Ladendiebstahl: Beweise

Liebe Experten,

folgende Situation:

Kunde K kauft im Supermarkt „Minus“ mit seinen beiden Freunden ein, als sie rausgehen wollen, wird K vom Abteilungsleiter A ins Büro gerufen. Die beiden Freunde werden nicht aufgerufen und verlassen den Laden.

Im Büro wird K eine leere Trinkflasche vor die Nase gehalten, eine ältere Brille tragende Ladendetektivin D meint, dass K diesen Flasche heimlich geleert und dann in einen Karton im Laden geschmissen hat.

Kunde K ist natürlich verunsichert über diese Situation, schließlich ist die Flasche 0,60 € wert wo hingegen sein Einkauf (er hat den Beleg) über 4 Mal so teuer wie das „Diebesgut“ ist, K streitet also wahrheitsgemäß ab diese Flasche ausgetrunken zu haben.

Abteilungsleiter A wird laut zu K, er solle 50€ Fanggebühr bezahlen und sich eben einen Eintrag ins Vorstrafenregister einhandeln.

Die Polizei tritt ein, da Kunde K seinen Ausweis vorlegt und Abteilungsleiter A so alle Daten aufnehmen kann, verlässt sie auch gleich das Büro.

Nachdem Abteilungsleiter A alle Daten aufgenommen hat, stellt er K vor die Wahl ihm entweder sofort 50€ Fanggebühr zu zahlen worauf eine Anzeige und ein Eintrag ins Vorstrafenregister folge. Oder aber er werde den Fall an die Polizei weitergeben, was um die 500 € Ermittlungsgebühren kosten würde.

K hat den Eindruck dass egal was er tut, er so oder so schuldig ist und ins Vorstrafenregister aufgenommen wird, die Frage ist nur ob er 50€ oder 500 € zahlen muss.

K verlässt den Laden ohne 50€ zu zahlen, da ihm eine nicht bestinmmte Nachdenkfrist gewährt wird, wobei er noch das Getränk das er nicht getrunken hat bezahlen muss, die Flasche darf er behalten.

Kunde K hat keinerlei Erfahrung mit Gericht oder Polizei und scheut davor einen Anwalt einzuschalten, da er mit enormen Unkosten rechnet.

Als Zeugin ist die Detektivin D notiert, es gibt keine Videoaufnahmen.

Soweit so gut.

  1. Wenn K die 50 € Fanggebühr zahlt, gesteht er somit den Diebstahl und würde zurecht angezeigt und als vorbestraft gelten?

  2. Wie sieht das weitere Prozedere aus, wenn sich K weigert irgendetwas zu bezahlen, kann er überhaupt unbelastet aus der Affäre kommen?

  3. Die 2 Freunde von K, die ihn beim Einkauf begleitet haben, wurden gar nicht ins Büro gerufen, inwieweit kann K diese zwei Zeugen zu seinem Vorteil ausnutzen?

  4. Die Ermittlungskosten der Polizei würden dem K doch nur auferlegt, wenn dieser nach dem Verfahren als schuldig befunden würde, oder?

Huhu!

  1. Wenn K die 50 € Fanggebühr zahlt, gesteht er somit den
    Diebstahl und würde zurecht angezeigt und als vorbestraft
    gelten?

Er gesteht nicht direkt, aber ein Indiz ist das schon.Übrigens auch wenn man das Getränk bezahlt.

  1. Wie sieht das weitere Prozedere aus, wenn sich K weigert
    irgendetwas zu bezahlen, kann er überhaupt unbelastet aus der
    Affäre kommen?

Wenn es eine Gerechtigkeit gibt, kann er das, selbstverständlich.

  1. Die 2 Freunde von K, die ihn beim Einkauf begleitet haben,
    wurden gar nicht ins Büro gerufen, inwieweit kann K diese zwei
    Zeugen zu seinem Vorteil ausnutzen?

Vielleicht indem er sie vor Gericht benennt und befragen lässt?

  1. Die Ermittlungskosten der Polizei würden dem K doch nur
    auferlegt, wenn dieser nach dem Verfahren als schuldig
    befunden würde, oder?

