Kind telefoniert für DM 2000,- mit 0190

Liebe RechtsexpertInnen,

folgender Fall: Ein 10jähriger telefoniert heimlich mit einer Sexline (0190…) für 2000 DM. Haben die Eltern eine Chance, das Geld nicht bezahlen zu müssen?
Schliesslich müsste doch der Anbieter hören können, dass er nicht mit einem Erwachsenen spricht, oder?

Dankbar für Hilfe:
Stefan_

Nicht undbedingt, da kommt doch auch vieles nur vom Band.
Es ist außerdem schwer zu beweisen, daß es das Kind war.
Deine Größte Chance sehe ich in dem Urteil von irgend einem Gericht (welches weiß ich nicht menr), daß entschieden hat, daß Telefonsexservice grundsätzlich sittenwidrig ist, wonach du garn nichtzahlen mußt. Kann aber nicht garantieren, daß dies wirklich so war wie ich es flüchtig gehört habe…
Vielleicht weiß ja sonst wer bescheid hier?
Bei der Summe würde sich notfalls auch der Reat eines Anwalts lohnen…

Gruß Ivo

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Der Bundesgerichtshof sorgte bei der bislang unterschiedlichen Rechtsauffassung der Gerichte nunmehr für Klarheit: Rechtsgeschäfte, die sich direkt oder indirekt mit Telefonsex befassen, sind sittenwidrig. Dies gilt auch für Verträge, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Verträgen über Telefonsex stehen (z. B. Darlehensvertrag).

Urteil des BGH vom 09.06.1998
XI ZR 192/97

hast wohl richtig gehört

Tschüss
Merit

Abgedruckt in NJW 1998, 2895 mit dem Leitsatz:

„Ein Vertrag, der darauf gerichtet ist, durch die Vermarktung und den Vertrieb von Telefonkarten Telefonsex kommerziell zu fördern, ist sittenwidrig. Die Nichtigkeit erstreckt sich auch auf ein damit verbundenes Darlehen.“

Der zugrundeliegende Fall ist äußerst verzwickt. Da haben sich wohl Raffgier und Betrug getroffen.

Der BGH stellt aber in diesem Urteil auf den Zweck des Vertrages ab. Beim Vertrag mit der Telekom ist aber wohl nicht Zweck die kommerzielle Vermarktung von Sex. Naheliegend wäre eine Verantwortung der Telekom für ihre Leitungen, ähnlich der Verantwortung von Redakteuren für den Inhalt ihrer Zeitschriften. Dergleichen habe ich aber nicht gefunden (gründlich gesucht habe ich aber auch nicht).

Hat eigentlich die Telekom immer noch die unangenehme Eigenart, den Telefonanschluß bis zur Klärung der Angelegenheit zu sperren?

Ich habe da noch ein paar unschuldige Fragen:

  1. Wie kommt eigentlich ein Kind an eine Telefonsex-Nummer?

  2. 2000,- DM für eine 0190-Nummer entspricht etwa anderthalb Stunden „Vergnügen“. Das muß ja eine nette Tante am anderen Ende gewesen sein.

Grüße
ralph

Hat eigentlich die Telekom immer noch die
unangenehme Eigenart, den Telefonanschluß
bis zur Klärung der Angelegenheit zu
sperren?

Nicht, dass ich wüesste

Ich habe da noch ein paar unschuldige
Fragen:

  1. Wie kommt eigentlich ein Kind an eine
    Telefonsex-Nummer?

Wohl von einem Klassenkameraden mit den Worten, da könne man Leute verar***en…

  1. 2000,- DM für eine 0190-Nummer
    entspricht etwa anderthalb Stunden
    „Vergnügen“. Das muß ja eine nette Tante
    am anderen Ende gewesen sein.

