Nacherfüllung - Reihenfolge

Hallo,

im § 439 Abs. 1 BGB steht: „Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen“

Gibt es da irgendwelche Einschränkungen, oder bedeutet das, dass der Händler im Gewährleistungsfall *zuerst* eine fehlerfreie Sache nachzuliefern hat, bevor er (nach Abs. 4) die defekte Ware zurückverlangen kann?
Oder ist das völlig in Ordnung, dass Händler regelmäßig sagen: „Schicken Sie erstmal das defekte Dingens her, dann sehen wir weiter“?

Bei gewerblichem Verkäufer und privatem Käufer: Wäre es erlaubt, das vorher in den AGB so festzulegen, dass der Käufer zuerst die defekte Ware einschicken muss und dann erst mangelfreie wiederkriegt?

Danke schon jetzt.
lg ventrue

Guten Tag,

laut Palandt ist die erfolgte Lieferung der Ersatz-Sache Voraussetzung dafür, dass der Verkäufer die mangelhafte Sache nach § 439 IV BGB zurückverlangen kann. Der Verkäufer müsste die neue Sache also erst einmal liefern.

Ob davon in AGB abgewichen werden kann, wage ich zu bezweifeln, kann es aber an den §§307ff nicht konkret festmachen. Es wäre allerdings eine ziemliche Behinderung einer Geltendmachung der Gewährleistungsrechte, die der Gesetzgeber so bestimmt nicht vorgesehen hat.

Viele Grüße
Werner

laut Palandt ist die erfolgte Lieferung der Ersatz-Sache
Voraussetzung dafür, dass der Verkäufer die mangelhafte Sache
nach § 439 IV BGB zurückverlangen kann. Der Verkäufer müsste
die neue Sache also erst einmal liefern.

Die Logik verstehe ich nicht. Wenn der Verkäufer die mangelhafte Sachen zurückverlangen kann, sagt das doch nichts daraus, wer zuerst leisten muss…

Das Ergebnis ist auch falsch, denn in Wahrheit erfolgt die Leistung zug um Zug: § 439 IV BGB verweist doch auf § 348 BGB.

Levay

laut Palandt ist die erfolgte Lieferung der Ersatz-Sache
Voraussetzung dafür, dass der Verkäufer die mangelhafte Sache
nach § 439 IV BGB zurückverlangen kann. Der Verkäufer müsste
die neue Sache also erst einmal liefern.

Die Logik verstehe ich nicht. Wenn der Verkäufer die
mangelhafte Sachen zurückverlangen kann, sagt das doch nichts
daraus, wer zuerst leisten muss…

Ich habe ja geschrieben, dass die ERFOLGTE Lieferung Voraussetzung ist.

Das Ergebnis ist auch falsch, denn in Wahrheit erfolgt die
Leistung zug um Zug: § 439 IV BGB verweist doch auf § 348 BGB.

Ja, es stimmt, dass eine Verweisung auf § 348 vorgenommen wird. Allerdings sagt Palandt, der Anspruch auf Rückgewähr entstünde erst, wenn die Lieferung der Ersatzsache stattgefunden HAT. Ergibt sich aus § 439 Rn. 24, 25 (2008er). Das verstehe ich nicht so ganz.

Ich auch nicht. Habe keinen Palandt zur Hand, aber als ich das mal selbst eruieren wollte, habe ich auch irgendwo irgendwas gefunden, was so klang; denn § 348 BGB ist ja eigentlich eindeutig. Ich bin damals dann nicht vertieft eingestiegen. Gibt’s im Palandt vielleicht noch eine weitere Quellenangabe?

Nein, leider nicht. Zumindest erkenne ich nicht, dass die sich auf das Problem beziehen sollen.

Hallo,

Das Ergebnis ist auch falsch, denn in Wahrheit erfolgt die
Leistung zug um Zug: § 439 IV BGB verweist doch auf § 348 BGB.

also was bleibt denn für den Käufer unterm Strich?

