Hallo,
für die Berechnung der Pflichtteile gilt immer: Alles was tatsächlich an Werten da ist in die große Schüssel, einmal umrühren, bewerten und dann die entsprechenden Anteile davon berechnen.
Dabei immer daran denken, dass der Pflichtteilsanspruch ein reiner Geldanspruch ist, es also für den Berechtigten vollkommen egal ist, was da eigentlich wie zu verteilen sein soll. Er muss sich keine Gedanken um Haus, Auto, Briefmarkensammlung machen, sondern kann einfach die Hand aufhalten und einen Geldbetrag fordern, der seinem Wertanteil an all diesen Dingen entspricht.
Zudem ist der Pflichtteil auch ein Anspruch gegen die Erben, und kein Anspruch auf/gegen das Erbe. D.h. der Pflichtteilsberechtigte richtet seinen Anspruch gegen eine oder mehrere Personen, die „irgendetwas“ aus dem Erbe erlangt haben. Und da die Erben insoweit gesamtschuldnerisch haften, und sich der Berechtigte einen beliebigen Adressaten seiner Forderung aussuchen kann, sieht man deutlich, dass die beiden Dinge in der Herangehensweise nicht viel miteinander zu tun haben, und insoweit grundsätzlich getrennt zu betrachten sind. Denn der Berechtigte kann durchaus an einen Erben herantreten, der deutlich weniger aus dem Erbe erlangt hat, als er selbst als Pflichtteil fordert. Das kann z.B. dann Sinn machen, wenn der am wenigsten bedachte Erbe ansonsten aber der einzig vermögende Mitspieler ist, bei dem man am schnellsten an sein Geld kommt (und der darf sich dann im Innenverhältnis mit den anderen Erben über deren Anteile herumärgern).
D.h. insoweit stimmt/braucht es theoretisch gar nicht die Überlegung, was nach Abzug der Pflichtteile noch wie zu verteilen ist. Man kann das Erbe einfach so verteilen, wie vorgesehen, und dann abwarten, ob ein Pflichtteilsberechtigter auftaucht, und gegenüber wem er dann seinen Anspruch geltend macht (wobei es eben egal ist, ob er den aus seinem Erbteil oder sonstigem Vermögen bedient). Rein praktisch macht man es natürlich sinnigerweise schon so, dass man sich für die tatsächliche Abwicklung vorher überlegt, wie und wovon man Pflichtteilsansprüche bedienen will. Es macht ja z.B. keinen Sinn in das ererbte Haus einzuziehen, das man mangels sonstigen Vermögens sofort wieder veräußern muss, wenn ein Pflichtteil geltend gemacht werden sollte. Umgekehrt kann es aber eben durchaus Sinn machen, sofort in die Immobilie einzuziehen, wenn man den Pflichtteilsanspruch dann zwar nicht mehr aus dem Erbteil, aber eben durch sonstiges Vermögen oder über einen Kredit (den man sonst ja auch bei Erwerb einer Immobilie aufnehmen müsste) problemlos bedienen kann.
Gruß vom Wiz