Erbrecht – Warum wird der "letzte Wille" nicht respektiert?

Hallo,

im deutschen Erbrecht ist es ja so, dass Eltern ein Kind nur unter sehr engen gesetzlich vorgeschriebenen Regeln enterben können.

Warum eigentlich? Ein Testament wird doch auch „letzter Wille“ genannt. Warum wird dieser Wille nicht respektiert? Solange ein Mensch lebt, kann er mit seinem Geld oder seinem Vermögen machen, was er will. Er kann es verkaufen, verschenken, spenden, verbrennen oder was sonst ihm noch einfällt.

Warum erlaubt man einem  Verstorbenen nicht, ebenso frei über sein Eigentum zu verfügen? Wenn kein Testament vorliegt, muss jemand die Initiative übernehmen, das ist halt der Staat, und dann gibt es Regeln, wie es zu verteilen ist.

Aber, nochmal: Wenn ein Testament vorliegt, warum respektiert man den „letzten Willen“ nicht?

Ist jemandem bekannt, dass irgendwo ein Prozess läuft, diese massive Einmischung des Staats in private Angelegenheit zu verhindern?

Grüße
Carsten

Hallo,

lies mal hier:

http://www.notare-rg.de/pflichtteil.html

Viele Grüße

Hallo,

im deutschen Erbrecht ist es ja so, dass Eltern ein Kind nur
unter sehr engen gesetzlich vorgeschriebenen Regeln enterben
können.

Das ist sehr sinnvoll, da nicht nur die erbenden Kinder, sondern auch deren Eltern Fehler machen können - Eltern, die wenig Fehler machen, möchten i.d.R. ihre Kinder nicht enterben.

Wer das doch möchte, sollte noch mal genau darüber nachdenken. Wenn eines der erbenden Kinder süchtig ist oder ähnliche, geldverschlingende Probleme hat, kann man ev. einen Treuhänder einsetzen - man muss nicht gleich enterben.

Gruß, Paran

Hallo,
zusätzlich zu den beiden sehr guten Hinweisen meiner „Vorschreiber“ sollte man vielleicht darüber nachdenken, dass gerade in den letzten Jahren umfangreiche Pflichten für nächste Angehörige aus dem Beerdigungsrecht und Unterhaltsrecht bei Pflegebedürftigkeit erwachsen sind, die wenngleich nur mittelbar, die nächsten Angehörigen sehr belasten (können). Es kann irgendwie nicht angehen, dass nächste Angehörige zwar (zunächst) für die Bestattungskosten aufkommen müssen, danach aber dem Erben zwecks Erstattung „hinterherrennen“ müssen.

Gruß vom
Schnabel

Fändest Du das gerecht bei …
Hallo,

fändest Du es gerecht, den Pflichtteil zu verwehren bei

  • Kindern die beim anderen (mit dem Erblasser zerstrittenen) Elternteil aufwachsen? (früher : uneheliche oder außereheliche Kinder, heute: Die Meisten)
  • Kindern die Schulden haben (z.B. bei den Sozialkassen) oder diesen auf der Tasche liegen
  • kurzfristigen, ggf. von anderen Geschwistern forcierten Differenzen, die sich bald in Luft aufgelöst hätten und durch den plötzlichen Tod zementiert wurden?
  • bei der alleinerbenden 25-jährigen Stiefmutter, die der 80-jährige Erblasser eine Woche vorher kennengelernt hat?
  • missratenen Kindern die die Erblasser selber erzogen haben?
  • Kindern, die die Erblasser nicht selbst erzogen haben?

Wann wäre für Dich ein Pflichtteilsvorenthalt moralisch gerechtfertigt?

Gruß
achim

Hai!

Wann wäre für Dich ein Pflichtteilsvorenthalt moralisch gerechtfertigt?

Er fragte gar nicht nach Moral, sondern nach der Rechtsgrundlage!

In meinen Augen gar nicht, warum muß sich der Staat einmischen was mit meinem erwirtschafteten Geld passiert. Und nun nicht wieder reinmengen ich hab das Mütterlein mit 50€ im Monat unterstützt, das könnte man regeln, es geht um den Rest.

Der Plem

Hallo Plem,

Er fragte gar nicht nach Moral, sondern nach der Rechtsgrundlage!

mmh, die Rechtslage ist doch klar, der UP hat m.E. moralisch argumentiert.

In meinen Augen gar nicht, warum muß sich der Staat einmischen
was mit meinem erwirtschafteten Geld passiert.

Mmh, vielleicht sieht der Staat sonst die Rechte der Enterbten gefährdet (oder im Zweifel dessen Erben/Gläubiger bzw. der Allgemeinheit).

In welchen der von mir skizzierten Fällen sollte sich der Staat Deiner Meinung nach auf die Seite des Erblassers schlagen, egal ob rechtlich oder moralisch begründet?

Gruß
achim

Hai!

In welchen der von mir skizzierten Fällen sollte sich der
Staat Deiner Meinung nach auf die Seite des Erblassers
schlagen, egal ob rechtlich oder moralisch begründet?

Gar nicht.

Es sind komplett verschiedene Dinge ob Ansprüche aus Unterhalt, sozialen Forderungen von Eltern oder Kindern zu bewerten sind oder Erbschaftsansprüche.

Zumimdest nach meiner Meinung.

Alle Fragen bezüglich Vorsorge, Unterhalt etc. haben nichts damit zu tun ob das missliebte Kind zwangsgewiesen ein größeres Erbe zusteht.