Zug um Zug, wenn ich das richtig verstanden habe, hieße doch, dass der Verkäufer Angst hat, dass der Käufer mit beiden (dem ersten und dem nachgelieferten) Teilen abhaut und deswegen erst das defekte wiederhaben will.
Das widerspricht ja der Aussage, dass der Verkäufer erst nachliefern muss, bevor er das kaputte Teil zurückverlangen kann.

lg
ventrue

Hallo,

Das widerspricht ja der Aussage, dass der Verkäufer erst
nachliefern muss, bevor er das kaputte Teil zurückverlangen
kann.

Ja, genau. Im Palandt, also einem juristischen Kommentar, ist das etwas widersprüchlich geschildert, zumindest so wie ich es verstehe.
Für letztlich entscheidend würde ich dann aber doch den Gesetzeswortlaut halten, der eine Rückgewähr Zug um Zug vorsieht. Das heißt zunächst erstmal, dass niemand vorleistungsberechtigt ist. Demnach dürfte man eine Lieferung der neuen Sache nur gegen Herausgabe der alten verlangen.
Wenn es hart auf hart kommt, würde in der Zwangsvollstreckung der Gerichtsvollzieher also erst eine Leistung empfangen und sie dann dem anderen gegen die Gegenleistung aushändigen.

Viele Grüße
Werner

Hallo,

Das widerspricht ja der Aussage, dass der Verkäufer erst
nachliefern muss, bevor er das kaputte Teil zurückverlangen
kann.

Ja, genau. Im Palandt, also einem juristischen Kommentar, ist
das etwas widersprüchlich geschildert, zumindest so wie ich es
verstehe.
Für letztlich entscheidend würde ich dann aber doch den
Gesetzeswortlaut halten, der eine Rückgewähr Zug um Zug
vorsieht.

woher kommt denn der Kommentar, wenn er dem Gesetzestext widerspricht? Aus gesprochenen Urteilen?

Das heißt zunächst erstmal, dass niemand
vorleistungsberechtigt ist. Demnach dürfte man eine Lieferung
der neuen Sache nur gegen Herausgabe der alten verlangen.

Was mir nicht so ganz eingängig ist: Der Käufer hat seinen Vertragsteil ja schon ganz zu Beginn erfüllt, indem er bezahlt hat. Der Händler hingegen muss einen funktionierenden Gegenstand liefern - und das ist im Gewährleistungsfall noch gar nicht geschehen, denn der gelieferte Gegenstand funktioniert ja nicht. So gesehen hat der Kunde also doch eine Vorleistung erbracht. Oder muss man für die Nachlieferung die „Besitzverhältnisse“ zugrunde legen, wie sie nach der Lieferung des defekten Gegenstands geherrscht haben?

lg
ventrue

Hallo,

woher kommt denn der Kommentar, wenn er dem Gesetzestext
widerspricht? Aus gesprochenen Urteilen?

Schlaue Leute aus dem Gebiet (Professoren etc) veröffentlichen in einem Kommentar ihre „Auslegung“ des Gesetzes und geben Urteile und andere Ansichten wieder.

Was mir nicht so ganz eingängig ist: Der Käufer hat seinen
Vertragsteil ja schon ganz zu Beginn erfüllt, indem er bezahlt
hat. Der Händler hingegen muss einen funktionierenden
Gegenstand liefern - und das ist im Gewährleistungsfall noch
gar nicht geschehen, denn der gelieferte Gegenstand
funktioniert ja nicht. So gesehen hat der Kunde also doch eine
Vorleistung erbracht. Oder muss man für die Nachlieferung die
„Besitzverhältnisse“ zugrunde legen, wie sie nach der
Lieferung des defekten Gegenstands geherrscht haben?

Ja, so ungefähr. Nachdem der Käufer etwas erhalten hat (und sei es defekt), ist das Gewährleistungsrecht vorrangig anzuwenden. Deswegen hat man dann nur noch die Ansprüche auf Nachlieferung bzw Nachbesserung oder ggf Rücktritt. Und in diesen Vorschriften ist eben geregelt, dass im Gewährleistungsfall der mangelhafte Gegenstand Zug um Zug zurückzugewähren ist.

Viele Grüße
Werner