Gebäude verkaufen, das mit mehr als 50% auf fremdem Grundstück steht - Überbau?

Hallo,
hier komme ich mit etwas Verzwicktem.
Ein Doppel-Haus mit zwei Grundstücken wurde vererbt und soll jetzt verkauft werden. Dabei kommt ans Licht, dass das ältere Teil zwar ganz auf dem einen Grundstück steht, das angebaute etwas neuere Teil aber nur zu etwa einem Viertel auf dem unmittelbar angrenzenden Grundstück steht, was Alles zusammen vererbt wurde.
Die Entstehung ist so lange her, vermutlich beim neueren Teil Anfang 1900, so dass keine Informationen zu bekommen sind, Pläne gibt es nicht, Vereinbarungen und Verträge mit dem Dritten wohl auch nicht. Beim Liegenschaftsamt gibt es nur die Pläne, auf denen sehr deutlich zu sehen ist, dass der größte Teil des 2. Gebäudes auf dem Grundstück eines Dritten steht.
Der Verstorbene hat das so gekauft, es ist nicht alte Familiensache, es ist auch nichts herauszufinden.
Nun ist die Frage, ob man die zweite Haushälfte so verkaufen kann (ist ja schon einmal geschehen, vor etwas fünfzehn Jahren - und gutgegangen).
Das ist doch mit dem Überbau Paragraphen im BGB geregelt, dass da im Notfall eine Rente zu zahlen ist oder das Grundstück unter dem Haus vom Dritten an den jeweiligen Hausbesitzer verkauft werden muss.
Und um den Fragen vorzugreifen, man sollte vermutlich aber will auf keinen Fall mit dem Dritten verhandeln vor dem Verkauf.
Vielen Dank für eure Gedanken dazu,
Ynot

In diesem Falle kommt das sogenannte Duldungsrecht des BGB zur Anwendung.
Sofern der Eigentümer des überbauten Grundstückes nicht sofort widerspricht (beim Bau),gilt der Überbau als gedultet und ist gemäß § 912 BGB eine sogenannte
dingliche Last auf dem überbauten Grundstück auch ohne Eintragung in das Grundbuch.

Mithin braucht man den Eigentümer auch nicht informieren,da der Überbau immer zum „eigenen“ Gebäude zählt.

Hallo und danke,
ja den § 912 BGB habe ich auch schon entdeckt, die Sache bezieht sich jedoch immer auf den Überbau eines (kleineren) Teils des Gebäudes (Dachüberstand, Traufkante, Garagenwand etc. und versehentlich bzw. nicht vorsätzlich überbaut).
Kommt das denn auch zur Anwendung, wenn der Bauherr vor einigen Jahrzehnten aus Versehen 75% des Gebäudes auf des Nachbars Grundstück gebaut hat? Oder hat - interpretiert - der Nachbar damals hierrüber überbaut und die Eingangstüre versehentlich nicht zum eigenen Grundstück hin gebaut?
Ich hatte den Eindruck, dass nicht-teilbare Gebäude zu dem Grundstück gehören, auf dem der größere Teil des Gebaüdes steht…
Etwas verwirrte Grüße, ynot

Hallo,
klar kannst Du sowas verkaufen, wenn Du den Sachverhalt in den Kaufvertrag schreibst.

Allerdings ist eine Beleihung dieses höchst bauordnungswidrigen Gemäuers dann Glückssache und möglicherweise das Nichtbekommen des Kaufpreises eine sehr unangenehme Folge (lassen wir mal die Schuldhaftigkeit dieses Umstandes außen vor :wink:).

Außerdem kann der Eigentümer eines solchen Konstruktes nahezu jegliche baugenehmigungspflichtige Veränderung am Gebäude vergessen, da er spätestens dann ziemlich sicher entweder eine Vereinigungsbaulast oder echtes bauordnungsrechtlich einwandfrei (d.h. einschließlich Abstandflächen) zugeschnittenes Bauland vom Überbauten Grundstückseigentümer braucht.

Das mit der Duldung ist zwar richtig, entbindet jedoch nicht von dem o.g. Mangel und auch in der Regel nicht von der Überbaurente.

Man sollte sehr wohl mit dem Dritten verhandeln, um diesen Unfug zu beseitigen. Eine Möglichkeit wäre, eine Umlegung nach dem BauGB zu machen. Dazu müsste man die örtliche Geschäftsstelle des Umlegungsausschusses für das Ansinnen gewinnen und da wäre vorhergehende Einigkeit ausgesprochen förderlich. Alternativ kann man sich auch mit einem Überbaurecht im Grundbuch behelfen, das jedoch wieder kaum bauordungsrechtlich legalisierende Funktion hat. Der privatrechtlich saubere Weg wäre, beim ÖbVI oder einer bundeslandabhängigen Vermessungsstelle die Teilung des überbauten Grundstücks zu beantragen und den Teil zu kaufen.

Es kann natürlich auch wieder alles gut gehen und bar bezahlt werden. Wie wahrscheinlich das ist, kann man seinen Käufer fragen :wink:

Gruß vom
Schnabel

Das Duldungsrecht wurde gerade für fast ganze Gebäude in das BGB aufgenommen.
So ein Fall wie deiner kam (und kommt) ja immer wieder vor und durch diesen § soll verhindert werden,das aufgrund fehlender schriftlicher Vereinbarungen
(vor Hundert Jahren reichte noch das Wort mit Handschlag besiegelt) hohe Geldwerte
(also Gebäude) vernichtet würden.