Kinderlärm

Es gab hier schon einmal eine Anfrage wegen Kinderlärm. Leider gab es da keine erschöpfende Auskunft. Der vorliegende Fall ist auch etwas anders gelagert, deshalb meine Frage.

Wie lange muß man Kinderlärm dulden?
Folgende Situation.

Neben einem Mehrfamilienhaus stehen zwei Einfamilienhäuser. In den Einfamilienhäusern wohnen zwei kinderreiche Familien. Die meisten der Kinder (8) sind zwischen einem und 10 Jahren. Gerade in den Sommermonaten spielen die Kinder immer draußen (ist ja auch schön und das sollen sie ja auch) Leider spielen sie aber sehr lange draußen (meistens bis kurz vor 22:00 Uhr) Der Geräuschpegel, verursacht durch Gekreische, Bobbycars, Fahrradklingeln u.a., ist sehr hoch. Selbst geschlossene Fenster nützen da nicht viel.

Ich habe grundsätzlich nichts gegen spielende Kinder. Ich habe selbst Kinder. Die liegen allerdings um diese Uhrzeit schon im Bett und versuchen zu schlafen (was schwer möglich ist bei dem Lärm).

Ich habe mich nun gefragt, ob man Kinderlärm um diese Uhrzeit wirklich noch dulden muß. Wenn in der Nachbarschaft mal gefeiert wird ist Lärm kein Thema, das kommt ja nicht jeden Abend vor.
Gibt es da eine Regelung?

Hallo.

Es gibt keine eindeutige Regelung, außer, dass Kinder fast alles dürfen.

Hier sind interessante Infos: http://www.kinderinfo.de/rechte/mieter.htm

Wolfgang

Hallo,

hier mal auszugsweise aus einem 1996 veröffentlichten Urteil des OLG Düsseldorf, bei dem es um auf einer „Spielstraße“ auch nach 20 Uhr ballspielende Kinder ging, die johlten, mit dem Ball Geräusche verursachten etc.

Danach gilt: In einem Wohngebiet mit Einfamilienhäusern kommt es zu Kinderlärm und der ist weitestgehend hinzunehmen, wenn schon auf einer „Spielstraße“, dann natürlich erst recht auf den „eigenen“ Grundstücken der lärmenden Kinder, wem es nicht passt, muss umziehen.

Viele Grüße
EK

Ein Anspruch gegen die Bekl., lärmintensives Ballspiel der bekl. Kinder zeitweilig zu verhindern, besteht hingegen nicht. Die Kl. haben vielmehr spielbedingten Kinderlärm hinzunehmen.

  1. Auch der weitergehende Antrag der Kl. auf Unterlassung der Ballspiele in einem Umkreis von 50 m um ihr Grundstück, in den der von den bekl. Kindern genutzte Straßenbereich unstreitig fällt, ist unbegründet. Es ist bereits fraglich, ob der Sachvortrag der Kl. zur Darlegung einer kinderlärmbedingten wesentlichen Beeinträchtigung ausreicht. Daß Kinderlärm „unerträglich“ ist, stellt eine rein subjektive Wertung der Kl. dar. Als gerichtsbekannt kann jedoch vorausgesetzt werden, daß der Lärm spielender Kinder durch Schreien, Lachen und Toben die Immissionsrichtwerte der gesetzlichen Regelungen (z.B. TA Lärm und VDI 2058 Bl. 1) z.T. auch erheblich überschreiten kann. Allein die Überschreitung von Lärmgrenzwerten läßt Kinderlärm indessen nicht zu wesentlichen Beeinträchtigungen i.S. des § 906 I BGB werden. Anders als bei der Beurteilung der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung durch den Lärm technischer Anlagen ist bei Erzeugen von Lärm durch kindliches Spielen, sei es auf Spielplätzen, im Schulbereich oder auf der Straße, zu berücksichtigen, daß Kinderlärm eine notwendige Ausdrucksform und Begleiterscheinung des kindlichen Spielens darstellt, die nicht generell unterdrückt oder auch nur beschränkt werden kann. Bei einer vorzunehmenden Güterabwägung zwischen den Interessen der betroffenen Nachbarn an Ungestörtheit einerseits und dem Interesse der Allgemeinheit an einer kinderfreundlichen Umwelt andererseits steht daher der Begriff der Wesentlichkeit bei der Beurteilung unter einem allgemeinen Toleranzgebot. Nachbarliches Zusammenleben ohne eine gegenseitige Störung ist nicht denkbar. Deshalb muß jeder Eigentümer Störungen in gewissem Umfang hinnehmen, wobei die Wesentlichkeit von Lärm im Sinne einer wertenden Abgrenzung durch situationsbezogene Abwägung zu bestimmen und hierbei auf das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen" abzustellen ist (vgl. BGHZ 121, 248 (255) = NJW 1993, 1656 = LM H. 9/1993 § 906 BGB Nr. 90). Soziale Interessen des Störers und soziale Auswirkungen des Verbots der Störung sind zu berücksichtigen (vgl. OLG Nürnberg, NJW-RR 1988, 979).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im vorliegenden Rechtsstreit, daß die Kl. spielbedingten Kinderlärm hinzuneh-
men haben. Bei der Siedlung, in der die Parteien wohnen, handelt es sich um ein reines Wohngebiet, in dem ausschließlich Einfamilienhäuser stehen, die überwiegend von Familien mit kleineren Kindern bewohnt werden. Allein diese Wohnsituation bedingt vermehrten Kinderlärm. Das Geräusch spielender Kinder ist schon aus dem engen räumlichen Bezug zwischen Wohnen und Spielen ein untrennbarer Bestandteil des Wohnens (vgl. VGH Mannheim, NVwZ 1990, 988 (989)). Daß dieser Kinderlärm sich nicht nur auf die einzelnen Grundstücke beschränkt, ist zwangsläufig und damit sowohl für die Stadt D. als auch alle Anwohner absehbare Folge der Ausweisung der T-Straße als verkehrsberuhigter Bereich gem. § 42 IVa StVO. Auf diesem gemeinhin als „Spielstraße“ bezeichneten öffentlichen Verkehrsraum sind nach der genannten gesetzlichen Regelung Kinderspiele überall erlaubt, während der Nutzungszweck für Fahrzeuge hinter dem für Kinder und Fußgänger zurückzutreten hat. Wenn aber gesetzlich Kinderspiele in bestimmten Bereichen nicht nur zulässig sind, sondern durch besondere Ausweisung von Straßenraum noch gefördert werden, kann das Spielen dort nicht durch Anwendung von Lärmgrenzen unzumutbar werden. Wer - wie die Kl. - sich für das Wohnen in einer solchen kinderfreundlichen und das Spiel der Kinder fördernden Umgebung entscheidet, hat die hierdurch bedingten Nachteile wie insbesondere spielbedingten Kinderlärm in Kauf zu nehmen.

Menschen mit einem „erhöhten Ruhebedürfnis“ müssen sich ein anderes Wohnumfeld suchen. Auch geräuschfreie Mittagspausen können unter den heute gegebenen Lebensumständen mit zeitlich nicht mehr fest gegeneinander abgegrenzten Arbeits- und Ruhezeiten nicht gefordert werden.