Die Ermittlungskosten der Polizei zahlen wir alle.

Mein Gott, wie kann man nur so knickig sein und ohne Anwalt ins Strafverfahren gehen. Zahlt doch am Ende alles die Staatskasse.

Leider hast du nicht erwähnt, ob der Vorwurf stimmt.

  1. Wenn K die 50 € Fanggebühr zahlt, gesteht er somit den
    Diebstahl und würde zurecht angezeigt und als vorbestraft
    gelten?

Nein. Vorbestraft ist er, wenn er verurteilt wird. Verurteilt wird er, wenn er angeklagt und ihm die Tat bewiesen wird. Die Zahlung der Prämie wäre allenfalls ein Indiz, aber sicher kein Beweis; denn man kann die Prämie ja auch zahlen, um weiterem Ärger zu entgehen.

  1. Wie sieht das weitere Prozedere aus, wenn sich K weigert
    irgendetwas zu bezahlen, kann er überhaupt unbelastet aus der
    Affäre kommen?

Aber selbstverständlich kann er das. Alles wird mit den Beweisen und der Beweiswürdigung des Gerichts stehen und fallen (wenn es soweit überhaupt kommt).

  1. Die 2 Freunde von K, die ihn beim Einkauf begleitet haben,
    wurden gar nicht ins Büro gerufen, inwieweit kann K diese zwei
    Zeugen zu seinem Vorteil ausnutzen?

Wenn die Freunde bezeugen können, dass es während des gemeinsamen Aufenthalts im Supermarkt zu diesem Vorfall nicht gekommen ist, ist das perfekt. Kam es doch dazu, dürfen sie aber nicht falsch aussagen; sie machen sich sonst strafbar.

  1. Die Ermittlungskosten der Polizei würden dem K doch nur
    auferlegt, wenn dieser nach dem Verfahren als schuldig
    befunden würde, oder?

Soweit ich weiß, werden sie ihm gar nicht auferlegt.

Levay

Hallo Levay,

ich danke dir für deine Antwort!

Leider hast du nicht erwähnt, ob der Vorwurf stimmt.

doch habe ich: „…K streitet also wahrheitsgemäß ab diese Flasche ausgetrunken zu haben“

Aber vielleicht hätte ich es deutlicher machen sollen: Der K hat aus dieser Flasche nicht getrunken.

Viele Grüße

Philipp

Hallo.

Aber vielleicht hätte ich es deutlicher machen sollen: Der K
hat aus dieser Flasche nicht getrunken.

Dann werden sich seine Fingerabdrücke auf der Flasche wohl auch nicht finden lassen.

mfg M.L.

Ok, habe ich überlessen. Umso mehr würde ich mich weigern, hier etwas zu bezahlen oder überhaupt etwas anderes zu tun, ehe ich nicht mit einem Anwalt gesprochen habe.

Levay

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Doch, er durfte ja die leere Flasche behalten, was impliziert, daß er sie auch angefaaßt hat.

Trotzdem würde kein Mensch in einem solchen Fall auf Fingerabdrücke prüfen. Das wäre mehr als unverhältnismäßig…

Rankin

Folge 2
Liebe Experten,

am nächsten Tag geht Kunde K wieder in den Supermarkt „Minus“.

Er holt seinen Personalausweis ab und wird gebeten das Dokument auf dem der Sachverhalt festgehalten wurde zu unterschreiben.

Kunde K weigert sich dies zu tun, ihm wird vom Chef C erklärt dass er so oder die 50€ Fanggebühr zu zahlen hat, und für ein Jahr lang Hausverbot in allen Filialen „Minus“ und „Bengelmann“ hat. Der Fall würde nun der Staatsanwaltschaft übergeben…

Kunde K geht ruhigen Gewissens aus dem Supermarkt.

Nur zur Sicherheit: An das Hausverbot muss er sich natürlich halten.

Levay

Hi,

mal eine doofe Frage: Ist denn der Hausdetektiv in Posemuckelsdorf überhaupt berechtigt, ein bundesweites Hausverbot für alle (Konzern-!)filialen auszusprechen? Abgesehen davon: Wie wollen die das kontrollieren?

