruch ist, es also für den Berechtigten vollkommen egal ist, was da eigentlich wie zu verteilen sein soll. Er muss sich keine Gedanken um Haus, Auto, Briefmarkensammlung machen, sondern kann einfach die Hand aufhalten und einen Geldbetrag fordern, der seinem Wertanteil an all diesen Dingen entspricht.

Zudem ist der Pflichtteil auch ein Anspruch gegen die Erben, und kein Anspruch auf/gegen das Erbe. D.h. der Pflichtteilsberechtigte richtet seinen Anspruch gegen eine oder mehrere Personen, die „irgendetwas“ aus dem Erbe erlangt haben. Und da die Erben insoweit gesamtschuldnerisch haften, und sich der Berechtigte einen beliebigen Adressaten seiner Forderung aussuchen kann, sieht man deutlich, dass die beiden Dinge in der Herangehensweise nicht viel miteinander zu tun haben, und insoweit grundsätzlich getrennt zu betrachten sind. Denn der Berechtigte kann durchaus an einen Erben herantreten, der deutlich weniger aus dem Erbe erlangt hat, als er selbst als Pflichtteil fordert. Das kann z.B. dann Sinn machen, wenn der am wenigsten bedachte Erbe ansonsten aber der einzig vermögende Mitspieler ist, bei dem man am schnellsten an sein Geld kommt (und der darf sich dann im Innenverhältnis mit den anderen Erben über deren Anteile herumärgern).

D.h. insoweit stimmt/braucht es theoretisch gar nicht die Überlegung, was nach Abzug der Pflichtteile noch wie zu verteilen ist. Man kann das Erbe einfach so verteilen, wie vorgesehen, und dann abwarten, ob ein Pflichtteilsberechtigter auftaucht, und gegenüber wem er dann seinen Anspruch geltend macht (wobei es eben egal ist, ob er den aus seinem Erbteil oder sonstigem Vermögen bedient). Rein praktisch macht man es natürlich sinnigerweise schon so, dass man sich für die tatsächliche Abwicklung vorher überlegt, wie und wovon man Pflichtteilsansprüche bedienen will. Es macht ja z.B. keinen Sinn in das ererbte Haus einzuziehen, das man mangels sonstigen Vermögens sofort wieder veräußern muss, wenn ein Pflichtteil geltend gemacht werden sollte. Umgekehrt kann es aber eben durchaus Sinn machen, sofort in die Immobilie einzuziehen, wenn man den Pflichtteilsanspruch dann zwar nicht mehr aus dem Erbteil, aber eben durch sonstiges Vermögen oder über einen Kredit (den man sonst ja auch bei Erwerb einer Immobilie aufnehmen müsste) problemlos bedienen kann.

Gruß vom Wiz

Kann jemand Frage 2 beantworten? Wer bekommt wie viel? Die Summen wurden ja konkret in der Fragestellung genannt. Angenommen das Haus brächte die in der Frage genannte Summe von 160.000 EUR und das Auto wäre 5000 EUR wert.

Wie ist die Aufteilung zwischen Kindern A, B und C sowie Vermächtnisnehmer E und Enkel D? Kann es wer an diesem Beispiel genau angeben?