Muss Briefausgang oder -eingang bewiesen werden?

Hallo Wissende!

Folgender Fall: Herr Mustermann war Mitglied im Verein XY. Dort galt eine vierteljährliche Kündigungsfrist. Da Herr Mustermann aus persönlichen Gründen die Leistungen gar nicht mehr nutzte und die Beiträge nicht ganz unerheblich waren, kündigte er eines Tages seine Mitgliedschaft.

Monate später erhielt er ein Schreiben von Verein XY, wo die Zahlung seines ausstehenden Mitgliedsbeitrags verlangt wurde. Herr Mustermann sandte umgehend ein Schreiben zurück, das er seine Mitgliedschaft doch schon längst gekündigt hätte. Wiederum vergingen ein paar Wochen, bis er die Auskunft erhielt, dass nie eine Kündigung dort angekommen wäre- er müsse zahlen, wenn er nicht das Gegegenteil beweisen könne. Seine Mitgliedschaft ließ man übrigens weiter laufen, bis Herr Mustermann nocheinmal hinschrieb, dass er doch bereits gekündigt hätte und darum schon vor Wochen der Zahlung widersprochen hatte.

Herr Mustermann erinnert sich genau, die Kündigung abgeschickt zu haben, da an diesem Tag Herr Beispiel bei ihm zu Besuch war. Man sprach damals über das eher dürftige Preis-/ Leistungsverhältnis des Vereins XY; das Gespräch hatte Herrn Mustermann daran erinnert, das er sofort handeln musste, da er sonst wegen der Frist noch weitere drei Monate beitragspflichtiges Mitglied wäre.

Natürlich hätte er es lieber als Einschrieben mit Rückschein abgeschickt. Ging aber nicht, da die Post bereits geschlossen war und er auf keinen Fall die Frist übertreten wollte (am nächsten Tag wäre die Post nach Herrn Mustermanns Feierabend bereits geschlossen gewesen und in der Arbeitszeit hätte er keine Gelegenheit gehabt, eine Filiale aufzusuchen). Also warf er zusammen mit Herrn Beispiel noch am selben Abend die Kündigung in den Briefkasten (das Auto des Herrn Beispiel parkte nämlich unmittelbar hinter dem Kasten und Herr Mustermann begleitete seinen Gast dorthin).

Verein XY beharrt darauf, diesen Brief nie erhalten zu haben und der Fall kommt vor Gericht. Nun die Frage: reicht es aus, dass Herr Beispiel bestätigen kann, das Herr Mustermann die Kündigung ordnungsgemäß addressiert und frankiert in den Briefkasten geworfen hat? Oder wäre seine Aussage wertlos, da nicht der Ausgang des Briefes bewiesen werden muss, sondern der Eingang beim Empfänger?

Wenn wir mal davon ausgehen, das beide Parteien die Wahrheit sagen und der Brief auf dem Postweg verloren gegangen ist: wer hat jetzt die Ar…karte gezogen und muss für den Verlust auf dem Postweg die Konsequenzen tragen? Interessant finde ich auch, dass die Mitgliedschaft weiterlief, NACHDEM Herr Mustermann beteuerte, schon einmal eine Kündigung abgeschickt zu haben. Spätestens mit diesem Schreiben hätte man Herrn Mustermanns Kündigungswunsch doch vermerken und die Mitgliedschaft auslaufen lassen müssen? Da man es nicht tat, soll Herr Mustermann nun noch für ein Dreivierteljahr nachzahlen.

Mit ratlosen Grüßen
der blonde Hai

Servus!

Puh,was für eine elend lange Hinführung zu ein paar ganz einfachen Fragen. Aber da Du wenigstens auf Lesbarkeit geachtet hast, hab ich bis zum Ende durchgehalten!

Verein XY beharrt darauf, diesen Brief nie erhalten zu haben
und der Fall kommt vor Gericht. Nun die Frage: reicht es aus,
dass Herr Beispiel bestätigen kann, das Herr Mustermann die
Kündigung ordnungsgemäß addressiert und frankiert in den
Briefkasten geworfen hat? Oder wäre seine Aussage wertlos, da
nicht der Ausgang des Briefes bewiesen werden muss, sondern
der Eingang beim Empfänger?

Genau so isses. Eine Kündigung ist eine „empfangsbedürftige Willenserklärung“ - ohne Zugang wertlos.

Wenn wir mal davon ausgehen, das beide Parteien die Wahrheit
sagen und der Brief auf dem Postweg verloren gegangen ist: wer
hat jetzt die Ar…karte gezogen und muss für den Verlust auf
dem Postweg die Konsequenzen tragen?

Faustregel: Wer etwas für ihn Günstiges behauptet,muss das auch beweisen können. Der Verein behauptet und kann beweisen, dass Herr Mustermann Mitglied war. Herr Mustermann behauptet, gekündigt zu haben. Das bestreitet der Verein, Herr Mustermann kann’s nicht beweisen.

Interessant finde ich
auch, dass die Mitgliedschaft weiterlief, NACHDEM Herr
Mustermann beteuerte, schon einmal eine Kündigung abgeschickt
zu haben. Spätestens mit diesem Schreiben hätte man Herrn
Mustermanns Kündigungswunsch doch vermerken und die
Mitgliedschaft auslaufen lassen müssen?

Das finde ich auch interessant.

Danke schonmal für die Antwort!

Ja, habe lieber ausführlich formuliert, um keine „kann sein, muss aber nicht“ und „kommt auf den Einzelfall an“- Antworten zu bekommen…

Ich habe auch geschätzt, dass der arme Mustermann wohl zahlen muss- aber ich bin gespannt, wie das Gericht es sieht, das die Mitgliedschaft immer weiterlief, obwohl der Brief mit Mustermanns Erklärung, bereits eine Kündigung abgeschickt zu haben, bestätigterweise dort eingegangen ist. Spätestens danach hätte man die Mitgliedschaft zum nächstmöglichen Termin ja wohl auslaufen lassen müssen.

Ich denke, man ist nicht gezwungen, die Formelierung „… hiermit kündige ich…“ zu benutzen, sondern so etwas in der Art wie „… habe ich Ihnen am… bereits eine Kündigung geschickt…“ dürfte nach meiner Ansicht eindeutig als Wunsch zu verstehen sein, dem Verein nicht länger angehören zu wollen. Für mich sieht das alles nach gewollter Abzocke aus, aber kann man nichts machen, geht ja nicht nach Sympathie, sondern nach dem Buchstaben des Gesetzes :wink:

Liebe Grüße
der blonde Hai

Ja, habe lieber ausführlich formuliert, um keine „kann sein,
muss aber nicht“ und „kommt auf den Einzelfall an“- Antworten
zu bekommen…

Na, da wüsste ich ja gern mal, worauf genau es denn ankommen soll. Das Gesetz ist doch recht eindeutig, was die Frage der Wirksamkeit einer Willenserklärung angeht.

Levay

Hi Levay,

nicht klar und nicht beantwortet ist, ob ein Schreiben mit dem Inhalt, das man doch bereits gekündigt hätte, wie eine Kündigung behandelt werden muss- die Kündigungsfrist also ab Erhalt einer solchen Mitteilung zu laufen beginnt. Oder ob der Verein auf eine spezielle Formulierung bestehen kann (z.B. „Hiermit kündige ich zum… meine Mitgliedschaft.“). Macht immerhin nochmal drei Monate Beitrag aus, ob nun der zweite, oder erst der dritte Brief als Kündigung gilt!

Gruß
der blonde Hai