Könnte der Metro-Detektiv jemandem sagen: „Du hast Hausverbot bei weltweit allen Filialen von Metro, real, extra, Mediamarkt, Saturn und Galeria Kaufhof. In allen unseren Onlineshops darfst du auch nichts mehr bestellen. Und sollten wir Aldi, Lidl, Plus, Penny und Edeka übernehmen, mußt du halt zur Suppenküche!“?

Gruß
Nils

mal eine doofe Frage: Ist denn der Hausdetektiv in
Posemuckelsdorf überhaupt berechtigt, ein bundesweites
Hausverbot für alle (Konzern-!)filialen auszusprechen?

Wer das Hausverbot hier ausgesprochen hat, wurde nicht gesagt. Ich gehe fest davon aus, dass es jedenfalls ein Berechtigter war.

Abgesehen davon: Wie wollen die das kontrollieren?

Das ist schwierig bis unmöglich. Am Tatbestand des Hausfriedensbruchs würde es im Zweifel aber nichts ändern.

Könnte der Metro-Detektiv jemandem sagen: „Du hast Hausverbot
bei weltweit allen Filialen von Metro, real, extra,
Mediamarkt, Saturn und Galeria Kaufhof. In allen unseren
Onlineshops darfst du auch nichts mehr bestellen. Und sollten
wir Aldi, Lidl, Plus, Penny und Edeka übernehmen, mußt du halt
zur Suppenküche!“?

Ob das möglich wäre, wenn alles in einer Hand wäre, stehe dahin; soweit wird es aber niemals kommen, so dass sich solche Fragen nicht stellen.

Levay

etwas ot
Hi Levay,

Ob das möglich wäre, wenn alles in einer Hand wäre, stehe
dahin; soweit wird es aber niemals kommen, so dass sich solche
Fragen nicht stellen.

In einem anderen Posting weiter oben schreibst Du:
Ich habe kürzlich mal gelesen, dass, wenn in einem juristischen Text steht, etwas sei „natürlich“ so oder so, dieses wahrscheinlich genau anders sei.

Für das „soweit wird es niemals kommen“ sehe ich das ähnlich.
Wie war das noch mit den berühmten Irrtümern?:
Niemand auf der Welt braucht einen Computer zuhause.
Auf der Welt wird es niemals einen höheren Bedarf an Computern geben als 5 Stück :wink:

Gruss Jakob

1 Like

Aber eine solche Monopolisierung wäre ja nicht mal zulässig. Natürlich kann man so gut wie gar nichts auf der Welt restlos ausschließen. Sicher ist vermutlich nur, dass wir alle einmal sterben. Und nicht mal das ist GANZ sicher. :wink:

Also gut, wenn wir so theoretisieren wollen… Wenn es wirklich nur noch einen Händler gäbe, dann könnte man überlegen, ob er nicht einem Kontrahierungszwang unterläge.

Levay

mal eine doofe Frage: Ist denn der Hausdetektiv in
Posemuckelsdorf überhaupt berechtigt, ein bundesweites
Hausverbot für alle (Konzern-!)filialen auszusprechen?

Wer das Hausverbot hier ausgesprochen hat, wurde nicht gesagt.
Ich gehe fest davon aus, dass es jedenfalls ein Berechtigter
war.

Ich bezweifle eben, dass es überhaupt irgendeinen Berechtigten in Posemuckelsdorf gibt, der ein bundesweites Hausverbot aussprechen darf, nicht mal der Filialleiter. Bis zum Kontrahierungszwang wegen Monopolstellung ist es ohnehin ein weiter Weg.
Ich mag ja auch falsch liegen, aber weiß da jemand mehr als „wird schon seine Richtigkeit haben“?

Danke
Nils

Was soll man dir denn darauf antworten? Es ist allein eine Frage der innerbetrieblichen Organisation der Kette, wer ein bundesweites Hausverbot aussprechen darf. Es ist einerseits möglich, dass dies jedem Filialleiter kraft Vertretungsmacht obliegt; ebenso ist möglich, dass es gar nicht der Filialleiter war, sondern z. B. ein zuständiger Mitarbeiter der Zentrale, von dem das Hausverbot formell ausgesprochen wurde.