Meint, der Plem

Konkreter Fall des ersten Beispiels
Hallo Plem,

nehmen wir den ersten Fall: Jemand hat ein außereheliches Kind mit einem ONS. Würde es die Familienbande nicht zusätzlich erschweren, wenn er es bereits vor der Geburt vom Erbe ausschließen darf und somit gegenüber ehelichen Kindern weiter diskriminiert?

Gruß
achim

nehmen wir den ersten Fall: Jemand hat ein außereheliches Kind
mit einem ONS.

Damit ist er unterhaltspflichtig gegenüber dem Kind.

und somit gegenüber ehelichen Kindern weiter diskriminiert?

Ich hatte in meiner Einschätzung die ehelichen Kinder nicht ausgeschlossen, wenn keiner einen gesetzlichen Anspruch auf ein Erbe hat, wären alle gleich.

Der Plem

Hoi.

Mal die andere Seite betrachtet: Jemand hat ein außereheliches Kind mit einem ONS. Dieser fand in einer Besenkammer eines londoner Hotels statt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde der ONS wegen des Geldes eingefädelt und die Schwangerschaft künstlich „hergestellt“ - kann aber so nicht bewiesen werden. Würde es die Familienbande nicht zusätzlich erschweren, wenn der betrogene Erblasser das Kind nicht bereits vor der Geburt vom Erbe ausschließen darf und somit die ehelichen Kindern weiter schädigt?

Kindesunterhalt und weitere Verpflichtungen(insbesondere moralischer Art) bleiben ausser Acht - es geht nur ums Erbe.

Muss also der Erblasser alles Geld rechtzeitig verjubeln/spenden/umverteilen, nur damit das ungewollte Kind nichts erben kann?

Ciao
Garrett

Mal die andere Seite betrachtet: Jemand hat ein außereheliches
Kind mit einem ONS. Dieser fand in einer Besenkammer eines
londoner Hotels statt. Mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit wurde der ONS wegen des Geldes eingefädelt
und die Schwangerschaft künstlich „hergestellt“ - kann aber so
nicht bewiesen werden. Würde es die Familienbande nicht
zusätzlich erschweren, wenn der betrogene Erblasser das Kind
nicht bereits vor der Geburt vom Erbe ausschließen darf und
somit die ehelichen Kindern weiter schädigt?

du verwechselst da was: warum auch immer die mutter mit dem vater rumgemacht hat oder umgekehrt kann doch nicht das problem des kindes sein. das kann genau gar nichts dafür. und beim erben geht es wie beim kindesunterhalt um die rechte des kindes, nicht um die der mutter.
warum sollte deiner meinung nach also eine handlung von mutter oder vater die rechte des kindes einschränken und warum?

Hoi.

Ich nahm das vorangegangene Posting als Beispiel, natürlich kann man es allgemeiner fassen: der gleiche Erblasser will auch seine ehelichen Kinder vom Erbe ausschliessen. Ändert ja nichts an der Rechtslage.

Welches Recht haben den die Kinder auf das Vermögen der Eltern? Das ist ja hier des Pudels Kern?!

Lebend kann der Erblasser/Eltern das Vermögen verschenken, versaufen, verspielen - da können die Kindern(eheliche oder nichteheliche) nichts gegen tun. Plötzlich mit dem Tode aber, entstehen neue Rechte, zumindest eben auf den geltlichen Pflichtteil.
Mir ist auch klar, dass laut BGB grundsätzlich immer eine Unterhaltspflicht der Eltern besteht, bzw. eben eingeschränkt durch §1603 II BGB.

In der Regel sind die Kinder beim Tod der Eltern bereits so erwachsen, dass sie finanziell auf eigenen Beinen stehen. Also ist das Erbe für die meisten Erben ein nette, aber nicht notwendige Zuwendung.

Warum auch immer eine Störung zwischen den Parteien zu lebzeiten bestanden hat, welches eben zur „Enterbung“ führte, warum also geht der Staat hier einen Sonderweg?

Ciao
Garrett

Welches Recht haben den die Kinder auf das Vermögen der
Eltern? Das ist ja hier des Pudels Kern?!

nö.
der kern ist: warum gibt es einschränkungen bezüglich des testaments.

Lebend kann der Erblasser/Eltern das Vermögen verschenken,
versaufen, verspielen - da können die Kindern(eheliche oder
nichteheliche) nichts gegen tun. Plötzlich mit dem Tode aber,
entstehen neue Rechte, zumindest eben auf den geltlichen
Pflichtteil.

der pflichtteil ist nicht geltlich und auch nicht geldlich. er bezieht sich auf das gesamte vermögen. er ist nur in geld zu leisten.
des weiteren könnte man auch anders formulieren: die neuen rechte treten an die stelle der bisherigen. leichen haben halt keine besitzrechte mehr. und irgendwer muss es ja bekommen.
es soll länder geben, da fällt nach dem tod alles dem staat zu.

Mir ist auch klar, dass laut BGB grundsätzlich immer eine
Unterhaltspflicht der Eltern besteht, bzw. eben eingeschränkt
durch §1603 II BGB.

was natürlich erstmal gar nichts mit dem erben zu tun hat.

Warum auch immer eine Störung zwischen den Parteien zu
lebzeiten bestanden hat, welches eben zur „Enterbung“ führte,
warum also geht der Staat hier einen Sonderweg?

den sonderweg versucht der erblasser zu gehen, nicht der staat. der gibt nur vor, wie weit weg vom normalfall dieser sonderweg verläuft.
ist wie immer ein mittelweg, mit dem man allen gerecht werden will.