Das waren viele Telefonate, aber auch ein langes, ja die nette Tante muss eine solche gewesen sein…

S_

Lieber Stefan,
wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Mit meinen „unschuldigen“ Fragen wollte ich Dir durch die Blume klarmachen, was auf Dich zukommt:

Hast Du noch nicht bezahlt, dann wird die Telekom den Anschluß sperren und Dich auf Zahlung verklagen. Hast Du schon bezahlt, dann mußt Du das Geld von der Telekom klageweise zurückholen. Beide Male kommst Du nicht um einen Gerichtsprozeß herum. Da die Telekom mit diesen (oder ähnlichen) Problemen tausendfach zu tun hat, hat sie natürlich auch die Spezialisten, solche Kämpfe zu bestehen. Ich bin nun kein Telekom-Spezialist, aber ich kann Dir folgendes sagen:

  1. Mit einer Instanz ist es nicht getan. Verliert die Telekom in der ersten Instanz, dann wird sie Berufung einlegen. Gegenstand des Prozesses ist nicht das Rechtsverhältnis zwischen Dir und dem Telefonsex-Anbieter, sondern Dein Rechtsverhältnis mit der Telekom. Es kommt also entscheidend darauf an, ob die Telekom verpflichtet ist, ihre 0190-Anschlüsse zu überwachen, bzw. Telefonsex-Anbieter zu sperren. Dazu müßte man zweifelsfrei wissen und beweisen können, daß diese Nummer als Telefonsex-Nummer bei der Telekom bekannt ist oder bekannt sein müßte.

  2. Gewinnst Du in beiden Instanzen, dann würde ich als Telekom den Anschlußvertrag kündigen, da Du es duldest, daß Dein Anschluß zu sittenwidrigen Gesprächen genutzt wird. Nächster Prozeß …

  3. Einziger Zeuge dafür, daß Dein Sohn die Nummer angerufen hat, ist Dein Sohn. Er wird also vor Gericht aussagen müssen, wann, warum und mit welchen Inhalten er dort angerufen hat. Der Telekom-Spezialist wird dann versuchen, Dich als Kinderschänder hinzustellen, der seine Aufsichtspflicht verletzt hat. Zumindest wird er Deine Erziehungsfähigkeit in Frage stellen, weil ein Zehnjähriger eigentlich wissen müsse, daß solche Anrufe wahnsinnig teuer sind. Schieb’ das Ganze dann nicht auf die dazugehörige Mutter, dann kämpfst Du mit dem Vorwurf zerrütteter Familienverhältnisse. Für 2000,- DM wird die Telekom nicht das Jugendamt scharf machen, aber wer weiß …

Du solltest Deinem Sohn klarmachen, daß er nur mit seinem eigenen Geld zu Prostituierten laufen soll, und ansonsten zähneknirschend zahlen. Vielleicht lenkt die Telekom nach einem sehr offenen und freundlichen Brief (vielleicht mit einem kleinen Hinweis auf das Jugendschutzgesetz, obwohl das nach seinem Wortlaut absolut nicht anwendbar ist) auch ein („kulanterweise“, „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“), aber das glaube ich kaum.

mfg
ralph

Hi Ralph,

es ist mir schlicht und einfach unverständlich, wie man Spaß an der Juristerei haben kann. Dein o.a. Abdruck der Rasenmäherverordnung hat mir nach dem dritten Halbsatz Kopfschmerzen beschert! Ich kann dafür aber ziemlich gut rechnen:

  1. 2000,- DM für eine 0190-Nummer
    entspricht etwa anderthalb Stunden
    „Vergnügen“. Das muß ja eine nette Tante
    am anderen Ende gewesen sein.

Der Maximaltarif der Telekom für 0190-Nummern wird für die 0190-8… berechnet und beträgt DM 3,63/Minute. Bei einem Rechnungsbetrag von DM 2000,- ergeben sich also 551 Minuten oder gut 9 Stunden „Ferkeleien“! Es muß sich also um eine verdammt nette Tante gehandelt haben! :wink:

Gruß und schönen Sonntag
Ted

Verrückt gewordene Grenzzeichen
Hi Ted,

*knirsch*. Ich habe mit 2,42 DM/min gerechnet und es ist mir unerklärlich, wie aus 826 Minuten 82,6 Minuten werden konnten. Vielleicht hätte ich Schlangenbeschwörer werden müssen :o))).

Nun ja, die Juristerei bietet auch lustige Momente. Was hältst Du z.B. von folgendem Paragraphen:

§ 919 Abs. 1 BGB: „Der Eigentümer eines Grundstücks kann von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks verlangen, daß dieser zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.“

Schönen Sonntag
ralph

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hoppla
Das war nix. Richtige Antwort kommt gleich.