Levay

mal eine doofe Frage: Ist denn der Hausdetektiv in
Posemuckelsdorf überhaupt berechtigt, ein bundesweites
Hausverbot für alle (Konzern-!)filialen auszusprechen?

Ich denke mal, dass es da unternehmensweite Absprachen gibt. Jemand der in meiner Filiale in Posemuckelsdorf geklaut hat, ist auch in meinen anderen Filialen nicht willkommen. Da würde ich den Filialleiter von P. durchaus ermächtigen, ein unternehmensweites Hausverbot auszusprechen.

Abgesehen davon: Wie wollen die das kontrollieren?

Gar nicht. Aber wenn derjenige in einer anderen Filiale auffällig wird, kommt zum Tatbestand des Diebstahles auch noch der des Hausfriedensbruches dazu.

Hallo

Gibt es eigentlich irgendeine angemessene Vorgehensweise? Was darf der Ladeninhaber, was nicht? Meinen Personalausweis hätte ich niemals dort gelassen. Auch verwundert mich, das nach dem Polizeiauftritt noch weiter mit dem Ladeninhaber „verhandelt“ wurde. Meiner Ansicht nach ist die Sache dann entweder erledigt, oder es geht seinen offiziellen Weg (Anzeige). In beiden Fällen hätte man mit dem Laden nichts mehr zu tun…

Ganz konkret, muss man seinen Ausweis hinterlegen? Muss man die Fangprämie zahlen? Ich meine, der Laden hat (wenn überhaupt) erst nach Verurteilung anrecht darauf?

Gruß, DW.

Gibt es eigentlich irgendeine angemessene Vorgehensweise? Was
darf der Ladeninhaber, was nicht?

Er darf einen Ladendieb festhalten; irrt er sich (ist der Festgehaltene also kein Dieb), darf er das grundsätzlich nicht, allerdings macht sich der Ladeninhaber auch nicht unbedingt strafbar. Nach Rechtsprechung zu § 127 I StPO besteht ein Festnahmerecht schon, wenn sich der Verdacht einer Straftat aufdrängt (dann darf er doch, auch wenn der andere unschuldig ist).

Meinen Personalausweis hätte
ich niemals dort gelassen.

Ich auch nicht!

Ganz konkret, muss man seinen Ausweis hinterlegen?

Natürlich nicht.

Muss man
die Fangprämie zahlen?

Die Frage kannst du dir selbst beantworten: Der Fragesteller sagt, der Diebstahl sei gar nicht begangen worden. Dann muss natürlich auch keine Fangprämie bezahlt werden.

Levay

Hallo

Gibt es eigentlich irgendeine angemessene Vorgehensweise? Was
darf der Ladeninhaber, was nicht?

zB:

  • Festnahme nach 127 StPO
  • Rücknahme der geklauten Sache nach BGB. Auch mit angemessener Gewalt
  • Hausverbot erteilen
  • Bearbeitungsgebühr in angemessener Höhe verlangen

Meinen Personalausweis hätte
ich niemals dort gelassen. Auch verwundert mich, das nach dem
Polizeiauftritt noch weiter mit dem Ladeninhaber „verhandelt“
wurde. Meiner Ansicht nach ist die Sache dann entweder
erledigt, oder es geht seinen offiziellen Weg (Anzeige).

Warum? Polizei ist nur zuständig wenn Ware über 50 Euro darunter ist es ein Antragsdelikt. Das heißt die Polizei kommt um die Personalien festzustellen und fährt dann wieder, wenn diese einwandfrei feststehen.

Gruß RainerS

In
beiden Fällen hätte man mit dem Laden nichts mehr zu tun…

Ganz konkret, muss man seinen Ausweis hinterlegen? Muss man
die Fangprämie zahlen? Ich meine, der Laden hat (wenn
überhaupt) erst nach Verurteilung anrecht darauf?

Gruß, DW.

Anfassen != Trinken

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